Inhalt

LG München II, Endurteil v. 20.05.2020 – 11 O 3503/19
Titel:

Erblasser, Berufung, Beschwerde, Ausgangsverfahren, Vollstreckungsabwehrklage, Zwangsgeld, Vollstreckungsgegenklage, Streitwert, Zwangsvollstreckung, Nachlassverzeichnis, Zustimmung, Erbfall, Auskunft, Rechtskraft, Kosten des Rechtsstreits, Treu und Glauben, sofortige Beschwerde

Schlagworte:
Erblasser, Berufung, Beschwerde, Ausgangsverfahren, Vollstreckungsabwehrklage, Zwangsgeld, Vollstreckungsgegenklage, Streitwert, Zwangsvollstreckung, Nachlassverzeichnis, Zustimmung, Erbfall, Auskunft, Rechtskraft, Kosten des Rechtsstreits, Treu und Glauben, sofortige Beschwerde
Vorinstanz:
LG München II, Teilurteil vom 24.02.2017 – 13 O 5937/15
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 14.12.2020 – 33 U 3539/20
BGH Karlsruhe, Urteil vom 29.09.2022 – I ZR 180/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 35641

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klagepartei begehrt die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Teilurteil des Landgerichts München II vom 24.02.2017, Az. 13 O 5937/15, für unzulässig zu erklären.
2
Die Beklagten haben im Verfahren 13 O 5957/15 im Wege der Stufenklage gegen den Kläger Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche sowie Ansprüche auf Zahlung ihrer Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht.
3
Am ... 2012 verstarb der Vater des Klägers, Fr. Th. N., zuletzt wohnhaft in W. i. OB (nachfolgend: Erblasser).
4
Im Dezember 2015 erhoben die hiesigen Beklagten gegen den Kläger, ihren Bruder als Alleinerben, Pflichtteilsstufenklage vor dem Landgericht München II - 13. Zivilkammer (Az. 13 O 5937/15). Der Kläger wurde in diesem Verfahren (im folgenden Ausgangsverfahren genannt) durch Teilurteil vom 24.02.2017 antragsgemäß wie folgt verurteilt:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, auf 1. Stufe den Klägern Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des am ... 2012 verstorbenen Herrn F. T. N., geboren am ... 1938, zuletzt wohnhaft M. Straße 57, ... W. i. OB (nachstehend „Erblasser“ genannt) durch Vorlage eines Verzeichnisses nach § 260 BGB, das von einem Notar aufgenommen und bei dessen Aufnahme die Kläger hinzugezogen werden und dass sämtliche beim Erbfall vorhandenen Aktiva, wie insbesondere Immobilien, Sachen, Unternehmens- und Gesellschaftsbeteiligungen und Forderungen sowie sämtliche Passiva des Nachlasses, also Nachlassverbindlichkeiten wie Erblasser- und Erbfallschulden enthält und den Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet war, benennt.
Ferner sind in das Nachlassverzeichnis sämtliche lebzeitige Zuwendungen des Erblassers innerhalb von zehn Jahren vor dessen Todestag (§ 2325 BGB) aufzunehmen, also insbesondere Schenkungen, gemischte Schenkungen und im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgte Zuwendungen sowie - unabhängig von einer Frist, d.h. ohne Beschränkung auf den vorgenannten 10-Jahres-Zeitraum - alle unter Abkömmlingen zur Ausgleichung zu bringende Zuwendungen nach §§ 2050 ff. BGB sowie sämtliche Zuwendungen an seinen Ehegatten, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten getätigt hat. Ohne zeitliche Beschränkung, d.h. insbesondere ohne Beschränkung auf den vorgenannten 10-Jahres-Zeitraum ist im Nachlassverzeichnis auch Auskunft über Zuwendungen des Erblassers zu erteilen, sofern der Erblasser sich im Rahmen solcher Zuwendungen Nutzungsrechte wie einen Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht vorbehalten und/oder Widerrufs- oder Rückübertragungsrechte vereinbart hat.
Im Nachlassverzeichnis anzugeben sind darüber hinaus Lebensversicherungen und sonstige Verträge zugunsten Dritter unter Angabe des Zuwendungsvollzugs sowie der Erlass von Forderungen nach § 397 BGB. Außerdem ist mitzuteilen, ob und ggf. welche gesetzlichen Erben des Erblassers einen Erbverzicht erklärt haben.
Sämtliche Auskünfte sind durch Vorlage geeigneter Dokumente (Kopien ausreichend) zu untermauern.
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Die hiergegen gerichtete Berufung des hiesigen Klägers wurde mit Schriftsatz vom 22.12.2017 zurückgenommen. Das OLG München hat mit Beschluss vom 27.12.2017 den (dortigen) Beklagten zu 1) des eingelegten Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
6
Am 05.03.2018, eingegangen bei Gericht am 08.03.2018 habe die Kläger im Ausgangsverfahren und hiesigen Beklagten im Verfahren 13 O 5937/15 Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO gestellt und diesen zunächst damit begründet, der entsprechend dem Teilurteil geschuldete Auskunftsanspruch sei nicht erfüllt worden, alleine die Beauftragung eines Notars mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses stehe dem Antrag gemäß § 888 ZPO nicht entgegen. Dagegen wandte sich der Beklagte im Ausgangsverfahren (= Kläger im hiesigen Verfahren) zunächst mit dem Hinweis, dass der Notar sei am 23.02.2018 beauftragt worden, eine zügigere Erstellung des Verzeichnisses sei nicht möglich.
7
Das Nachlassverzeichnis des Notars Dr. B. S., Notar mit Amtssitz in W. i. OB, wurde am 13.05.2019 erstellt und den Beklagten am 14.05.2019 übermittelt. Der Antrag gemäß § 888 ZPO wurde dennoch ausdrücklich aufrechterhalten mit der Begründung, das notarielle Nachlassverzeichnis sei lückenhaft. Hiergegen wird eingewandt, dass dies nicht der Fall sei.
8
Über den Antrag gemäß § 888 ZPO wurde im Ausgangsverfahren bislang nicht entschieden.
9
Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 04.02.2020 nachfolgende Erklärung abgegeben:
10
Für den Fall, dass im Ausgangsverfahren umgekehrten Rubrums, Az. 13 O 5937/15 des Landgerichts München II, der Antrag der dortigen Kläger auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO insgesamt rechtskräftig - ggf. nach Ausschöpfung zur Verfügung stehender Rechtsmittel - mit der Begründung zurückgewiesen werden sollte, dass die mit Urteil des Landgerichts München II vom 24.02.2017 titulierte Auskunftsverpflichtung vollständig erfüllt sei, verpflichten sich die hiesigen Beklagten und dortigen Kläger, diese Entscheidung anzuerkennen. Sie werden in diesem Fall insbesondere keine Zwangsvollstreckungsversuche aus besagtem Urteil mehr unternehmen und die entwertete Urteilsausfertigung an den hiesigen Kläger und dortigen Beklagten herausgeben.
11
Der Kläger behauptet, er habe den titulierten Anspruch der Beklagten auf Auskunftserteilung durch die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vollumfänglich erfüllt. Er verweist insoweit auf den Erwiderungsschriftsatz vom 13.09.2019 im Ausgangsverfahren. Der Vollstreckung stehe daher der Einwand der Erfüllung entgegen. Der Urkundsnotar habe die Recherchen unverzüglich, akribisch und genau ausgeführt. Die inhaltlichen Einwendungen gegen das Nachlassverzeichnis, die die Beklagten geltend machen, seien möglicherweise präkludiert, da sie in der Stellungnahme der Beklagten vom 20.03.2019 sämtlich nicht enthalten gewesen seien. Jedenfalls stehe ihrer Berücksichtigung damit ein Verstoß gegen Treu und Glauben entgegen.
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Soweit das Nachlassverzeichnis Lücken aufweise hinsichtlich Hausrat/Mobiliar (Ziffer 2.5.1. des notariellen Nachlassverzeichnisses), stelle dies im Verhältnis zum Gesamtwert des Nachlasses tatsächlich eine „Petitesse“ dar. Die Erkenntnismöglichkeiten der Kläger und des Notars seien erschöpft, keinesfalls werde die Mutter auf Auskunft verklagt. Bezüglich der Immobilie auf Mallorca hätten sich aus den Unterlagen alle wertbildenden Faktoren ergeben. Die Witwe des Erblassers habe den Zugang nicht gestattet, auch der Vorschlag Lichtbilder zu fertigen sei abgelehnt werden. Der Beklagte habe im übrigen selbst Kenntnis von der Immobilien, da er dort schon früher zu Besuch gewesen sei. Ergänzend wird hinsichtlich der Ausführungen der Klagepartei insbesondere auf den Schriftsatz vom 19.09.2019 Bezug genommen.
13
Überdies seien durch die Nachforschungen des Notars pflichtteilsrelevante Schenkungen des Erblassers an beide Beklagten offenbar geworden, die von diesen gegenüber dem Kläger bisher vorsätzlich verschwiegen worden seien.
14
Er ist der Auffassung, die vorliegende Vollstreckungsabwehrklage sei zulässig, insbesondere könne er den Erfüllungseinwand gleichzeitig sowohl in dem anhängigen Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO als auch im Wege der parallel erhobenen Vollstreckungsabwehrklage geltend machen. Es sei zu befürchten, dass im Rahmen der Vollstreckung immer weitere Einwände, warum keine vollständige Erfüllung eingetreten sei, erhoben werden könnten.
15
Der Kläger beantragt,
Die Zwangsvollstreckung der Beklagten/Gläubiger aus dem rechtskräftigen Teilurteil des Landgerichts München II vom 24.03.2017 (Az. 13 O 5937/15) wird für unzulässig erklärt.
16
Die Beklagten beantragen,
Die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
17
Die Beklagten meinen,
die vorliegende Vollstreckungsabwehrklage sei bereits unzulässig. Es fehle dem Kläger an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, außerdem stehe der Klage der Grundsatz der Verfahrenskonzentration und der Prozeßökonomie entgegen. Sämtliche gerichtliche Entscheidungen beträfen nur die nachgelagerte Vollstreckungsabwehrklage, die also erst nach Eintritt der Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses erhoben wurde. Die parallele Führung zweier Verfahren, wie vorliegend, sei jedoch soweit ersichtlich bis dato nicht Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.
18
Die mit Schriftsatz vom 04.02.2020 abgegebene Erklärung verdeutliche das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses, sie diene höchst vorsorglich der Ausräumung möglicherweise verbleibender Restzweifel.
19
Im übrigen sei das vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis grob fehlerhaft und weise offenkundige Lücken auf, die aus dem Text des Nachlassverzeichnisses unmittelbar ersichtliche seien. Hinsichtlich der einzelnen Kritikpunkte wird auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 29.10.2019 im Rechtsstreit Az. 13 O 5937/15 (Anlage B 1) sowie auf das Schreiben der Beklagtenvertreter vom 15.07.2019 (Anlagenkonvolut K 3) verwiesen. Zudem führen die Beklagten insbesondere aus, der von dem Kläger beauftragte Notar habe keine hinreichenden eigenen Nachforschungen betrieben. Auch sei das notarielle Nachlassverzeichnis unvollständig und weise offenkundige Lücken auf, es sei nicht nur eine sachliche Unrichtigkeit gegeben. Dies habe der (hiesige) Kläger mit Schriftsatz vom 13.09.2019 im Ausgangsverfahren selbst eingeräumt, jedoch ohne die nötigen Konsequenzen zu ziehen.
20
Hinsichtlich der geltend gemachten Defizite des Nachlassverzeichnisses wird auf die Aufstellung der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 29.10.2019 im Ausgangsverfahren, vorgelegt als Anlage B 1 im hiesigen Verfahren Bezug genommen.
21
Das Gericht hat am 29.01.2020 mündlich verhandelt. Die Parteien haben anschließend mit Schriftsätzen vom 01.04.2020 und 06.04.2020 der Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II ZPO zugestimmt. Als Zeitpunkt der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht wurde mit Beschluss vom 07.04.2020 der 29.04.2020 bestimmt (Bl. 123/125 d.A.).
22
Das Gericht hat die Verfahrensakten zu Az. 13 O 5937/15 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
23
Die Vollstreckungsgegenklage ist unzulässig.
24
1. § 767 Abs. 2 ZPO steht einer Zulässigkeit der Vollstreckungsgegenklage nicht entgegen.
25
Die Vollstreckungsgegenklage wird damit begründet, dem Auskunftsanspruch entsprechend dem Teilurteil des Landgerichts München II vom 24.02.2016 im Verfahren 13 O 5937/15 sei durch die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses am 13.05.2019, zugestellt am 14.05.2019 (Anlage K2) Genüge getan worden. Der Auskunftsanspruch sei damit erfüllt. Die geltend gemachte Erfüllung bezieht sich damit auf einen Zeitpunkt nach Rechtskraft des genannten Teilurteils.
26
Der Erfüllungeinwand ist auch nicht vor Rechtskraft des Zwangsvollstreckungsverfahrens im Ausgangsverfahren erhoben worden, dieses dauert noch an.
27
2. Für die Vollstreckungsgegenklage besteht jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis. Im Verfahren 13 O 5937/15 wurde am 05.03.2018 Antrag gemäß § 888 ZPO auf Festsetzung eines Zwangsgeldes wegen Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs aus dem genannten Teilurteil gestellt. Nach mehrfachen gewechselten Schriftsätzen ist bislang keine Entscheidung über den Antrag ergangen.
28
Ein Rechtsschutzbedüfnis besteht dann nicht, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Geltendmachung von Einwendungen zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 22.6.1977, VIII ZR 5/76).
29
Die Entscheidung im Vollstreckungsverfahren erstellt grundsätzlich ein einfacheres Mittel dar, um eine Entscheidung über die Frage der Erfüllung zu verlangen. Die für die Rechtskraft von Urteilen geltenden Bestimmungen der §§ 322-327 ZPO gelten grundsätzlich für nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder mangels eines standhaften Rechtsbehelfs formell rechtskräftigen Beschlüsse entsprechend, soweit diese Beschlüsse auch inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (vgl. zum Beispiel BGH, Entscheidung vom 13.07.2017, I ZR 64/16 mit weiteren Nachweisen). Dies kann auch bei einem Beschluss nach § 888 ZPO, durch den das Prozessgericht des 1. Rechtszugs über den Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Zwangsmittel zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung des Schuldners entscheidet der Fall sein (vergleiche BGH aaO mit weiteren Nachweisen).
30
Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die obergerichtliche Rechtsprechung (vergleiche BGH aaO) davon ausgeht, dass bei einem Beschluss, durch den das Prozessgericht gegen die Klägerin ein Zwangsgeld festgesetzt hat, materielle Rechtskraft hinsichtlich der in den Beschlussgründen enthaltenen Beurteilung, dass die Klägerin den Auskunftsanspruch bislang nicht erfüllt hat, nicht umfasst.
31
Das Gericht geht davon aus, dass dies zum einen dann anders zu beurteilen ist, wenn ein Antrag auf Zwangsgeldfestsetzung zurückgewiesen wird, mit der Begründung, dass der zugrunde liegende Auskunftsanspruch erfüllt wurde. In diesem Fall verbleibt dem aus dem Urteil Vollstreckenden keine andere Möglichkeit den Auskunftsanspruch durchzusetzen. Es bleiben auch nicht, wie im Falle der Nichterfüllung, Fragen, ob etwa durch spätere Auskünfte der ursprünglich Auskunftsanspruch - nunmehr - erfüllt ist. Vielmehr ist die Feststellung einer Erfüllung unzweideutig. Eine solche Entscheidung kann sehr wohl in Rechtskraft erwachsen.
32
Im vorliegenden Fall ist aber gerade eine Entscheidung nach § 888 ZPO noch nicht einmal ergangen. Eine Beurteilung, ob hier eine Entscheidung ergehen wird, die der Rechtskraft zugänglich sein wird, ist derzeit noch nicht möglich, diese kann letztlich nur im Ausgangsverfahren ergehen.
33
Die Frage der Erfüllung wird hier zeitgleich im Rahmen der Vollstreckung im Ausgangsverfahren wie in der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht.
34
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage ist daher zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Sämtliche Einwände können auch im Wege des Vollstreckungsverfahrens berücksichtigt werden.
35
Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich auch nicht daraus, dass über den Antrag gemäß § 888 ZPO vom 05.03.2018 nach diversen wechselseitigen Schriftsätzen bislang nicht entschieden wurde. Eine zeitliche Verzögerung im Vollstreckungsverfahren kann kein Bedürfnis für eine Vollstreckungsgegenklage begründen. Zu sehen ist insoweit auch, dass letztlich die Kläger im hiesigen Verfahren als Schuldner des Teilurteils im Ausgangsverfahren das notarielle Nachlassverzeichnis erst weit nach Antragstellung gemäß § 888 ZPO vorgelegt haben und darauf hin, der Antrag gemäß § 888 ZPO nicht mehr mit der Nichterfüllung des (dortigen) klägerischen Anspruchs, sondern mit der evidenten Lückenhaftigkeit begründet wurde.
36
Zu sehen ist auch der gesetzgeberische Gedanke, dass gegen Beschlüsse im Rahmen des § 888 ZPO die sofortige Beschwerde greift und somit eine zeitnahe Klärung herbeigeführt werden kann und soll. Würde man zugleich eine Vollstreckungsgegenklage mit der entsprechenden Rechtsmittelmöglichkeit als zulässig erachten, so könnte jeglicher Vollstreckungsversuch insoweit zumindest zeitlich erheblich verzögert werden. Zu bedenken wäre auch die Frage, wie sich eine Rechtskraft des Urteils im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage auf die Zwangsvollstreckungsanträge auswirkt wirken würde. Auch hier gelte das vom Bundesgerichtshof im oben genannten Verfahren festgestellte, dass wohl nur bei Begründetheit der Klage von einer Bindungswirkung auszugehen wäre, nicht aber dann, wenn die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen würde und sich nur aus den Gründen ergäbe, dass das Gericht von keiner vollständigen Erfüllung ausgeht. Auch hier wären bei der Feststellung nicht vollständiger Einfüllung künftige Einwände nicht ausgeschlossen. Zusehen ist auch, dass bereits eine festgestellte „evidente Lücke“ zur Unbegründetheit der Vollstreckungsabwehrklage führt, ohne die Notwendigkeit ggf. alle Lücken festzustellen. Die Situation ist damit nicht anders als im Rahmen der Entscheidung über den Antrag nach § 888 ZPO. Damit ist vergleichbar der Situation einer doppelten Rechtshängigkeit davon auszugehen, dass über den zunächst gestellten, noch anhängigen Antrag gemäß § 888 ZPO zunächst zu entscheiden ist, und, solange über diesen nicht entschieden ist, jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsgegenklage besteht.
37
Zu sehen ist über die allgemeinen Erwägungen hinaus aber insbesondere auch die Erklärung der Beklagten vom 04.02.2020, nach der sich die Beklagten verpflichtet haben, einer etwaigen rechtskräftigen Feststellung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens im Ausgangsverfahren anzuerkennen und keine Zwangsvollstreckungsversuche aus dem Teilurteil mehr zu unternehmen und die entwertete Urteilsausfertigung an den hiesigen Kläger und dortigen Beklagten herauszugeben.“ Damit steht der Kläger, so sich sein Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren als begründet erweist, nicht anders als bei Erfolg seiner Vollstreckungsgegenklage; er ist in diesem Fall nicht mehr der Gefahr weiterer Vollstreckungsversuche ausgesetzt. Dieses Ergebnis sieht sich in der Rechtsprechung bestätigt, nach der das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage fehlt, wenn der Gläubiger unzweifelhaft keine Vollstreckung mehr beabsichtigt. Letzteres kommt in Betracht, sofern der Gläubiger im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich und glaubhaft erklärt, nicht mehr vollstrecken zu wollen (OLG Hamm NJOZ 2016, 1597; vgl. OLG Köln, BeckRS 2001, 14239). Zwar wurde die entsprechende Erklärung vorliegend bedingt abgegeben. Jedoch wurde sie allein von dem Eingreifen des Erfüllungseinwands abhängig gemacht. Dieses ist jedoch im angestrengten Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO bereits ebenso umfassend zu prüfen, wie im Rahmen einer zusätzlichen Vollstreckungsgegenklage (s. o.). Für letztere kann daher parallel kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen.
38
Damit entfällt jedenfalls im konkreten Einzelfall jegliches Rechtsschutzbedürfnis, das über eine Entscheidung gemäß § 888 ZPO hinaus gehen könnte.
39
Auf die Begründetheit der Vollstreckungsgegenklage kommt es daher nicht an.
B.
40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
C.
41
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 Satz 2 ZPO.
D.
42
Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an den Angaben der Klagepartei zum Streitwert, die nachvollziehbar erscheinen, weitere konkrete Anhaltspunkte bieten sich nicht.