Inhalt

VG München, Beschluss v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531
Titel:

Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Rumänien – erfolgloser Eilantrag

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 29 Abs. 1 S. 1, § 34a Abs. 1 S. 1
Dublin-III-VO Art. 3, Art. 18 Abs. 1 lit. d
EMRK Art. 3
Leitsätze:
1. Es ist gegenwärtig nicht davon auszugehen, dass ein Asylsuchender in Rumänien aufgrund systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die medizinische Versorgung in Rumänien ist auch für Dublin-Rückkehrer und Asylbewerber gesichert. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dublin-Verfahren, Zielland: Rumänien, Einstweiliger Rechtsschutz, Abschiebungsanordnung, Ausgestaltung des rumänischen Asylsystems, einstweiliger Rechtsschutz, afghanische Staatsangehörigkeit, Rumänien, systemische Mängel, unmenschliche Behandlung, Afghanistan, erniedrigende Behandlung, Aufnahmebedingungen
Fundstelle:
BeckRS 2020, 35798

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Abschiebungsanordnung nach Rumänien im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.
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Der Antragsteller, nach eigenen Angaben am … … 1995 geboren und von afghanischer Staatsangehörigkeit, reiste am 3. August 2020 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 31. August 2020 einen förmlichen Asylantrag.
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Eine EURODAC-Recherche am 18. August 2020 mit den Personalien des Antragstellers ergab einen Treffer für Rumänien unter dem Datensatz RO1[…] und dem Datum 11. August 2019.
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In seinen Anhörungen vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 31. August und 8. September 2020 gab der Antragsteller an, er habe Afghanistan vor ca. zwei Jahren verlassen und sei über Iran, Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Rumänien und Ungarn nach Deutschland eingereist. In Rumänien habe er internationalen Schutz beantragt, welcher abgelehnt worden sei. Er habe sich ungefähr neun Monate in Rumänien aufgehalten. Er sei dort nicht anerkannt gewesen, sondern seine Anträge seien zwei Mal abgelehnt worden. Auf die Frage, welche Gründe man dem Antragsteller für die Ablehnungen genannt habe, führte er aus, dass man ihm in einem Interview nach seinen Gründen gefragt habe. Er sei in Afghanistan telefonisch bedroht worden, und die rumänischen Behörden hätten ihm nach dem genauen Namen und der Adresse dieses Mannes gefragt. Dies habe er aber nicht wissen können. In Rumänien sei kein einziger aus Afghanistan kommender Flüchtling anerkannt worden. Bei seinem zweiten Antrag sei er gefragt worden, warum er keine neuen Gründe habe, daraufhin sei er wieder abgelehnt worden. Die eingereichte Klage sei negativ entschieden worden. In Rumänien sei es nur ein kurzes, oberflächliches Interview gewesen. Bevor er abgeschoben worden wäre, sei er geflohen.
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Am 9. September 2020 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Rumänien. Die rumänischen Behörden akzeptierten mit Schreiben vom 22. September 2020 unter Verweis auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-Verordnung und teilten mit, dass der erste Asylantrag des Antragstellers vom 11. August 2019 am 25. Juni 2020 abgelehnt worden sei. Ein weiterer Antrag vom 10. Juli 2020 sei am 27. Juli 2020 abgelehnt worden.
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Mit Bescheid vom 22. September 2020 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Rumänien an (Nr. 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Begründet wurde dies damit, dass der Asylantrag unzulässig sei, da Rumänien aufgrund des dort gestellten und abgelehnten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 28. September 2020 zugestellt.
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Der Antragsteller hat durch seine Prozessbevollmächtigte am *. Oktober 2020 Klage (M 1 K 20.50530) gegen vorgenannten Bescheid erhoben. In vorliegendem Verfahren wird zugleich beantragt,
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Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes wird angeordnet.
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Der Bescheid sei aufzuheben, weil das rumänische Asylverfahren offensichtlich an systemischen Mängeln leide. Der Umstand, dass dem Antragsteller eine Frist von fünfzehn Tagen gesetzt worden sei, um Asyldokumente zu erhalten, lasse den Schluss zu, dass dies eine gewöhnliche Maßnahme sei, um Asylverfahren zu beschleunigen. Hingegen sei grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings sei dies zur Einholung von Originalunterlagen aus Afghanistan schon zu Nicht-Corona-Zeiten sehr schwierig einzuhalten. Dass diese Frist auch in Corona-Zeiten nicht verlängert worden sei, zeige, dass nicht auf tatsächliche Umstände wie ein Lockdown Rücksicht genommen worden sei. Da in der Regel solche Fristen durch allgemeine Vorgaben bestimmt würden, läge der Schluss nahe, dass es keine Anweisung gegeben habe, Fristen aufgrund der Corona-Pandemie zu verlängern. Damit liege ein systemischer Mangel vor. Bei einer Rückkehr nach Rumänien würde der Asylantrag dort als Zweitantrag gewertet. Es sei zu befürchten, dass dann der Umstand der Militärzugehörigkeit wieder nicht berücksichtigt werde, weil die Behörden dann vermutlich sagen würden, dass er Gelegenheit genug gehabt habe, im ersten Asylverfahren Beweismittel vorzulegen. Zu Unterlagen und Dokumenten, die der Antragsteller im hier anhängigen Gerichtsverfahren vorlegt und die sein Asylbegehren materiell stützen sollen, trägt der Antragsteller vor, es sei seinem Vater nunmehr möglich gewesen, diese Unterlagen aus Afghanistan zu verschicken. Zu der Zeit, zu der er sich in Rumänien befunden habe, sei das aufgrund des Lockdowns nicht möglich gewesen.
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Das Bundesamt hat die Behördenakte vorgelegt und sich zur Sache nicht geäußert.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Verfahren M 1 K 20.50530, sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung bleibt ohne Erfolg.
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Da die Klage gegen die Abschiebungsanordnung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abwägt. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hat das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurückzutreten. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung keine Zweifel. Es überwiegt somit das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids.
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Die Abschiebungsanordnung erweist sich als rechtmäßig.
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Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nach summarischer Prüfung vor.
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1. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 v. 29.06.2013, S. 31 - im Folgenden: Dublin-III-Verordnung) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
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Hiernach ist nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern Rumänien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
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a) Nach dem EURODAC-Treffer mit der Kennzeichnung „RO1“ hatte der Antragsteller in Rumänien bereits einen Asylantrag gestellt; dabei steht die Ziffer 1 gemäß Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 - EURODAC-VO für die Antragstellung; dies deckt sich im Übrigen mit den Angaben des Antragstellers selbst sowie mit der Auskunft der rumänischen Behörden. Damit handelt es sich um ein Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d i.V.m. Art. 23 ff. Dublin-III-VO, wonach der Mitgliedstaat (Rumänien) verpflichtet ist, den Antragsteller, dessen Antrag in Rumänien abgelehnt wurde und der in Deutschland einen neuen Asylantrag gestellt hat, wiederaufzunehmen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 2.4.2019 - C-582/17, C-583/17 - juris Rn. 58 ff.) folgend ist in derartigen Wiederaufnahmeverfahren der zuständige Staat - anders als im Aufnahmeverfahren - nicht verpflichtet, anhand der in Art. 3 ff. der Dublin-III-VO niedergelegten Kriterien zu bestimmen, ob der ersuchte Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags tatsächlich zuständig ist. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr im Grundsatz darauf, ob der andere Mitgliedstaat nach Art. 20 Abs. 5 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b bis d Dublin III-VO dazu verpflichtet ist, den Antragsteller wiederaufzunehmen.
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b) Nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO ist Rumänien damit verpflichtet, den Antragsteller nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin-III-VO wiederaufzunehmen. Das Wiederaufnahmeverfahren hat die Antragsgegnerin ordnungsgemäß durchgeführt. Das Wiederaufnahmegesuch an Rumänien wurde am 9. September 2020 und damit innerhalb der zweimonatigen Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO gestellt, die mit dem EURODAC-Ergebnis am 18. August 2020 an- und noch nicht abgelaufen war. Somit ist kein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 3 Dublin-III-VO eingetreten. Das Übernahmeersuchen wurde von Rumänien akzeptiert, somit ist Rumänien innerhalb der offenen sechsmonatigen Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO verpflichtet, den Antragsteller wiederaufzunehmen.
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c) Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Antragsteller seiner Überstellung nach Rumänien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Rumänien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, sodass eine Überstellung nach Rumänien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 der Dublin III-VO).
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Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938.93 und 2 BvR 2315.93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411.10 und C-493.10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. zur Dublin-II-VO BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9).
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Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Rumänien aufgrund systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 26.5.2020 - 22 K 17460/17.A - juris, Rn. 38, 61; VG München, B.v. 9.9.2020 - M 1 S 20.50456; B.v. 24.4.2020 - M 10 S 20.50245 - Rn. 22 m.w.N.; VG Würzburg, B.v. 11.3.2020 - W 4 S 20.50079 - juris, Rn. 19 ff.; VG Ansbach, B.v. 28.11.2019 - AN 17 S 19.51025 - juris Rn. 23; VG Lüneburg, U.v. 13.3.2019 - 8 B 51/19 - juris - Rn. 17 ff.).
25
Generelle systemische Mängel hinsichtlich des Zugangs zum rumänischen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen sind im Einklang mit der vorgenannten Rechtsprechung nicht feststellbar (vgl. hierzu etwa BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, Gesamtaktualisierung vom 14.6.2019). Auch wenn die wirtschaftliche Lage von Schutzsuchenden und schutzberechtigten Personen in Rumänien insgesamt schwierig ist, ist ihre Lage nicht so defizitär, dass von einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK ausgegangen werden kann. Antragsteller müssen sich insoweit auf den in Rumänien für alle dortigen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser nicht dem Niveau in Deutschland entsprechen sollte. Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (vgl. BFA, Länderinformationsblatt v. 14.6.2019, a.a.O., S. 6). Dies deckt sich auch insoweit mit den Angaben des Antragstellers, dass er in der Zeit seines Aufenthalts stets in einem Flüchtlingsheim lebte. Weiteres Vorbringen zu seiner Versorgung in Rumänien erging im Übrigen nicht. Schließlich besteht für Asylbewerber der gleiche Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem wie für die rumänische Bevölkerung. Das gilt auch unter Berücksichtigung der durch die aktuelle Corona-Krise bestehenden Situation. Der Antragsteller gehört nicht zu einer besonders vulnerablen Personengruppe.
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Das Vorbringen des Antragstellers dahingehend, dass die Interviews zu seinem Verfolgungsschicksal kurz und oberflächlich gehalten gewesen seien, die Frist zur Einreichung von Unterlagen auch in Anbetracht der Corona-Pandemie zu kurz bemessen gewesen sei und er befürchte, dass er mit den nunmehr vorliegenden Unterlagen in Rumänien nicht mehr gehört werde, stellt keinen wesentlichen Grund für die Annahme systemischer Schwachstellen im dortigen Asylsystem dar. In Rumänien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Rumänien, Gesamtaktualisierung vom 14.6.2019, S. 6). Das rumänische Asylsystem sieht vor, dass eine Entscheidung über das Asylbegehren dreißig Tage nach dem Zeitpunkt zu treffen ist, zu dem die Erstbefragung und die persönliche Anhörung zu den Asylgründen stattgefunden hat und der Fall dem zuständigen Sachbearbeiter („case officer“) übergeben worden ist (vgl. Analysebericht von The Asylum Information Database (AIDA), update 2018, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf - abgerufen am 27.11.2020, - AIDA-Bericht - S. 14). Hiergegen und gegen das Setzen von Fristen - auch in Zeiten der Corona-Pandemie - ist nichts zu erinnern. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass das rumänischen System von Gesetzes wegen die Möglichkeit eines Folgeantrags (sowie weiterer) vorsieht. Für die Zulässigkeit eines solchen Antrags sind neue Umstände dazulegen, an deren Darlegung der Betreffende im vorangegangenen Verfahren gehindert war (vgl. AIDA-Bericht 2018, a.a.O., S. S. 46, 65 f.). Insoweit ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller grundsätzlich daran gehindert sein soll, unter Vorlage seiner nunmehr eingetroffenen Unterlagen eine neue Prüfung seines Schutzgesuchs zu veranlassen. Es trifft im Übrigen auch nicht zu, dass die Anerkennung afghanischer Asylsuchender gleich null ist. Im Jahr 2018 erhielten in Rumänien 18,2% der schutzsuchenden afghanischen Staatsangehörigen Flüchtlingsschutz sowie 9,1% subsidiären Schutz (vgl. AIDA-Bericht 2018, a.a.O., S. 7).
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Von systemischen Mängeln in Rumänien, die zu einem Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland führen sollen, ist daher nicht auszugehen.
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2. Schließlich trägt der Antragsteller auch keine Gründe vor, die ein (zielstaatsbezogenes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis begründen könnten.
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Abschiebungsverbote sind insbesondere auch nicht wegen der Corona-Pandemie anzunehmen. Ein Abschiebungsverbot wegen einer drohenden (etwaig höheren) Ansteckungsgefahr nach Rückkehr nach Rumänien und/oder wegen eines höheren Gesundheitsrisikos infolge schlechterer medizinischer Versorgung in Rumänien gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Im Übrigen ist die medizinische Versorgung in Rumänien auch für Dublin-Rückkehrer und Asylbewerber gesichert (s.o.).
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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.