Inhalt

OLG München, Beschluss v. 29.04.2020 – 21 U 7387/19
Titel:

Kein Anspruch auf Schadensersatz bei im März 2016 erworbenem, vom Abgasskandal betroffenem (Gebraucht-)Fahrzeug (hier: VW Touran 2.0 TDI)

Normenketten:
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 826
Leitsätze:
1. Vgl. zum Kauf nach Bekanntwerden des Dieselskandals: BGH BeckRS 2020, 19146; OLG Bamberg BeckRS 2020, 33158; sowie mit zahlreichen weiteren Nachweisen OLG Bamberg BeckRS 2020, 33154 (dort Ls. 1); OLG München BeckRS 2020, 27980 (dort Ls. 1); OLG Stuttgart BeckRS 2020, 7457 (dort Ls. 4); noch weitergehend: OLG Braunschweig BeckRS 2020, 28511; wie hier a.A. noch: OLG Köln BeckRS 2020, 7312; OLG Hamm BeckRS 2019, 20495; OLG Oldenburg BeckRS 2020, 280; BeckRS 2020, 6021; OLG Dresden BeckRS 2020, 4135; OLG Koblenz BeckRS 2020, 5086; BeckRS 2020, 17856; OLG Naumburg BeckRS 2020, 26059; differenzierend OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5609 (Kenntnis erst ab März 2016). (redaktioneller Leitsatz)
2. Enthält der schriftliche Kaufvertrag über ein vom Diesel-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug im März 2016 den Hinweis „Das oben genannte Fahrzeug kann von einer VW-Rückrufaktion betroffen sein“, kann hieraus der Rückschluss gezogen werden, dass  die Betroffenheit des Fahrzeugs vom Abgasskandal für die Kaufentscheidung des Käufers nicht relevant war, so dass eine eventuelle Täuschungshandlung der Herstellerin für einen Schaden beim Käufer nicht kausal geworden sein kann. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Zurechnungszusammenhang ist nicht allein durch die am 22.09.2015 herausgegebene Adhoc-Mitteilung entfallen, aber aufgrund der breiten Medienberichterstattung, der Presseerklärungen der Herstellerin und der - bekannt gemachten - Möglichkeit, der Recherche der individuellen Betroffenheit auf einer Internetseite der Herstellerin. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei einem Erwerb nach dem allgemeinen Bekanntwerden des Abgasskandals lässt sich nicht mehr annehmen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Interessent von dem Kauf eines Wagens Abstand nimmt, wenn er erfährt, dass der Wagen eine unzulässige Abschalteinrichtung hat (und ohne die Durchführung eines Updates der Entzug der Zulassung droht), zumal wenn der Käufer sogar auf die mögliche Betroffenheit des Wagens hingewiesen worden ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, EA 189, Spätkauf, Berichterstattung, Presseerklärung, Zulassungsfähigkeit, Gebrauchtwagen, Vertragsschluss, Zurechnungszusammenhang, Kenntnis
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Endurteil vom 18.11.2019 – 43 O 2444/18
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe vom -- – VI ZR 787/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 33025

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.11.2019, Aktenzeichen 43 O 2444/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.503,13 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
1. Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“.
2
Der Kläger erwarb am 31.03.2016 - finanziert durch Darlehen - von Privat zum Preis von 19.000 € einen Gebrauchtwagen VW -Touran, 2.0 TDI (125 kW), der mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist. Im schriftlichen Kaufvertrag war u.a. der Hinweis enthalten: „Das oben genannte Fahrzeug kann von einer WV-Rückrufaktion betroffen sein.“
3
Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Klagepartei abgewiesen, u.a. mit der Erwägung, das die Betroffenheit des Fahrzeugs für den Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages keine entscheidende Rolle gespielt habe.
4
Der Kläger rügt in der Berufung, er habe entgegen den Ausführungen des Landgerichts beim Kauf des Wagens keine Kenntnis von der Betroffenheit, insbesondere von der fehlenden Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs gehabt. Aus dem Hinweis im Vertrag könne man nicht zwingend auf eine positive Kenntnis des Klägers schließen. Der Kläger hätte nach Treu und Glauben von der Beklagten eine Information über die rechtswidrige Manipulation an dem Wagen erwarten dürfen. Die Beklagte sei ihrer Aufklärungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Für die Klagepartei streite ein Anscheinsbeweis.
5
Im Berufungsverfahren beantragte die Klagepartei mit Schriftsatz vom 25.02.2020 (Bl. 116 ff. d.A.):
Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.11.2019 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Schadensersatz in Höhe der bisher getätigten Aufwendungen zur Finanzierung des Fahrzeugs in Höhe von insgesamt 12.934,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2018 zu zahlen, und den Kläger von zukünftigen Zahlungsansprüchen der Darlehensgeberin in Höhe von 11.068,48 Euro freizustellen,
dies Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs VW Touran mit der FIN …25 sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs durch die Klagepartei, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs VW Touran mit der FIN …25 durch die Beklagte entstanden sind und weiterhin entstehen werden.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus den getätigten Zahlungen auf das jeweilige Darlehen ab dem jeweiligen Zahlungszeitpunkt jeweils bis zum 09.12.2018 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeuges VW Touran mit der FIN …25 seit dem 10.12.2018 in Annahmeverzug befindet.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 597,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2018 zu zahlen.
6. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6
Die Beklagtenpartei beantragte
die Zurückweisung der Berufung mit Schriftsatz vom 07.01.2020 (Bl. 115 d.A.).
7
Der Senat hat mit Beschluss vom 09.03.2020 (Bl. 127 ff d.A.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Klagepartei hat mit Schriftsatz vom 17.03.2020 hierzu Stellung genommen.
8
Ergänzend wird hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Parteien auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts sowie im Hinweisbeschluss des Senats vom 09.03.2020 (Bl. 127 ff. d.A.) Bezug genommen.
9
2. Mit Schriftsatz vom 17.03.2020 (Bl. 135 ff. d.A.) führt die Klagepartei, die an ihrem Berufungsbegehren festhält, aus, entgegen der vorläufigen Auffassung des Senats sei die von der Beklagten verübte Täuschung nicht durch die Veröffentlichung der Adhoc-Mitteilung vom 22.09.2015 entfallen. Diese sei schon ihrem Inhalt nach hierzu nicht geeignet und außerdem an Aktionäre und nicht allgemein an Käufer von Fahrzeugen gerichtet. Die Klagepartei habe beim Erwerb des Fahrzeugs keine Kenntnis gehabt vom Abgasskandal bzw. was dies konkret für sie bedeutet hatte. Es sei entscheidend, dass sie beim Kauf des Fahrzeugs auf dessen Zulassungsfähigkeit zu eben jener Zeit vertraut hat und redlicherweise auch hierauf vertrauen konnte. Es müsse auf den individuellen Vortrag der Klagepartei abgestellt werden und im Einzelfall bewertet werden, ob die Klagepartei Kenntnis von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehabt habe. Die Klagepartei habe das Fahrzeug nicht lange nach der Veröffentlichung der Adhoc-Mitteilung gekauft. Der Vermerk „Das oben genannte Fahrzeug kann von einer VW-Rückrufaktion betroffen sein“ habe die Klagepartei auch nicht hinreichend dahingehend informiert, dass sie ein Fahrzeug erwerben würde, dem die Zulassungsfähigkeit fehle und die Stilllegung drohe.
II.
10
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.11.2019, Aktenzeichen 43 O 2444/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Es handelt sich wegen der Maßgeblichkeit der Einlassungen des Klägers um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
11
Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss vom 09.03.2020 Bezug, in dem bereits ausführlich dargelegt wurde, weshalb der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
12
Die Ausführungen im Schriftsatz vom 17.03.2020 (Bl. 135 ff. d.A.) geben keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. Ergänzend ist auszuführen:
13
1. Soweit die Klagepartei Ausführungen dazu macht, eine Täuschung der Beklagten sei entgegen der durch den Senat im Beschluss vom 09.03.2020 geäußerten Rechtsauffassung nicht bereits durch die von der Beklagten am 22.09.2015 herausgegebene Adhoc-Mitteilung entfallen, verneint der Senat nicht allein deshalb den Zurechnungszusammenhang, sondern aufgrund der breiten Medienberichterstattung, der Presseerklärungen der Beklagten und der - bekannt gemachten - Möglichkeit, der Recherche der individuellen Betroffenheit auf einer Internetseite der Beklagten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluss vom 09.03.2020 (S. 5 = Bl. 131 d.A.) Bezug genommen. An dieser Beurteilung hält der Senat fest.
14
Auch soweit die Klagepartei auf die - im Strafrecht und Wettbewerbsrecht entwickelte - Rechtsfigur des „Garanten“ abstellt, ändert dies an der rechtlichen Beurteilung nichts. Die Rechtsprechung zieht die Garantenstellung heran, wenn es um die Verantwortlichkeit von Personen geht, die nicht selbst (unmittelbarer oder mittelbarer) Täter oder Teilnehmer einer deliktischen Handlung sind, denen aber dennoch ein Untätigbleiben (Unterlassen) zum Vorwurf gemacht wird, weil sie bei wertender Betrachtung rechtlich dafür einzustehen haben, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt (vgl. BGH vom 20.02.20, I ZR 193/18, Rn. 33 ff, beckonline). Hier geht es aber nicht um ein Unterlassen, sondern darum, ob die Beklagte (als unterstellte „Täterin“) in der Gesamtschau ausreichende Maßnahmen ergriffen hat, um den Zurechnungszusammenhang zu ihrem vorangegangenen Tun zu unterbrechen, was zur Überzeugung des Senats der Fall ist.
15
2. Die Klagepartei rügt ferner, es müsse stets die individuelle Kenntnis der Partei von der Betroffenheit eines bestimmten zu erwerbenden Fahrzeugs erforscht werden.
16
Tatsächlich hat aber bereits das Landgericht einen Anspruch verneint wegen fehlender Kausalität einer behaupteten Täuschungshandlung für einen behaupteten Schaden beim Kläger aufgrund der individuellen Kenntnisse des Klägers, die gewürdigt wurden. Das Landgericht hat den Kläger hierzu persönlich einvernommen. Der Senat hat sich hiermit im Hinweisbeschluss vom 09.03.2020 ausführlich auseinandergesetzt (S. 5 f. = Bl. 131 f. d.A.). Die auf den Angaben des Klägers persönlich in erster Instanz beruhende Schlussfolgerung des Landgerichts, nämlich dass die konkreten Folgen der Betroffenheit des Wagens vom sog. Abgasskandal für die Kaufentscheidung des Klägers nicht relevant waren, teilt der Senat.
17
Damit kann aber eine - behauptete - Täuschungshandlung der Beklagten nicht kausal geworden sein für einen Schaden beim Kläger, da dieser im Abschluss eines Vertrags läge, den er sonst nicht geschlossen hätte. Dies vermögen auch die ergänzenden Ausführungen nicht zu erschüttern. Die Klagepartei trägt vor, sie habe das Fahrzeug „nicht lange“ nach der Veröffentlichung der Adhoc-Mitteilung gekauft; doch tatsächlich handelt es sich um eine Zeitspanne von einem halben Jahr. Der mit Schriftsatz vom 17.03.2020 wiederholte Vortrag, die Klagepartei habe beim Erwerb des Fahrzeugs keine Kenntnis gehabt vom Abgasskandal, ist widerlegt aufgrund der eigenen Angaben des Klägers anlässlich seiner Anhörung erster Instanz: Dort hat er nicht nur angegeben, dass er Kenntnis vom Dieselskandal hatte, sondern dass aus diesem Grund in den Kaufvertrag die Vereinbarung aufgenommen worden sei, dass das Fahrzeug von einer Rückrufaktion betroffen sein kann. Soweit die Klagepartei einwendet, mit dem vertraglich aufgenommenen Vermerk „Das oben genannte Fahrzeug kann von einer VW-Rückrufaktion betroffen sein“ sei sie nicht hinreichend dahingehend informiert worden, dass sie ein Fahrzeug erwerben würde, dem die Zulassungsfähigkeit fehle und die Stilllegung drohe, ist festzustellen, dass der Wagen sehr wohl - trotz der eingesetzten Software - zugelassen war. Das Kraftfahrtbundesamt hat in Kenntnis der Manipulationsvorgänge gerade nicht angeordnet, dass die betroffenen Fahrzeuge nicht mehr genutzt werden dürfen bzw. umgehend stillgelegt werden müssen, sondern die Beseitigung der Einrichtung und die Durchführung geeigneter Maßnahmen angeordnet, damit ein normgerechter Zustand hergestellt wird. So gesehen war die Annahme des Klägers beim Vertragsschluss, „es werde ein Austausch gemacht und damit sei die Sache erledigt“, durchaus zutreffend. Dass eine behördliche Maßnahme ihrerseits verbindlich ist und mithin Folgen für den jeweiligen Eigentümer des Fahrzeugs hat, nämlich dass mit Konsequenzen zu rechnen ist, wenn man dem nicht nachkommt, liegt allerdings auch auf der Hand. Insoweit erschließt sich auch hieraus nicht, welche relevante Fehlvorstellung die Klagepartei beim Kaufvertragsabschluss gehabt haben will. Die Anordnung des Kraftfahrtbundesamtes vom Oktober 2015 (“Rückruf von 2,4 Millionen V.“) ist veröffentlicht, es gab ein entsprechendes Medienecho dazu. Ergänzend ist zu bemerken, dass das Kraftfahrtbundesamt selbst die Fahrzeuge als „verkehrssicher“ bezeichnet und mitgeteilt hat, dass diese bis zum Austausch der Komponenten weiter gefahren werden dürfen.
18
Der vom Landgericht gezogenen, nachvollziehbaren Schlussfolgerung, dass angesichts des Hinweises im Vertrag für den damaligen Kaufentschluss des Klägers keine Rolle gespielt hat, ob das Fahrzeug mit der unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war oder nicht, vermag die Klagepartei somit keine stichhaltigen Einwände entgegenzuhalten.
19
Auch der Hinweis auf einen für den Kläger streitenden Anscheinsbeweis führt nicht weiter. Es ist schon rechtlich zweifelhaft, ob im Bereich von individuellen Willensentschlüssen ein solcher Anscheinsbeweis überhaupt eingreifen kann (vgl. hierzu auch OLG Hamm vom 17.03.20, Az. 7 U 92/ 19). Jedenfalls lässt sich bei einem Erwerb nach dem allgemeinen Bekanntwerden des Abgasskandals nicht mehr annehmen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Interessent von dem Kauf eines Wagens Abstand nimmt, wenn er erfährt, dass der Wagen eine unzulässige Abschalteinrichtung hat (und ohne die Durchführung eines Updates der Entzug der Zulassung droht), zumal wenn der Käufer sogar auf die mögliche Betroffenheit des Wagens hingewiesen worden ist. Auch die von Klageseite zitierten Urteile anderer Gerichte betreffen keine derartige Fallgestaltung, sondern Erwerbsvorgänge vor Herbst 2015 ohne jeden Hinweis auf den - damals noch gar nicht bekannten - Abgasskandal.
20
Es bleibt mithin dabei, dass der Kläger - neben der Problematik des Zurechnungszusammenhangs - auch nicht nachweisen konnte, dass er täuschungsbedingt eine „ungewollte Verbindlichkeit“ eingegangen ist.
III.
21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
22
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
23
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung von § 40, 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt. Dass die Klagepartei im Berufungsantrag eine Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung aufgenommen hat, musste außer Betracht bleiben. Denn die Klagepartei hat in ihrer Klage (dort S. 15) Ausführungen dazu gemacht, weswegen sie generell einen Abzug für gezogene Nutzungen nicht für rechtmäßig hält. Sie hat damit erkennen lassen, dass sie als maximales Ziel die Zuerkennung des Klageantrags ohne jeden Abzug anstrebt.