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OLG München, Beschluss v. 20.04.2020 – 4 Ws 52/20 KL - 53/20 KL
Titel:

Anforderung an den Antrag auf Prozesskostenhilfe für ein Klageerzwingungsverfahren

Normenkette:
StPO § 171 Abs. 3 S. 1, S. 2
Leitsätze:
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Rahmen eines Klageerwzingungsverfahrens muss hinsichtlich seiner inhaltlichen Ausgestaltung nicht die strengen Formerfordernisse zu erfüllen, die für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung selbst gelten. Er muss jedoch die Prüfung ermöglichen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein solches Gesuch muss eine knappe aus sich heraus verständliche Sachverhaltsschilderung enthalten aus der die den Beschuldigten angelasteten Straftaten in objektiver und subjektiver Hinsicht ersichtlich sind. Auch muss es sich zumindest in knapper Form wenigstens in Umrissen mit den Gründen auseinandersetzen, die die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens bewogen haben, und darlegen, warum die Verfügung der Staatsanwaltschaft und die Beschwerdeentscheidung des Generalstaatsanwalts fehlerhaft sein sollen. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Darstellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse muss der amtlich eingeführte Vordruck verwendet werden, ansonsten ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unzulässig. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Klageerzwingungsverfahren, Zulässigkeit, amtlicher Vordruck, Darlegung, Sachverhalt, Beweismittel, Gerichtskosten
Rechtsmittelinstanz:
BVerfG Karlsruhe vom 07.12.2020 – 2 BvR 1032/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 37357

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 11.03.2020 wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 11.03.2020 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.
1
Der Generalstaatsanwalt in München hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.03.2020 der Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichteinleitungsverfügung der Staatsanwaltschaft München I vom 17.02.2020 keine Folge gegeben. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Schreiben vom 16.03.2020, eingegangen bei Gericht am 03.04.2020.
II.
2
Der Antragsteller beantragt gerichtliche Entscheidung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren. Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht worden ist, hat der Senat über beide Anträge zu entscheiden.
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1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet.
4
Zwar braucht der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich seiner inhaltlichen Ausgestaltung nicht die strengen Formerfordernisse zu erfüllen, die für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung selbst gelten. Er muss jedoch so gehalten sein, dass der Strafsenat des Oberlandesgerichts aufgrund des Antragsvorbringens prüfen kann, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO, § 114 ZPO). Ein solches Gesuch muss, wie sich aus § 172 Abs. 3 StPO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergibt, eine knappe aus sich heraus verständliche Sachverhaltsschilderung enthalten aus der die den Beschuldigten angelasteten Straftaten in objektiver und subjektiver Hinsicht ersichtlich sind und die die Prüfung ermöglicht, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet (Moldauer in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 172 Rn. 51). Aus der Sachverhaltsdarstellung im Prozesskostenhilfeantrag muss erkennbar werden, dass im Falle der beabsichtigten Durchführung des Klageerzwingungsverfahrens voraussichtlich genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage i.S.d. §§ 174 f. StPO besteht.
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Auch muss das Gesuch sich zumindest in knapper Form wenigstens in Umrissen mit den Gründen auseinandersetzen, die die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens bewogen haben, und darlegen, warum die Verfügung der Staatsanwaltschaft und die Beschwerdeentscheidung des Generalstaatsanwalts fehlerhaft sein sollen. Andernfalls ist der Senat nicht in der Lage, in der erforderlichen Weise zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft das Legalitätsprinzip beachtet hat.
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Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag nicht gerecht. Es fehlt an einer aus sich heraus verständlichen Darstellung des der Strafanzeige zugrunde liegenden Lebenssachverhalts, die es dem Senat ermöglicht, für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Prozesskostenhilfeverfahrens die Schlüssigkeit des Antrags auf Anordnung der öffentlichen Klage hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der in Betracht kommenden Strafvorschrift in objektiver und subjektiver Hinsicht zu überprüfen. Der Antragsteller hat lediglich Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.03.2020 eingelegt und gerichtliche Klärung beantragt. Eine Bezugnahme auf Unterlagen genügt jedoch nicht um fehlenden Sachvortrag zu ersetzen. Die Darstellung des Sachverhalts darf auch nicht anderen in der Akte befindlichen Schriftstücken entnommen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 172 Rn. 30).
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Auch hat sich der Antragsteller nicht mit den Gründen der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft München I vom 17.02.2020 und den Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 11.03.2020 auseinandergesetzt. Es ist nicht erkennbar, inwieweit diese Behörden fehlerhaft entschieden haben sollen.
8
Im Übrigen war dem Prozesskostenhilfeantrag auch nicht der amtlich eingeführte Vordruck ausgefüllt beigefügt. Dieser Vordruck muss verwendet werden, ansonsten ist der Antrag auch aus diesem Grunde unzulässig (Moldenhauer in Karlsruher Kommentar aaO § 172 Rn.51).
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Wegen der aufgezeigten Mängel konnte dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entsprochen werden.
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2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erweist sich als unzulässig, weil er den Anforderungen des Gesetzes nicht genügt.
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Nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, sowie die erforderlichen Beweismittel angeben. Dies bedeutet, dass vom Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren eine in sich geschlossene und aus sich heraus verständliche, konkrete und substantiierte Sachdarstellung gefordert wird, die es dem Senat ermöglicht, das mit dem Antrag verfolgte Begehren ohne Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten und anderer Schriftstücke zu überprüfen. Hierzu gehören auch Darlegungen zur Einhaltung der Fristen nach § 172 Abs. 1 und Abs. 2 StPO.
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Die Antragsschrift muss darüber hinaus nach § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein, worüber der Antragsteller belehrt wurde.
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Diesen Anforderungen wird die Antragsschrift vom 16.03.2020 nicht gerecht.
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Eine Heilung dieser Mängel ist wegen zwischenzeitlichen Ablaufes der Antragsfrist des § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht mehr möglich.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da bei der Verwerfung unzulässiger Klageerzwingungsanträge Gerichtskosten nicht anfallen und Auslagen des Antragstellers nicht erstattet werden.