Titel:
Kostenersatz für Reparatur des Grundstücksanschlusses an die Wasserversorgungsleitung
Normenketten:
BGB § 677, § 683
BayKAG Art. 9 Abs. 1
Leitsatz:
Wenn eine Gemeinde den Herstellungs- und Unterhaltsaufwand für die im Privatgrund liegenden Teile der Wasserversorgungseinrichtung im Wege des sog. Erstattungsmodells den Anschlussnehmern auferlegt, ist ein Erstattungsanspruch nach den Grundsätzen der GoA ausgeschlossen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wasserversorgungsanlage, Kostenerstattungsanspruch des Anschlussnehmers für Reparatur der Grundstücksanschlussleitung, Erstattungsmodell des Wasserversorgers, Geschäftsführung ohne Auftrag, Kostentragungspflicht des Anschlussnehmers, Ausschluss eines Anspruchs aus GoA, Grundstücksanschlussleitung, Erstattungsanspruch
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32823
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Kläger begehren die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Geldbetrages für von ihnen verauslagte Reparaturkosten an einer Wasserleitung.
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1. Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr., Gemarkung, Gemeinde ... Unter anderem für diese Gemarkung ist der beklagte Zweckverband für die Wasserversorgung zuständig. Im nördlich an das Wohnhaus anschließenden Grundstücksteil liegt eine Hauptwasserleitung des Beklagten, von der ein ca. 63 Meter langer Grundstücksanschluss bis zum Wohngebäude der Kläger verläuft. Aufgrund eines im August 2018 aufgetretenen Schadens am Grundstücksanschluss haben die Kläger von sich aus, ohne die Beteiligung des für die Herstellung und Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse zuständigen Beklagten, erforderliche Reparaturarbeiten an der Grundstücksanschlussleitung in Auftrag gegeben und für diese Arbeiten einen Betrag in Höhe von 3.713,17 EUR an der ausführenden Leitungsbaufirma bezahlt.
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Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 21. August 2019 forderten die Kläger vom Beklagten Aufwendungsersatz in der vorgenannten Höhe nach den Vorschriften über eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). Diese seien im öffentlichen Recht analog anwendbar, die Kläger hätten ein objektiv fremdes Geschäft für den Beklagten geführt.
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Der Beklagte lehnte die Kostenerstattung mit Schreiben vom 27. August 2019 ab und wies im Ergebnis darauf hin, dass die Kläger die verauslagten Kosten satzungsgemäß tragen müssten.
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2. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2019 ließen die Kläger Klage erheben, das Vorbringen aus dem Schreiben vom 21. August 2019 wiederholen und beantragen,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 3.713,17 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte lässt beantragen,
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass den Klägern ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Aufwendungen für die Reparatur des Grundstücksanschlusses nicht zustehe. Gemäß § 9 Abs. 3 der Wasserabgabensatzung (WAS) werde der Grundstücksanschluss vom Beklagten hergestellt und unterhalten. Es handle sich um eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses der Wasserversorgungseinrichtung. Dieses Benutzungsverhältnis sei nach Art. 9 Abs. 1 KAG im Sinne des sog. Erstattungsmodells geregelt. In § 8 BGS/WAS sei deshalb die Verpflichtung des Grundstückseigentümers geregelt, die Kosten der Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse mit Ausnahme des Aufwandes, der auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile des Grundstücksanschlusses entfällt, in der jeweils tatsächlichen Höhe zu erstatten. Dies führe dazu, dass die Kläger die geltend gemachten Aufwendungen ohnehin selbst tragen müssten und deshalb ein Kostenersatzanspruch im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht bestehen könne. Die Kläger müssten die entstandenen Aufwendungen selbst tragen, eine Kostenerstattung sei ausgeschlossen.
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Mit Schriftsätzen ihrer jeweiligen Bevollmächtigten vom 29. Oktober 2020 und vom 30. Oktober 2020 verzichteten die Verfahrensbeteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Nach den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten konnte mit deren Einverständnis nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden.
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Die als allgemeine Leistungsklage zulässig (VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.1766 - juris Rn. 36) erhoben Klage bleibt erfolglos.
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Den Klägern steht der mit der Klage verfolgte Anspruch auf den Ersatz der verauslagten Aufwendungen für die Reparatur ihres Grundstücksanschlusses an die Wasserversorgungseinrichtung nicht zu.
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1. Die vom Bevollmächtigen der Kläger für den geltend gemachten Anspruch herangezogene Regelung der §§ 677 ff. BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) ist zwar grundsätzlich auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung anwendbar, soweit der Geschäftsführer - der auch eine Privatperson, wie vorliegend die Kläger, sein kann - ein zum öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis des Geschäftsherrn gehörendes Geschäft führt (Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl. 2020, Einf. v. § 677 Rn. 13; VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.1766 - juris Rn. 44). Dies ist vorliegend zu bejahen, da die nach § 9 Abs. 1 i.V.m. § 3 der Wasserabgabensatzung (WAS) im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstücksanschlüsse vom Beklagten hergestellt und unterhalten werden müssen (§ 9 Abs. 3 WAS). Soweit die Kläger diesen Grundstücksanschluss reparieren lassen, führen sie somit objektiv ein fremdes Geschäft für den Beklagten (vgl. VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.1766 - juris Rn. 46).
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Allerdings scheidet die Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen auf der Grundlage des § 677 i.Vm. § 683 BGB aus, weil die Besorgung des Geschäfts für den Beklagten unberechtigt war. Durch eine Anwendung der Regelungen der GoA würde vorliegend nämlich die durch die Regelungen der WAS getroffene Kostenlastverteilung zwischen den Kläger als Anschlussnehmer der Wasserversorgungseinrichtung und dem Beklagten als Betreiber der Wasserversorgungsanlage unterlaufen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 677 Rn. 7a).
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Nach § 8 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung (BGS/WAS) hat vorliegend der Beklagte - in Ausübung der ihm in Art. 9 Abs. 1 KAG eingeräumten Möglichkeit - den Herstellungs- und Unterhaltsaufwand für die im Privatgrund liegenden Teile der Wasserversorgungseinrichtung im Wege des sog. Erstattungsmodells den Anschlussnehmern auferlegt. Damit tragen die Kläger die Reparaturkosten in der angefallenen Höhe für die Reparatur des auf ihrem Grundstück liegenden Teils der Wasserversorgungsleitung selbst. Die Kläger haben jedoch die Reparatur ohne Benachrichtigung des Beklagten (vgl. zur diesbezüglichen Verpflichtung der Kläger die Regelung in § 9 Abs. 5 WAS) selbst in Auftrag gegeben. Mit dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch würde somit die Kostenlastverteilung des § 8 Abs. 1 BGS/WAS unterlaufen, ein Erstattungsanspruch nach den Grundsätzen der GoA ist deshalb ausgeschlossen, die Klage damit abzuweisen (ebenso VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.1766 - juris Rn. 47 ff.).
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2. Die Kläger tragen somit nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.