Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 11.09.2020 – AN 17 K 18.01510
Titel:

Unzulässigkeit der Feststellung der Zuordnung abgelöster Stellplätze zu bestimmten Grundstücken

Normenketten:
VwGO Art. 43
BayBO Art. 47 Abs. 1 S. 1, Art. 71
Leitsätze:
1. Vorhabenunabhängige Feststellung der Zuordnung bereits in der Vergangenheit abgelöster Stellplätze zu bestimmten Grundstücken ist mangels feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig (bloße Vorfrage). (Rn. 29)
2. Diesbezügliches Feststellungsinteresse problematisch, da die Möglichkeit besteht per Vorbescheid nach Art. 71 BayBO klären zu lassen, wie viele Stellplätze durch Anrechnung bereits abgelöster Stellplätze eingebracht werden können. (Rn. 30)
Schlagworte:
Feststellungsklage, Zulässigkeit, Rechtsverhältnis, bereits abgelöste Stellplätze, Zuordnung, Grundstücke, Vorbescheid
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 08.07.2021 – 9 ZB 20.3083
Fundstelle:
BeckRS 2020, 33441

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.  Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. 
3.    Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sich die Zahl der anzurechnenden Stellplätze (27) auf und zu Gunsten zweier ihrer Grundstücke durch die erteilte Baugenehmigung bezüglich eines früher auch in ihrem Eigentum stehenden benachbarten Grundstücks und die dort getroffene Regelung zu den Stellplätzen nicht zur ihren Lasten vermindert hat.
2
Die Klägerin war bis zum Jahr 2014 Eigentümerin eines etwa 9.600 m² großen Industrieareals südöstlich des … Bahnhofes, gelegen an der … Das gesamte Areal umfasst die bebauten Grundstücke mit den Flurnummern (FlNr.) …, …, … sowie das als private Zufahrts straße dienende Grundstück mit der FlNr. …, jeweils Gemarkung … Es handelt sich um das ehemalige Betriebsgelände der mittlerweile in die Klägerin umfirmierten … (Betriebsschließung 31. Januar 2008). Nach mehreren Grundstücksveräußerungen und einem Rücktritt ist die Klägerin nunmehr wieder Eigentümerin der Grundstücke mit den FlNr. …, … und …, nicht aber der FlNr. … Das Grundstück mit der FlNr. … hat eine Fläche von etwa 5.324 m², das mit der FlNr. … von etwa 2.805 m² und das mit der FlNr. … von etwa 1.208 m².
3
Die … konnte in der Vergangenheit, Stand der Baugenehmigung vom 16. Januar 1992 (Neubau und Erweiterung von Druckereihallen), die bauordnungsrechtlich erforderlichen, nach der maximal gleichzeitig anwesenden Mitarbeiterzahl ihres Betriebes berechneten 37 Stellplätze nur zum Teil tatsächlich nachweisen und schloss für die fehlenden 27 Stellplätze eine vom Januar 1992 datierende und die Grundstücke FlNr. …, … und … ohne Binnendifferenzierung umfassende Vereinbarung mit der Beklagten, dass diese auf einem Nachbargrundstück ausgewiesen werden und falls das dortige Nutzungsrecht endet, abzulösen sind. Konkret handelte es sich um eine Ablösesumme von 48.000 DM für acht Stellplätze, da 19 weitere bereits mit einem Ablösungsvertrag vom 8. Juli 1982 abgegolten worden waren. Dieser bezog sich laut dessen § 1 nur auf das Grundstück FlNr. … Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. November 2014 veräußerte die Klägerin das gesamte oben genannte Areal an die … GmbH.
4
Mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Dezember 2015 veräußerte die … GmbH das mit dem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma … bebaute Grundstück FlNr. … (* …, Gebäude- und Freifläche zu 1.208m²) an die … Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, die beabsichtigte das Verwaltungsgebäude als Asylbewerberunterkunft umzunutzen. Die Klägerin - welche aus dem vorangegangenen Kaufvertrag vom 13. November 2014 über ein Rücktrittsrecht im Falle ausstehender Kaufpreisraten verfügte - erteilte der Veräußerung vom 18. Dezember 2015 ihre Zustimmung. Unter Ziffer XV. wurde hinsichtlich der Stellplatzablöse vereinbart, dass
„etwaige vom Verkäufer bzw. dessen Rechtsvorgänger geleistete Stellplatzablösezahlungen für die Flurstücke …, … und … der Gemarkung … (…) ausschließlich dem Verkäufer zugute [kommen], (…) also bei dessen Restgrundstück [verbleiben] und (…) nicht anteilig auf den Käufer mit über[gehen]. Soweit erforderlich, verpflichtet sich der Käufer, entsprechende Erklärungen gegenüber der Stadt … abzugeben.“
5
Im Vorfeld des Kaufvertrages vom 18. Dezember 2015 zwischen der … GmbH und der … Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, beantragte die … bei der Beklagten (Antragseingang am 1. Dezember 2015) die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Nutzungsänderung des Verwaltungsgebäudes auf dem Grundstück FlNr. … hin zu einer Nutzung als Asylbewerberunterkunft und eines Lagers. Geschäftsführer der … … GmbH ist Herr … …, der gleichzeitig alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der …-GmbH ( … Immobilien Management GmbH) der …-Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, der Käuferin aus dem Kaufvertrag vom 18. Dezember 2015, ist. Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 28. Dezember 2015 die beantragte Baugenehmigung, die mittlerweile bestandskräftig ist. Unter Ziffer IV. Nr. 6 des Baugenehmigungsbescheides (Auflagen und Bedingungen; besondere Hinweise) ist zu den Stellplätzen ausgeführt:
„Das Bauvorhaben löst (…) gemäß Art. 47 Abs. 1 bis 3 BayBO 2008 i.V.m. der Stellplatzsatzung -StSder Stadt … v. 24.03.2009 (i.d.F. v. 24.05.2012) insgesamt einen Einstellbedarf für mind. 12 Kraftfahrzeuge aus. Von den insgesamt für das Bauvorhaben 12 nachzuweisenden Stellplätzen, werden 11 Stellplätze durch anteilige Anrechnung auf den vorhandenen fiktiven Bestand des Areals nachgewiesen. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Einstellbedarf für 1 Kraftfahrzeug. Dieser Bedarf kann nicht durch Realherstellung auf dem Baugrundstück oder auf einem Grundstück in der Nähe nachgewiesen werden. Die Nachweisverpflichtung ist deshalb durch Ablösung des fehlenden Stellplatzes gemäß Art. 47 Abs. 3 Ziff. 3 BayBO nach Maßgabe des zwischen der Bauherrschaft und der Stadt Ansbach zu diesem Vorhaben abgeschlossenen öffentl.-rechtl. Ablösevertrages zu erfüllen. Dieser ist Bestandteil der Baugenehmigung.“
6
In den Behördenakten der Beklagten ist zur anteiligen Berechnung im Baugenehmigungsbescheid vom 28. Dezember 2015 vermerkt, dass sich bei einer Gesamtfläche des Bauvorhabens von 3.507 m² und einer Gesamtbetriebsfläche von etwa 9.000 m² des ehemaligen Betriebsareals der Firma … ein Anteil von 11 Stellplätzen an den bereits in der Vergangenheit abgelösten 27 Stellplätzen ergebe.
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Das ehemalige Verwaltungsgebäude auf dem Grundstück FlNr. … wurde sodann entsprechend der erteilten Baugenehmigung umgebaut und als Wohnheim für Asylbewerber genutzt auf Basis eines Mietvertrages zwischen der Beklagten und der … GmbH.
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Nachdem die … GmbH ihren Verpflichtungen zur Zahlung der Kaufpreisraten gegenüber der Klägerin aus dem notariellen Kaufvertrag vom 13. Dezember 2014 nicht mehr nachgekommen war, trat die Klägerin von diesem Kaufvertrag zurück und wurde nach einem notariellen Rückauflassungsvertrag vom 20. Dezember 2016 wieder Eigentümerin der Grundstücke mit den FlNr. …, … und …, nicht aber …, bezüglich deren Weiterveräußerung durch die … GmbH die Klägerin ihre Zustimmung erteilt hatte. Im Rückauflassungsvertrag unter Ziffer 10. wurde vereinbart, dass die … GmbH an die Klägerin sämtliche Ansprüche aus der unter Ziffer XV. des notariellen Kaufvertrages vom 18. Dezember 2015 (dort war die … GmbH Verkäuferin und die … Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG Käuferin des Grundstücks FlNr. …*) getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Stellplatzablösezahlungen abtritt.
9
Nach diversen Nutzungsänderungen auf den Grundstücken der Klägerin und den damit einhergehenden zu erbringenden Stellplatznachweisen kam es zu einem Schriftwechsel zwischen dem damaligen anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin und der Beklagten hinsichtlich der nach Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO anzurechnenden Stellplätze des Altbestandes.
10
Mit E-Mail der Beklagten vom 23. November 2016 erklärte diese, dass eine Ablöse von 27 Stellplätzen im Jahr 2015 durch die Abwicklung „Altlasten …“ erfolgt sei und deren „Verbrauch/Anrechnung“ anteilig im Verhältnis eines neu überplanten Bereiches zu bisher nicht genutzter Gesamtfläche erfolge, soweit es keine Überplanung für die Gesamtfläche gebe. Hinsichtlich der Baugenehmigung für die Asylbewerberunterkunft auf dem Grundstück FlNr. … (Eigentümerin:* … GmbH, notarieller Kaufvertrag vom 18. Dezember 2015) werde die erforderliche Stellplatzanzahl von 12 durch anteilige Anrechnung von 11 Stellplätzen aus dem vorhandenen Potential der 27 abgelösten Stellplätze sowie eine Ablöse des dann noch fehlenden einen Stellplatzes erfüllt. Es bliebe ein Restbestand von 16 abgelösten und noch nicht verbrauchten Stellplätzen.
11
Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 wandte sich (nach einem Anwaltswechsel) der damalige Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und widersprach der in der E-Mail der Beklagten vom 23. November 2016 vorgenommenen Anrechnung von 11 Stellplätzen zu Gunsten des Grundstücks FlNr. … aus dem Restbestand der 27 verfügbaren abgelösten Stellplätze. Diese seien den Grundstücken FlNr. … bzw. … zuzuordnen. Stellplätze seien grundsätzlich nach Art. 47 BayBO einem bestimmten Grundstück zuzuordnen und verblieben dann wegen der bestehenden Bindungswirkung auch dort. Im Übrigen seien in den notariellen Kaufverträgen keine der vorhandenen Stellplätze auf das Grundstück FlNr. … übertragen worden.
12
Daraufhin antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 10. August 2017 und erklärte, in der Vergangenheit, als das Areal im Gesamten noch durch die Firma … genutzt wurde, als Stellplatzteiler „1 Stellplatz je 3 Mitarbeiter“ entsprechend der städtischen Stellplatzsatzung grundstücksübergreifend gewählt zu haben. Nach dem Verkauf des Areals und einer separaten Nutzung der Grundstücke sei dieser Stellplatzteiler nicht mehr anwendbar gewesen. Künftig müsste für jede zu nutzende Fläche der Gesamtbedarf ermittelt werden und Stellplätze aus dem Bestand könnten dann anteilig angerechnet werden. Entgegenstehende privatrechtliche Vereinbarungen hätten auf diese Vorgehensweise keine Auswirkung. Mit einer weiteren E-Mail vom 22. September 2017 vertiefte die Beklagte ihre Ausführungen unter Darstellung der Historie der Stellplatzanforderungen und deren Nachweis. Sie blieb bei ihrer Ansicht, dass nach der Grundstücksübernahme durch die … GmbH die vormals vorgenommene Berechnung der Stellplätze nach der Mitarbeiterzahl aufgrund der nunmehr verschiedenen Nutzungsbereiche nicht mehr tauglich sei und die Zuordnung früherer realer oder abgelöster Stellplätze auf die einzelnen, künftig geplanten Nutzungen vorgenommen werden müsse. Da bisher keine Berechnung nach Nutzungsarten vorgenommen worden sei, sei eine direkte Gegenüberstellung „alt-neu“ nicht möglich, sondern müsse eine rechnerische Zuordnung des Stellplatzanteils anhand des Verhältnisses der zur Nutzungsänderung vorgesehenen Fläche zur (ehemaligen) Gesamtbetriebsfläche vorgenommen werden. Im Rahmen der Baugenehmigung für die … GmbH vom 23. Juli 2015 seien 37 Stellplätze real auf dem Grundstück nachgewiesen worden. Zusammen mit den 27 bereits in der Vergangenheit abgelösten Stellplätzen seien somit 64 Stellplätze vorhanden gewesen. Nachdem die realen Stellplätze für die genehmigten Nutzungen verwendet worden seien, sei der Anteil für das Grundstück FlNr. … aus dem restlichen Bestand zugeordnet worden.
13
In Reaktion hierauf bekräftigte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin in einer E-Mail an die Beklagte vom 10. Januar 2018, dass die Zuordnung von 11 Stellplätzen zum Grundstück mit der FlNr. … (Eigentümerin: … GmbH, notarieller Kaufvertrag vom 18. Dezember 2015) im Rahmen dessen Umnutzung als Asylbewerberunterkunft ohne rechtfertigenden Grund geschehen sei und damit in die Eigentumsrechte der Eigentümer der Grundstücke FlNr. … bzw. … eingegriffen worden sei. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 25. Januar 2018 auf, per Bescheid festzustellen, dass die in der Vergangenheit begründeten fiktiven Stellplätze den Grundstücken FlNr. … bzw. … zuzuordnen seien.
14
Die Beklagte wiederum teilte mit E-Mail vom 27. Februar 2018 mit, dass es zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der Sache auf Grund eines mehrfachen Personalwechsels gekommen sei. Im Übrigen sei auf Grund der Aufteilung des ehemals einheitlichen Betriebsareals der Firma … in verschiedene Teilnutzungen und im Zuge einer Baugenehmigung für die zwischenzeitliche Erwerberin des Gesamtareals, die … GmbH, eine Zuteilung der Stellplätze nach Flächenanteilen erfolgt. Zuzugeben sei, dass anlässlich eines Bauantrages der … GmbH einem ersten neu zu genehmigenden Nutzungsabschnitt - anders als im entsprechenden Vorbescheid - ein größerer Anteil des Gesamtstellplatzkontingents zugeordnet worden sei, um eine möglichst baldige Weiternutzung der Liegenschaft zu unterstützen. Dies sei aus damaliger Sicht sachgerecht gewesen, da nach damaliger Planung eine sukzessive Nutzung des Gesamtareals durch die … GmbH zu erwarten gewesen sei und diese dann bei Folgebauanträgen für weitere Nutzungen entsprechende zusätzliche Stellplätze hätte herstellen oder ablösen müssen. Durch die Rückübereignung trete die Klägerin in die Position der zwischenzeitlichen Rechteinhaberin … GmbH mit den daraus resultierenden Rechten und Pflichten ein. Von einem unzulässigen Eingriff in das Eigentum der Klägerin könne nicht die Rede sein, zumal die Stellplätze nie einer bestimmten FlNr. explizit zugeordnet gewesen seien.
15
Weitere Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beklagten führten auch nach einem weiteren Wechsel des Rechtsanwaltes nicht zu einer Einigung.
16
Am 23. Oktober 2018 reichte die Klägerin einen Bauantrag bei der Beklagten hinsichtlich diverser Nutzungsänderungen auf den Grundstücken FlNr. … und … ein. Mit Bescheid vom 13. Februar 2019 erteilte die Beklagte der Klägerin die bauaufsichtliche Genehmigung für verschiedene Nutzungsänderungen in den Nutzungseinheiten bzw. Hallen 2a, 2b, 2c, 3a, 3b, 4a, 4b, 5, 7 und 9 auf den Grundstücken FlNr. … und … Hinsichtlich der Stellplätze wurde in Ziffer II. dergestalt eine beantragte Abweichung zugelassen, als dass die Berechnung des Stellplatzbedarfs nach Mitarbeitern und nicht nach Nutzungsfläche gestattet ist, allerdings unter der auflösenden Bedingung, dass die Zahl der Beschäftigten im Lagerbereich 4 nicht überschreitet. Unter Ziffer IV. 10. (Auflagen und Bedingungen - Stellplatzbedarf) wurde festgestellt, dass der notwendige Stellplatzbedarf vollständig auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden könne.
17
Die Klägerin hat mit am 6. August 2018 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, um festzustellen zu lassen, dass die Erteilung der Baugenehmigung an die … GmbH (Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …*) nicht zu einer Verminderung der Anzahl der ihren Grundstücken anzurechnenden Stellplätze im Falle etwaiger (Nutzungs-)Änderungen geführt hat. Zur Begründung führt sie neben dem Vortrag des Sachverhalts aus, dass eine diesbezügliche Feststellungsklage zulässig sei. Soweit es um den Stellplatznachweis für eine Änderung oder Nutzungsänderung von Anlagen gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO gehe, liege ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis des Bauherrn in Bezug auf das Baugrundstück vor. Die Feststellungsklage sei hier auch nicht im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär. Zwar könnte sie theoretisch abwarten, bis die Beklagte einmal einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung mit Blick auf den unzureichenden Stellplatznachweis ablehne und hiergegen Verpflichtungsklage erheben. Jedoch gebe es derzeit keinen solchen ablehnenden Bescheid und sie, die Klägerin, habe angesichts potentieller Nutzungsänderungen, die auf einem Areal dieser Größe und wegen der Vielzahl der hierauf befindlichen Räume und Gebäude laufend anstünden, ein grundsätzliches Interesse an der Klärung der betreffenden Frage, nicht zuletzt was die laufenden Verhandlungen mit etwaigen Mietinteressenten anbelange. Die ihr erteilte Baugenehmigung vom 13. Februar 2019 für diverse Nutzungsänderungen bezüglich der auf den Grundstücken FlNr. … und … stehenden Gebäude ließen das Feststellungsinteresse nicht entfallen, weil sie diesbezüglich noch nicht auf die dem Grundstück FlNr. … zugeordneten abgelösten Stellplätze angewiesen sei. Die Klage sei auch begründet. Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO fordere, dass bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen seien, dass sie die durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen könnten. Dies mache einen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage und des genehmigten Altbestandes erforderlich. Hier gelte im Grundsatz Folgendes: Bestehe keine klare Zuordnung des zu geringen Stellplatzbestandes zum ungeänderten und zum geänderten Vorhabensteil, habe die Baugenehmigungsbehörde keine Befugnis der nachträglichen Zuordnung. Vielmehr könne der Bauherr selbst die Zuordnung der Stellplätze zum unveränderten Bestand und zur Änderung vornehmen. Dieser Grundsatz greife auch für das Betriebsgelände der Klägerin. Hier habe es in der Vergangenheit keine klare Zuordnung der Stellplätze nach FlNr. gegeben.
18
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
festzustellen, dass die Erteilung der Baugenehmigung an die Firma … GmbH durch die Beklagte vom 28. Dezember 2015 für den Umbau des ehemaligen Verwaltungsgebäudes und die Nutzungsänderung in ein Wohnheim für Asylbewerber bzw. Lager auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung …, BauRegNr. …, nicht dazu geführt hat, dass sich die Anzahl der anzurechnenden Stellplätze auf den Grundstücken FlNrn. … und … der Gemarkung … der Klägerin, die bei Änderungen oder Nutzungsänderungen im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu berücksichtigen ist, vermindert hat.
19
Nunmehr beantragt sie,
festzustellen, dass den klägerischen Grundstücken mit den Flurnummern … und … … in der Vergangenheit abgelöste Stellplätze zugeordnet sind.
20
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
21
Zur Begründung trägt sie vor, dass im Baugenehmigungsverfahren für das Asylbewerberheim anhand der zugrundeliegenden, noch nicht zur weiteren Nutzung genehmigten Teilflächen, hier 3.507 m², ein Stellplatzanteil an der verbleibenden Fläche von 9.000 m² von 10,53 Stellplätzen errechnet worden sei, der auf 11 aufgerundet worden und dem Vorhaben der … GmbH - der Unterkunft für Asylbewerber - zugeordnet worden sei. Dessen tatsächlicher Bedarf von 12 Stellplätzen sei schließlich durch die Ablösung eines weiteren Stellplatzes erfüllt worden. Die zivilrechtliche Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer … GmbH und dem Käufer … Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG hinsichtlich des Grundstücks FlNr. …, dass etwaige Stellplatzablösezahlungen des Verkäufers bzw. dessen Rechtsvorgängers ausschließlich dem Verkäufer zugutekommen und bei dessen Restgrundstück verbleiben, sei mit Blick auf Art. 68 Abs. 4 BayBO nur zivilrechtlich relevant und der Beklagten im Übrigen erst im Rahmen der rechtlichen Auseinandersetzung bekannt geworden. Da die Klägerin das Restgrundstück von der … GmbH zurückgekauft habe, sei sie in alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechte und Pflichten eingetreten, so dass eine Abwicklung der Stellplatzfrage nach den Vorgaben des Vorbescheides bzw. der Baugenehmigung für die Asylbewerberunterkunft zu Lasten des neuen und zugleich früheren Eigentümers gehe.
22
Das Gericht hat die Behördenakten mit den Aktenzeichen … ( … GmbH, Altakte Unterlagen Überprüfung Stellplatzbedarf 2006), … ( … GmbH, Vorbescheid Nutzungsänderung Industriekomplex in Spiel-/Sportpark), … ( … GmbH, Baugenehmigung Wohn-/Bürohaus in reines Wohnen), … ( … GmbH, Baugenehmigung Teilnutzungsänderung [Indoor-Sportpark]), … ( … GmbH, Tekturbaugenehmigung zu Az. …), … ( …, Baugenehmigung Nutzungsänderung Verwaltungsgebäude in Asylbewerberwohnheim), … ( … Immobilien GmbH & Co. KG, Bauaufsichtsakte Stellplatzanfrage), … ( … Immobilien, Angefochtene Baugenehmigung Nutzungsänderung in mehrere Hallen), … ( … Immobilien, Tekturbauantrag zu Az. …), beigezogen.
23
In der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2020 einigten sich die Beteiligten zunächst auf einen bis zum 15. August 2020 widerruflichen Vergleich dergestalt, dass 24 von 27 abgelösten Stellplätzen den Grundstücken mit den Flurnummern … und … zugeordnet seien und die Klägerin 3/11, die Beklagte 8/11 der Verfahrenskosten trage. Für den Fall des Widerrufs erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Mit am 12. August 2020 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz widerrief die Klägerin den Vergleich.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakten verwiesen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2020 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

25
Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2020 zu Protokoll erklärt hatten, im Falle des Widerrufs des dort geschlossenen Vergleichs mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Mit am 12. August 2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz widerrief die Klägerin den Vergleich.
26
1. Die durch die Klägerin erhobene Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO ist bereits unzulässig und daher abzuweisen.
27
Die Statthaftigkeit einer Feststellungsklage setzt nach § 43 Abs. 1 VwGO voraus, dass die Feststellung des (Nicht-)Bestehens eines Rechtsverhältnisses (Alt. 1) oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (Alt. 2) begehrt wird. Die hier nur in Frage kommende erste Alternative des § 43 Abs. 1 VwGO ist indes nicht erfüllt, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis mangelt.
28
Das Tatbestandsmerkmal Rechtsverhältnis wird mit den sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache, zu einer Sache allerdings nur in dem Sinn, dass Rechtsbeziehungen zu „dritten“ Personen durch eben diese Sache vermittelt werden, umschrieben. Die rechtliche Beziehung muss ein subjektiv-öffentliches Recht zum Gegenstand haben (zur Definition W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 43 Rn. 11 m.w.N.).
29
Der Feststellungsantrag der Klägerin, dass „den klägerischen Grundstücken mit den FlNr. … und … in der Vergangenheit abgelöste Stellplätze zugeordnet sind“, beschreibt kein solches Rechtsverhältnis. Die Frage, ob bereits in der Vergangenheit gemäß Art. 47 Abs. 3 Nr. 3 BayBO abgelöste Stellplätze einem bestimmten Grundstück zugeordnet bleiben oder durch privatrechtliche Vereinbarung zugeordnet werden können und damit letztlich, ob und inwieweit die Stellplatzpflicht aus Art. 47 Abs. 1 BayBO für künftige Vorhaben und (Nutzungs-)Änderungen bereits durch vorher abgelöste Stellplätze erfüllbar ist, bildet lediglich eine Vorfrage, die im Rahmen der Prüfung, ob einem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO entgegenstehen, zu beantworten ist. Derlei Vorfragen sind grundsätzlich nicht feststellungsfähig (etwa BVerwG, B.v. 26.7.2007 - 6 B 25/07 - juris Rn. 4; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 43 Rn. 13). Auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs begründet die von der Frage der Erteilung der Baugenehmigung losgelöste, isolierte Feststellung der nachzuweisenden Stellplätze zwischen dem Bauherrn und der Genehmigungsbehörde keinerlei Rechte und Pflichten und betrifft deshalb auch kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO (BayVGH, B.v. 29.6.2009 - 15 ZB 08.1051 - juris Rn. 14). Diese Erwägung ist auf die vorliegende Konstellation übertragbar, da es der Klägerin darum geht, abstrahiert von einem konkreten Vorhaben im Sinne des Art. 47 Abs. 1 BayBO und gleichsam vorbeugend ihren „Kontostand“ an bereits abgelösten, fiktiven Stellplätzen für eine etwaige, derzeit noch völlig unklare zukünftige Verwendung klären zu lassen.
30
Aus diesen Gründen ist auch das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung höchst fraglich. Ihr stünde nämlich mit dem Instrument des Vorbescheids gemäß Art. 71 BayBO die Möglichkeit zur Verfügung, ein zu verwirklichendes (Bau-)Vorhaben auch nur hinsichtlich des Umfangs der Stellplatzpflicht aus Art. 47 BayBO zur Prüfung durch die Beklagte als Baugenehmigungsbehörde zu stellen und bei einem ihr ungünstig erscheinenden Ergebnis hinsichtlich der Anrechnung bereits abgelöster Stellplätze eine Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) zu erheben. Damit ist gleichzeitig der aus § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO fließende Grundsatz der Nachrangigkeit der Feststellungsklage berührt, da der Klägerin die Möglichkeit der Verpflichtungsklage offensteht, sobald die Beklagte im Rahmen eines Vorbescheids- oder Baugenehmigungsverfahrens eine von der Rechtsansicht der Klägerin abweichende Zuordnung von bereits früher abgelösten, fiktiven Stellplätzen vornimmt.
31
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.