Inhalt

LSG München, Urteil v. 24.09.2020 – L 17 U 370/17
Titel:

Nicht geringfügige Unterbrechung, Zurücklegen des Betriebsweges

Normenkette:
SGB VII § 8
Leitsätze:
Wer sein Fahrzeug auf einem Betriebsweg bei Rotlicht an der Ampel verlässt, um einen anderen Fahrer eines Kfz wegen dessen vorangegangenen verkehrswidrigen Fahrverhaltens zur Rede zu stellen, und bei der nachfolgenden verbalen Auseinandersetzung Opfer einer Messerattacke wird, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bereits das Verlassen des Fahrzeugs zu diesem Zweck dient nach seiner objektiven Handlungstendenz nicht dem weiteren Zurücklegen des Betriebsweges, sondern eigenwirtschaftlichen Zwecken. Erst recht gilt dies für das "Zur-Rede-Stellen" des anderen Fahrers wegen vorangegangener Beleidigung. Die Unterbrechung ist auch nicht geringfügig, während der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 SGB VII fortbesteht.
Es ist nicht betriebsdienlich, andere Verkehrsteilnehmer wegen ihres Verhaltens im Straßenverkehr zurechtzuweisen oder zu belehren. Daher ist der gesamte Vorgang ab dem Aussteigen aus dem Fahrzeug an der Ampel dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nicht geringfügige Unterbrechung, Objektive Handlungstendenz, Verkehrswidriges Verhalten, Zur Rede stellen, Zurücklegen des Betriebsweges
Vorinstanz:
SG Würzburg, Urteil vom 24.10.2017 – S 5 U 100/17
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32541

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24.10.2017 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 27.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2017 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Ereignisses vom 29.07.2016 als Arbeitsunfall streitig.
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Der 1961 geborene Kläger ist als selbstständiger Transportunternehmer bei der Beklagten versichert.
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Am 29.07.2016 fuhr der Kläger mit seinem Sprinter Citroën mit Gespann auf dem R. in A-Stadt in Fahrtrichtung B.. Er befand sich auf dem Weg zu einem Kunden, um an diesen Getränke aus seinem Getränkemarkt auszuliefern. Zwischen der Abzweigung K-Straße und M-Straße wechselte ein anderer Verkehrsteilnehmer, Herr Y. I. (I), mit seinem VW Golf mehrfach die Spur der beiden Fahrstreifen, ohne auf den nachfolgenden Verkehr - insbesondere den Kläger - zu achten. Bei dem Versuch, von der linken auf die rechte Fahrspur zu wechseln, kam es beinahe zu einem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers. Kurz darauf mussten beide Fahrzeuge wegen Rotlichts an der Lichtzeichenanlage an der Einmündung zur M-Straße anhalten.
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Nach den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige vom 04.08.2016 und bei seiner Zeugenvernehmung bei der Dienststelle PI A-Stadt am 04.08.2016 stieg er dann aus seinem Fahrzeug aus und begab sich zur Beifahrertür des seitlich links vor ihm stehenden VW Golf, um I wegen seiner Fahrweise zur Rede zu stellen. Er habe I gefragt, ob dieser „noch ganz sauber“ sei. Nachdem I mit einer abwinkenden Handbewegung reagiert habe, habe der Kläger geäußert, dass „dies für ihn zu primitiv“ sei und sei wieder zurück zu seinem Fahrzeug gegangen. Beim Einsteigen habe er gesehen, wie I schon ausgestiegen gewesen sei, an seiner Fahrertüre stehen geblieben sei und ihm entgegen geschrien habe „Ich ficke Deine Frau“. Daraufhin habe er zu ihm geäußert „Du kleiner alter Mann NICHT!“. Hierbei sei er auf I zugegangen. Dieser sei unterdessen schon wieder in sein Fahrzeug gestiegen, allerdings sei die Fahrertüre noch offen gestanden. Als er neben ihm gestanden habe (wortlos), habe dieser plötzlich ein Messer gezogen und mit ausgestrecktem rechten Arm geradeaus auf seinen Bauch gestochen. Dabei habe I geschrien „Ich stech Dich ab Du Sau“. Aufgrund seiner früheren Grundkenntnisse in Selbstverteidigung habe er mit seiner linken Hand das Messer zur Seite gewischt und eine schlimmere Verletzung vermeiden können.
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Hierbei erlitt der Kläger jedoch eine Schnittverletzung am linken Handgelenk. Weiterhin wurde der Musculus extensor digiti minimi, der Musculus extensor carpi ulnaris sowie der Ramus dorsalis nervi ulnaris links durchtrennt. Deshalb wurde der Kläger stationär vom 29.07.2016 bis 30.07.2016 in der Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums A-Stadt behandelt, wobei am 29.07.2016 eine operative Versorgung mittels Strecksehnennaht und Nervennaht erfolgte. Laut Mitteilung des Durchgangsarztes vom 20.10.2016 wurde sodann Arbeitsfähigkeit des Klägers ab 17.10.2016 festgestellt.
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Nach Erhalt der Unfallanzeige des Klägers vom 04.08.2016 leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren ein und zog den Entlassungsbericht des Universitätsklinikums A-Stadt vom 01.08.2016, die Mitteilung des Durchgangsarztes vom 20.10.2016 und die Akte der Staatsanwaltschaft A-Stadt bezüglich des gegen I eingeleiteten Strafverfahrens (801 Js 18055/16) bei.
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Mit Bescheid vom 27.12.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 29.07.2016 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Der Kläger habe sich zum Unfallzeitpunkt nicht mehr bei einer versicherten Tätigkeit befunden. Ein innerer, sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Ereignisses könne nicht festgestellt werden. Die objektivierbare Handlungstendenz sei davon geprägt gewesen, den anderen Verkehrsteilnehmer infolge seiner vorausgegangenen Fahrweise zur Rede zu stellen. Die Verrichtung zur Zeit des Ereignisses sei daher rechtlich wesentlich dem unversicherten privaten Lebensbereich zuzurechnen.
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Seinen hiergegen am 27.01.2017 eingelegten Widerspruch ließ der Kläger insbesondere damit begründen, dass die Verrichtung zur Zeit des Ereignisses nicht rechtlich wesentlich dem unversicherten privaten Lebensbereich zuzurechnen sei. Die im Rahmen des Transportgewerbes erfolgte Teilnahme am Straßenverkehr sei Auslöser für den Angriff gewesen. Der Angriff sei unmittelbar nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug erfolgt, mithin unmittelbar infolge der Verrichtung der versicherten Tätigkeit des Klägers. Nach der Rechtsprechung komme es entscheidend auf die Beweggründe des Angreifers an (BSG, Urteil vom 30.06.1998 - B 2 U 27/97 R). Beweggründe, die seinem privaten Bereich zuzuordnen wären, lägen nicht vor.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zunächst habe der Kläger - soweit er sich mit seinem Fahrzeug auf einer Transportfahrt befunden habe - grundsätzlich eine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) verrichtet. Jedoch habe der Kläger diese versicherte Tätigkeit unterbrochen, als er an einer Ampel angehalten habe, sich aus seinem Fahrzeug begeben habe und I habe zur Rede stellen wollen. Unerheblich sei insoweit, dass der Kläger den öffentlichen Verkehrsraum nicht verlassen habe und sich räumlich immer noch auf der eigentlich aufgrund der Betriebsfahrt zu nutzenden Straße befunden habe. Eine Unterbrechung des versicherten Weges trete nämlich auch schon dann ein, wenn deutlich werde, dass das Verhalten des Versicherten nicht mehr durch den Willen zur Fortsetzung des Weges zum Zwecke der Ausübung einer betrieblichen Fahrt, sondern durch eine andere Handlungstendenz gekennzeichnet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stehe es dem Versicherten nur so lange frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wie die Fortbewegung nach seiner objektiven Handlungstendenz der Zurücklegung des versicherten Weges zu dienen bestimmt sei (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R). Im Fall des Klägers sei die Handlungstendenz aber nach seinen eigenen Angaben davon geprägt gewesen, den anderen Verkehrsteilnehmer zunächst aufgrund dessen Fahrweise und im weiteren Verlauf aufgrund dessen ausgesprochener Beleidigungen zur Rede zu stellen. Soweit sich der Kläger insbesondere aufgrund der Beleidigungen durch I noch ein zweites Mal zu dessen Fahrzeug begeben habe (hierbei sei es dann zu der Messerattacke gekommen), habe dieses Vorgehen nichts mehr mit der eigentlich versicherten Tätigkeit als selbstständiger Transportunternehmer zu tun und sei ausschließlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen.
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Rein vorsorglich werde angemerkt, dass es sich hierbei auch nicht um eine lediglich geringfügige Unterbrechung, während der der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 SGB VII fortbestehe, gehandelt habe. Im vorliegenden Fall sei die Maßregelung des Klägers bzw. die Reaktion des Klägers auf die ausgesprochene Beleidigung keineswegs nur „nebenbei“ erfolgt. Vielmehr sei der Kläger zweimal aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und habe sich zu dem Fahrzeug des I begeben. Somit habe eine deutliche zeitliche und örtliche Zäsur der betrieblichen Tätigkeit des Klägers stattgefunden (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 29.09.2009 - L 15 U 298/08).
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Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 19.04.2017 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und nunmehr das Unfallgeschehen so geschildert, dass I - als der Kläger diesen wegen seines Fehlverhaltens im Straßenverkehr zur Rede gestellt habe - ein Messer gezogen und in seine Richtung gestochen habe. Zur Klagebegründung hat er über das bisherige Vorbringen hinaus insbesondere vorgetragen, dass die versicherte Tätigkeit nicht dadurch unterbrochen worden sei, dass der Kläger sein Fahrzeug verlassen habe, um I zur Rede zu stellen. Dies habe er gerade mit dem Ziel getan, die weitere Zurücklegung des versicherten Weges ohne eine weitere Gefährdung durch I zu erreichen. Selbst wenn man das als Unterbrechung des Arbeitsweges ansehe, handele es sich vorliegend in jedem Fall um eine lediglich geringfügige Unterbrechung, während der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 SGB VII fortbestehe. Dass das Anhalten an einer rot zeigenden Lichtzeichenanlage keine Unterbrechung des versicherten Weges darstelle, dürfte unstreitig sein. In genau dieser Situation sei hier der streitgegenständliche Angriff erfolgt. Der Kläger habe die Zeit genutzt, in der er sein Fahrzeug nicht habe weiter fortbewegen dürfen, um I auf seine unangemessene Fahrweise hinzuweisen, mit dem Ziel, dahingehend auf I einzuwirken, dass dieser den weiteren Weg, den auch er habe befahren wollen, mit Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer - insbesondere ihn - zurücklege. Wäre es nicht zu dem streitgegenständlichen Angriff gekommen, wäre der Kläger zum Zeitpunkt des Wechsels der Lichtzeichenanlage wieder in seinem Fahrzeug gesessen, um seinen Weg fortzusetzen. Somit liege keine oder zumindest keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Ziels vor. Das „Zur-Rede-Stellen“ des I habe vom Kläger vielmehr „ganz nebenher“ erledigt werden können.
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Der innere, sachliche Zusammenhang sei von vornherein grundsätzlich gegeben, wenn Wege im Rahmen der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden und diese den Versicherten an die Stelle geführt haben, wo im fraglichen Zeitpunkt eine zur Gewalttat entschlossene Person seiner habhaft geworden sei. Unzweifelhaft habe vorliegend die versicherte Tätigkeit ihn an den Ort geführt, an dem der Angreifer seiner habhaft geworden sei.
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Mit Urteil vom 24.10.2017 hat das SG unter Abänderung des Bescheides vom 27.12.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2017 festgestellt, dass der Unfall vom 29.07.2016 ein Arbeitsunfall gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei die objektivierte Handlungstendenz des Klägers bei seiner Fahrt darauf gerichtet gewesen, im Rahmen seines selbstständigen Transportunternehmens Getränke, Kühlschränke und Garnituren auszuliefern. Der Kläger habe allerdings mit dem Anhalten und Aussteigen aus seinem Kfz den Betriebsweg unterbrochen. Die Beklagte habe in diesem Zusammenhang im Widerspruchsbescheid zu Recht ausgeführt, dass diese Unterbrechung keine geringfügige Unterbrechung dargestellt habe, während der der Versicherungsschutz fortbestehen könne. Dies sei nicht der Fall, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Versicherte sein Kfz stoppe und dieses verlasse, um eine bestimmte Verrichtung durchzuführen. Nach der ständigen Rechtsprechung komme es bei tätlichen Auseinandersetzungen, Überfällen, Raufhändeln - wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung - darauf an, ob zwischen dem schädigenden Ereignis und der versicherten Tätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Der Versicherungsschutz sei in solchen Fällen sowohl gegeben, wenn eine Auseinandersetzung auf dem Betriebsweg oder auf dem Weg vom/zum Ort der Tätigkeit aus der Betriebstätigkeit unmittelbar hervorgegangen sei, als auch, wenn sie aus der Zurücklegung des Weges erwachsen sei (BSG, Urteil vom 04.11.1981 - 2 RU 51/80 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 30.10.1962 - 2 RU 211/62 = BSGE 18, 106, 109). Die betrieblichen Vorgänge müssten also wesentlich für die Auseinandersetzung sein (so auch BSG, Urteil vom 27.03.1990 - 2 RU 36/89 unter Hinweis auf BSG vom 30.10.1962 - 2 RU 211/62; BSG, Urteil vom 04.11.1981, a.a.O.).
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Im vorliegenden Fall habe sich die Auseinandersetzung, die schließlich zu der Verletzung des Klägers auf seinem Betriebsweg geführt habe, an der Behinderung und Gefährdung durch das rücksichtslose Verhalten des Täters entzündet, der mit seinem Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gewechselt sei, ohne jedoch den nachfolgenden Verkehr zu beachten, sodass es fast zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers gekommen sei. Zwar möge es sinnvoller sein, ein entsprechendes gefährdendes Fahrverhalten einfach hinzunehmen und darauf nicht besonders zu reagieren, jedoch könne ein Versicherungsschutz hierbei nicht deshalb verneint werden, weil der Kläger das ihn gefährdende Fahrverhalten nicht einfach hinnehme. Für die versicherungsrechtliche Beurteilung komme es vielmehr darauf an, ob die Streitigkeit ihren unmittelbaren Ursprung in den mit der Zurücklegung des Weges zusammenhängenden Umständen gehabt und behalten habe. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben.
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Abgesehen davon, dass nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei, dass der Kläger sich nach dem „Zur-Rede-Stellen“ des Täters wegen dessen Fahrverhaltens zurück zu seinem Fahrzeug begeben habe und dann aufgrund von Beleidigungen erneut auf das Fahrzeug des Täters zugegangen sei, nachdem die Zeugenaussage des Polizeioberkommissars (POK) T. (T) ein derartiges zweiaktiges Verhalten des Klägers nicht bestätigt habe, sondern dieser vielmehr angegeben habe, dass der Kläger nach dem Wortwechsel mit dem Täter diesen sogleich zu seinem Fahrzeug hin verfolgt habe, wäre auch bei einer derartigen von der Beklagten aufgrund der Angaben des Klägers zugrunde gelegten Zweiteilung keine den Versicherungsschutz im Unfallzeitpunkt ausschließende Zäsur gegeben. Nach den Umständen des vorliegenden Falles sei vielmehr die gesamte Auseinandersetzung, die sich aus der Verkehrsgefährdung durch den Täter entwickelt habe, als Ganzes zu sehen und der versicherungsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (so auch im dem Urteil des BSG vom 04.11.1981, a. a. O., zugrundeliegenden ähnlich gelagerten Sachverhalt, wobei das BSG in diesem Zusammenhang auf das Urteil des BSG vom 30.10.1962, a.a.O., hinweise). Ihren unmittelbaren Ursprung habe die Schädigung des Klägers durch das anfängliche Fahrverhalten des Täters gehabt, durch welches der Kläger bei der Zurücklegung eines Betriebsweges gefährdet worden sei. Eine Zäsur im Geschehensablauf zu sehen, sei nicht gerechtfertigt, vielmehr sei unter den gegebenen Umständen der Wortstreit und die Tätlichkeit als Ganzes zu sehen. Die Schädigung sei daher wesentlich darauf zurückzuführen, dass der Kläger auf dem Betriebsweg der Gefahr ausgesetzt worden sei, nicht aus persönlichen, dem unversicherten privaten Bereich zuzurechnenden Gründen, sondern aus mit der Durchführung des Betriebsweges zusammenhängenden Gründen durch einen gewalttätig reagierenden Verkehrsteilnehmer verletzt zu werden (so auch BSG, Urteil vom 04.11.1081, a.a.O.).
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Wie im vom BSG mit Urteil vom 04.11.1981 (a.a.O.) entschiedenen Sachverhalt handele es sich auch vorliegend nicht um einen Fall, in dem der Zusammenhang einer Schädigung mit der Zurücklegung des Weges an Bedeutung verliere, wenn eine Tätlichkeit aus Gründen durchgeführt worden sei, die ausschließlich in der Person des Überfallenen lägen und deshalb wesentlich nur auf betriebsfremde Beziehungen zwischen den Beteiligten zurückzuführen seien. In dem vom BSG im Urteil vom 04.11.1981 (a.a.O.) zitierten Urteil des BSG vom 31.03.1965 (2 RU 7/63) habe der Sachverhalt so gelegen, dass der Geschädigte sowohl durch seine Fahrweise eine Streitigkeit ausgelöst als auch durch sein anschließendes Verhalten gezeigt habe, dass die zwischen den Streitenden entstandenen privaten Beziehungen maßgebend für die Verletzung geworden seien. Auch dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu, da die Tätlichkeit des Täters jedenfalls nicht ausschließlich auf Beweggründen, die in der Person des Klägers lägen, beruhe, zumal nicht der Kläger, sondern der Täter durch seine Fahrweise die Streitigkeit ausgelöst habe.
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Der Sachverhalt des vorliegenden Falles sei nicht vergleichbar mit den in den Urteilen des BSG vom 27.03.1990 (a.a.O.) und 17.02.2009 (a.a.O.) entschiedenen Sachverhalten. Dort sei jeweils kein Betriebsweg, sondern ein Weg von bzw. zur Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB VII zurückgelegt worden, es habe jeweils kein täglicher Angriff vorgelegen und die Handlungstendenz des Versicherten sei auf die Sicherung von Schadensersatzansprüchen bzw. die Durchführung von Schadensregulierungsgesprächen bezogen gewesen.
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Gegen das Urteil des SG hat die Beklagte am 04.12.2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und über das bisherige Vorbringen hinaus insbesondere vorgetragen, dass der Kläger zunächst - soweit er sich mit seinem Fahrzeug auf einer Transportfahrt befunden habe - grundsätzlich eine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII verrichtet habe. Jedoch habe er diese versicherte Tätigkeit unterbrochen, als er an einer Ampel angehalten und sein Fahrzeug verlassen habe, um den beteiligten Pkw-Fahrer zur Rede zu stellen. Unerheblich sei insoweit, dass hierbei der öffentliche Verkehrsraum nicht verlassen worden sei und der Kläger sich damit rein räumlich immer noch auf der eigentlich aufgrund der Betriebsfahrt zu nutzenden Straße befunden habe.
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Eine Unterbrechung des versicherten Weges trete nämlich auch schon dann ein, wenn deutlich werde, dass das Verhalten eines Versicherten nicht mehr durch den Willen zur Fortsetzung des Weges zum Zwecke der Ausübung einer betrieblichen Fahrt gekennzeichnet sei, sondern durch eine anderweitige Handlungstendenz. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe es dem Versicherten nur so lange frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, soweit die Fortbewegung nach ihrer objektiven Handlungstendenz der Zurücklegung des versicherten Weges zu dienen bestimmt sei (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R). Im vorliegenden Fall sei die Handlungstendenz des Klägers aber nach seinen eigenen Angaben davon geprägt gewesen, den anderen Verkehrsteilnehmer zunächst aufgrund dessen Fahrweise und im weiteren Verlauf aufgrund dessen ausgesprochener Beleidigungen zur Rede zu stellen. Soweit sich der Kläger insbesondere aufgrund der Beleidigungen des I noch ein zweites Mal von seinem Fahrzeug entfernt habe (erst hierbei sei es zur strittigen Verletzung gekommen), stehe dieses Vorgehen in keiner Weise mit der eigentlich unter Versicherungsschutz stehenden Tätigkeit des Klägers als Berufskraftfahrer in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang, sondern sei ausschließlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Klägers zuzurechnen.
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Hinsichtlich der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei Auseinandersetzungen im öffentlichen Straßenverkehr weise die Beklagte auf folgende einschlägige Urteile des BSG vom 27.03.1990 (2 RU 36/89) und 17.02.2009 (B 2 U 26/07 R) sowie auf die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2000 (L 15 U 152/99) und 29.09.2009 (L 15 U 298/08), des Landessozialgerichts Berlin vom 15.01.1998 (L 3 U 117/96) und des LSG vom 18.12.2007 (L 17 U 54/07) besonders hin. In diesen Urteilen sei übereinstimmend dargelegt worden, dass ein Unfallversicherungsschutz dann nicht mehr vorliege, wenn der Versicherte nicht mehr die grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehende Fahrt fortsetze, sondern die Fahrt unterbreche, um mit einem anderen Verkehrsteilnehmer eine Unfallregulierung vorzunehmen bzw. andere Verkehrsteilnehmer hinsichtlich deren Verhaltens im Straßenverkehr zurechtzuweisen. Dabei sei anzumerken, dass das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2000 hinsichtlich eines unter Versicherungsschutz stehenden Betriebsweges ergangen sei, also wie in diesem Fall, und nicht nur einen Weg zur betrieblichen Tätigkeit bzw. nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit betreffe. Die anderslautende rechtliche Würdigung im angefochtenen Urteil des SG sei dagegen nicht überzeugend, zumal die dort zitierten älteren Urteile des BSG für die Beurteilung des hier strittigen Geschehens nicht hilfreich erschienen. Das Urteil des BSG vom 30.10.1962 habe einen Fall betroffen, in dem ein grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehender Beschäftigter als Fahrgast in einem öffentlichen Bus eine Auseinandersetzung mit dem Busfahrer gehabt habe und von diesem dann auch verletzt worden sei. Der Versicherte habe jedoch in dem dortigen Fall - anders als hier - beim Aufenthalt im Bus seine versicherte Tätigkeit, den Heimweg von der betrieblichen Tätigkeit, nicht unterbrochen, sondern bis zur körperlichen Auseinandersetzung mit dem Busfahrer fortgesetzt. Auch das weitere Urteil des BSG vom 04.11.1981 habe einen Fall betroffen, bei dem der Versicherte zum Zeitpunkt der maßgeblichen körperlichen Auseinandersetzung seinen unter Versicherungsschutz stehenden Heimweg von der betrieblichen Tätigkeit fortgesetzt habe. In dem dort strittigen Fall hätten der Kläger und ein anderer Verkehrsteilnehmer während der Heimfahrt des Klägers eine verbale Auseinandersetzung gehabt, die aber zunächst beendet worden sei. Erst nach Fortsetzung des Weges sei dann der Kläger von dem Beteiligten mit dessen Fahrzeug verletzt worden. Folglich seien diese beiden Urteile nicht auf den hier strittigen Sachverhalt zu übertragen.
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Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass es sich bei der verbalen und körperlichen Auseinandersetzung auch nicht um eine nur geringfügige Unterbrechung, während der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 SGB VII fortbestehe, gehandelt habe. Im vorliegenden Fall sei die Maßregelung durch den Kläger bzw. seine Reaktion auf die ausgesprochene Beleidigung des Beteiligten keineswegs nur „nebenbei“ erfolgt. Vielmehr sei der Kläger zweimal von seinem Betriebsfahrzeug weggegangen und habe sich zum Fahrzeug des beteiligten Verkehrsteilnehmers begeben. Somit habe eine deutliche zeitliche und örtliche Zäsur spätestens beim zweiten Hinwenden zum beteiligten Verkehrsteilnehmer stattgefunden. Nach Einsichtnahme in die Akten der Staatsanwaltschaft gehe die Beklagte weiterhin davon aus, dass die unter Unfallversicherungsschutz stehende berufliche Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer bereits bei Verlassen seines Fahrzeugs, um I zurechtzuweisen, unterbrochen gewesen sei, der Kläger spätestens bei Eintritt der hier maßgeblichen Körperverletzung nicht mehr unter Unfallversicherungsschutz gestanden und damit auch einen Arbeitsunfall am 29.07.2016 nicht erlitten habe.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 27.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2017 abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24.10.2017 zurückzuweisen.
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Zur Berufungserwiderung trägt der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus insbesondere vor, dass die vom SG vorgenommene, im Gesetz verankerte und in der Rechtsprechung anerkannte Differenzierung zwischen Betriebswegen und Wegen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sich durch den Umstand rechtfertige, dass der Sachzusammenhang zwischen den jeweiligen Wegen und der versicherten Tätigkeit unterschiedlich eng ausfalle. Während der Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII der versicherten Tätigkeit lediglich vor- oder nachgelagert sei (Wege des Arbeitnehmers zu seinem Arbeitsplatz), sei der Betriebsweg zur Ausführung der versicherten Tätigkeit unentbehrlich (Wege des Bauleiters vom Büro zur Baustelle). Wiederum anders verhalte es sich beim Kläger. Der streitgegenständliche Weg sei die versicherte Tätigkeit selbst, da der Kläger als selbstständiger Transportunternehmer tätig sei. Der Kläger habe sich somit an seinem Arbeitsplatz befunden, sodass die Situation vielmehr mit den vom BSG behandelten Fällen einer Streitigkeit am Arbeitsplatz zu vergleichen sei (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.1961 - 2 RU 251/58 = BSGE 13, 290, 291 = SozR Nr. 34 zu § 542 RVO a. F.; 30.10.1962 - 2 RU 211/62 = BSGE 18, 106, 108 = SozR Nr. 39 zu § 543 RVO a.F.; Urteil vom 19.06.1975 - 8 RU 70/74, ZfS 1975, 290). Danach komme es ausschließlich darauf an, ob die Streitigkeit aus Gründen entstanden sei, die mit der Arbeit zusammenhingen. Dabei sei nicht maßgeblich, ob der Versicherte den Streit begonnen oder sich auf ihn eingelassen habe (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 8 Anm. 7.43). Dies sei vorliegend unschwer zu bejahen, da die Streitigkeit aus den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten über eine verkehrsgerechte Fahrweise resultiert habe. Das Fahren jedoch gestalte sich als originär versicherte Tätigkeit des Klägers.
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Selbst wenn man jedoch vom Vorliegen eines Betriebsweges ausgehen wolle, gelange man hinsichtlich der Qualifizierung des Unfalles als Arbeitsunfall zu keiner anderen Einschätzung. Fraglich sei zwar, ob die Entscheidungsgründe insoweit zuträfen, als von einer wesentlichen Unterbrechung des Betriebsweges ausgegangen werde. Dies gelte umso mehr, weil entgegen der Darstellung der Beklagten ein zweiaktiges Geschehen, bei dem sich der Kläger nach dem „Zur-Rede-Stellen“ des Täters wegen dessen Fahrverhaltens zurück zu seinem Fahrzeug begeben habe und dann aufgrund von Beleidigungen erneut auf das Fahrzeug des Täters zugegangen sei, nicht habe festgestellt werden können. Selbst wenn jedoch von einer wesentlichen Unterbrechung des vermeintlichen Betriebsweges auszugehen wäre, überzeugten die Ausführungen des SG. Insbesondere sei der vorliegende Fall mit der Entscheidung des BSG vom 04.11.1981 (2 RU 51/80) zu vergleichen. Danach „mag es sinnvoller sein, ein entsprechendes gefährdendes Fahrverhalten einfach hinzunehmen und darauf nicht besonders zu reagieren, jedoch kann ein Versicherungsschutz hierbei nicht deshalb verneint werden, weil der Kläger das ihn gefährdende Fahrverhalten nicht einfach hinnimmt. Für die versicherungsrechtliche Beurteilung kommt es vielmehr darauf an, ob die Streitigkeit ihren unmittelbaren Ursprung in den mit der Zurückdrängung des Weges zusammenhängenden Umständen gehabt und behalten hat.“ Hiervon sei im vorliegenden Sachverhalt auszugehen, da sich die Streitigkeit allein auf das vorangegangene Fahrverhalten des Täters bezogen habe, hierüber auch nicht hinausgegangen und die Auseinandersetzung aus der Zurücklegung des Betriebsweges erwachsen sei, womit betriebliche Vorgänge für die Auseinandersetzung wesentlich gewesen seien.
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Unabhängig davon, ob man die Fahrt als die berufliche Tätigkeit an sich ansehe oder als Betriebsweg, habe es sich bei der streitgegenständlichen Auseinandersetzung um eine solche gehandelt, die ihren unmittelbaren Ursprung in dem Zurücklegen des Weges habe, da sich die Auseinandersetzung auf das vorangegangene Fahrverhalten des I bezogen habe. Damit sei sie dem versicherungsrechtlich geschützten Zurücklegen des Weges zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.1962 - 2 RU 211/62). Diese Auseinandersetzung sei auch nicht dadurch in zwei voneinander unabhängige Akte zu trennen, weil der Kläger sich zwischenzeitlich in Richtung seines Autos zurückbewegt habe. In dieser Situation sei nämlich I seinerseits auf den Kläger bzw. dessen Fahrzeug zugekommen (vgl. Urteil des Landgerichts A-Stadt, Seite 5, letzter Absatz). Danach sei I wieder zu seinem Fahrzeug zurückgekehrt, der Kläger sei erneut zum Fahrzeug des Beteiligten gegangen. Aus objektiver Sicht stelle sich dieses Geschehen als eine einheitliche Auseinandersetzung dar, die ihren unmittelbaren Ursprung in der versicherten Tätigkeit habe.
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Darüber hinaus sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ein Überfall bei einer versicherten Tätigkeit nur dann ausnahmsweise nicht als Arbeitsunfall anzusehen, wenn der Überfall in keiner sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehe, sondern z. B. aufgrund einer persönlichen Feindschaft erfolgt sei und keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse den Überfall wesentlich begünstigt hätten (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R). So liege es hier aber gerade nicht. Ursprung der Auseinandersetzung, die schließlich zum Überfall durch I geführt habe, sei, wie bereits dargelegt und auch vom Landgericht A-Stadt so festgestellt (vgl. Urteil des Landgerichts A-Stadt, Seite 5, drittletzter Absatz), das vorangegangene Fahrverhalten des I gewesen, sodass der Überfall in einer sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Klägers stehe.
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In der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.06.2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
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Der Senat hat die Akte der Beklagten, die Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt (801 Js 18055/16) und die Akte des SG (S 5 U 100/17) zum Verfahren beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß §§ § 143,144,151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 27.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2017 (§ 95 SGG) festgestellt, dass der Unfall vom 29.07.2016 ein Arbeitsunfall war. Die vom Kläger angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger stand im Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei dem Ereignis vom 29.07.2016 handelt es sich nämlich nicht um einen Arbeitsunfall.
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Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalles im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII, nämlich eines zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses, das zu einem Gesundheits(erst) schaden oder zum Tod führt, ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheits(erst) schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 04.12.2014 - B 2 U 13/13 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 31; Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 43; Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R = 4-2700 § 8 Nr. 42; Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R = BSGE 107,197 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 17 Rn. 10; Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 Rn. 10 m.w.N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(erst) schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R = BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30707 R = BSGE 103, 45).
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Der Kläger war als selbstständiger Transportunternehmer bei der Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII freiwillig versichert und gehört daher zum versicherten Personenkreis. Bei der Transportfahrt befand sich der Kläger zunächst auch auf einem nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII versicherten Betriebsweg.
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Vorliegend kommt es für die Erstreckung des Versicherungsschutzes nicht auf das Zurücklegen eines Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII an, da der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt (Messerattacke) nicht auf einem Weg zur oder von der Arbeit befand, sondern er nahm im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Transportunternehmer einen geschäftlichen Termin (Fahrt auf dem R., A-Stadt, in Richtung B. mit einem Sprinter Citroën mit Gespann zur Auslieferung von Getränken an Kunden) wahr. Auch ein solcher Weg steht als sogenannter Betriebsweg unter Versicherungsschutz. Denn jede Verrichtung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, die aufgrund ihrer Handlungstendenz der Ausübung der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII: Unfall „infolge“ einer versicherten Tätigkeit), ist der versicherten Tätigkeit zuzurechnen - ohne Bindung an die Arbeitsstätte und die Arbeitszeit (BSG, Urteil vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 21). Andererseits sind nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte versichert, weil es außer in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII) keinen Betriebsbann gibt. Dementsprechend stehen auch nicht alle Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nur solche Wege, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist (BSG, a.a.O.).
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Dabei können für die Frage des Versicherungsschutzes auf Betriebswegen im öffentlichen Verkehrsraum die von der Rechtsprechung für die Wege nach und von der Tätigkeit entwickelten Grundsätze übertragen werden (so im Ergebnis bereits BSG, Urteil vom 29.02.1972 - 2 RU 27/68 in SozR Nr. 31 zu § 548 RVO). Maßgebend ist danach zunächst, ob der Weg wesentlich zu betrieblichen Zwecken zurückgelegt wird (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R, juris Rn. 14 m.w.N.). Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden. Fehlt es an einem solchen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit, ist das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurücklegt, die er für einen Betriebsweg benutzen könnte oder gar gewöhnlich benutzt (BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 23/03 R, juris Rn. 13 m.w.N.).
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Allerdings muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses im sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges, d. h. hier des Betriebsweges, stehen. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten Tätigkeit gehört (BSGE 58, 76, 77; BSG, Urteil vom 27.03.1990 - 2 RU 36/89, juris Rn. 14). Daraus folgt, dass während Unterbrechungen kein Versicherungsschutz besteht, wenn sie wesentlich allein dem privaten Bereich zuzurechnen sind, sogenannten eigenwirtschaftlichen Zwecken dienen (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R, juris Rn. 14; Urteil vom 27.03.1990, a.a.O., und Urteil vom 31.07.1985 - 2 RU 63/84 = USK 85252). Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, zur versicherten Tätigkeit oder zur Privatsphäre gehört, beurteilt sich nach dem objektivierten Zweck des Handelns (BSG, Urteil vom 17.02.2009, a.a.O., juris Rn. 17).
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Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls (Messerattacke) das Zurücklegen des Betriebsweges bereits aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen und nicht wiederaufgenommen hatte (1.) und die Unterbrechung auch nicht nur geringfügig war (2.), sodass der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz entfällt.
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1. Dabei legt der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen Aussagen, insbesondere der Angaben des Klägers in der Unfallanzeige vom 04.08.2016 und bei der Zeugeneinvernahme vom 04.08.2016 bei der Dienststelle PI A-Stadt, der Aussagen der polizeilich einvernommenen Zeugen L. G. (G) vom 30.07.2016 und 20.09.2016 und N. K. (K) vom 30.08.2016 sowie aufgrund des Inhalts der Aktenvermerke des POK T vom 04.08.2016 und 21.09.2016 den Sachverhalt zugrunde, wie er auch im Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 23.01.2019 festgestellt wurde. Bei seiner Überzeugungsbildung hat der Senat nicht verkannt, dass die vom Landgericht A-Stadt getroffenen Feststellungen für den Senat nicht bindend sind. Die genannten Dokumente, die in den Akten des Strafverfahrens enthalten sind, hat der Senat als Urkundenbeweis nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 415, 417 Zivilprozessordnung (ZPO) in die Beweiswürdigung mit einbezogen. Akten eines Strafverfahrens und ein rechtskräftiges Strafurteil können grundsätzlich als Beweisurkunden im Zivilprozess herangezogen werden, auf die der Tatrichter seine Überzeugung stützen kann (siehe hierzu BGH, Beschluss vom 24.01.2012 - VI ZR 132/10 m. w. N.). Diese Rechtsprechung ist auf den Prozess vor dem Sozialgericht übertragbar, da nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 415 - 444 ZPO) über den Beweis durch Urkunden entsprechend anzuwenden sind.
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Auf dieser Grundlage geht der Senat davon aus, dass der Kläger - nachdem sowohl das Fahrzeug des Klägers als auch das Fahrzeug des I wegen Rotlichts an der Lichtzeichenanlage an der Einmündung zur M-Straße stehen geblieben waren - aus seinem Fahrzeug ausgestiegen ist, sich zur Beifahrertür des seitlich vor ihm stehenden VW Golf begeben hat und diese geöffnet hat. Er hat den I lautstark gefragt, ob dieser „noch ganz sauber“ sei. Nachdem I mit einer abwinkenden Handbewegung reagiert hatte, hat der Kläger die Türe wieder zugeschlagen, wobei er geäußert hat, dass I ihm zu primitiv sei. Daraufhin ist I aus seinem Pkw ausgestiegen und hat dem zu seinem Fahrzeug zurückgehenden Kläger nachgerufen, dass er dessen „Frau ficken“ werde. Daraufhin hat der Kläger kehrtgemacht und ist zur Fahrertür des Pkw des I gelaufen, der bereits wieder eingestiegen war. Der Kläger hat die Fahrertür geöffnet und eine Handbewegung in Richtung des I gemacht. Dieser hat dann ein Taschenmesser genommen, das sich in der Seitenablage der Fahrzeugtür befunden hat und hat mit diesem eine Stichbewegung in Richtung des Bauches des Klägers ausgeführt. Der Kläger hat den Angriff mit seiner Hand abgewehrt. Dabei hat er jedoch eine Schnittverletzung am linken Handgelenk erlitten; außerdem sind einige Sehnen und Nerven durchtrennt worden.
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Die Zeugenaussage des Klägers, wonach unmittelbar vor der Messerattacke die Fahrertüre des Pkw des I offen gestanden habe, er wortlos neben dem sitzenden I gestanden sei und dieser dann das Messer gezogen habe, ist nicht glaubhaft und steht im Widerspruch zu den Zeugenaussagen des G und des K sowie zum Inhalt der Aktenvermerke des POK T. Bei seiner Vernehmung am 30.07.2016 hat der Zeuge G insoweit ausgesagt, dass es für ihn so ausgesehen habe, dass der Kläger ins Fahrzeug gegriffen habe. Er habe gesehen, dass der Mann, der später verletzt worden sei, mit der Hand nach dem anderen Mann gegriffen habe (Aussage bei der Vernehmung am 20.09.2016). Der Zeuge K hat bei seiner Vernehmung am 30.08.2016 ausgesagt, dass der Mann neben dem Auto durch das Fenster in das Auto gelangt habe. POK T hat in seinen Aktenvermerken vom 04.08.2016 und 21.09.2016 festgehalten, dass der Kläger zur Fahrertüre des VW Golf gegangen sei und diese geöffnet habe (Aktenvermerk vom 04.08.2016). Der Kläger habe, nachdem I ins Fahrzeug gestiegen sei, den Streit weiterführen wollen und deshalb die Fahrertür erneut geöffnet (Aktenvermerk vom 21.09.2016).
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Die insoweit abweichende Darstellung des Klägers ist jedoch für die hier streitentscheidenden Fragen ohne rechtliche Relevanz. Denn bereits das Verlassen des Fahrzeugs diente nach seiner objektivierten Handlungstendenz nicht der weiteren Zurücklegung des versicherten Betriebsweges, sondern es ging dem Kläger nach seinen eigenen zeitnahen und glaubhaften Angaben in der Unfallanzeige vom 04.08.2018 und bei seiner Zeugenvernehmung vom 04.08.2016 darum, I wegen dessen verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verkehrsverhaltens zurechtzuweisen.
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Die vom Bevollmächtigten des Klägers erstmals in der Klagebegründung (Schriftsatz vom 24.07.2017) aufgestellte Behauptung, der Kläger habe das Kfz mit dem Ziel verlassen, die weitere Zurücklegung des versicherten Weges ohne eine weitere Gefährdung durch I zu erzielen, ist angesichts der hiervon abweichenden, zeitnahen und in sich widerspruchsfreien Aussagen des Klägers über den zum Zeitpunkt des Aussteigens aus dem Kfz an der Ampel verfolgten Zweck nicht glaubhaft; daher misst der Senat dieser Behauptung auch keinen Beweiswert zu.
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Da es nicht betriebsdienlich ist, andere Verkehrsteilnehmer wegen ihres Verhaltens im Straßenverkehr zurechtzuweisen oder zu belehren (vgl. Urteil des Senats vom 18.12.2007 - L 17 U 54/07, Rn. 19; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.09.2009, a.a.O., Rn. 23; Urteil vom 26.09.2000 - L 15 U 152/99, Rn. 24, jeweils zitiert nach juris), ist der gesamte Vorgang ab dem Aussteigen des Klägers an der Ampel dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzuordnen. Das Geschehen nach dem Aussteigen des Klägers aus seinem Kfz war eine deutliche zeitliche und räumliche Zäsur und diente auch seiner Art nach nicht dem weiteren Zurücklegen des Betriebsweges, sondern eigenwirtschaftlichen Zwecken.
43
Daher vermag der Senat auch der Auffassung des SG und des Klägers, die Streitigkeit habe ihren unmittelbaren Ursprung in den mit der Zurücklegung des Weges zusammenhängenden Umständen gehabt, daher sei Versicherungsschutz gegeben, nicht zu folgen.
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Zwar sind dem versicherungsrechtlich geschützten Zurücklegen des Weges auch solche Auseinandersetzungen zuzurechnen, die ihren unmittelbaren Ursprung in dem Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges haben (BSG, Urteil vom 30.10.1962 - 2 RU 211/62; Urteil vom 04.11.1981 - 2 RU 51/80). Die tätliche Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und I hat sich jedoch nicht aus Gründen ergeben, die unmittelbar aus der Zurücklegung des versicherten Betriebsweges herrühren.
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Die in der Klagebegründung (Schriftsatz vom 27.01.2017) erstmalig behauptete Darstellung des Unfallgeschehens, nämlich, dass der Kläger bereits nach dem Aussteigen aus seinem Kfz von I mit dem Messer attackiert worden sei, ist - wie bereits ausgeführt - nicht glaubhaft und daher nicht als Unfallgeschehen zugrunde zu legen. Hiergegen sprechen schon die genannten - in sich widerspruchsfreien - Aussagen des Klägers selbst, die dieser zeitnah nach dem Unfallgeschehen in der Unfallanzeige vom 04.08.2016 und bei der Zeugeneinvernahme am 04.08.2016 gemacht hat. Der Kläger hat nämlich mehrfach glaubhaft bekundet, dass er aus seinem Fahrzeug ausgestiegen sei, um I wegen dessen verkehrswidrigen Verhaltens zur Rede zu stellen. Diese Darstellung des Unfallgeschehens wurde auch von sämtlichen im Ermittlungsverfahren einvernommen Zeugen sowie von POK T in seinen Aktenvermerken vom 04.08.2016 und 21.09.2016 bestätigt. Entgegen dem Vortrag des Klägers in der Berufungserwiderung (Schriftsatz vom 13.07.2018), wonach ein zweiaktiges Geschehen, bei dem er sich nach dem „Zur-Rede-Stellen“ des Täters wegen dessen Fahrverhaltens zurück zu seinem Fahrzeug begeben habe und dann aufgrund von Beleidigungen erneut auf das Fahrzeug des Täters zugegangen sei, nicht habe festgestellt werden können, legt der Senat dieses zweiaktige Geschehen aufgrund einer Gesamtwürdigung der Zeugenaussagen einschließlich der zeitnahen Aussagen des Klägers seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.
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Soweit das SG zur Begründung seiner Auffassung die Urteile des BSG vom 30.10.1962- 2 RU 211/62 und vom 04.11.1981 - 2 RU 51/80 zitiert, vermag der Senat dieser Argumentation schon mangels Vergleichbarkeit der der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalte nicht zu folgen.
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Das Urteil des BSG vom 30.10.1962 (a.a.O.) betraf einen Fall, in dem ein grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehender Beschäftigter als Fahrgast in einem öffentlichen Bus eine Auseinandersetzung mit dem Busfahrer hatte und von diesem dann auch verletzt worden ist. Der Versicherte hat jedoch in dem dortigen Fall - anders als in dem hier vorliegenden - beim Aufenthalt im Bus seine versicherte Tätigkeit, den Heimweg von der betrieblichen Tätigkeit, nicht unterbrochen, sondern bis zur körperlichen Auseinandersetzung mit dem Busfahrer fortgesetzt.
48
Auch das Urteil des BSG vom 04.11.1981 betraf einen Fall, bei dem der Versicherte zum Zeitpunkt der maßgeblichen körperlichen Auseinandersetzung seinen unter Versicherungsschutz stehenden Heimweg von der betrieblichen Tätigkeit fortgesetzt hat. In dem dort strittigen Fall hatten der Kläger und ein anderer Verkehrsteilnehmer während der Heimfahrt des Klägers eine verbale Auseinandersetzung, die aber zunächst beendet worden ist. Erst nach Fortsetzung des Weges wurde dann der Kläger von dem Beteiligten mit dessen Fahrzeug verletzt.
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In den vom SG zitierten Urteilen des BSG ist somit der versicherte Weg - anders als im vorliegenden Fall - nicht unterbrochen worden bzw. der Verunfallte hatte zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung den versicherten Weg nach einer Unterbrechung bereits wiederaufgenommen. Hingegen hatte der Kläger im vorliegenden Fall das Zurücklegen des Betriebsweges vor der schädigenden Handlung bereits aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen und zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht wiederaufgenommen, sodass eine Vergleichbarkeit mit den vom SG zitierten Urteilen ausscheidet.
50
Aber selbst wenn - der vom Senat nicht vertretenen - Auffassung zu folgen wäre, dass der Kläger hier nicht aus eigenwirtschaftlichen Zwecken aus seinem Kfz ausgestiegen sei, sondern aus Gründen, die dem weiteren Zurücklegen des Betriebsweges gedient hätten, wäre vorliegend aufgrund des Umstands, dass der Kläger wegen der von I ihm gegenüber ausgesprochenen Beleidigung nochmals zur Fahrertür des inzwischen eingestiegenen I gegangen ist und diesen deswegen erneut zur Rede stellen wollte, nicht davon auszugehen, dass die schädigende Handlung unmittelbar aus der Zurücklegung des versicherten Betriebswegs herrührt. Vielmehr wäre spätestens dann, nämlich ab dem Zeitpunkt, als der Kläger zur Fahrertür des Pkw des I zurückgegangen ist, um ihn wegen der vorangegangenen Beleidigung erneut zur Rede zu stellen, davon auszugehen, dass er zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung (Messerattacke) einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgt hat.
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2. Die Unterbrechung des Betriebsweges war auch nicht nur geringfügig, sodass der Versicherungsschutz nicht aus diesem Grund fortbestanden hat.
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Eine Unterbrechung ist nur dann als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des zurückgelegten Weges in seiner Gesamtheit anzusehen ist und sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenher“ erledigt werden kann (z.B.: Besorgen von Zigaretten aus einem Automaten am Straßenrand, Hilfeleistung beim Öffnen einer Straßenbahntür, Hilfe beim Hineinheben eines Kinderwagens in den Autobus; BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 1 U 23/03 R, juris Rn. 15). Dabei ist als Beurteilungsmaßstab die allgemeine Verkehrsauffassung zu Grunde zu legen. Ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen beseitigen den Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit allerdings selbst dann nicht, wenn sie eigenwirtschaftlicher Natur sind (BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 23/03 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 3 m. w. N.).
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Die Tatsache, dass der Kläger den öffentlichen Verkehrsraum zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung des I nicht verlassen hatte, lässt aber nicht den Schluss zu, dass eine für das Bestehen von Versicherungsschutz unschädliche Unterbrechung des Betriebswegs vorlag.
54
Unter Anwendung dieser Grundsätze lag nämlich nicht nur eine geringfügige Unterbrechung des grundsätzlich versicherten Betriebsweges vor, da es sich beim Aussteigen des Klägers aus seinem Kfz während des Wartens an einer roten Ampel und dem „Zur-Rede-Stellen“ nicht um ein Vorhaben handelte, das quasi „im Vorübergehen“ hätte erledigt werden können, wie etwa der Kauf von Brötchen bzw. einer Tageszeitung.
55
Für den Kläger war auch nicht von vornherein ersichtlich, wie lange die Auseinandersetzung mit I dauern würde, erst recht nicht war die Dauer der Auseinandersetzung ersichtlich, als er sich aufgrund der durch I ausgesprochenen Beleidigung erneut zur Fahrerseite von dessen Pkw begab.
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Somit liegt entgegen der Auffassung des Klägers eine deutliche zeitliche und räumliche Zäsur vor, die eine Geringfügigkeit der Unterbrechung der Zurücklegung des Betriebsweges ausschließt. Aus den dargelegten Gründen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nach vorheriger Unterbrechung des Betriebsweges bereits wieder die Handlungstendenz verfolgte, den Betriebsweg fortzusetzen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), sind nicht ersichtlich.