Titel:
Auslegung des Begriffs "Forstwirtschaftlicher Betrieb"
Normenketten:
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 12 Nr. 1 S. 1, § 15 Abs. 2
BewG § 33
Schlagworte:
private Nutzung, Einkommensteuer, Betriebsausgabe, Aufwendung, Wald, Maschinenpark, Pflege, Brennholz
Fundstelle:
BeckRS 2020, 34984
Tenor
1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids für 2016 vom 29.06.2018 in Gestalt der der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 werden die Einkünfte aus Forstwirtschaft mit - 1.558 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 3/40 und der Beklagte zu 37/40 zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Streitig ist, ob neben dem Ansatz eines Entnahmewertes für privates Brennholz auch ein Entnahmewert für die private Nutzung von betrieblichen Anlagegütern zur Beschaffung von privatem Brennholz aus eigenen forstwirtschaftlichen Flächen als Betriebseinnahme anzusetzen ist. Außerdem ist die Höhe der beiden Entnahmewerte streitig.
2
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung.
3
Der Kläger erklärte zuletzt in den Wirtschaftsjahren 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 Einnahmen aus dem Verkauf von Stammholz oder anderen Holzprodukten. Seit dem Wirtschaftsjahr 2009/2010 erklärte er jährlich, dass er Holz für den Privatgebrauch entnommen habe (28 bis 38 Ster).
4
Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger in der Einnahmeüberschussrechnung für den Forstbetrieb in O für das Wirtschaftsjahr 2016/2017 (01.10.2016 bis 30.09.2017) einen Verlust in Höhe von -1.394 €. In der Einnahmeüberschussrechnung werden keine Einnahmen aus dem Holzverkauf, jedoch eine Privatentnahme von Brennholz i.H.v. 1.092 € (28 Ster a 39 €) erklärt.
5
Das Finanzamt setzte mit Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 29.06.2018 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung eine Einkommensteuer von 7.405 € fest und berücksichtigte dabei die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von -1.095 € (erklärt -1.466 €).
6
In den Erläuterungen führte das FA aus, dass die erklärten Betriebsausgaben des Wirtschaftsjahres 2016/2017 in Höhe von 2.485,48 € nur in Höhe von 40% (994,19 €) anerkannt worden seien, da Betriebsausgaben, die mit dem Eigenverbrauch von Brennholz zusammenhingen, privat veranlasst seien. Der private Anteil der Kosten werde daher im Wege der Schätzung mit 60% ermittelt und die entsprechenden Ausgaben nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen. Der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft des Wirtschaftsjahres 2016/2017 betrage daher 93 €.
7
Der steuerliche Vertreter des Klägers erhob Einspruch. Zur Begründung trug er vor, dass in dem erklärten Entnahmewert in Höhe von 39 € pro Ster (insgesamt 1.092 €) die Kosten für die Aufarbeitung des Holzes (Fällen, Hacken, Lagern, Transport) bereits enthalten seien, da es sich bei dem Wert um den marktüblichen Preis für fertiges Brennholz mittlerer Qualität handle. Die Vorgänge bis zum fertigen Brennholz seien betrieblich. Eine Kürzung der Betriebsausgaben sei daher nicht erforderlich.
8
Der Marktpreis für ofenfertiges Brennholz (Nadelholz) betrage etwa 45 € je Ster.
9
Auf den Einspruch kündigte das Finanzamt mit Schreiben vom 09.07.2018 und 07.05.2019 eine Änderung dahingehend an, dass ein Entnahmewert für das Holz von 720 € und eine Nutzungsentnahme in Höhe von 90% der Betriebsausgaben angesetzt werde.
10
Das Finanzamt erhöhte mit Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 die Einkommensteuer 2016 auf 7.566 €. Im Übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
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Das Amt führte in der Einspruchsentscheidung aus, dass bei der Entnahme von Brennholz zu privaten Zwecken aus eigenen forstwirtschaftlichen Flächen sowohl für das Brennholz als auch für die damit verbundene Nutzung von betrieblichen Anlagegütern eine Betriebseinnahme zu erfassen bzw. privat veranlasste Aufwendungen nicht als Betriebsausgabe zum Abzug zuzulassen seien. Die Bewertung einer Entnahme erfolge gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert. Teilwert sei der Wert, den ein gedachter Erwerber beim Erwerb des ganzen Betriebs für das einzelne Wirtschaftsgut aufwenden würde.
12
Nach dem Urteil des FG Nürnberg vom 30.09.2015 (Az. 7 K 562/14) sei das Einschlagen von Bäumen für die Verwendung als Brennholz für eigene Wohnzwecke durch die private Lebensführung des Steuerpflichtigen i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG veranlasst und damit eine Entnahme des einzelnen Baumes im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Folge sei, dass Aufwendungen unter anderem für den Einschlag, den Abtransport der Bäume und deren Verarbeitung zu Brennholz gemäß § 4 Abs. 4 EStG mangels einer betrieblichen Veranlassung nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien bzw. eine entsprechende Betriebseinnahme für die Nutzungsentnahme von betrieblichen Anlagegütern entsprechend dem Anteil der Privatnutzung zu erfassen sei.
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Da der Kläger keine Angaben zum Wert der Entnahme der Bäume auf dem Stamm gemacht habe, erfolge der Ansatz des Entnahmewertes für das Holz im Wege der Schätzung mit 360 € pro Haushalt. Grundlage für diesen Wertansatz sei eine Dienstbesprechung der Hauptsachgebietsleiter Einkommensteuer des Jahres 2006. Hier sei eine Festlegung erfolgt, dass die Entnahme von Brennholz für den eigenen Bedarf grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert zu bewerten sei, dass es aus Vereinfachungsgründen aber nicht zu beanstanden sei, wenn der Steuerpflichtige hierfür einen Wert von 360 € ansetze. Anwendung finde der Wert von 360 € in solchen Fällen, in denen trotz Aufzeichnungspflicht keine konkreten Aufzeichnungen über die tatsächlichen Entnahmen von Brennholz für private Zwecke bestünden. Da es sich bei dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus des Klägers um ein Zweifamilienhaus handele, in dem beide Wohnungen mit privatem Brennholz beheizt würden, sei dieser Wert auf 720 € zu verdoppeln. Im Hinblick darauf, dass der Kläger laut eigenen Angaben im Wirtschaftsjahr 2016/2017 etwa 28 Ster Brennholz aus seinem Wald für private Zwecke entnommen habe, ergebe sich hieraus ein Preis von 25,71 € pro Ster. Dieser Wertansatz sei unter Berücksichtigung der Preise für Stammholz, die lt. Internetrecherche zwischen 25 bis 40 € pro Ster lägen, angemessen.
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Weiter seien die privaten Nutzungsanteile im Wege der Schätzung zu ermitteln. Im Wirtschaftsjahr 2016/2017 habe der Kläger keine Holzverkäufe getätigt. Seine Einnahmen hätten ausschließlich aus der Entnahme von Holz für den privaten Gebrauch bestanden. Aufgrund der privaten Mitveranlassung der Pflegemaßnahmen und der Entnahme von 28 Ster Holz erscheine jedoch ein betrieblicher Nutzungsanteil für die Anlagegüter im Rahmen von 5 - 10% als angemessen.
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Unter Berücksichtigung eines betrieblichen Nutzungsanteils der Anlagegüter von 10% setzte das FA für das Wirtschaftsjahr 2016/2017 folgenden Verlust an:
Einnahmen aus Entnahme Holz 720,00 €
Einnahme aus Nutzungsentnahme Anlagevermögen Ermittlung Nutzungsentnahme Anlagevermögen:
- Schlepper-Versicherung 122,48 €
- Führungsschiene Motorsäge 52,00 €
- Dieselverbrauch Schlepper 130,00 €
- Abschreibungen 1.259,50 €
Summe 1.610,85 € x 90% = 1.449,76 €
Abzüglich erklärte Ausgaben 2.485,48 €
Verlust Wj 2016/2017 - 315,72 €
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Hiervon würden auf das Jahr 2016 entfallen: 3/12 = -79 € (bisher +23 €).
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Für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 setzte das FA folgenden Verlust an:
Einnahmen aus Entnahme Holz 720,00 €
Einnahme aus Nutzungsentnahme Anlagevermögen Ermittlung Nutzungsentnahme Anlagevermögen:
- Schlepper-Versicherung 122,48 €
- Dekra Hauptuntersuchung Schlepper 43,00 €
- Motorsägenbenzin 43,00 €
- Milde, Wechselfilter 8,96 €
- Dieselverbrauch Schlepper 130,00 €
- Abschreibungen 1.302,50 €
Summe 1.693,11 € x 90% = 1.523,80 €
Abzüglich erklärte Ausgaben 2.555,99 €
Verlust Wj 2015/2016 - 312,19 €
18
Hiervon würden auf das Jahr 2016 entfallen: 9/12 = -235 € (bisher -1.118 €).
19
Bei der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres seien daher Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von -314 € anzusetzen.
20
Der Prozessbevollmächtigte hat Klage erhoben.
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Er beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 29.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 dahin zu ändern, dass Einkünfte aus Forstwirtschaft in Höhe von - 1.651 € angesetzt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt werden.
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Der Betrag der Einkünfte aus Forstwirtschaft in Höhe von -1.651 € setze sich aus -1.250 € im Wirtschaftsjahr 2015/2016 (3/4 von -1.668, 68 €; private Holznutzung 720 € und 10% private Mitbenutzung 169,31 €) und -401 € im Wirtschaftsjahr 2016/2017 (1/4 von 1.604,39 €; private Holznutzung 720 € und 10% private Mitbenutzung 161,09 €) zusammen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
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Der Kläger bewirtschafte einen Forstbetrieb mit etwas über 7 ha (im Eigentum 5,48 ha, gepachtet 1,78 ha). Der Baumbestand setze sich überwiegend aus Kiefern und Fichten der Altersklasse 70 bis 100 Jahre zusammen; die Umtriebszeit könne mit ca. 100 bis 140 Jahren geschätzt werden. Die Erträge während der Zeit des Umtriebs seien nur gering, erst der hiebreife Bestand in voraussichtlich 30 bis 50 Jahren bringe mit der Vermarktung den Erfolg. Um den Erfolg am Ende des Umtriebs sicherzustellen, seien laufend Pflegemaßnahmen durchzuführen; zu eng stehende Bäume sowie Dürr- und Schädlingsholz seien zu entfernen, Ausästungen seien vorzunehmen, Sturmschäden zu beseitigen, eine sinnvolle Befahrung der Flächen sei sicherzustellen. In Sturm-, Trocken- oder Käferjahren entstehe ein überproportional und unvorhersehbar zusätzlicher Anfall von schlechten Holzgruppen. Dies sei nur über Brennholz oder Hackschnitzel thermisch zu verwerten, andernfalls berge die Nichtverarbeitung das Risiko, in Folgejahren einem erhöhten Schädlingsbefall ausgesetzt zu sein und den wirtschaftlichen Erfolg der Waldbewirtschaftung insgesamt zu gefährden. Zudem sei der Waldbesitzer von den Forstämtern auch angehalten bei Käferbefall sofort zu handeln, ansonsten nehme die Forstbehörde die Entnahme vor. Dies alles sei mit viel maschinellem und zeitlichem Aufwand und verhältnismäßig wenig Ertrag verbunden. Die Produkte dieser Jahre seien Schwachholz, Krummholz, Schadholz und eben, soweit möglich, daraus gewonnenes Brennholz oder Hackschnitzel, insgesamt eher Produkte minderer Qualität. Dies erfordere ein ständiges Vorhalten von Maschinen.
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Daraus ergebe sich, dass auch nicht Stammholz, sondern erst das fertige Produkt Brennholz entnommen werde, weil die Pflege und Durchforstung des Waldes untrennbar zur betrieblichen Sphäre gehöre. Erst nach Aufarbeitung des bei der Bestandspflege anfallenden Holzes entscheide es sich, ob das Produkt Brennholz für private Zwecke entnommen werde. Erst die Verwendung des Brennholzes für private Zwecke führe zur Entnahme.
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Der Kläger habe einen Bestand an verkaufsfähigem Brennholz von aktuell ca. 200 Ster erzeugt, aber aufgrund der niedrigen Preise bisher noch nicht vermarktet. Da für die Gewinnermittlung der Forstwirtschaft zulässigerweise die Überschussrechnung angewandt werde, erscheine der Aufbau von selbst erzeugten Vorräten nicht in der Gewinnermittlung. Während der Erzeugung des Brennholzes werde es im Wald zwischengelagert. Das fertige Brennholz werde dann auf der Freifläche des Anwesens R bzw. im dem dem Forstbetrieb zugeordneten Gebäudeteil gelagert und nach Erzeugungsjahren gekennzeichnet. Die ältesten Mengen des Brennholzes würden ca. 5 Jahre lagern; von einer Qualitätsminderung könne man erst ab etwa 6 Jahren Lagerdauer ausgehen. In den beiden Wirtschaftsjahren 2015/2016 und 2016/2017 habe der Kläger jeweils ca. 30 bis 40 Ster Brennholz erzeugt. Der Kläger sei von den Trockenjahren überrascht worden, da er in den Jahren mit niedrigem Preis nicht verkauft habe und auf eine Preiserholung gewartet habe. Diese sei nicht eingetreten.
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Im Streitjahr habe der Kläger ca. 28 Ster Brennholz minderer Qualität entnommen. Der Brennholzanfall sei jedoch nur ein Nebenprodukt der Gesamtbewirtschaftung, deren Ziel die Sicherung des Zuwachses sowie der Erhalt des Ökosystems Wald sei. Demzufolge stehe die Vorhaltung und Nutzung des Maschinenparks in unmittelbarem Zusammenhang mit der langfristigen Waldbewirtschaftung und sei in vollem Umfang betrieblich veranlasst. Allenfalls sei ein Prozentsatz von 10% der Maschinennutzung privat verursacht, denn durch den natürlichen Zuwachs sei jährlich eine Wertsteigerung von ca. 7.000 bis 7.500 € eingetreten. Die vom FA vorgenommene Kürzung der Ausgaben und gleichzeitig die Bewertung des entnommenen Produktes zum Teilwert würde zur doppelten Berücksichtigung eines einzigen Vorgangs führen.
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Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass darüber hinaus Vorteile der Sauerstoffproduktion oder des Erhaltes eines Lebensraumes für Wildtiere oder der Pflege einer Freizeit- und Erholungslandschaft als unvergütete Dienste für die Gesellschaft bestünden.
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In den Wirtschaftsjahren 2016/2017 bis 2018/2019 seien keine Erlöse aus Holzverkäufen erzielt worden. Brennholzentnahmen seien in Höhe von 1.092 € (Wirtschaftsjahr 2016/2017, 28 Ster), in Höhe von 1.120 € (Wirtschaftsjahr 2017/2018, 28 Ster) und in Höhe von 1.025 € (Wirtschaftsjahr 2018/2019, 25 Ster) erfasst worden.
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Das Finanzamt beantragt
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
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Der Kläger habe keine Angaben dazu gemacht, welchen zeitlichen Nutzungsumfang der Maschinen die einzelnen betrieblich veranlassten Pflegemaßnahmen und welchen die privat veranlasste Nutzung verursacht hätten. Daher könne nur die Aufteilung nach dem zeitlichen Nutzungsumfang der Maschinen zu einem, zwar geschätzten, aber sachgerechten Ergebnis führen.
33
Die Einbeziehung des jährlichen Wertzuwachses bzw. der Vergleich zwischen dem geschätzten Entnahmewert des Holzes und dem gesamten jährlichen Wertzuwachs sei als Aufteilungsmaßstab für die Aufwendungen für die Maschinen ungeeignet, da ein jährlicher Wertzuwachs auch dann stattfinden würde, wenn der Kläger in einem Jahr überhaupt keine Pflegemaßnahmen durchführen und seine Maschinen ausschließlich privat nutzen würde. In einer solchen Konstellation wären dann Aufwendungen, die ausschließlich aus privaten Gründen angefallen wären, dennoch anteilig als Betriebsausgaben abziehbar. Für andere Aufteilungsmaßstäbe lägen keine Angaben des Klägers vor. Sofern eine Aufteilung der gemischt betrieblichen und privaten Aufwendungen für die Maschinen aber nach objektiven und leicht nachprüfbaren Maßstäben nicht möglich sei, greife § 12 Nr. 1 EStG. Die Aufwendungen seien dann insgesamt nicht als Betriebsausgabe abziehbar.
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Das FA bestreite nicht, dass die Maschinen, die für die Nutzungsentnahme eingesetzt worden seien, zumindest zum Teil betrieblich genutzt worden seien. Der Ansatz der Nutzungsentnahme sei daher nur in Höhe von 90% der gesamten Aufwendungen erfolgt.
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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift sowie auf die vom Finanzamt vorgelegte Einkommensteuerakte für die Jahre 2009 bis 2016, eine Akte über die Einnahmenüberschussrechnung für LuF, eine Bp- und die Rechtsbehelfsakte des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat zum großen Teil Erfolg.
37
Der Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 29.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als neben dem Ansatz eines Entnahmewertes für privates Brennholz auch ein Entnahmewert für die private Nutzung von betrieblichen Anlagegütern als Betriebseinnahme angesetzt wurde. Im Übrigen ist die Klage ohne Erfolg.
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Der Kläger betrieb im Klagejahr 2016 einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Im Rahmen dieses Betriebes entnahm der Kläger von den Holzvorratsbeständen einen Teil zur Privatnutzung. Für diese Entnahme ist ein Entnahmewert von 35 € je Ster anzusetzen.
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1. Ein forstwirtschaftlicher Betrieb setzt gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine selbstständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird. Nach Bruschke in Gürsching/Stenger, BewG, ErbStG, § 33 BewG, Rz. 20, ist unter „Forstwirtschaft“ die planmäßige, auf den Anbau und den Abschlag von Holz gerichtete Tätigkeit zu verstehen.
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a) Auch wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb keine Mindestgröße erfordert, können nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 05.05.2011 IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792, Rz. 21) die Größe und die Art der Bewirtschaftung Anhaltspunkte dafür bieten, ob der Rahmen einer privaten Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke überschritten wurde. Die Finanzverwaltung nimmt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an, dass einkommensteuerrechtlich kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3.000 m² sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen für Sonderkulturen handelt, z.B. für Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau. Die Rechtsprechung hat darin eine Faustregel gesehen, an der sie sich im Einzelfall orientiert hat (BFH-Urteil vom 05.05.2011 IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792 m.w.N.; FG Nürnberg, Urteil vom 21.02.2019 6 K 130/18, Rn. 20, juris).
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b) Aus dem Begriff des „land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs“ folgt, dass der Steuerpflichtige nicht nur - wie ein privater Gartenbesitzer - Erträge zu Eigenbedarfszwecken erzielt, sondern wie ein (Haupt- oder Nebenerwerbs-) Landwirt seine Erträge am Markt anbietet. Der Steuerpflichtige muss erkennbar am Markt mit seinen land- und forstwirtschaftlichen Produkten und/oder Dienstleistungen auftreten, da nur so eine Abgrenzung dieser Betriebe von der privaten Vermögensverwaltung möglich ist (FG Nürnberg, Urteil zur Kfz-Steuer vom 21.02.2019 6 K 130/18, Rn. 21, juris).
42
Bei Beurteilung der Forstwirtschaft sind jedoch deren natürliche Gegebenheiten zu beachten. Während z.B. bei der eigentlichen Landwirtschaft die planmäßige Nutzung des Grund- und Bodens durch Fruchtziehung in der Regel Jahr für Jahr der Jahreszeit entsprechende Arbeiten wie die Bearbeitung des Bodens und seine Bepflanzung, die Bestandspflege und das Abernten der Früchte erfordert und jedes Jahr Erträge erwirtschaftet werden können, liegen die natürlichen Verhältnisse bei der Forstwirtschaft grundsätzlich anders. Das gilt insbesondere bei Waldungen, deren Bestände nur eine oder nur wenige Altersklassen aufweisen und die man daher im Gegensatz zu den Nachhaltsbetrieben als aussetzende Betriebe bezeichnet. Denn zwischen der Aufforstung einer Waldfläche und der Holzernte liegen je nach der Umtriebszeit der betreffenden Holzarten zwei, drei oder viele Jahrzehnte. Die planmäßige Nutzung des Grundes und Bodens durch Fruchtziehung ist also beim aussetzenden Forstbetrieb kein Geschehensablauf, der sich auf ein Jahr erstreckt und alljährlich wiederholt; bei ihm erstreckt sich der Bogen von der Anpflanzung bis zur Ernte auf die gesamte Umtriebszeit der Altersklassen der aufgeforsteten Holzarten.
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c) Bei den sog. Bauernwaldungen, die wegen ihrer geringen Flächengröße keine Nachhaltungsbetriebe sind, die aufgrund der zahlreichen Altersklassen ihrer Bestände stetige Erträge erbringen können, sondern typische aussetzende Betriebe mit wenigen Altersklassen darstellen, sind also nach der Aufforstung häufig viele Jahre keine direkten Nutzungen durch Holzernten möglich. Nur durch das natürliche Wachstum selbst vollzieht sich ein ständiger jährlicher Wertzuwachs. Ist eine solche Forstfläche planmäßig aufgeforstet, ist aber die Umtriebszeit der wenigen Altersklassen noch nicht abgelaufen, so beschränkt sich die Bewirtschaftung im Wesentlichen auf die Bestandspflege, deren Durchführung gerade bei Bauernwaldungen je nach den zur Verfügung stehenden Arbeitskräften sehr unterschiedlich ist (vgl. hierzu allgemeine Ausführungen in den BFH-Urteilen vom 18.03.1976 IV R 52/72, BStBl. II 1976, 482; vom 18.11.2009 II R 30/08, BFH/NV 2010, 466; und vom 09.03.2017 VI R 86/14, BStBl. II 2017, 981; FG Nürnberg, Urteil vom 21.02.2019 6 K 130/18, Rn. 25, juris).
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d) Es sind laufend Pflegemaßnahmen im Wald durchzuführen. Eine Durchforstung dient der Konzentration auf die wertvollen Bäume des Waldes. Entnommen werden bei den Durchforstungen Bäume, die die Auslesebäume bedrängen oder starke Grobformen ausweisen. Bis zum Bestandsende wird sich die Gesamtzahl der Bäume verringern, da der einzelne Baum immer mehr Standraum für sein Wachstum benötigt (Portal des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; https://www.stmelf.bayern.de/wald/waldbesitzer_portal; Stand: 17.10.2020). Kommt es zu einem verstärkten Befall von Bäumen durch einen Schadorganismus (Borkenkäfer, Pilze, Mäuse etc.), kann sofortiges Handeln notwendig sein. Um eine weitere Ausbreitung des Schadorganismus zu vermeiden, sind artspezifische Maßnahmen zu ergreifen. So vermeidet man großflächige Waldschäden und bewirtschaftet seinen Wald nachhaltig. Auch Stürme, Waldbrände, Schnee und Eis können gravierende Schäden am Wald hinterlassen. In der Folge sinkt außerdem die Abwehrkraft gegenüber biologischen Schädlingen. So findet der Borkenkäfer optimale Brutbedingungen nach Sturm- und Frostschäden. Zudem ist in Fällen, in denen eine Selbstreinigung des Stammes nicht erfolgt und dennoch hohe Holzqualitäten erzielt werden sollen, eine Wertastung durchzuführen. Insbesondere bei Fichte und Tanne ist eine Astung zur Wertsteigerung sinnvoll (Portal des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; https://www...de/wald/waldbesitzer_portal; Stand: 17.10.2020).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall unterhält der Kläger einen forstwirtschaftlichen Betrieb und die im Klagejahr durchgeführten Waldbewirtschaftungsmaßnahmen sind alle betrieblich veranlasst. Ein Wert für eine private Nutzung von betrieblichen Anlagegütern ist nicht anzusetzen, da eine private Nutzung nicht stattfand.
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a) Die Größe der bewirtschafteten Grundstücksflächen übersteigt und überstieg im Klagejahr die für die Abgrenzung von einer privaten Gartenbewirtschaftung zu Eigenbedarfszwecken entwickelte Grenze bei weitem. Zwischen der Aufforstung einer Waldfläche und der Holzernte liegen je nach Umtriebszeit mehrere Jahrzehnte. Der Kläger hat sich dazu entschieden, in seinem Wald hochwertiges Holz zu erzeugen. Es handelt sich nicht um eine Kurzumtriebsplantage mit schnell nachwachsendem Holz. Nach den Angaben der Klägerseite ist der Baumbestand nach den natürlichen Gegebenheiten der Forstwirtschaft erst in 30 bis 50 Jahren voll ausgetrieben und reif für einen Holzeinschlag mit einem Verkauf der Produkte. Nach der Rechtsprechung genügt das „sich selbst Überlassen“ einer Waldfläche ohne Holzverkäufe oder Holzverwertung oder Bewirtschaftungsmaßnahmen den Anforderungen eines Forstbetriebs (vgl. BFH-Urteil vom 09.03.2017 VI R 86/14, BStBl. II 2017, 981). Es wird derjenige zum Forstwirt, der - wie der Kläger - einen Wald, der nach seiner Beschaffenheit einen aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt, hat und dessen Wertsteigerung durch den natürlichen Aufwuchs ihm als zunächst nicht realisierter Gewinn zufällt. Die Gewinnerzielungsabsicht ist hiermit gegeben. Die Annahme eines forstwirtschaftlichen Betriebs scheitert nicht an fehlenden Holzverkäufen bzw. -verwertungen.
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b) Die Pflege und Durchforstung des Waldes gehört dabei nach der Überzeugung des Senats untrennbar zur betrieblichen Sphäre. Es sind nach den Angaben der Klägerseite laufend Pflegemaßnahmen durchzuführen. Zu eng zueinander stehende Bäume sowie Dürr- und Schädlingsholz sind zu entfernen und Sturmschäden zu beseitigen. Dies ist auch deshalb zu besorgen, um eine Ausbreitung des Schädlingbefalls zu verhindern und die Anforderungen der Forstbehörden zu erfüllen. Die Angaben des Klägers sind glaubhaft und werden durch die Informationen des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bestätigt. Damit steht die Vorhaltung und Nutzung des Maschinenparks in unmittelbarem Zusammenhang mit der langfristigen Waldbewirtschaftung und ist in vollem Umfang betrieblich veranlasst. Daran ändert auch die Brennholzentnahme im Klagejahr und in den vorangegangenen und folgenden Jahren nichts. Der Eigenverbrauch des Klägers betrifft Holz, das wegen Pflegemaßnahmen und Fällen kaputter Bäume aus betrieblichen Gründen geschlagen wurde, nicht aber hiebreifes geerntetes Holz. Neben dem eigenverbrauchten Holz ist somit eine zukünftige, noch nicht realisierte Holzernte vorhanden. Die Eigennutzung stellt nicht die jährliche Ernte dar. Zudem betrifft die Entnahme auch nicht das in den dem Klagejahr zugrundeliegenden Wirtschaftsjahren geschlagene Holz. Der Kläger hat nach seinen Angaben in den beiden Wirtschaftsjahren 2015/2016 und 2016/2017 durch die Pflegemaßnahmen jeweils ca. 30 bis 40 Ster Brennholz erzeugt und dieses abgelagert. Er hat jedoch nicht das Stammholz oder das durch die Pflegemaßnahmen dieser beiden Wirtschaftsjahre geschlagene Holz, sondern erst das fertige Produkt Brennholz aus dem Vorrat entnommen, welches nach seinen Angaben zuvor etliche Jahre gelagert gewesen war.
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c) Das Urteil des FG Nürnberg vom 30.09.2015 (Az. 7 K 562/14) ist auf den Streitfall nicht anzuwenden, denn der Sachverhalt des Streitfalles unterscheidet sich wesentlich vom Sachverhalt, der dem 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg zur Entscheidung vorlag. Die forstwirtschaftliche Fläche des Klagefalles ist wesentlich größer als im Sachverhalt des 7. Senats (unter 1 ha). Zudem liegt im Klagefall eine Bewirtschaftung des Waldes mit der Anlegung eines Brennholzvorrates (auch im Klagejahr) und der Erzielung von Verkaufserlösen in den Vorjahren 2010 bis 2013 sowie im Jahr 2020 vor. In dem Sachverhalt, der dem 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg zur Entscheidung vorlag, wurde kein Brennholzvorrat angelegt. Es wurden lediglich dürre Bäume eingeschlagen und diese ausschließlich für eigene private Zwecke als Brennholz verwendet.
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3. Für die Entnahme von Brennholz aus den Brennholzvorrat ist ein Entnahmewert von 35 € je Ster anzusetzen. Die Bewertung einer Entnahme erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Wert, den ein gedachter Erwerber beim Erwerb des ganzen Betriebs für das einzelne Wirtschaftsgut aufwenden würde. Der Teilwert kann aus dem voraussichtlichen Veräußerungspreis abzüglich eines Gewinnaufschlags abgeleitet werden (Schmidt/Kulosa, EStG 39. Auflage, § 6 Rz. 257). Das bei den Pflegemaßnahmen entnommene Holz wird auf die Länge eines Meters geschnitten, stärkeres Holz gespalten und gelagert. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren vorgetragen, dass der Marktpreis für ofenfertiges Brennholz (Nadelholz) etwa 45 € je Ster betrage. Hierfür wurden Belege vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter ausgeführt, dass der Holzpreis mittlerweile weiter gefallen sei und der Kläger im Juni 2020 3 ½ Ster zum Preis von 30 € je Ster verkauft habe. Nach Auffassung des Senats ist im Streitfall ausgehend vom Betrag von 45 € für das ofenfertige Zuschneiden und die Verbringung aus dem Wald ein Abschlag von 10 € zu machen. Somit ist ein Entnahmewert von 35 € je Ster anzusetzen.
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4. Es ist somit sowohl im Wirtschaftsjahr 2015/2016 als auch 2016/2017 ein Entnahmewert in Höhe von 980 € (28 x 35 €) anzusetzen. Im Wirtschaftsjahr 2015/2016 errechnet sich ein Verlust in Höhe von -1.505 €, der im Klagejahr mit -376 € (3/12) zu berücksichtigen ist. Im Wirtschaftsjahr 2015/2016 errechnet sich ein Verlust in Höhe von -1.576 €, der im Klagejahr mit -1.182 € (9/12) zu berücksichtigen ist. Die Einkünfte aus Forstwirtschaft betragen damit mit -1.558 €.
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Die Berechnung der Einkommensteuer wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt auferlegt, da die Ermittlung des festzusetzenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand für das Gericht bedeutet. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten des Klägers sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.