Titel:
Steuerbescheinigung, Abstimmung zwischen Landesamt für Denkmalpflege und Denkmaleigentümer
Normenketten:
EStG § 7i
BayDSchG Art. 25
Schlagworte:
Steuerbescheinigung, Abstimmung zwischen Landesamt für Denkmalpflege und Denkmaleigentümer
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.11.2020 – 1 ZB 20.730
Fundstelle:
BeckRS 2020, 36116
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Steuerbescheinigung für erhöhte Absetzungen für entstandene Herstellungskosten nach §§ 7i, 11b und 10f bzw. 10g EStG.
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Der Kläger ist mit Grundbucheintrag vom 19. November 2015 Eigentümer des Grundstücks …, Fl.Nr. 35, Gemarkung …, geworden. Dort befindet sich ein Gebäude, das als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen ist.
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Mit Bauantrag vom 11. März 2013 beantragte der vorherige Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks … * die Umnutzung des bestehenden Gebäudes in drei Wohneinheiten, die Sanierung und den Anbau eines Aufzugs an das bestehende Anwesen.
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Mit Schreiben vom 16. April 2013 bat das Bauamt des Landratsamtes Traunstein die Untere Denkmalschutzbehörde des Landratsamtes Traunstein um Stellungnahme zu einem Antrag nach Art. 6 DSchG, zu dem Bauvorhaben als Einzeldenkmal, der Lage im Ensemble … und im Bereich der Altstadtsanierungssatzung sowie zur geplanten Einfriedung. Mit Schreiben vom 13. Mai 2013 wies die Untere Denkmalschutzbehörde darauf hin, dass die Planung wegen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Fachbehörde abgestimmt werden müsse.
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Die Untere Denkmalschutzbehörde des Landratsamtes Traunstein führte auf dem streitgegenständlichen Grundstück am 30. Juli 2013 einen Ortstermin - nach dem schriftlichen Aktenvermerk zur Abstimmung einer Eingabeplanung für eine Baugenehmigung und Besprechung des weiteren Vorgehens zur denkmalgerechten Instandsetzung des Gebäudes - durch. An dem Ortstermin nahm auch ein Vertreter des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege teil. Die Untere Denkmalschutzbehörde stellte bereits umfangreich erfolgte, ungenehmigte Baumaßnahmen im Dachbereich, an der Fassade und im Innern des streitgegenständlichen Gebäudes fest. Das Bauamt des Landratsamtes Traunstein verfügte schließlich mit Bescheid vom 5. August 2013 die Baueinstellung für die Bauarbeiten zur Umnutzung in drei Wohneinheiten und zur Sanierung und zum Anbau eines Aufzugs an das streitgegenständliche Anwesen.
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Mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 legte der damalige Eigentümer geänderte Bauvorlagen vor. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Planvorlagen vom 9. März 2013 enthalten die Planunterlagen vom 17. Oktober 2013 auch die Ansichten von Norden und Süden und den Grundriss des Dachgeschosses; die West- und Ostansichten weisen zum Teil geänderte Fenster und eine zusätzliche Tür auf. Überdies wurde der Aufzug von der nördlichen Außenwand in das Innere des Gebäudes verlegt.
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Aufgrund einer weiteren Aufforderung zur Stellungnahme zum geplanten Vorhaben durch das Bauamt teilte die Untere Denkmalschutzbehörde mit Schreiben vom 7. November 2013 mit, dass mit den nunmehr vorgelegten Planunterlagen zumindest beurteilungsfähige Unterlagen vorliegen würden.
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Mit Bescheid vom 11. November 2013 genehmigte das Landratsamt Traunstein die Umnutzung in drei Wohneinheiten, die Sanierung und den Anbau eines Aufzuges an das bestehende Anwesen auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. 35, … … nach den Bauvorlagen vom 17. Oktober 2013.
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Mit beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege am 22. Juni 2016 eingegangenem Antrag beantragte der Kläger unter Vorlage von Rechnungen für bauliche Maßnahmen die Erteilung einer Grundlagenbescheinigung nach § 7i EStG.
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Mit Bescheid vom 11. Januar 2017, der an die Familie … … … GbR, vert. d. Herrn … …, …, … … … … adressiert ist, lehnte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß §§ 7i, 11b und 10f bzw. 10g EStG in Höhe von 80.567,52 Euro für die Jahre 2014 bis 2015 mit der Begründung ab, dass gemäß § 7i Abs. 1 Satz 6 EstG i.V.m. § 7i Abs. 2 EStG und Art. 25 DSchG sowie R 7i Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) Aufwendungen für Umbau- und Instandsetzungsmaßnahmen nur dann nach §§ 7i, 11b und 10f EStG bevorzugt abgesetzt werden könnten, wenn sie unter anderem vor ihrem Beginn mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt worden seien. Dieses müsse vom Steuerpflichtigen rechtzeitig vor Beginn der Planung eingeschaltet worden sein. Die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gutachtlich festgelegten denkmalpflegerischen Belange seien einzuholen und bei der Durchführung der Maßnahme vollständig zu beachten. Diese insoweit zwingend notwendige vorherige Abstimmung (denkmalfachliches Einvernehmen) für die durchgeführte Maßnahme (Sanierung und Umnutzung in drei Wohneinheiten) fehle.
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Mit Schreiben vom 23. Juli 2018 übersandte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege eine Zweitschrift dieses Bescheides wiederum an die Familie … … … …, vert. d. Herrn … …, …, … … … …
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Mit Schreiben vom 7. August 2018, bei Gericht am selben Tage eingegangen, erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt,
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den Bescheid vom 11. Januar 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Bescheinigung gemäß §§ 7i, 11b und 10f bzw. 10g EStG in Höhe von 80.567,52 Euro zu erteilen.
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Zur Begründung führte der Kläger aus, dass er Alleineigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks … * gemäß anliegendem Grundbuchauszug sei. Die Auflassung an den Kläger sei am 5. März 2015 erfolgt. Der Ablehnungsbescheid vom … Januar 2017 sei dem Kläger durch die Zustellung der Zweitschrift am … Juli 2018 bekannt geworden. Er, der seit 37 Jahren Rechtsanwalt sei und eine eigene Kanzlei betreibe, versichere, diesen Bescheid vom … Januar 2017 niemals bekommen oder gesehen zu haben. Erst durch die Zusendung einer Zweitschrift sei er ihm bekannt geworden. Dass das Anwesen … * in … in seinem alleinigen Eigentum stehe, sei dem Beklagten auch bekannt gewesen, da er zusammen mit der Zweitschrift auch einen Grundbuchauszug beigelegt habe, aus dem dies hervorgehe. Wenn der Bescheid tatsächlich zugestellt worden wäre, dann einer anderen Rechtsperson, nämlich der Familie … … … … Die Klage sei daher nicht verfristet. Es sei zunächst festzustellen, dass, soweit Baumaßnahmen erfolgt seien, diese dringend als Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen seien. Bauherr und Eigentümer sei damals nicht der Kläger gewesen. Die Baugenehmigung sei in 2013 erteilt und die Denkmalschutzbehörde beteiligt worden. Alle wesentlichen Baumaßnahmen seien erst nach der Erteilung der Baugenehmigung erfolgt, insbesondere Umbaumaßnahmen. In § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG sei lediglich festgehalten, dass die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde durchgeführt sein müssten. Alle Maßnahmen, um die es hier gehe, seien nach Erteilung der Baugenehmigung unter Einschaltung der Denkmalschutzbehörde geschehen, im Wesentlichen im Jahr 2015, in dem der Kläger Eigentümer des Anwesens geworden sei. Der Inhalt des ablehnenden Bescheids sei daher auch grundsätzlich falsch. Steuerpflichtiger im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei auch der Kläger und nicht der frühere Bauherr. Sämtliche Maßnahmen, für die die Bescheidung beantragt worden sei, seien vom Kläger veranlasst worden nach Erteilung der Baugenehmigung in Abstimmung mit dem Architekten, der Baubehörde und dem Denkmalschutzamt.
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Der Kläger beantragte mit selbem Schreiben auch hilfsweise, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er keine Kenntnis vom Bescheid gehabt habe und das Hindernis erst durch Schreiben des Beklagten vom 23. Juli 2018 beseitigt worden sei.
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Der Beklagte beantragte dagegen,
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Zur Begründung führte er mit Schreiben vom 11. September 2018 im Wesentlichen aus, dass im Hauptantrag (lediglich) eine isolierte Anfechtungsklage erhoben worden sei, die grundsätzlich unzulässig sei. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes sei die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen jeweils an die formelle Voraussetzung gebunden, dass der Steuerbegünstigte durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle u.a. nachweise, dass die Maßnahmen, hinsichtlich deren Kosten er die Steuerbegünstigung begehre, in Abstimmung mit der Stelle durchgeführt worden sei, die auch für die o.g. Bescheinigung zuständig sei. Art. 24 (sic!) DSchG schreibe vor, dass Bescheinigungen für die Erlangung von Steuervergünstigungen vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erteilt würden. Daraus ergebe sich, dass auch bauliche Maßnahmen, für die die o.g. Steuerbegünstigungen in Anspruch genommen werden könnten, in Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege durchzuführen seien. Das BVerwG habe die relevante Rechtslage erst kürzlich zusammengefasst. Wenn der Kläger vortrage, alle Maßnahmen, um die es gehe, seien nach Erteilung der Baugenehmigung unter Einschaltung der Denkmalschutzbehörde geschehen, so gehe das am gesetzlichen Abstimmungserfordernis für die Inanspruchnahme der o.g. Steuerbegünstigungen vorbei. Es gebe in Bayern drei Stufen von Denkmalschutzbehörden: das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege sei aber die Stelle, auf die es hinsichtlich der steuerrechtlich relevanten Abstimmung ankomme. Zwischen dem jeweiligen Eigentümer des Anwesens und dem Beklagten habe es zu keinem Zeitpunkt Kontakt gegeben. Auch ansonsten seien hier zumindest keine relevanten Kontakte zwischen dem jeweiligen Eigentümer des Anwesens und dem Beklagten bekannt.
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Mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 führte der Kläger weiter zur Historie des Gebäudes und zum Voreigentümer aus. Der Denkmalschutzbehörde sei das streitgegenständliche …- … bestens bekannt. Die Eingabe über die notwendigen Baumaßnahmen seien vom Landratsamt und der Unteren Denkmalschutzbehörde einfach sechs Monate nicht bearbeitet worden. Bei dem schließlich durchgeführten Ortstermin hätten sich die Mitarbeiter des Beklagten geweigert, zum damaligen Bauherrn in das Obergeschoss des Gebäudes zu kommen, um mit ihm die offenen Fragen zu besprechen. Alle Maßnahmen, auch die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführten, seien im Nachgang ohne Veränderung genehmigt worden, nachdem die Eingabeunterlagen nochmals detailliert worden seien. Alle durchgeführten Arbeiten hätten der Baugenehmigung voll entsprochen. Der einzige kontroverse Diskussionspunkt bei der Besprechung seien die geplanten Fenster in den Turmgauben des Anbaus gewesen. Mehrere Kontaktversuche bei der Denkmalschutzbehörde seien gescheitert. Ansprechpartner für alle denkmalschutzrechtlichen Genehmigungen sei immer zunächst die Untere Denkmalschutzbehörde. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege werde regelmäßig von dieser eingeschaltet.
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Mit Schreiben vom 1. März 2019 erwiderte der Beklagte daraufhin, dass laut des Aktenvermerks über den Ortstermin bereits umfangreiche Baumaßnahmen ohne Abstimmung mit den Denkmalbehörden durchgeführt worden seien. Die Behauptung des Klägers, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege regelmäßig von der Unteren Denkmalschutzbehörde eingeschaltet werde, stelle kein Argument für die Steuerbegünstigung dar. Dem Kläger bzw. Voreigentümer habe eine unmittelbare Kontaktaufnahme ja freigestanden.
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Hierauf führte der Kläger mit Schreiben vom 27. März 2019 aus, dass gerade nur solche Maßnahmen, die nach dem Eigentümerwechsel stattgefunden hätten, geltend gemacht würden und nicht die Dachreparatur, die Reparatur der Gauben oder die Öffnung der Blindfenster im Dachgeschoss. Malerarbeiten hätten bis zur Genehmigung überhaupt nicht stattgefunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Bescheid vom … Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Grundlagenbescheinigung nach § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. Art. 25 DSchG für die Umnutzung des Anwesens … * in drei Wohneinheiten, die Sanierung und den Anbau eines Aufzuges in Höhe von 80.567,52 Euro (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ab Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides erhoben.
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Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Nach Satz 3 gilt dies jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
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Vorliegend hat der Beklagte lediglich den Auslauf des streitgegenständlichen Bescheids am 11. Januar 2017 vermerkt, es gibt jedoch weder einen Zustellnachweis noch einen Einlieferungsbeleg zur Post.
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Der Kläger hat erklärt, den Bescheid nicht erhalten zu haben. Zweifel im Sinne des Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG sind zwar nicht schon beim bloßen Bestreiten eines früheren Zuganges durch den Adressaten gegeben, da sonst die Zugangsfiktion von Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG leer liefe. Der Betroffene muss vielmehr Umstände vortragen und glaubhaft machen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, berechtigte Zweifel am Zugang zu begründen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.1987 - 5 B 132.86 - juris Rn. 2, zur vergleichbaren Bestimmung des § 37 Abs. 2 SGB X).
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Da der Kläger jedoch anwaltlich versichert hat, den Bescheid vom … Januar 2017, der überdies auch nicht an ihn persönlich adressiert war, nie erhalten zu haben und sich in der Behördenakte lediglich ein Auslaufvermerk befindet, ist vorliegend davon auszugehen, dass dem Kläger der streitgegenständliche Bescheid erst durch Übersendung der Zweitschrift am … Juli 2018 bekannt gegeben wurde. Die am 7. August 2018 erhobene Klage ist daher fristgerecht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben, vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da die erforderliche Abstimmung nicht erfolgt ist.
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Nach § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG kann der Denkmalinhaber erhöhte Absetzungen nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde - hier gemäß Art. 25 DSchG das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege - nachweist, dass die für die Baumaßnahmen angefallenen Herstellungskosten nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Zudem müssen gemäß § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der in Absatz 2 bezeichneten Stelle - also dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege - durchgeführt worden sein. Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung sind demnach die Erforderlichkeit der Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung sowie die Abstimmung der Baumaßnahmen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vor ihrem Beginn.
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§ 7i EStG begünstigt also ausschließlich Baumaßnahmen, die - gemessen am Zustand des Baudenkmals vor ihrem Beginn - geboten sind, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeizuführen. § 7i EStG kann entgegen seinem Wortlaut nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Steuervergünstigung auch bei ohne vorheriger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde durchgeführten Baumaßnahmen zu gewähren ist. In jedem Fall ist die grundsätzliche Entscheidung über den Charakter der Maßnahme am Baudenkmal vor ihrer Durchführung zu treffen. Im Übrigen ist die Art und Weise, in der die Abstimmung im Einzelnen zu erfolgen hat, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BayVGH, U.v. 20.6.2012 - 1 B 12.78 - juris Rn. 18). Die Abstimmung muss also auf die konkrete Baumaßnahme bezogen stattfinden; eine generelle Absprache über künftig auszuführende Reparaturarbeiten genügt hierfür nicht (BayVGH, B.v. 3.12.2008 - 15 ZB 08.727 - juris Rn. 9).
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„Abstimmen“ bedeutet dabei - ausgehend von der Wortbedeutung - eine einverständliche, bei Bedarf hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung ins Detail gehende Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen. Die beabsichtigten Maßnahmen müssen folglich mit den Vorstellungen der zuständigen Behörde in Einklang gebracht werden; es bedarf eines beiderseitigen Einverständnisses hinsichtlich aller Ausführungsdetails der geplanten Maßnahme zwischen zuständiger Behörde und Steuerpflichtigem/Bauherrn. Zweck der Abstimmung ist es, sicherzustellen, dass die Interessen des Denkmalschutzes bei der Durchführung der Baumaßnahmen gewahrt werden. Deshalb muss die zuständige Behörde rechtzeitig vor Beginn der Planung eingeschaltet werden. Die vorherige Abstimmung dient dabei auch der Feststellung von Tatsachen, insbesondere des Zustandes des Bauwerks, an dem die Maßnahmen vorgenommen werden sollen, die notwendig sind, um die Erforderlichkeit der Maßnahmen im Sinne von § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG im Einzelnen beurteilen zu können. Hieraus folgt, dass eine Abstimmung i.S.v. § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG nicht im Nachhinein getroffen werden kann, da in einem solchen Fall die Denkmalschutzbehörde nicht mehr die erforderlichen Baumaßnahmen angesichts des Zustands des Baudenkmals bei Beginn der Baumaßnahmen abklären kann. Durch die Formulierung „in Abstimmung“ wird zudem klargestellt, dass der Abstimmungsprozess grundsätzlich bis zum Abschluss der Baumaßnahmen fortzuführen ist (BVerwG, B.v. 9.5.2018 - 4 B 40/17 - juris Rn. 10).
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Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Abstimmung zwischen dem Kläger bzw. dem früheren Bauherrn und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege für die hier in Rede stehenden Baumaßnahmen, die im Wesentlichen im Jahr 2015 stattgefunden haben, nicht erfüllt.
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Von einer Vorgehensweise der Behörden dahingehend, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege bei Standardfällen nach entsprechender Absprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht eingeschaltet wird, sondern sich deren Entscheidung für das Bescheinigungsverfahren zu eigen macht und in anderen Fällen der Bauherr an den zuständigen Konservator beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege verwiesen wird, kann vorliegend nicht ausgegangen werden (vgl. für die frühere behördliche Praxis in München: VG München, U.v. 18.7.2011 - M 8 K 10.3818 - juris Rn. 46).
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Denn die Untere Denkmalschutzbehörde hat bereits mit Schreiben vom 13. Mai 2013 daraufhin gewiesen, dass die Planung wegen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Fachbehörde abgestimmt werden müsse.
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Abgesehen davon, dass eine Beteiligung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 DSchG grundsätzlich die nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG zwingend erforderliche Abstimmung nicht ersetzen kann, gilt dies vorliegend auch dann, wenn man davon ausgehen würde, dass in der Verwaltungspraxis die Abstimmung dahingehend durchgeführt wird, dass bei der Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bzw. der Baugenehmigung im Rahmen eines Ortstermins, an dem sowohl die Untere Denkmalschutzbehörde als auch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und der Bauherr teilnehmen, die Fragen der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis und der Erforderlichkeit der Herstellungskosten im Sinne des § 7i Abs. 1 EStG besprochen werden und die Beurteilung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 7i EStG dann Eingang in die Stellungnahme der Unteren Denkmalschutzbehörde zum Vorliegen der Voraussetzungen für eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis findet (vgl. VG München, U.v. 30.11.2010 - M 1 K 10.3887 - juris Rn. 28, zur behördlichen Praxis bis zum Jahr 2012).
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Ein Vertreter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege hat zwar mit Vertretern des Landratsamtes Traunstein das Baudenkmal des Klägers am 30. Juli 2013 besichtigt und dabei wurde wohl auch über das weitere Vorgehen zur denkmalgerechten Instandsetzung des streitgegenständlichen Gebäudes gesprochen. Dabei wurden jedoch vor allem bereits umfangreich erfolgte Baumaßnahmen, die nicht genehmigt waren, festgestellt und dem damaligen Bauherrn aufgegeben, beurteilungsfähige aktualisierte Planunterlagen vorzulegen.
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Eine Abstimmung hätte jedoch vorausgesetzt, dass mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nicht nur über die bereits durchgeführten Arbeiten an dem Baudenkmal gesprochen wird; sondern vielmehr muss dieses auch über den Umfang der Arbeiten und damit über die im Einzelnen vom Denkmalinhaber geplanten Schritte in Kenntnis gesetzt werden, um überhaupt in die Lage versetzt zu sein, die Erforderlichkeit (vgl. § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG: „nach Art und Umfang“) beurteilen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.2012 - 1 B 12.78 - juris Rn. 19 f.). Die eingereichten Planunterlagen vom 17. Oktober 2013 weichen deutlich von den ursprünglich eingereichten Bauvorlagen vom 9. März 2013 ab; insbesondere wurde die Lage des Aufzugs vom Äußeren des Gebäudes in dessen Inneres versetzt und Fensterfronten verändert, sowie erstmals alle Grundrisse und Ansichten des Gebäudes dargestellt. Diese Planunterlagen und die schließlich erteilte Baugenehmigung sind dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nicht zur Kenntnis gegeben worden. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Behördenakte insoweit nicht lückenhaft ist, sondern alle Unterlagen enthält, die zur Verfügung gestellt wurden.
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Von einem beiderseitigen Einverständnis hinsichtlich aller Ausführungsdetails der geplanten Maßnahme zwischen zuständiger Behörde und Steuerpflichtigem/Bauherrn, wie vom Bundesverwaltungsgericht (B.v. 9.5.2018 - 4 B 40/17 - juris Rn. 10) gefordert, kann daher angesichts der Tatsache, dass nach dem Ortstermin geänderte Planunterlagen beim Landratsamt Traunstein eingereicht wurden, von denen aber das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege keine Kenntnis erhalten hatte, nicht gesprochen werden. Auch der Kläger hat die geänderten Planunterlagen nicht dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Voraussetzung für eine Abstimmung zugänglich gemacht. Er ist vielmehr in keiner Weise mit diesem in Kontakt getreten. Er trägt selbst vor, lediglich mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Kontakt gestanden zu sein. Allein die Tatsache, dass dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege das Denkmal als solches gut bekannt ist und es gegen die beabsichtigte Maßnahme an sich nichts einzuwenden hat, reicht für die erforderliche Abstimmung im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG nicht aus.
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Überdies wurden Aspekte zu steuerlichen Bescheinigungsmöglichkeiten im Rahmen des Ortstermins zwischen dem Architekten des vormaligen Bauherrn, dem Landratsamt Traunstein und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nicht angesprochen. Dies hat auch der Kläger nicht behauptet und dies ergibt sich auch nicht aus dem in den Behördenakten befindlichen Aktenvermerk über den Ortstermin.
42
Spätestens nach dem Ortstermin hätte dem damaligen Bauherrn aber bekannt sein müssen, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege weiterhin zu beteiligen ist. Der Kläger muss sich dies auch zurechnen lassen; es wäre - vor allem, da er selbst Rechtsanwalt ist - seine Obliegenheit gewesen, vor der Ausführung weiterer Baumaßnahmen beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nachzufragen, ob die erforderliche Abstimmung in ausreichender Weise erfolgt ist. Der Kläger musste auch wissen, dass die Durchführung des Ortstermins am 30. Juli 2013 vorliegend für eine erfolgte Abstimmung nicht ausgereicht hat, denn er hat selbst im Gerichtsverfahren vorgetragen, dass offene Fragen bei der Besprechung nicht hätten geklärt werden können, sondern vielmehr der einzige Diskussionspunkt die geplanten Fenster in den Turmgauben des Anbaus gewesen seien.
43
Fehlt es bereits an der zwingend erforderlichen Abstimmung zwischen dem Denkmaleigentümer und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege über die Erforderlichkeit der Maßnahme vor Beginn der Bauarbeiten, so kommt es auf die Frage, ob die Herstellungskosten für die Baumaßnahme bescheinigungsfähig im Sinne des § 7i EStG sind, nicht mehr an.
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3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 und 711 ZPO.