Titel:
Rechtsweg für Streitigkeit um Pfarrerbesoldung
Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 140
BeamtStG § 63 Abs. 3 S. 2
BRRG § 126, § 135 S. 2
KVGG § 11
WRV Art. 137 Abs. 3 S. 2
VwGO § 40, § 124a
GVG § 17a Abs. 2
PfDG.EKD § 71 Abs. 2 S. 2, § 77
Leitsätze:
1. Statusfragen von Kirchenbeamten fallen auch dann nicht in die Kompetenz der staatlichen Gerichte, wenn sie als Vorfrage bei einer den staatlichen Verwaltungsgerichten zugewiesenen vermögensrechtlichen Streitigkeit von Bedeutung sind. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dies gilt unabhängig davon, ob vermögensrechtliche Ansprüche auf Erfüllung oder auf Schadenersatz geltend gemacht werden. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
3. Kommt auch keine Verweisung in Betracht, weil kein Rechtsweg zu einer anderen staatlichen Gerichtsbarkeit eröffnet ist, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kirchenrecht, verkappte Statusklage, statusrechtliche Vorfragen (hier: Abordnung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag) unterliegen nicht dem staatlich justiziablem Recht, Pfarrer, Pfarrstelle, Kirchenbeamter, Teildienst, Abordnung, vermögensrechtliche Streitigkeit, Besoldung, Schadenersatz, Rechtsweg, Verweisung, Klageabweisung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 36474
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage das Ziel, finanziell so gestellt zu werden, als ob sie zusätzlich für den Zeitraum 1. März 2018 bis 31. August 2018 im Umfang einer halben Stelle die Kirchengemeinde … mitbetreut habe.
2
Die Klägerin steht als Pfarrerin im Dienste der Beklagten. Sie wurde mit Wirkung vom 1. September 2003 an die Pfarrstelle … (0,5) zur Vertretung versetzt. Mit Wirkung zum 1. September 2006 wurde ihr die Pfarrstelle … (0,5) kombiniert mit Religionsunterricht an der Staatlichen Realschule … (0,5) verliehen und sie zur Pfarrerin auf Lebenszeit berufen.
3
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15. März 2011 mit, dass die Kirchengemeinde … bereit sei, die Kosten zu 50% für eine 0,5-Stelle im Rahmen des Programms „Förderung fremdfinanzierter Einsätze für Pfarrerinnen und Pfarrer“ ab dem 1. Januar 2013 zu übernehmen. Man könne der Klägerin zusichern, dass ab sofort für diesen Einsatz eine 0,5- Stelle freigehalten werde, damit sie zuverlässig planen und entsprechende Werbeaktionen starten könne.
4
In einem Schreiben vom 12. März 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr mit Wirkung vom 1. Januar 2013 befristet bis zum 31. Dezember 2017 der allgemeine kirchliche Auftrag „Fremdfinanzierter Einsatz in Kirchengemeinden“, …, im Umfang von 25% eines vollen Dienstverhältnisses übertragen werde.
5
Im Umfang von weiteren 25% eines vollen Dienstverhältnisses nehme die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2013 das Amt in einem gemeindlichen Auftrag auf der Pfarrstelle …, …, wahr.
6
Antragsgemäß werde ein Teildienst im Umfang von 50% eines vollen Dienstverhältnisses für die Wahrnehmung des oben genannten Auftrages bewilligt. Auf Antrag könne der Teildienst geändert werden, wenn er im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden könne und dienstliche Belange nicht entgegenstünden.
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In der Behördenakte befindet sich ein Entwurf einer Dienstordnung mit Stand vom 11. Dezember 2012, der am 16. Oktober 2013 bei der Beklagten eingegangen ist. Dort werden Regelungen zur Zusammenarbeit der Klägerin und einem weiteren Pfarrer geregelt. Zudem wurde in Ziffer 2. der Dienstordnung auf eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde … vom 21. Dezember 2012 (nachfolgend: Vereinbarung 2012) ergänzend Bezug genommen, die sich selbst jedoch nicht in den Behördenakten befindet.
8
Gemäß einem Auszug aus dem kirchlichen Amtsblatt 5/2013 erfolgte mit Wirkung vom 1. Januar 2013 die Zusammenlegung der Pfarreien … und … Der neue Name der Pfarrei laute … Anlässlich dieses Umstandes teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 mit, dass sich deren Dienst, den sie zu 25% eines vollen Dienstverhältnisses in gemeindlichen Auftrag ausübe, auf die Pfarrstelle …, …, beziehe.
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Die Beklagte teilte der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde … mit Schreiben vom 12. Mai 2016 mit, dass der Landeskirchenrat beschlossen habe, die fremdfinanzierter 0,5- Stelle in der Pfarrei … mit … und … letztmalig für den Geltungszeitraum der laufenden Landesstellenplanung, längstens aber um fünf Jahre bis zum 31. Dezember 2022, zu verlängern. Der Beschluss beruhe auf Ziffer 5. der Vereinbarung 2012.
10
Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 15. September 2016 mit, dass aufgrund einer entsprechenden Bereitschaftserklärung der Klägerin deren Einsatz auf die Stelle mit allgemeinem kirchlichen Auftrag „Fremdfinanzierter Einsatz in der Kirchengemeinde …“ (Stellen-ID …*), …, im Umfang von 25% eines vollen Dienstverhältnisses mit Wirkung vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2022 verlängert werde. Im Umfang von weiteren 25% eines vollen Dienstverhältnisses nehme die Klägerin auch weiterhin das Amt in einem gemeindlichen Auftrag auf der Pfarrstelle … (Stellen-ID …*), …, wahr. Antragsgemäß werde ein Teildienst im Umfang von 50% eines vollen Dienstverhältnisses für die Wahrnehmung des oben genannten Auftrages bewilligt. Auf Antrag könne der Teildienst geändert werden.
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Die Klägerin ließ durch ihren damaligen anwaltlichen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 22. Mai 2019, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, Klage erheben und beantragen,
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.657,22 EUR nebst Prozesszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aber [gemeint ist wohl „ab“] Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Nebenkosten im Form der 1,3 außergerichtlichen Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und 19% Mehrwertsteuer hieraus gemäß RVG aus einem Gegenstandswert von 17.657,22 EUR, mithin 1.100,51 EUR, Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten.
- 3.
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Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte
12
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Klägerin der begehrte Anspruch aus der Vereinbarung 2012 zustehe, deren Laufzeit sich aufgrund einer gesicherten Finanzierung der Personalkosten bis zum 31. Dezember 2022 verlängert habe.
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Maßgeblich für die Entscheidung dieses Rechtsstreits sei Ziffer 12. der Vereinbarung 2012, die folgenden Wortlaut habe:
„Sofern der Einsatz des Herrn Pfarrers … auf der zur gemeinsamen Ausübung übertragenen kombinierten Stelle vor Laufzeitende dieser Vereinbarung endet, wird Frau Pfarrerin … mit dem Einsatzende vorübergehend auf die Gemeindepfarrstelle (1,00) im Umfang eines vollen Dienstverhältnisses, das zu diesem Zweck auf ein volles Dienstverhältnis erweitert wird, abgeordnet. Die Zahlungspflicht der Kirchengemeinde … gemäß Ziffer 10. dieser Vereinbarung bleibt bis zur Wiederbesetzung des freigewordenen Stellenanteils (1,00) der kombinierten Stelle ausgesetzt. Dieser Stellenanteil wird zur Besetzung im kirchlichen Amtsblatt ausgeschrieben. Das Auswahlrecht liegt hierbei bei den Kirchenvorständen der Kirchengemeinden … und … Mit Wiederbesetzung des Gemeindepfarrstellenanteils (1,00) endet die Abordnung der Pfarrerin …“
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Die Klägerin habe bis zuletzt als Pfarrerin die Kirchengemeinde … im Rahmen einer halben Stelle betreut. Bis Februar 2017 sei in der Kirchengemeinde … Herr Pfarrer … tätig gewesen. Im Zeitraum 1. März 2018 bis 31. August 2018 habe die Klägerin, da Herr Pfarrer … die Kirchengemeinde … verlassen habe, vorübergehend diese Kirchengemeinde mitbetreuen müssen.
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Gemäß Ziffer 12. der Vereinbarung 2012 sei das Dienstverhältnis der Klägerin mit der Beklagten, solange die entsprechende Abordnung erforderlich gewesen sei, auf ein volles Dienstverhältnis (1,00) zu erweitern gewesen. Hierzu sei die Klägerin jederzeit bereit gewesen.
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Die Klägerin habe im Jahr 2018 für ihre Tätigkeit als Pfarrerin einen Grundbezug von 2.658,85 EUR brutto für eine halbe Stelle erhalten. Dies bedeute im Klartext, dass im Rahmen einer vollen Stelle (1,00) nochmals weitere 2.942,87 EUR brutto pro Monat von der Beklagten abgerechnet und bezahlt hätten werden müssen, woraus sich die Klageforderung ergebe.
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Die Beklagte sei mit außergerichtlichem Schreiben vom 25. Oktober 2018 zur Zahlung bis zum 9. November 2018 aufgefordert worden, habe jedoch keine Zahlung geleistet.
18
In der Folgezeit habe die Beklagte nach einer Vielzahl von Fristverlängerungen immer wieder nach neuen Ausreden gesucht, um die Begleichung der Forderung der Klägerin zu verweigern. Die streitgegenständliche Forderung sei zuletzt mit Schreiben vom 21. März 2019 mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Klägerin angeblich gar nicht bereit gewesen wäre, sich nach … abordnen zu lassen. Auch sei die Abordnung nicht erfolgt usw.
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Letztlich dokumentiere das außergerichtliche Schreiben der Beklagten vom 21. März 2019 ihren eigenen Vertragsbruch, da die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin entsprechend zu vergüten und abzuordnen.
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In rechtlicher Hinsicht sei noch anzumerken, dass es sich nach Auffassung der Klägerin bei der Vereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von § 48 Satz 2 des Verwaltungsverfahrens- und -zustellungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (VVZ-EKD) handle. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, da es sich letztlich um einen vermögensrechtlichen Anspruch aus dem Pfarrdienstverhältnis handle, § 11 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern - KVGG.
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Der geltend gemachte Prozesszinssatz folge aus § 291 BGB.
22
Da die Beklagte in Verzug geraten und darüber hinaus schon nicht bereit gewesen sei, vor der außergerichtlichen Beauftragung des anwaltlichen Bevollmächtigten ihren Verpflichtungen gegenüber der Klägerin nachzukommen, sei diese berechtigt gewesen, sich eines Rechtsanwalts zu bedienen. Auch unter Schadensersatzgesichtspunkten sei die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet.
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Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 27. Juni 2019 entgegen und beantragte,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Die Klägerin sei derzeit zu 25% eines vollen Dienstverhältnisses eingesetzt in einem gemeindlichen Auftrag auf der Pfarrstelle … (Stellen-ID …*) und zu weiteren 25% eines vollen Dienstverhältnisses befristet bis zum 31. Dezember 2022 auf der Stelle mit allgemeinem kirchlichen Auftrag „Fremdfinanzierter Einsatz in der Kirchengemeinde …“ (Stellen-ID …*). Dieser Einsatz sei so auch im gegenständlichen Zeitraum vom 1. März 2018 bis zum 31. August 2018 erfolgt.
25
Die Vereinbarung 2012 sei zwischen der Beklagten und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde … geschlossen worden. Die Klägerin sei nicht Vertragspartei. Hintergrund der Vereinbarung 2012 seien Finanzierungsfragen, die sich wegen der vorgenommenen Umstrukturierungen vor Ort ergeben hätten.
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Bereits einem Schreiben vom 25. Januar 2013 könne entnommen werden, dass es sich bei den Ziffern 11. und 12. der Vereinbarung 2012 lediglich um mögliche, nicht aber zwingende Vertretungslösungen gehandelt habe. In dem erwähnten Schreiben werde ausgeführt:
„ … Solange der nötige Verständigungsprozess zwischen den beteiligten Kirchengemeinden nicht positiv abgeschlossen ist, wird der Landeskirchenrat im Falle eines Pfarrstellenwechsels von Pfarrer … bzw. Frau Pfarrerin … nicht von der in Ziff. 11 und 12 eröffneten Möglichkeit der Abordnung des in der gemeinsamen Pfarrei verbleibenden Pfarrers bzw. der verbleibenden Pfarrerin zur Wahrnehmung des Vertretungsdienstes in der jeweils anderen Kirchengemeinde Gebrauch machen. In diesem Falle wird das Dekanat gebeten werden, sich um eine andere Vertretungslösung zu bemühen. …“
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Es werde bestritten, dass es zu einer tatsächlichen Vertretung gekommen sei, wie dies die Klägerin in ihrer Klageschrift suggeriere. Die Klägerin habe sich gegenüber der Regionalbischöfin und dem Dekan nicht klar geäußert, ob sie eine Abordnung wünsche. Nach dem Eindruck der beiden Vorgesetzten habe sie sich eher gegen die Abordnung ausgesprochen.
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Auch die Kirchenvorstände von … und … hätten im Dezember 2017 geäußert, dass es schwierig würde, wenn die Klägerin die Vertretung übernähme, da die Situation vor Ort bereits konfliktbehaftet gewesen sei.
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Noch im Januar 2018 sei in der Pfarrkonferenz eine durch den Dekan ausgearbeitete Vertretungslösung für … besprochen worden. Die Klägerin habe sich jedoch an einer Abordnung nicht interessiert gezeigt. Der Klägerin sei zudem eine Elternzeitvertretung in … angeboten worden, woran die Klägerin kein Interesse gehabt habe.
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Von einer ursprünglich angedachten Abordnung sei wegen absehbarer Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit und aus der Fürsorgeverpflichtung heraus Abstand genommen worden.
31
Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin weiterhin regulär auf ihrer eigenen Stelle in … ihren Dienst tun wolle. Hieraus könne kein Anspruch auf eine höhere Besoldung erwachsen.
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Die Klage sei unzulässig, da die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern eröffnet sei, § 11 KVGG. Streitgegenständlich sei kirchliches Dienstrecht, da zu klären sei, ob eine Abordnung nach § 77 des Kirchengesetzes zur Regelung der Dienstverhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland (PfDG.EKD) mit einer Erhöhung des Dienstumfangs nach § 71 Abs. 2 Satz 2 PfDG.EKD als Rechtsgrundlage für die Auszahlung des eingeklagten Betrages bestehe. Dies betreffe klar das kirchliche Statusrecht und sei hier streitentscheidend.
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Auch sei eine Verpflichtungsklage statthaft, mit der der hier unterlassene Verwaltungsakt - in Gestalt der Erhöhung des Dienstumfanges verbunden mit einer Abordnung - begehrt werde.
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Ferner wurde ausgeführt, dass die Klage auch unbegründet sei, da die Klägerin keinen Antrag auf Erhöhung des Teildienstumfanges gestellt habe und auch die Vereinbarung 2012 keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung begründen könne. Keinesfalls könne Ziffer 12. der Vereinbarung 2012 automatisch eine Abordnung der Klägerin auslösen.
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Das Gericht bat daraufhin den anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2019 insbesondere zu der Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach Stellung zu nehmen.
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Daraufhin führte der nunmehrige anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin in einem Schreiben vom 9. Januar 2020 aus, dass keine Frage statusrechtlicher Natur streitentscheidend sei.
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Insbesondere müsse nicht geprüft werden, ob eine Abordnung der Klägerin zur Kirchengemeinde … und insoweit ferner eine Erhöhung des Dienstumfanges der Klägerin erforderlich sei. Die Vereinbarung stelle einen wirksamen verwaltungsrechtlichen Vertrag nach § 48 VVZG-EKD dar. Sie beinhalte bereits zwei Verwaltungsakte, nämlich die Abordnung der Klägerin auf die 1,00 Gemeindepfarrstelle in der Kirchgemeinde … und die insoweit akzessorische Erhöhung des Beschäftigungsumfangs der Klägerin. Die Wirksamkeit beider Verwaltungsakte hänge hierbei von der aufschiebenden Bedingung der Beendigung der Tätigkeit des Herrn Pfarrers … ab. Eine solche Bedingung sei nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 VVZG-EKD ausdrücklich vorgesehen.
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Zwar sei die Klägerin nicht Vertragspartei der Vereinbarung 2012 geworden, jedoch entfalte diese als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eine multilaterale Wirksamkeit.
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Weiter machte der anwaltliche Bevollmächtigte Ausführungen zur Wirksamkeit des Vertragsschlusses, zu einer Vertragspflichtverletzung und zu einem von der Beklagten zu erstattenden Vermögensschaden. Es wurde mehrfach hervorgehoben, dass die Klägerin bereit gewesen sei, die Stelle im Wege der Abordnung zu übernehmen.
40
Daraufhin entgegnete die Beklagte mit Schreiben vom 5. März 2020, dass die Klägerin lediglich Teildienst leiste. Eine Erhöhung auf ein Dienstverhältnis mit einem vollen Arbeitszeitumfang könne nicht seitens des Dienstherrn ohne Antrag der betroffenen Person durchgesetzt werden. Ohne Erhöhung des Umfanges des Dienstverhältnisses könne auch keine Abordnung für den fraglichen Teil erfolgen. Die gegenständlichen Fragen seien somit solche des Statusrechtes.
41
Das Gericht gab mit Schreiben vom 16. Juli 2020 seine vorläufige Rechtsauffassung bekannt, wonach es sich vorliegend um eine sog. „verkappte Statusklage“ handeln dürfte, weil die Wirksamkeit der Abordnung als statusrechtlicher Vorfrage für die Höhe der Besoldung und für eine Nachzahlung in entsprechender Höhe in Streit stehe. Dies sei durch das kirchliche Verwaltungsgericht zu beurteilen (BayVGH, B.v. 7.8.2017 - 3 ZB 14.536 - juris Rn. 9 und 21). Auch eine Rechtswegverweisung komme nicht in Betracht, weshalb um Mitteilung gebeten wurde, ob auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann.
42
Der anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 31. August 2020 mit, dass einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt werden könne.
43
In der mündlichen Verhandlung vom 29.Oktober 2020 stellte der anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin klar, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Besoldung wegen einer Abordnung, sondern einen Schadensersatzanspruch geltend mache. Die Klägerin habe schriftlich um Abordnung gegenüber der Beklagten gebeten.
44
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig.
46
Der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten (Art. 19 Abs. 4 GG, § 40 VwGO) ist nicht eröffnet. Da auch kein Rechtsweg zu einer anderen staatlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist, kommt eine Verweisung der Verwaltungsstreitsache nach § 17a Abs. 2 GVG nicht in Betracht. Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen (vgl. BayVGH, B. v. 23.3.1998 - 3 C 97.2767 - juris Rn. 11).
47
Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist nicht eröffnet, da es an einer Streitigkeit nach staatlich justiziablem Recht fehlt.
48
Um über den in erster Linie auf einen Zahlungsanspruch gerichteten Klageantrag entscheiden zu können, ist zunächst zwingend darüber zu befinden, ob die Klägerin unter gleichzeitiger Erhöhung ihres Teildienstes abgeordnet wurde bzw. zumindest einen Anspruch hierauf gehabt hat. Damit begehrt die Klägerin die Entscheidung über eine ihren Status betreffende Frage. Derartige Statusfragen sollen indes auch dann nicht in die Kompetenz der staatlichen Gerichte fallen, wenn sie nur als Vorfrage bei einer (aufgrund § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 135 Satz 2 BRRG i.V.m. § 126 BRRG, § 11 KVGG) den staatlichen Verwaltungsgerichten zugewiesenen vermögensrechtlichen Streitigkeit von Bedeutung sind (BVerfG, B.v. 18.9.1998 - 2 BvR 69/93 - juris Rn. 13; BVerfG, B.v. 18.9.1998 - 2 BvR 1476/94 - juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 30.10.2002 - 2 C 23/01 - juris Rn. 8 ff.; BVerwG, U.v. 28.4.1994 - 2 C 23/92 - juris Rn. 11). Es handelt sich um rein innerkirchliche Angelegenheiten, über die infolge des den Kirchen verfassungsgemäß gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV) die staatlichen Gerichte nicht zu entscheiden haben.
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Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage das Ziel, finanziell so gestellt zu werden, als ob sie für den Zeitraum 1. März 2018 bis 31. August 2018 - sei es als Zahlung weiterer Bezüge anlässlich einer Abordnung oder als Schadensersatz - die Kirchengemeinde … im Umfang einer halben Stelle mitbetreut habe. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass sich ein Anspruch auf Abordnung im Umfang einer halben Stelle unmittelbar aus Ziffer 12. der Vereinbarung 2012 ergebe.
50
Die Frage, ob sich ein solcher Anspruch tatsächlich unmittelbar aus der Vereinbarung 2012 als öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. §§ 48 ff. VVZ-EKD ergibt oder, wie die Beklagte meint, hierfür ein gesonderter Bescheid nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 77 PfDG.EKD, mit dem eine Abordnung und Änderung des von der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt geleisteten Teildienstes auf einen Antrag der Klägerin hin erlassen hätte werden müssen, ist eine inzident zu prüfende Vorfrage. Die kirchengesetzliche Zuweisung vermögensrechtlicher Streitigkeiten aus einem kirchlichen Dienstverhältnis an die staatlichen Verwaltungsgerichte durch § 11 KVGG umfasst aber nicht die Zuweisung der Befugnis, den Rechtsstandpunkt der Kirche hinsichtlich des Bestehens bzw. der Veränderung oder Beendigung eines kirchlichen Dienstverhältnisses zu korrigieren, auch nicht durch die Prüfung und Entscheidung als statusrechtliche Vorfrage (BVerwG, U.v. 28.4.1994 - 2 C 23/92 - juris Rn. 12). Soweit also der dienstrechtliche Status eines Geistlichen oder Kirchenbeamten als (Vor-) Frage für dessen vermögensrechtliche Ansprüche aus seinem kirchlichen Dienstverhältnis in Streit steht, ist diese allein durch das kirchliche Verwaltungsgericht zu beurteilen (BayVGH, B.v. 7.8.2017 - 3 ZB 14.536 - juris Rn. 9).
51
Die Klägerin hätte sich hierbei einer Feststellungsklage nach § 9 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 KVGG bedienen können und müssen. Wenn und soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten von einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Gelegenheit besteht, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, gebietet die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme gegenüber diesem Selbstverständnis den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des insoweit gegebenen kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden (BVerfG, B.v. 18.9.1998 - 2 BvR 1476/94 - juris Rn. 30).
52
Deshalb handelt es sich vorliegend nicht um eine reine vermögensrechtliche Besoldungsstreitigkeit, in der ausschließlich das Statusfolgenrecht in Streit stünde, sondern um eine „verkappte Statusklage“, weil der zeitliche Umfang des der Klägerin übertragenen Dienstes als statusrechtliche Vorfrage für die Höhe der Besoldung und für eine Nachzahlung in entsprechender Höhe in Streit steht, worüber zunächst die Kirchengerichte zu entscheiden haben (BayVGH, B.v. 7.8.2017 - 3 ZB 14.536 - juris Rn. 21 f.).
53
Aus Sicht der Kammer ist vorliegend eine vorhergehende Klärung durch das Verwaltungsgerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern unabhängig von der Frage herbeizuführen, ob unmittelbar ein Anspruch aus der Vereinbarung 2012 oder, wie von dem anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 klargestellt, ein Schadensersatzanspruch aufgrund unterbliebener Abordnung geltend gemacht wird, da auch im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs im Hinblick auf eine mögliche Pflichtverletzung zu prüfen wäre, ob die Klägerin in einem Umfang von einer halben Stelle abgeordnet wurde bzw. sie einen Anspruch hierauf hatte. Eventuell sind hierbei auch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 8. Januar 2018 durch das kirchliche Verwaltungsgericht rechtlich zu würdigen.
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Vor diesem Hintergrund ist auch über den unter Ziffer 2. gestellten Klageantrag (außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren) nicht durch das staatliche Verwaltungsgericht zu entscheiden, da auch dieser Annexantrag das Schicksal des Hauptantrages teilt.
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Nach alledem war die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO sowie § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO abzuweisen.
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Gründe, die Berufung nach § 124a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.