Titel:
Verspätete Klage gegen Abweisung des Asylantrags als unzulässig
Normenketten:
EMRK Art. 3
AsylG § 10 Abs. 4, Abs. 7, § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1 S. 4, § 38 Abs. 1, § 74 Abs. 1
Dublin III-VO Art. 20 Abs. 3, Art. 25 Abs. 2
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
Leitsätze:
1. Ist eine Abschiebungsandrohung anstatt einer Abschiebungsanordnung ergangen, gilt eine Klagefrist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Bescheides. Die Frist beginnt mit der Aushändigung an den Adressaten, im Übrigen am dritten Tag nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Mutter der Klägerin traf als deren gesetzliche Vertreterin die Obliegenheit sicherzustellen, dass ihr Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Lag im Zeitpunkt des Bescheiderlasses ein Überstellungshindernis aufgrund der achtwöchigen Mutterschutzfrist vor, ist die Abschiebungsandrohung gem. § 34a Abs. 1 S. 4 AsylG gegen das minderjährige Kind, dessen Schicksal unmittelbar mit dem der Mutter verbunden ist, rechtmäßig ergangen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage verfristet, Zustellung in der Aufnahmeeinrichtung, Zustellungsfiktion (3-Tages-Fiktion), Kein erneutes Anlaufen der Frist bei verspäteter Abholung, Belehrung über die Zustellungsvorschriften, Keine Wiedereinsetzung, Klagefrist, gesetzliche Vertretung, Aufnahmeeinrichtung, Asylantrag, Abschiebungsschutz, Italien, VO (EU) 604/2013
Fundstelle:
BeckRS 2020, 34813
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unzulässig und begehrt hilfsweise die Feststellung zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutzes hinsichtlich Italiens.
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1. Die Klägerin ist ein am ... 2019 in Sch. geborenes Kind einer nigerianischen Asylbewerberin. Die Mutter der Klägerin betreibt ein eigenes Klageverfahren (Az.: W 10 K 19.31019). Für die Klägerin wurde mit Formblattantrag, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) eingegangen am 5. Juli 2019, gemäß § 14 Abs. 2 AsylG ein unbeschränkter Asylantrag gestellt. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich der Vater des Kindes in Italien befinde. Mit Schreiben vom 26. Juli 2019 erklärte die Mutter der Klägerin, dass für diese dieselben Asylgründe gelten sollten, wie in der Anhörung der Mutter genannt. Darüber hinaus sei ihre minderjährige Tochter eine vulnerable Person nach Art. 21 der EU-Aufnahmerichtlinie.
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Laut Aktenvermerk vom 10. Juli 2019 geht das Bundesamt, abgeleitet vom Zuständigkeitsbestimmungsverfahren der Mutter der Klägerin, von einem Übergang der Zuständigkeit auf Italien am 10. Mai 2019 aus (Bl. 40 der Bundesamtsakte).
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Mit Bescheid vom 29. Juli 2019 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Italien oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen darf oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens auf (Ziffer 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
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Die Unzulässigkeitsentscheidung wurde wegen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO gestützt. Im Asylverfahren der Mutter der Klägerin sei am 25. April 2019 ein Aufnahmeersuchen an Italien gerichtet worden. Mangels fristgerechter Antwort der italienischen Behörden sei die Zuständigkeit mit Ablauf des 9. Mai 2019 gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO auf Italien übergegangen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Es bestünden jedoch temporäre Abschiebungshindernisse, weil die Klägerin unmittelbar mit dem Schicksal ihrer Mutter verbunden sei und in deren Verfahren wegen der kürzlich erfolgten Entbindung noch die gesetzlichen Mutterschutzfristen zu beachten seien.
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Der Bescheid ging am 2. August 2019 bei der Aufnahmeeinrichtung ein und wurde der Mutter der Klägerin am 6. August 2019 persönlich ausgehändigt.
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2. Mit am 20. August 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage erheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, zugunsten der Klägerin lägen jedenfalls die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Italiens vor. Als Säugling zähle sie zu den vulnerablen Personen im Sinne des Art. 21 der EU-Aufnahmerichtlinie. Aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen von anerkannten Schutzberechtigten in Italien, die sich aus der derzeitigen Erkenntnislage ergäben, sowie unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4. November 2014 (Nr. 29217/12 - Tarakhel gegen Schweiz) drohe der Klägerin als vulnerabler Person die konkrete Gefahr einer unmenschlichen und erledigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK. Eine konkrete und individuelle Zusicherung der italienischen Behörden, dass der Klägerin die erforderliche medizinische Hilfe und Unterkunft zur Verfügung ständen, liege nicht vor. Die SPRAR-Einrichtungen nähmen seit der Gesetzesänderung durch das sogenannte Salvini-Dekret vom 4. Oktober 2018 lediglich anerkannte Flüchtlinge und unbegleitete Minderjährige auf. Für im Dublin-Verfahren zurückkehrende Personen sei nunmehr die Unterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen vorgesehen. Der Anspruch auf eine solche Unterbringung erlösche aber, wenn der Schutzsuchende diesen nicht wahrgenommen habe oder sich unerlaubt aus der Einrichtung entfernt habe (mit Verweis auf den Bericht des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.2.2019). Damit sei aber auch der Anspruch der Klägerin erloschen, weil ihre Mutter sich zumindest unerlaubt entfernt habe und nach Deutschland eingereist sei.
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Die Klägerin beantragt,
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Juli 2019, Geschäftszeichen: … wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Italien vorliegt.
Des Weiteren wurde beantragt,
der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die unterzeichnende Rechtsanwältin beizuordnen.
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Für die Beklagte beantragt das Bundesamt,
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Zur Begründung wurde auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass die Klage verfristet sei.
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3. Mit Schriftsatz vom 4. September 2019 trug die Klägerbevollmächtigte vor, das Bundesamt habe der Zentralen Ausländerbehörde Unterfranken (im Folgenden: ZAB) gegenüber mitgeteilt, dass die am 20. August 2019 eingegangene Klage verfristet und der Bescheid deshalb bestandskräftig geworden sei. Weder seitens des Gerichtes noch seitens des Bundesamtes sei ein Hinweis auf die mögliche Befristung der Klage erfolgt. Auch könne damit nicht die Frist zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fruchtlos verstrichen sein, wie es das Bundesamt gegenüber der ZAB behaupte.
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4. Auf Hinweis des Gerichtes, dass der streitgegenständliche Bescheid eine Abschiebungsandrohung enthalte und die Klagefrist in der Rechtsbehelfsbelehrung:auf zwei Wochen laute, erklärte das Bundesamt mit Schriftsatz vom 12. September 2019, dass weiterhin von einer verfristeten Klage ausgegangen werde. Laut der Empfangsbestätigung (mit Verweis auf Bl. 97 der Bundesamtsakte) sei der Bescheid am 2. August 2019 in der Aufnahmeeinrichtung eingegangen. Gemäß § 10 Abs. 4 Halbsatz 2 AsylG gelte die Zustellung am dritten Tag nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt. Auf die tatsächliche Abholung des Bescheides durch die Klägerin komme es nicht an. In der Ankereinrichtung Unterfranken sei grundsätzlich durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass die Antragsteller die Möglichkeit der Kenntnisnahme innerhalb von drei Tagen hätten. Sei eine tatsächliche Übergabe trotz ordnungsgemäßer Durchführung der Postausgabe - aus welchen Gründen auch immer - nicht innerhalb von drei Tagen nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung erfolgt, greife die Fiktion der Bekanntgabe. Die Bekanntgabe bzw. Zustellung gelte mit dem Ablauf dieser Frist, d.h. ohne Rückwirkung, als bewirkt. Eine spätere Übergabe oder sonstige Zustellung an den Asylbewerber ändere daran nichts (mit Verweis auf OVG RP, B.v. 10.7.2002, ohne Aktenzeichen). Für den Fristlauf sei jeder Tag - nicht nur ein Werktag - maßgeblich (mit Verweis auf OVG Magdeburg, B.v. 13.9.2001 - 1 L 313/01; Kluth/Heusch, Beck´scher Onlinekommentar Ausländerrecht, § 10 Rn. 36). Demnach könne hier von einer Zustellung am 5. Oktober (gemeint wohl: August) 2019 ausgegangen werden, weshalb die Klage vom 20. August 2019 verfristet sei. Sollte das Gericht anderer Auffassung sein, möge es gegebenenfalls durch Zwischenurteil entscheiden.
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5. Auf Anfrage des Gerichtes erklärte das Bundesamt mit Schreiben vom 26. Januar 2020, dass die Überstellungsfrist nicht abgelaufen sei. Das Überstellungsverfahren richte sich nach dem Verfahren der Mutter der Klägerin, da die Situation der Klägerin mit deren Situation untrennbar verbunden sei. Der Mutter der Klägerin sei die Abschiebung nach Italien angedroht worden. Durch die aufschiebende Wirkung ihrer Klage sei die Überstellungsfrist gehemmt. Dies sei den italienischen Behörden auch mitgeteilt worden. Das Schreiben an das italienische Innenministerium vom 3. Juni 2019 lag dem Schriftsatz als Abdruck bei.
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6. Mit Beschluss vom 16. Juni 2020 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 13. November 2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO kann das Gericht trotz des Ausbleibens von Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung über die Klage verhandeln und entscheiden.
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Die Klage bleibt ohne Erfolg.
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1. Offenbleiben kann, ob die Klage bereits unzulässig ist, weil die Klägerin die Klagefrist versäumt hat.
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a) Die Klage ist verfristet.
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Die Klägerin hat die Klagefrist von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Bescheides gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 AsylG versäumt. Die einwöchige Frist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG gilt vorliegend nicht, da gegenüber der Klägerin eine Abschiebungsandrohung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG anstatt einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG erlassen wurde.
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Die Klagefrist beginnt gemäß § 74 Abs. 1 AsylG am Tag nach der Zustellung des Bescheides. Im Falle der Zustellung des Bescheides des Bundesamtes in der Aufnahmeeinrichtung nach § 10 Abs. 4 AsylG wird die Zustellung zwar durch Aushändigung an den Adressaten, hier die gesetzliche Vertreterin der Klägerin, bewirkt (§ 10 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 AsylG). Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 AsylG gilt die Zustellung aber im Übrigen am dritten Tag nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt (Dreitagesfiktion). Die Dreitagesfiktion ist hier - ausgehend vom Eingang des Bescheides in der Aufnahmeeinrichtung am 2. August 2019 (Bl. 97 der Bundesamtsakte) - am 5. August 2019 eingetreten. Ausgehend vom (Montag, den) 5. August 2019 als dem Tag des Fiktionseintritts (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) war die Klage somit bis zum (Montag, den) 19. August 2019, 24:00 Uhr zu erheben (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Die am 20. August 2019 eingegangene Klage ist somit verfristet.
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Der Beginn der Klagefrist wurde auch nicht durch die erst einen Tag später, d.h. am 6. August 2019 erfolgte tatsächliche Aushändigung an die gesetzliche Vertreterin der Klägerin hinausgeschoben. Die Zustellungsfiktion nach Halbsatz 2 des § 10 Abs. 4 Satz 4 AsylG greift nur dann nicht ein, wenn die Aushändigung nach Halbsatz 1 zu einem früheren Zeitpunkt, mithin vor Ablauf von drei Tagen nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung erfolgt (vgl. VG München, G.v. 26.2.2007 - M 24 K 07.50031 - juris Rn. 24; U.v. 19.10.2006 - M 24 K 06.50665 - juris Rn. 15; VG Würzburg, U.v. 2.5.2000 - W 7 K 99.31550 - juris Rn. 22; ebenso die herrschende Meinung in der Kommentarliteratur, vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, AsylG § 10 Rn. 64; Funke-Kaiser in GK-AsylG, § 10 Rn. 302; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, AsylG § 10 Rn. 21; Kluth/Preisner, Beck´scher Onlinekommentar Ausländerrecht, § 10 AsylG Rn. 36). Ansonsten ist der Tag des Fiktionseintritts maßgeblich für die Fristberechnung. Die Dreitagesfiktion nach § 10 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 AsylG soll Rechtsklarheit hinsichtlich des spätesten möglichen Zeitpunktes der Bekanntgabe herstellen, indem ausgeschlossen wird, dass die Zufälligkeiten der Postabholung in der Aufnahmeeinrichtung Einfluss auf den Fristlauf haben. Anderenfalls hätte es der Adressat in der Hand, durch verspätete oder gar unterlassene Postabholung den Fristlauf hinauszuzögern. Dies widerspräche aber dem Bedürfnis aller Verfahrensbeteiligten nach Rechtsklarheit hinsichtlich des Zeitpunktes der Bekanntgabe und des daran anknüpfenden Laufs von Rechtsbehelfsfristen.
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Die Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin war auch ordnungsgemäß nach § 10 Abs. 7 AsylG über die Zustellungsvorschriften gemäß § 10 AsylG belehrt worden. Zwar fehlt auf dem in der Behördenakte des Asylverfahrens der Klägerin befindlichen Vordruck der Belehrung die Unterschrift der gesetzlichen Vertreterin (Bl. 13, 19 der Bundesamtsakte). Die gesetzliche Vertreterin wurde aber in ihrem Asylverfahren über die Zustellungsvorschriften gemäß § 10 Abs. 7 AsylG belehrt (vgl. Bl. 37/38 der Bundesamtsakte zum Gz.: ...).
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b) Der Klägerin ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO zu gewähren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Klagefrist ohne einen ihr zuzurechnendes Verschulden ihrer gesetzlichen Vertreterin versäumt hat. Diese traf gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3 AsylG die Obliegenheit, sicherzustellen, dass ihr Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Die Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin wurde in der mündlichen Verhandlung zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Bescheides befragt. Sie hat letztendlich keine plausible Erklärung dafür abgegeben, weshalb sie den Bescheid erst am 6. August 2019 und somit nach Eintritt der Fiktion erhalten hat. Des Weiteren hat sie eingeräumt, nicht jeden Tag nachgesehen zu haben, ob Post für Sie eingegangen ist. Zwar hat die gesetzliche Vertreterin der Klägerin auch erklärt, dass die Benachrichtigung über eingegangene Post in der Aufnahmeeinrichtung erst am nächsten Tag ausgehängt werde. Selbst wenn aber die Benachrichtigung am 3. August 2019 ausgehängt worden wäre, wären der Mutter der Klägerin noch zwei Tage verblieben, um den Bescheid vor Eintritt der Fiktionswirkung des § 10 Abs. 4 Satz 4 AsylG abzuholen. Aufgrund der Asylantragstellung für die Klägerin sowie aufgrund der Erfahrungen in ihrem eigenen Asylverfahren hätte die gesetzliche Vertreterin der Klägerin auch wissen müssen, dass sie mit einem Bescheid des Bundesamtes rechnen musste. Hätte sie somit zumindest jeden zweiten Tag nachgesehen, ob Post eingegangen ist, so hätte sie den Bescheid auch vor Eintritt der Fiktionswirkung erhalten und damit die Klagefrist gewahrt. Des Weiteren ist nicht substantiiert vorgetragen worden, weshalb innerhalb des Zeitraumes vom 6. August bis 19. August 2019, welcher immerhin 13 Tage umfasst, es nicht möglich gewesen sein sollte, die Klage rechtzeitig zu erheben. Somit kann nicht nachvollzogen werden, ob die Mutter der Klägerin ordnungsgemäß über die Zustellvorschriften belehrt wurde.
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2. Die Klage ist jedoch auch unbegründet. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das den Beteiligten bekannte Urteil vom heutigen Tag im Asylverfahren der Mutter der Klägerin zum Aktenzeichen W 10 K 19.31019 verwiesen.
26
Ergänzend ist hierzu noch auszuführen, dass im Falle der Klägerin im vorliegenden Verfahren die Abschiebungsandrohung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG rechtmäßig ergangen ist, da im Zeitpunkt ihres Erlasses ein Überstellungshindernis aufgrund der Mutterschutzfrist nach der Geburt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 MuSchG vorlag. Ausgehend von der Geburt der Klägerin am … … 2019 begann die achtwöchige Mutterschutzfrist nach der Geburt am … … 2019 und endete am … … 2019. Somit lag im Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 2. August 2019 ein Überstellungshindernis vor.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylG.