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VG Würzburg, Beschluss v. 14.01.2020 – W 8 S 20.30008
Titel:

Abschiebungsverbote nach Algerien für alleinstehende Frau mit unehelichem Kind

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 3e, § 4 Abs. 3 S. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 36 Abs. 3, Abs. 4, § 71a, § 77 Abs. 2
VwVfG § 51 Abs. 1
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Eine eventuelle Strafverfolgung wegen Ehebruchs in Algerien hat keine Asylrelevanz (Anschluss an VG Würzburg BeckRS 2018, 28905). (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach aktueller Erkenntnislage liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG für eine alleinstehende Frau mit einem unehelichen Kind nach Algerien nicht vor. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hinsichtlich einer Verfolgung oder eines drohenden ernsthaften Schadens durch Familienmitglieder besteht in Algerien für eine alleinstehende Frau mit einem unehelichen Kind eine innerstaatliche Schutzalternative. (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sofortverfahren, Algerien, alleinstehende Frau mit Kleinkind, unzulässiger Zweitantrag, Bezugnahme auf Bundesamtsbescheid, Übergriffe und Bedrohung durch Familie wegen unehelichem Kind, befürchteter Ehrenmord, Schutz vor strafbaren Handlungen in Algerien, inländische Aufenthaltsalternative, Sicherung des Existenzminimums, Kleinkind, uneheliches Kind, Abschiebungsanordnung, Lebensunterhalt, innerstaatliche Schutzalternative, Familie, Ehebruch, Strafbarkeit, Abschiebungsverbot
Fundstelle:
BeckRS 2020, 328

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtkosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 20.30007 abgelehnt.

Gründe

I.
1
Der Antragstellerin ist algerische Staatsangehörige, deren Dublin-Verfahren erfolglos geblieben ist (vgl. W 8 S 18.50234 und W 8 K 18.50233). Bei ihrer Anhörung gab die Antragstellerin im Wesentlichen an, ein Asylverfahren in Spanien sei erfolglos verlaufen. In Algerien sei sie wegen der ungewollten unehelichen Schwangerschaft von ihren Familienmitgliedern tätlich angegriffen worden, sodass sie das ungeborene Kind verloren habe. Sie sei mit dem Tod bedroht worden. In Deutschland ist die Antragstellerin Mutter eines am 23. Januar 2019 unehelich geborenen Kindes geworden.
2
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2019 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1). Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Antragstellerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Die Abschiebung nach Algerien oder in einen anderen Staat wurde angedroht (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragstellerin habe keine neuen Gründe und Beweismittel vorgebracht. Sie habe lediglich auf die Asylgründe verwiesen, die zu ihrer Ausreise aus Algerien geführt hätten. Der Antragstellerin drohe aufgrund ihrer außerehelichen Beziehung auch bei einer Rückkehr nach Algerien kein ernsthafter Schaden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Eine mögliche Strafverfolgung habe jedenfalls keine asylrechtliche Relevanz. Es sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Algerien ohne Weiteres an ihren Aufenthaltsort von ihrer eigenen Familie ausfindig gemacht werden könnte, wenn sie ihren ursprünglichen Heimatort meide und in eine andere Großstadt Algeriens gehe. Die algerischen Behörden seien grundsätzlich schutzbereit und schutzwillig. Es bestehe ein zumutbarer Ausweg innerhalb Algeriens. Außerdem betreibe die Organisationen S.O.S. Femmes en Détresse ein Haus, das mit einem Frauenhaus vergleichbar sei. Zudem führe die Regierung selbst zwei Frauenhäuser. Eine Unterschreitung des wirtschaftlichen Existenzminimums sei nicht zu befürchten. Insbesondere erscheine es der Antragstellerin zumutbar, den Lebensunterhalt durch einfache, gegebenenfalls befristete Tätigkeiten für sich und ihr Kind zu sichern. Falls nötig könne sich die Antragstellerin als ledige Mutter mit einem unehelichen Kind bei einer Rückkehr nach Algerien an eine von einer Frauenrechtsorganisation organisierten Stelle wenden.
3
Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2020, bei Gericht eingegangen am 3. Januar 2020, ließ die Antragstellerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und im vorliegenden Sofortverfahren beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 23. Dezember 2019 (Geschäftszeichen 7457476-221) wird angeordnet.
4
Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen ausführen: In ihrer Person lägen nationale Abschiebungsverbote hinsichtlich Algerien vor. Die Antragstellerin sei aus ihrem Herkunftsland Algerien geflohen, um einem Ehrenmord an ihrer eigenen Person durch ihre Familie zu entgehen. Ihre Familie habe ihr zu Last gelegt, die Familienehre durch außerehelichen Geschlechtsverkehr beschmutzt zu haben. Auch während des Aufenthalts in Spanien sei sie bedroht worden. Sie wäre bei einer Rückkehr nach Algerien einer konkreten Bedrohung durch ihre Familie schutzlos ausgeliefert.
5
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 7. Januar 2020, den Antrag abzulehnen.
6
Des Weiteren teilte die Antragsgegnerin mit, dass im Hinblick auf die höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, ob sich aus dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2018 ergebe, dass die Ausreisefrist noch nicht mit Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides des Bundesamtes zu laufen beginnen dürfe, die im angefochtenen Bescheid verfügte Abschiebungsandrohung wie folgt geändert werde: "Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Ablehnungsantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zu verlassen." Die zuständige Ausländerbehörde sei informiert worden.
7
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 20.30007 sowie im Dublin-Verfahren W 8 K 18.50233 und W 8 S 18.50234) und die beigezogenen Behördenakten (einschließlich der Akte ihres Kindes) Bezug genommen.
II.
8
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des Bescheides Bescheid des Bundesamts vom 23. Dezember 2019 anzuordnen, hat keinen Erfolg. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist bei summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
9
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen (§ 36 Abs. 3 und 4 AsylG). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt es darauf an, ob die Entscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Wiederaufgreifens- und Asylgründe bei der hier gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.
10
Der Asylantrag der Antragstellerin ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG unzulässig, weil er nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führt. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG, insbesondere eine entscheidungsrelevante Veränderung der dem Erstverfahren zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, liegen nicht vor.
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Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insbesondere von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen des Bundesamtes decken sich mit den vorliegenden Erkenntnissen.
12
Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass die Antragstellerin keine neuen Wiederaufgreifensgründe geltend gemacht hat, sondern vielmehr die Gründe vorgebracht, die zu ihrer Ausreise geführt hatten. Selbst wenn man die Geburt ihres Kindes in Deutschland als neuen Umstand ansieht, fehlt es dazu an einem schlüssigen Vortrag, der eine günstige Entscheidung als möglich erscheinen lässt, weil - wie nachfolgend noch ausgeführt wird - jedenfalls eine interne Schutzmöglichkeit in Algerien besteht (§ 3e AsylG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG) und der Antragstellerin auch zusammen mit ihrem Kind zumutbar ist, bei einer Rückkehr nach Algerien ihre Existenz zu sichern. Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid auch schon weiter ausgeführt, dass eine eventuelle Strafverfolgung wegen Ehebruchs keine Asylrelevanz hat (vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 5.11.2018 - W 8 K 18.31898 - juris).
13
Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
14
Das Gericht folgt auch insoweit den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 25.6.2019, Stand: Mai 2019; vgl. ebenso Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 11, Algerien, Marokko, Tunesien, Menschenrechtslage - Im Fokus: Vulnerable Personen, Stand: 6/2019; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 3, Algerien, November 2018; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 12.3.2018).
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Ergänzend ist anzumerken, dass der Antragstellerin bei einer eventuellen Rückkehr nach Algerien keine Verfolgung bzw. ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit seitens ihrer Familie in Algerien droht, weil sie insoweit zum einen gehalten ist, sich an die staatlichen Stellen zu wenden, um um Schutz nachzusuchen, und weil zum anderen für sie insoweit eine zumutbare inländische Flucht- bzw. Aufenthaltsalternative besteht (vgl. § 3e AsylG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG), wenn sie sich in einem anderen Teil des Landes, insbesondere in einer anderen Großstadt Algeriens niederlässt (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 25.6.2019, Stand: Mai 2019, S. 16 f.). Die Antragstellerin muss sich auf interne Schutzmöglichkeiten in ihrem Herkunftsland verweisen lassen. Das Auswärtige Amt sieht selbst für den Fall der Bedrohung durch islamistische Terroristen in den größeren Städten Algeriens ein wirksames (wenngleich nicht vollkommenes) Mittel, um einer Verfolgung zu entgehen. Es ist nicht erkennbar, dass die Verwandten die Antragstellerin ohne weiteres auffinden können sollten, wenn sie ihren ursprünglichen Heimatort meidet und in andere Großstädte geht. Angesichts der Größe Algeriens und der Größe der dortigen Städte, hält es das Gericht nicht für beachtlich wahrscheinlich, dass die Antragstellerin fürchten müsste, von ihren Familienmitgliedern entdeckt und gefährdet zu werden. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Familienmitglieder der Antragstellerin überhaupt mitbekommen müssten, dass sich die Antragstellerin wieder in Algerien aufhält. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass bei gewalttätigen Übergriffen nicht doch die Polizei schutzwillig und schutzfähig wäre, wenn auch ein absoluter Schutz naturgemäß nicht gewährleistet werden kann (vgl. VG Minden, B.v. 30.8.2019 - 10 L 370/19.A - juris; U.v. 28.3.2017 - 10 K 883/16.A - juris; U.v. 22.8.2016 - 10 K 821/16.A - juris; VG Magdeburg, U.v. 6.12.2018 - 8 A 206/18 - juris; BayVGH, B.v. 29.10.2018 - 15 ZB 18.32711 - juris; VG Köln, B.v. 24.8.2016 - 3 L 1612/16.A - juris; SaarlOVG, B.v. 4.2.2016 - 2 A 48/15 - juris; anderer Ansicht: VG Göttingen, U.v. 6.9.2011 - 3 A 163/09 - juris).
16
Das Bundesamt hat konkret auch bei der Frage einer Bedrohung durch die Familienmitglieder wegen Ehrenmordes auf Seiten 5 und 6 des streitgegenständlichen Bescheides zutreffend auf die inländische Fluchtalternative hingewiesen gerade, weil auch alleinstehende Mütter in Großstädten in geringerem Ausmaße von Stigmatisierung betroffen sind und für diese auch bei einer unehelichen Beziehung ein zumutbarer Ausweg innerhalb Algeriens besteht (vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Algerien: Strafbarkeit von vorehelichem Geschlechtsverkehr vom 29.7.2014; vgl. dazu auch schon VG Würzburg, U.v. 5.11.2018 - W 8 K 18.31898 - juris). Das Bundesamt hat des Weiteren darauf hingewiesen, da es in der Hauptstadt Algier ein von der Organisation S.O.S. Femmes en Détresse betriebenes Haus gebe, das mit einem Frauenhaus vergleichbar sei. Die Regierung führe zwei Frauenhäuser und drei weitere sollen in Bau sein. In den zwei staatlichen Frauenhäusern würden jährlich ca. 220 Frauen unterstützt. Zudem gebe es ein von einer Frauenorganisation organisiertes "call center" (vgl. auch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 11, Algerien, Marokko, Tunesien, Menschenrechtslage - Im Fokus: Vulnerable Personen, Stand: 6/2019).
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Das Gericht hat des Weiteren insbesondere keine durchgreifenden Zweifel, dass der Antragstellerin (auch zusammen mit ihrem Kind) im Anschluss an ihrer Rückkehr die Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz möglich sein wird. Der Antragstellerin ist es zuzumuten, sich eine Arbeit zu suchen, bzw. sich an staatliche bzw. private Organisationen und Stellen zu wenden, sodass sie sich jedenfalls ihr Existenzminimum sichern kann. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der wirtschaftlichen und sozialen Lage Algeriens, wie auch das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat. In Algerien ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und auch die medizinische Grundversorgung gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 25.6.2019, Stand: Mai 2019, S. 8 f., 20 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 12.3.2018, S. 24 ff.). Die Antragstellerin ist jung und erwerbsfähig; ihr ist wie in der Vergangenheit zuzumuten, zur Sicherung seines Existenzminimums den notwendigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit sowohl für sich als auch für ihr Kind zu verdienen bzw. gegebenenfalls auf die Unterstützung von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zurückzugreifen. Letztlich ist der Antragstellerin eine (Re-)Integration in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates möglich und zumutbar (im Ergebnis ebenso VG Minden, B.v. 30.8.2019 - 10 L 370/19.A - juris; U.v. 28.3.2017 - 10 K 883/16.A - juris; U.v. 22.8.2016 - 10 K 821/16.A - juris; BVerwG, U.v. 15.4.2019 - 1 C 46/18 - InfAuslR 2019, 309; U.v. 27.3.2018 - 1 A 5/17 - Buchholz 402.242 § 58a AufenthG Nr. 12; VG Stade, U.v. 1.4.2019 - 3 A 32/18 - Milo; VG Magdeburg, U.v. 6.12.2018 - 8 A 206/18 - juris; VG Köln, B.v. 24.8.2016 - 3 L 1612/16.A - juris).
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat auf Seite 6 ff. im streitgegenständlichen Bescheid bzw. auf Seite 8 zutreffend ausgeführt, dass der Antragstellerin eine Existenzsicherung, auch zusammen mit ihrem Kind, etwa durch Gelegenheitsarbeiten möglich sei. Des Weiteren könne sie sich - falls nötig - als ledige Mutter mit einem unehelichen Kind bei einer Rückkehr nach Algerien an ein von einer Frauenorganisation organisierten "call center" wenden bzw. an ein Frauenhaus oder sonstige vergleichbare Häuser (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 11, Algerien, Marokko, Tunesien, Menschenrechtslage - Im Fokus: Vulnerable Personen, Stand: 6/2019).
19
Auch wenn die Lebensverhältnisse misshandelter und alleinerziehender Frauen ohne familiäres Netzwerk in Algerien schwierig sind, ist nach Auffassung des Gerichts eine Existenzsicherung möglich und zumutbar. Jedenfalls ist die Annahme einer extremen Gefährdungslage für eine Mutter mit einem unehelichen Kind nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegeben, zumal es bei einer Rückkehr auch die Möglichkeit finanzieller und anderer Hilfen gibt (so ausdrücklich VG Stade, U.v. 1.4.2019 - 3 A 32/18 - juris).
20
Schließlich ist die mit der Antragserwiderung vom 7. Januar 2020 erfolgte Änderung zum Beginn der Ausreisefrist, wonach die Antragstellerin nunmehr aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zu verlassen, nicht zu beanstanden und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, sondern erfolgt zu ihren Gunsten.
21
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
22
Schließlich war - nach den vorstehenden Ausführungen - der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO). Dies gilt sowohl für das vorliegende Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 20.30007.