Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.12.2020 – 12 N 19.1179
Titel:

Normenkontrolle

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2, § 130a, § 132 Abs. 2, § 133, § 167
ZwEWG Art. 1 Abs. 1
EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Leitsätze:
1. Für einen Normenkontrollantrag, der sich gegen Festsetzungen einer Zweckentfremdungssatzung richtet, fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsteller dadurch, dass die Satzung für unwirksam erklärt wird, seine Rechtsstellung „derzeit“ nicht verbessern kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der Nutzung der Wohnräume als Ferienwohnungen liegt eine gewerbliche Nutzung vor, die als Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, da die neue Zweckbestimmung erkennbar außerhalb der Variationsbreite der ursprünglich genehmigten Nutzung liegt und für sie andere öffentlich-rechtliche, insbesondere auch bauplanungsrechtliche Anforderungen, in Betracht kommen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Rechtsschutzbedürfnis, Genehmigung, Baugenehmigung, Ausbau, Antragsbefugnis, Normenkontrollantrag, Nutzungsuntersagung, Wohnung, Zweckentfremdungsverbotssatzung
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 02.06.2021 – 5 BN 1.21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 36127

Tenor

I. Die Anträge werden verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 40.000,00 € festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt, im Wege der Normenkontrolle die im Amtsblatt der Antragsgegnerin am 29. Mai 2019 veröffentlichte Zweckentfremdungsverbotssatzung (ZwEVS) der Antragsgegnerin vom 22. Mai 2019 für unwirksam zu erklären, jeweils hilfsweise insoweit, als sie die Fremdenbeherbergung nicht aus dem Verbotsbereich ausnimmt, der Bereich der Nürnberger Altstadt (innerhalb der Altstadtmauern) nicht aus dem Verbotsbereich ausgenommen wird und die Satzung keine Übergangsregelung enthält.
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Der Antragsteller ist Eigentümer zweier Wohnungen im Dachgeschoss des Anwesens J.-platz ..., ... N., die er eigenen Angaben zufolge zur Fremdenverkehrsnutzung vermietet.
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Auf der Grundlage von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz - ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl. S. 182), erließ der Stadtrat der Antragsgegnerin am 22. Mai 2019 die Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung - ZwEVS), die am 29. Mai 2019 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht wurde und am 30. Mai 2019 in Kraft trat.
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Der Antragsteller stellte am 12. Juni 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag. Er meint, dass die Voraussetzungen zum Erlass einer Zweckentfremdungsverbotssatzung im Bereich der Antragsgegnerin nicht gegeben seien. Insbesondere werde das Vorliegen eines Wohnraummangels im Bereich der Antragsgegnerin bestritten, desgleichen eine besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen; jedenfalls könne einem Wohnraummangel, zumindest innerhalb der nächsten Jahre, mit anderen zumutbaren Mitteln begegnet werden.
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Die von der Antragsgegnerin angegebene Anzahl der auf der Plattform Airbnb angebotenen Wohnungen treffe nicht zu. Es bestehe eine geringere Nachfrage insbesondere im mittleren bzw. höheren Marktsegment, was auch für die beiden streitgegenständlichen Wohnungen gelte. Unwirksam sei die Satzung auch deswegen, weil sie sich auf das gesamte Stadtgebiet ohne Differenzierung einzelner Stadtteile beziehe und insbesondere nicht die Nürnberger Altstadt bzw. die Ferienwohnungsvermietung hiervon ausnehme. Auch enthalte die Satzung keinerlei Übergangsregelung, die es ermögliche, die fremdenverkehrsrechtliche Nutzung einzelner Wohnungen auf eine ansonsten zulässige Nutzung innerhalb angemessener Zeit umzustellen. Unabhängig von der gesetzlichen Grundlage verstoße die Wohnraumzweckentfremdungssatzung hinsichtlich der Gestaltung gegen verfassungsmäßige Rechte, insbesondere gegen Art. 14, 12 und 3 GG sowie gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Die von der Antragsgegnerin benannte Datenbasis stelle keinerlei Grundlage für die Annahme eines Wohnungsmangels im Sinne des Gesetzes dar. Es sei vielmehr von einem deutlichen Überhang der angebotenen zu den nachgefragten Wohnungen auszugehen.
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Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen. Sie hält den Normenkontrollantrag bereits für unzulässig, weil die Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zweifelhaft erscheine. Weder für die Aufteilung in zwei Dachwohnungen noch für die Nutzungsänderung in Ferienwohnungen sei bislang eine Baugenehmigung beantragt worden. Aus den Akten der Bauordnungsbehörde zum Gebäude J.platz 6/8 lasse sich entnehmen, dass mit Bescheid vom 19.11.1951 der Wiederaufbau des Anwesens, mit Bescheid vom 23.02.1970 der Ausbau des Dachgeschosses (Erstellung von 2 Personalräumen) und mit Bescheid vom 10.12.1981 die Nutzungsänderung von 2 Personalzimmern in eine Wohnung genehmigt wurde. Unter Berücksichtigung der fehlenden Baugenehmigungen erscheine die für die Antragsbefugnis erforderliche Verletzung schutzwürdiger subjektiver Rechte fraglich.
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Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin sei von einem angespannten Wohnungsmarkt auszugehen. Aus der Wohnungsmarktbeobachtung 2017 sei ersichtlich, dass über Onlineportale zum Erhebungszeitpunkt mindestens 600 Wohnungen zur Fremdenbeherbergung angeboten und damit dem Wohnungsmarkt entzogen worden seien. Ein Zweckentfremdungsverbot sei daher auch (gerade) für das Gebiet der Altstadt gerechtfertigt. Berechtigte Interessen der Eigentümer seien im Rahmen der Satzung angemessen berücksichtigt worden. Grundrechtsverstöße lägen nicht vor.
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Der Antragsteller bestreitet das Fehlen einer Baugenehmigung. Von der Nutzungsänderung sei offensichtlich nur eine Wohnung, nämlich die rechte, betroffen. Die linke Wohnung sei offensichtlich schon immer als Wohnraum genehmigt gewesen. Aus den vorgelegten Plänen seien 2 Wohnungen ersichtlich, eine linke und eine rechte. Der Bescheid habe sich offensichtlich nur auf die rechte Wohnung bezogen. Aus den Plänen sei nicht ersichtlich, dass eine (genehmigte) Wohnung in 2 Wohnungen aufgeteilt worden sei. Liege aber baurechtlich eine Wohnung vor, so würde die Nutzung als sogenannte Airbnb-Wohnung den Eigentümer bzw. vorliegend den Antragsteller in seinen Rechten verletzen.
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Jedenfalls sei eine der beiden Wohnungen als Wohnraum genehmigt. Der Antragsteller habe diese Wohnung in der Vergangenheit als Ferienwohnung vermietet und wolle dies auch weiterhin tun. Anhand der ursprünglichen am 14.6.1955 genehmigten Baupläne sei ersichtlich, dass im linken Bereich des Dachgeschosses eine Wohnung vorhanden sei. Der rechte Bereich sei als Bodenraum genehmigt gewesen. Auf Antrag des seinerzeitigen Eigentümers vom 14.7.1970 sei der Ausbau des rechten Dachbodens zu 2 Personalzimmern mit Bescheid vom 11. Mai 1970 genehmigt worden. Daher handle es sich nur bei der linken Wohnung um eine Wohnung im Sinne der Verbotssatzung, hinsichtlich der rechten Wohnung handele es sich indessen um Personalzimmer, die insoweit der Wohnraumzweckentfremdungsverordnung nicht unterfielen. Im Jahr 1979 habe der vormalige Eigentümer eine Abgeschlossenheitsbescheinigung, datierend vom 17. Januar 1979 beantragt, die am 13.3.1979 von der Antragsgegnerin erteilt wurde. Die linke Wohnung mit Personalzimmern sei in der Teilungserklärung als Wohnung ausgewiesen. Auf Monierung hin, dass die beantragte Teilungserklärung nicht mit der Örtlichkeit übereinstimme, sei bezüglich der beiden Dachwohnungen eine Abgeschlossenheitsbescheinigung dergestalt beantragt worden, dass beide Wohnungen links und rechts als eine Wohnung behandelt werden. Hierzu eingereichte Pläne seien von der Antragsgegnerin baubehördlich am 10.12.1981 genehmigt worden. Rein tatsächlich sei es aber bei der Aufteilung in 2 Wohnungen geblieben. Die linke Wohnung sei schon immer als Wohnung genehmigt gewesen, wie auch der rechte Bereich ursprünglich als Dachboden, dann als Personalzimmer und nunmehr, zusammen mit der linken Wohnung, als eine Wohnung.
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Der Antragsteller beantragt,
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die Zweckentfremdungsverbotssatzung der Stadt Nürnberg vom 22.05.2020, veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Nürnberg am 29.05.2020, für unwirksam zu erklären.
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Jeweils hilfsweise die Zweckentfremdungsverbotssatzung der Stadt Nürnberg für unwirksam zu erklären,
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soweit sie die Fremdenbeherbergung nicht aus dem Verbotsbereich ausnimmt;
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soweit der Bereich der Nürnberger Altstadt (innerhalb der Altstadtmauern) nicht aus dem Verbotsbereich ausgenommen wird;
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soweit die Zweckentfremdungsverbotssatzung keine Übergangsregelung enthält.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Anträge abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und in dem Verfahren 12 NE 19.1180 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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1. Nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet der Senat durch Beschluss, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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1.1 Das Normenkontrollverfahren macht die Entscheidung durch Beschluss nicht vom Einverständnis der Beteiligten abhängig. Insoweit steht dem Normenkontrollgericht im Grundsatz ein an keine gesetzlich normierten Voraussetzungen geknüpftes Ermessen zu; insbesondere ist die Entscheidung durch Beschluss nicht davon abhängig, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt (BVerwG, Beschluss vom 30. November 2017 - 6 BN 1/17 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 29. November 2019 - 11 N 18.2182 -, juris, Beschluss vom 5. März 2020 - 1 N 17.450 -, juris). Vielmehr kommt es darauf an, ob die entscheidungserheblichen Rechtsfragen in den Schriftsätzen der Beteiligten eingehend und ausreichend erörtert worden sind (BVerwG vom 30. November 2017, a.a.O.). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), wonach dann keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss, wenn die Rechtssache keine Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, die sich nicht unter Heranziehung der Akten und der schriftlichen Erklärungen der Parteien angemessen lösen lassen (BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 1 B 58.19 - juris; EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C - 348/16, Moussa Sacko - juris m.w.N.).
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1.2 Auch zwingende rechtliche Vorschriften wie insbesondere Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK stehen einer Entscheidung durch Beschluss nicht entgegen. Diese Vorschrift findet auf den vorliegenden Rechtsstreit keine direkte Anwendung, da dem Wortlaut nach Art. 6 Abs. 1 EMRK nur für Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen und für strafrechtliche Anklagen gilt. Auch wenn der Anwendungsbereich nach der Rechtsprechung des EGMR über das nationale Wortlautverständnis hinausgeht, werden jedenfalls Verfahren aus dem Kernbereich des öffentlichen Rechts weiterhin nicht davon erfasst (BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2019, a.a.O.). Davon unberührt bleibt, dass die vom EGMR zu Art. 6 Abs. 1 EMRK entwickelten Anforderungen bei konventionskonformer Anwendung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Berufungsgericht zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2019, a.a.O. zu § 130a VwGO). Das nach nationalem Recht in konventionskonformer Auslegung eröffnete Ermessen, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, ist hier auch nicht mit Blick auf Unionsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EGMR festgestellt, dass sich aus Art. 6 Abs. 1 EMRK keine absolute Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergibt und eine solche Verpflichtung weder aus Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) folgt, wonach jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht hat, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, noch aus einer anderen Bestimmung der Grundrechtecharta (EuGH, a.a.O. Rn. 40 m.w.N.). Erachtet das entscheidende Gericht eine umfassende Prüfung des Rechtsbehelfs allein auf der Grundlage des gesamten Akteninhalts für möglich, kann es von einer mündlichen Verhandlung absehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2019, a.a.O.; EuGH, a.a.O.). Nachdem vorliegend im Wesentlichen über Rechtsfragen gestritten wird, sich der Sachverhalt aus den Akten ergibt und die gegensätzlichen Rechtsstandpunkte der Beteiligten schriftlich umfassend und ausreichend ausgetauscht worden sind, ist eine mündliche Verhandlung entbehrlich.
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2. Der Normenkontrollantrag bleibt ohne Erfolg; denn er ist bereits unzulässig.
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2.1 Der Antrag erweist sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zwar nicht deshalb als unzulässig, weil dem Antragsteller nicht die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zukommen würde. Denn als Eigentümer einer - oder mehrerer - im Geltungsbereich der angefochtenen Satzung gelegenen Wohnung kann er geltend machen, durch die Satzung oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach § 4 Abs. 1 der Satzung darf Wohnraum nur mit Genehmigung der Vollzugsbehörde anderen als Wohnzwecken zugeführt werden. Die Satzung stellt damit eine Bestimmung des Inhalts des Grundeigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums muss nur hingenommen werden, wenn sie auf einer rechtmäßigen Grundlage beruht. Ob die Satzung rechtmäßig ist, kann deshalb der von ihr betroffene Grundeigentümer grundsätzlich in einem Normenkontrollverfahren überprüfen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2015 - 3 S 248/15 -, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 10. März 1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205; Beschluss vom 7. Juli 1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314).
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2.2 Dem Antragsteller muss aber das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden.
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2.2.1 Einem Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt das Rechtsschutzbedürfnis unter anderem dann, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb als für ihn nutzlos erscheint. Wann dies der Fall ist, richtet sich im Wesentlichen nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1/89 -, juris; Beschluss vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 -, DVBl. 1987, 1276). Dementsprechend fehlt einem Normenkontrollantrag, der sich gegen Festsetzungen einer Zweckentfremdungssatzung richtet, dann das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsteller dadurch, dass die Satzung für unwirksam erklärt wird, seine Rechtsstellung „derzeit“ nicht verbessern kann (BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987, a.a.O.).
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2.2.2 So liegt der Fall hier. Denn die derzeitige Nutzung ist - zumindest - formell baurechtswidrig. Mit Aufnahme der Nutzung der Räume als Ferienwohnungen liegt eine gewerbliche Nutzung vor, die als Nutzungsänderung nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig ist, da die neue Zweckbestimmung erkennbar außerhalb der Variationsbreite der ursprünglich genehmigten Nutzung liegt und für sie andere öffentlich-rechtliche, insbesondere auch bauplanungsrechtliche Anforderungen, in Betracht kommen. Gebäude, die vollständig zum Ferienwohnen genutzt werden, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 BauNVO stets Gewerbebetriebe und zwar auch dann, wenn das Gebäude nur teilweise als Ferienwohnung genutzt wird („Räume“) und die derart genutzten Räume im Verhältnis zu der sonstigen Gebäudenutzung baulich nicht untergeordnet sind. Im Übrigen, also vor allem bei baulich untergeordneter Bedeutung, wie etwa bei Einliegerwohnungen, können sie in den Baugebieten nach den §§ 3 bis 7 BauNVO Beherbergungsbetriebe sein. § 13a BauNVO bestätigt, dass die Nutzung von Räumen oder Gebäuden, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind (Ferienwohnungen), seit jeher nicht als Wohnnutzung anzusehen ist (vgl. hierzu auch BayVGH, Beschluss vom 12. August 2019 - 15 ZB 19.921 -, juris).
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2.2.3 Nach Aktenlage ist das Gebäude, in dem sich die beiden Wohnungen des Antragstellers befinden, im Jahr 1981 als Wohnhaus baurechtlich genehmigt worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Aufteilung von ursprünglich einer in zwei Wohnungen erfolgt ist oder, wie der Antragstellerbevollmächtigte meint, immer zwei Wohnungen vorhanden waren, wovon eine immer als Wohnung genehmigt war und die andere erst als Personalzimmer und dann - zusammen mit der anderen - als eine Wohnung. Denn weder der Bauakte der Antragsgegnerin noch den eigenen Angaben des Antragstellers lässt sich entnehmen, dass eine Genehmigung zum Zwecke der unstreitig später durchgeführten Fremdenbeherbergung erteilt wurde. Obwohl die erforderliche Genehmigung bisher nicht vorliegt, nutzt der Antragsteller die Wohnungen jedoch seit längerer Zeit als Ferienwohnungen und beabsichtigt eigenen Angaben zufolge auch zukünftig, die Wohnungen über den nach der Satzung erlaubten Umfang hinaus als Ferienwohnungen zu nutzen. Damit sind die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung nach Art. 76 BayBO erfüllt, da die Nutzung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Denn eine baugenehmigungspflichtige Nutzung darf grundsätzlich schon dann untersagt werden, wenn die notwendige Genehmigung nicht vorliegt. Etwas Anderes kann zwar gelten, wenn die Nutzung offensichtlich materiell rechtmäßig ist, weil dann die Nutzungsuntersagung unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sein kann (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 7. Juli 2005 - 25 CS 05.1192 -, juris). Davon kann indes im konkreten Fall nicht die Rede sein, da erst das eingeleitete Bauantragsverfahren klären kann, ob die Nutzungsänderung den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Bestimmungen genügt.
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2.2.4 Es liegen auch weder die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 Ziff. 1 BayBO noch einer Freistellung von der Genehmigung nach Art. 58 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 BayBO vor.
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Verfahrensfrei ist nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO die Änderung der Nutzung von Anlagen (nur), wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 bis 62 b BayBO als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen. Dies scheidet bereits deshalb aus, weil die neue Nutzung - ganz abstrakt gesehen - an anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu messen ist als die bisherige Nutzung (§ 13 a BauNVO) und es ausreichend ist, dass andere Anforderungen für die neue Nutzung „in Betracht kommen“ (Jäde in: Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand: September 2013, Art. 57 Rn. 313, Art. 59 Rn. 21). Eine Freistellung von der Genehmigungspflicht nach Art. 58 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 BayBO kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die streitgegenständliche Örtlichkeit im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt.
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2.2.5 Dass der Antragsteller eine Baugenehmigung für die Nutzung der Wohnungen als Ferienwohnungen beantragt hat oder in absehbarer Zeit beantragen wird, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Mithin fehlt - jedenfalls derzeit - für einen Normenkontrollantrag im Hinblick auf die Zweckentfremdungssatzung das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Antragsteller kann seine Rechtsstellung dadurch, dass die Zweckentfremdungssatzung für unwirksam erklärt würde, aktuell nicht verbessern (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1/89 -, juris). Die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnungen als Ferienwohnungen bliebe nach wie vor - baurechtlich - illegal. An der Klärung abstrakter Rechtsfragen besteht jedoch kein schutzwürdiges Interesse. Dies gilt namentlich dann, wenn der Antragsteller sich durch sein bauordnungswidriges Handeln (jahrelang) selbst ins Unrecht gesetzt hat. Der Antragsteller hat auch nicht ansatzweise zu erkennen gegeben, überhaupt eine Baugenehmigung beantragen zu wollen, um zumindest durch die Einleitung des zu seiner Umsetzung notwendigen Genehmigungsverfahrens hinreichend konkret baurechtlich ordnungsgemäße Zustände schaffen zu wollen. Ein ganz allgemeines subjektives Interesse, sich durch den Normenkontrollantrag alle künftigen Entwicklungsmöglichkeiten offenzuhalten, weil die Satzung jedenfalls in künftigen, den Antragsteller betreffenden Fällen zur Anwendung kommen kann, genügt für die Begründung eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht (vgl. hierzu auch Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 2 C 320/11 -, juris).
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Die Normenkontrollanträge sind daher sowohl im Haupt- als auch in den Hilfsanträgen zu verwerfen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG und orientiert sich an den Empfehlungen in Nummer 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Unter Berücksichtigung der dort empfohlenen Werte hält der Senat einen Streitwert in Höhe von 40.000 € für angemessen.
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5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).