Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 19.05.2020 – B 5 K 19.196
Titel:

Versäumen der Jahresfrist zur Beantragung von Beihilfe für Behandlungskosten

Normenketten:
BayBG Art. 96 Abs. 3a, Abs. 5 S. 2 Nr. 3
BayBhV § 48 Abs. 6
BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 6 S. 1 und S. 2 BayBhV steht mit höherrangigem Recht im Einklang. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einem schuldhaften Versäumen der Jahresfrist ist auszugehen, wenn zum einen Vergessenheit vorlag, weitere Beihilfeanträge im Zeitraum der vorgetragenen Verhinderung gestellt wurden und eine Wohnungsauflösung als Sichtungszeitpunkt der Belege bereits einen Monat vor Abgabe des Beihilfeantrags erfolgte. (Rn. 25 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versäumung der Jahresfrist, Verschulden eines Vertreters, keine Wiedereinsetzung trotz schwerer Erkrankung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Fristversäumnis, Beihilfe, Behandlungskosten, Wohnung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 33043

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen einen Beihilfebescheid des Beklagten vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2019. In den streitgegenständlichen Bescheiden hatte der Beklagte dem Kläger die Gewährung von Beihilfe für angefallene Behandlungskosten in Höhe einer grundsätzlich beihilfefähigen Summe von 153,75 EUR aus einem Gesamtbetrag von 232,50 EUR versagt.
2
1. Mit Beihilfeantrag vom 15.11.2018 hatte der Kläger die Gesamtsumme von 232,50 EUR, bestehend aus fünf Einzelbelegen aus Rechnungen vom 16.06.2017, 23.06.2017, 30.06.2017, 30.06.2017 und 21.07.2017 bei dem Beklagten geltend gemacht.
3
Mit Bescheid vom 27.11.2018 setzte der Beklagte eine Beihilfe in Höhe von 0,00 EUR fest. Eine Beihilfe werde nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder Ausstellung der Rechnung beantragt werde (Art. 96 Abs. 3 a und Abs. 5 S. 2 Nr. 3 Bayerisches Beamtengesetz - BayBG - und § 48 Abs. 6 Bayerische Beihilfeverordnung - BayBHV). Maßgebend für diese Jahresfrist sei das Eingangsdatum bei der Beihilfefestsetzungsstelle. Die geltend gemachten Aufwendungen hätten wegen des Ablaufs dieser Antragsfrist nicht mehr berücksichtigt werden können.
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Mit Schreiben vom 10.12.2018, eingegangen beim Beklagten laut Eingangsstempel am 13.12.2018, erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten. Er habe am 27.07.2017 einen schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung erlitten. Bis zum 10.11.2017 sei er im …klinikum N* … und anschließend in der Rehaklinik … in B* … untergebracht worden. Seit der Klinikentlassung wohne er in seinem Elternhaus in D* … Da er keine Besserung seines Gesundheitszustandes mehr zu verzeichnen gehabt habe, habe er die Einzimmerwohnung im 4. Stock in N* … zum 31.10.2018 aufgegeben. Bei der Wohnungsräumung am 10.10.2018 durch seine sehbehinderte Schwester seien die in Vergessenheit geratenen Kostenbelege erstmalig wiederentdeckt worden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beihilfefestsetzungsbescheid vom 27.11.2018 zurück und bezog sich zur Begründung auf die Ausführungen aus dem ablehnenden Bescheid. Da es sich bei der Jahresfrist um eine Ausschlussfrist handle, könne keine Beihilfe gewährt werden.
6
2. Mit Schriftsatz vom 26.02.2019, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 28.02.2019, erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2019. Zur Begründung seiner Klage führte er aus, sein Widerspruch vom 10.12.2018 sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Er habe den Beihilfeantrag vom 15.11.2018 nicht innerhalb der Jahresfrist einreichen können, weil er am 27.07.2017 einen schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung erlitten habe. Nach den Klinikaufenthalten in N* … (bis 04.08.2017) und in B* … (bis 10.11.2017) seien bei ihm eine Schwerbehinderung mit 80% und eine erhebliche Gehbehinderung mit Folge der Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson festgestellt worden. Laut Pflegegutachten der DBK vom 13.12.2017 bestehe Pflegegrad 3. Als seine Schwester, die für ihn bestimmte Pflegeperson, ihn das erste Mal im Klinikum N* … besucht habe, habe sie sofort einen Postnachsendeauftrag eingerichtet, so dass vor allem die zu erwartenden erheblichen Krankenhausrechnungen an den Hauptwohnsitz des Klägers nach S* … nachgesandt würden. Die im Widerspruchsbescheid erwähnten Beihilfeanträge mit Krankenrechnungen, die den Schlaganfall und das anteilige Pflegegeld betreffen, seien allesamt von der Schwester des Klägers in S* … gefertigt worden. Da sich der Gesundheitszustand bis heute nicht gebessert habe, habe er die N* … Wohnung aufgeben müssen. Er habe sie zum 31.10.2018 gekündigt. Die strittigen Beihilferechnungen seien bei der Wohnungsauflösung am 10.10.2018 durch die Schwester zum Vorschein gekommen und vom Kläger bei Sichtung der Umzugsunterlagen im November 2018 entdeckt und umgehend eingereicht worden.
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Mit Schriftsatz vom 14.03.2019 beantragte der Beklagte
Klageabweisung.
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Der Kläger habe sich in der Zeit vom 27.07.2017 bis 04.08.2017 zu einem stationären Aufenthalt im Klinikum N* … befunden. Unmittelbar anschließend habe er sich bis einschließlich 09.11.2017 zu einem Rehabilitationsaufenthalt in der Rehabilitationsklinik … … in B* … befunden. Am 10.10.2018 sei die Räumung seiner bisherigen Wohnung in N* … erfolgt. Die strittigen Rechnungen seien dem Kläger allesamt noch in der Zeit vor seinem Aufenthalt im Klinikum N* … zugestellt worden. Er selbst habe angegeben, während dieses Aufenthalts einen Postnachsendeauftrag erteilt zu haben. Es sei nicht vorstellbar, dass sich der Kläger zwischen der Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme bis zum 10.10.2018 nicht um seine Wohnung in N* … gekümmert habe. Der Kläger habe mit Datum vom 11.09.2017, 24.09.2017, 11.11.2017, 08.01.2018, 05.03.2018, 12.03.2018 und 25.05.2018 weitere Beihilfeanträge gestellt. Bei einer dieser Gelegenheiten hätte der Kläger die streitgegenständlichen Belege mit einreichen können.
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Der Beklagte verzichtete des Weiteren auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Mit Schriftsatz vom 15.04.2019 erwiderte der Kläger, dass die im Schriftsatz des Beklagten genannten Beihilfeanträge von seiner Schwester gefertigt worden seien und größere Krankenhausrechnungen betroffen hätten. Die fünf streitgegenständlichen Kleinrechnungen habe er erst nach der Wohnungsauflösung einreichen können.
11
Der Kläger verzichtete ebenfalls auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund der mit Schriftsätzen vom 14.03.2019 bzw. 15.04.2019 erklärten Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung der beantragten Beihilfeleistung zu den Rechnungen vom 16.06.2017, 23.06.2017, 30.06.2017, 30.06.2017 und 21.07.2017 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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a) Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, U.v. 8.11.2012, Az.: 5 C 4.12 - juris; BVerwG, U.v. 2.4.2014, Az.: 5 C 40/12, juris, Rn. 9). Daher richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.07.2008 (GVBl. S. 500), geändert durch Gesetz vom 13.12.2016 (GVBl. S. 354), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (BayBhV) vom 02.01.2007 (GVBl. S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.07.2014 (GVBl. S. 352, ber. 447), weil die streitgegenständlichen Rechnungen aus dem Zeitraum zwischen dem 16.06.2017 und 21.07.2017 datieren.
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b) Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Rechnungen ist wegen Versäumnis der Antragsfrist erloschen.
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Nach Art. 96 Abs. 3a BayBG in Verbindung mit § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV in der oben genannten Fassung wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Die Fristberechnung richtet sich nach § 187 Abs. 1 i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die mit Antrag vom 15.11.2018 begehrte Beihilfe für im Zeitraum vom 16.06.2017 bis 21.07.2017 (Rechnungsdatum) entstandenen Aufwendungen wurde deutlich nach Ablauf dieser Jahresfrist geltend gemacht, da diese spätestens mit Ablauf des 21.07.2018 abgelaufen war. Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2009, Az.: 14 C 09.1567, Rn. 2 - juris).
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Demnach ist der Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Aufwendungen wegen Versäumens der Jahresfrist gemäß Art. 96 Abs. 3a BayBG i.V.m. § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV erloschen.
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c) Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer solchen materiellen Ausschlussfrist bestehen keine Bedenken (BVerwG, U. v. 28.6.1965, Az.: VIII C 334.63, BVerwGE 21, S. 258). Die Ausschlussfrist dient aus haushaltstechnischen Gründen dazu, eine baldige Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist sie jedenfalls dann unbedenklich, wenn die Möglichkeit besteht, im besonderen Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. z.B. BayVGH, U. v. 5.4.1990, Az.: 3 B 89.2831, Rn. 14 - juris). Obwohl es sich bei der Jahresfrist nach § 48 Abs. 6 BayBhV um eine materielle Ausschlussfrist handelt, gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dies ist auch in den entsprechenden Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat zu § 48 BayBhV ausdrücklich vorgesehen (vgl. Hinweis Nr. 1 zu § 48 Abs. 7 [= jetziger Abs. 6] BayBhV) (VG München U. v. 22.6.2017, Az.: 17 K 17.1542, Rn. 19 - BeckRS 2017, 115961).
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Die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 6 Satz 1 und 2 BayBhV steht darüber hinaus mit höherrangigem Recht im Einklang. Sie findet ihre gesetzliche Grundlage in Art. 96 Abs. 3a und Abs. 5 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 BayBG und hält sich innerhalb der dort aufgestellten Voraussetzungen und Grenzen. Darüber hinaus besitzt der Freistaat Bayern das Recht zur Gesetzgebung zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Landesbeamten, Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Insofern obliegt es allein seiner Gesetzgebungskompetenz, den Bereich der Beihilfen für seine Landesbeamten unter Einschluss etwaiger Ausschlussfristen und deren Beginn zu regeln (vgl. VG Würzburg, U. v. 29.03.2018, Az.: W 1 K 17.1060, Rn. 13 - BeckRS 2018, 6601).
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d) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in die abgelaufene Ausschlussfrist im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.
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Nach Art. 32 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Abs. 1). Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (Abs. 2).
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Der Kläger war hier aber nicht ohne Verschulden darin gehindert, die Jahresfrist einzuhalten. Verschuldet ist eine Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U. v. 8.3.1983, Az.: 1 C 34/80 - BayVBl 1983, S. 476). Rechtsunkenntnis kann die Fristversäumnis grundsätzlich nicht entschuldigen, ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss sich vielmehr bei ihm nicht geläufigen juristischen Problemen grundsätzlich in geeigneter Weise juristischen Rat einholen (vgl. nur BVerwG U. v. 13.1.1989, Az.: 4 CB 24/88, NVwZ-RR 1989, S. 519; VG München U. v. 22.6.2017, Az.: 17 K 17.1542, Rn. 23 - BeckRS 2017, 115961).
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Der klägerische Vortrag ergibt nicht, dass dieser die ihm zumutbare Sorgfalt hat walten lassen, um eine rechtzeitige Antragstellung sicherzustellen. Bei einer Ausschlussfrist, auf die die Wiedereinsetzungsregeln ohnehin nur ausnahmsweise Anwendung finden (vgl. oben), sind diese restriktiv zu handhaben, so dass an eine Entschuldigung der Fristversäumnis erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Es kommt darauf an, ob dem Beteiligten nach den Umständen des Falls ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 32 Rn. 21).
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Im vorliegenden Fall führen gleich mehrere Umstände dazu, hier von einem Verschulden des Klägers an der Versäumung der Jahresfrist auszugehen.
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Zunächst räumt der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben selbst ein, dass die streitgegenständlichen Belege vorübergehend in Vergessenheit geraten waren und erst bei der Wohnungsräumung durch seine Schwester wiederentdeckt worden sind.
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Darüber hinaus hat der Beklagte, vom Kläger nicht bestritten, im Widerspruchsbescheid festgestellt, dass der Kläger am 11.09.2017, 24.09.2017, 11.11.2017, 08.01.2018, 05.03.2018, 12.03.2018 und 25.05.2018 weitere Beihilfeanträge gestellt hat. Sämtliche Antragstellungen lagen damit in dem Zeitraum, für den der Kläger seine Verhinderung durch den am 27.07.2017 erlittenen Schlaganfall mit anschließender stationärer Behandlung als Hinderungsgrund für die Antragstellung geltend gemacht hat.
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Der erlittene Schlaganfall kann auch deswegen nicht zu einer Wiedereinsetzung führen, weil der Kläger selbst angegeben hat, aufgrund der schweren körperlichen Beeinträchtigungen, die ihm dadurch entstanden sind, seine Schwester, die zu seiner Pflegeperson bestellt wurde, mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten beauftragt zu haben.
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Auch die Tatsache, dass die Schwester unter einer starken Sehbeeinträchtigung leide, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn nach den eigenen Angaben des Klägers hat diese ja nicht nur die Wohnungsauflösung für den Kläger durchführen, sondern auch seine sonstigen Beihilfeanträge für ihn stellen können.
30
Schließlich führt der Kläger in der Klagebegründung auch aus, dass die streitgegenständlichen Belege von seiner Schwester, die für ihn als Pflegeperson bestellt war, bereits bei der Wohnungsauflösung am 10.10.2018 entdeckt worden waren. Erst einen Monat später hat der Kläger sodann die Belege gesichtet und nachträglich mit Schreiben vom 15.11.2018 bei der Beihilfestelle zur Erstattung eingereicht.
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Sämtliche dieser Umstände führen - jeder schon für sich genommen - zu der Folge, dass die Fristversäumnis auf Gründen beruht, die der Verantwortungssphäre des Klägers zuzurechnen sind und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Dabei muss sich der Kläger das Verschulden seiner Schwester, die die streitgegenständlichen Belege offensichtlich übersehen hatte als eigenes Verschulden zurechnen lassen (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) - zwar nicht aufgrund ihrer Eigenschaft als Familienangehörige des Klägers, wohl aber, weil sie zum einen als Pflegeperson eingesetzt und zudem vom Kläger nach dessen ausdrücklichem Vorbringen von ihm für die Besorgung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt worden war (vgl. Kopp/Ramsauer, § 32 VwVfG, Rn. 33).
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2. Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.
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4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.