Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 29.10.2020 – AN 19 K 20.00466
Titel:

Gebühr für die Inanspruchnahme einer staatlichen Unterkunft

Normenketten:
AsylbLG aF § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
AsylbLG § 1 Abs. 3 S. 1
BayDVAsyl § 22
BayAufnG Art. 1
Leitsatz:
§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. ist für den Fall der bloßen Gewährung subsidiären Schutzes durch das Bundesamt nicht analog anwendbar, da eine planwidrige Reglungslücke nicht vorliegt. (Rn. 39 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtskreiswechsel, analoge Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. auf subsidiär Schutzberechtigte (verneint), Gebühr für die Inanspruchnahme einer staatlichen Unterkunft, gespaltene Behördenentscheidung, subsidiär Schutzberechtigte, Aufenthaltserlaubnis, Gemeinschaftsunterkunft
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32227

Tenor

1. Der Bescheid der Regierung … vom 10. Februar 2020 hinsichtlich der Kostenfestsetzung für den Abrechnungszeitraum November 2016 (BKZ: …*) wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. 
3. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 

Tatbestand

1
Die Beteiligten stritten ursprünglich über die Rechtmäßigkeit von vier Kostenfestsetzungsbescheiden des Beklagten vom 10. Februar 2020, worin für die Zeit vom 1. August 2016 bis zum 30. November 2016 vom Kläger Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer staatlichen Unterkunft in Höhe von insgesamt 750,48 EUR (je Monat 187,62 EUR) gefordert wurden.
2
Bei dem Kläger handelt es sich um einen syrischen Staatsangehörigen, der im Jahre 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und einen Asylantrag beim Bundesamt für ... (Bundesamt) gestellt hat. Der Kläger hat zwischen dem 6. Juni 2016 und dem 1. Dezember 2016 ununterbrochen in der staatlichen Unterkunft … …, … Straße …, … gewohnt.
3
Mit Bescheid vom 1. Juni 2016 erkannte das Bundesamt unter dem Geschäftszeichen … dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu. Im Übrigen wurde der Asylantrag abgelehnt.
4
Seit seinem Auszug aus der staatlichen Unterkunft in … bewohnte der Kläger ausschließlich private Unterkünfte.
5
Gegen die Kostenfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 10. Februar 2020 ließ der Kläger durch bei Gericht am 13. März 2020 eingegangenem Schriftsatz vollumfänglich Klage erheben und beantragen,
die Bescheide der Regierung … betreffend die Monate August 2016 bis November 2016 aufzuheben.
6
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Klageschriftsatz vom 13. März 2020 (Bl. 2 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
7
Mit Schriftsatz vom 27. März 2020 (Bl. 75 ff. der Gerichtsakte) trat der Beklagte der Klage entgegen. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.
8
Durch Beschluss der 19. Kammer vom 12. Mai 2020 wurde der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
9
Durch Beschluss der Einzelrichterin vom 12. Mai 2020 wurde unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 19 S 20.00473 die aufschiebende Wirkung der unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 19 K 20.00466 anhängigen Klagen gegen die Bescheide vom 10. Februar 2020 angeordnet. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf dortigen Ausführungen Bezug genommen.
10
Mit Bescheid vom 22. Juli 2020 nahm der Beklagte die Kostenfestsetzungsbescheide der Regierung … vom 10. Februar 2020 hinsichtlich der Monate August 2016 (BKZ: …), September 2016 (BKZ: …) sowie Oktober 2016 (BKZ: …) in Höhe von jeweils 187,62 EUR mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kostenfestsetzungsbescheide vom 10. Februar 2020, soweit sie aufgehoben würden, rechtswidrig seien. Denn der Kläger habe im Zeitraum vom 1. August 2016 bis 31. Oktober 2016 mangels Bekanntgabe des Bundesamtsbescheids vom 1. Juni 2016 weiterhin den Personenkreis des Art. 1 AufnG angehört und sei deshalb von der Erhebung der Kosten gemäß § 22 Abs. 2 DVAsyl befreit gewesen.
11
Durch Schriftsatz vom 5. Oktober 2020 ließ der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich der aufgehobenen Gebührenbescheide für August, September und Oktober 2016 für erledigt erklären.
12
Durch Beschluss der Einzelrichterin vom 19. Oktober 2020 wurde der Rechtsstreit insoweit vom hier zu entscheidenden Verfahren abgetrennt und unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 19 K 20.02195 eingestellt.
13
Hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbescheides für den Monat November 2016 trug der Beklagte durch Schriftsatz vom 21. August 2020 folgendes vor: Soweit das Gericht im Beschluss vom 12. Mai 2020 unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 19 S 20.00473 unter Ziffer 2.2 die Auffassung vertreten habe, dass ein Rechtskreiswechsel durch die wirksame und unanfechtbare Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht eingetreten sei und vielmehr eine Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 AsylbLG fortbestehe, sei dem entgegenzutreten. Denn die Voraussetzungen eines Rechtskreiswechsels lägen schon nach dem spezielleren § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG in der bis zum 31. August 2019 gültigen Fassung auch im hier zur Entscheidung stehenden Fall vor. Auch wenn der Gesetzgeber insoweit eine Anpassung bei letzter Gelegenheit verpasst habe, sei eine entsprechende Regelungslücke gegeben, welche die Möglichkeit für die angezeigte analoge Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. biete. Dies ergebe sich zum einen aus dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 AsylbLG a.F. Die Gewährung des subsidiären Schutzes im Rahmen einer gespaltenen Behördenentscheidung erwachse mit Bekanntgabe der Entscheidung in Bestandskraft; eine Beschwer des Betreffenden sei insoweit nicht gegeben, sodass einer entsprechenden Klage auch gegen diesen positiven Teil ein Rechtsschutzbedürfnis fehle und daher bereits unzulässig wäre. Der Fortbestand der neu erlangten Qualität des Aufenthaltsrechts sei demnach ab Wirksamwerden des Bescheides gewährleistet, unabhängig davon, ob gegen den ablehnenden Teil Klage eingelegt werde oder nicht. Subsidiär Schutzberechtigte verfügten daher mit der Erreichung dieses internationalen Flüchtlingsschutzes über ein in der Qualität ganz anderes Aufenthaltsrecht als die in § 1 Abs. 1 aufgelisteten Personengruppen (unter Hinweis auf Siefert/Dollinger, 1. Auflage 2018, AsylbLG, § 1 Rn. 86, 87). Die betreffende Personengruppe der subsidiär Schutzberechtigten solle nach der in § 1 Abs. 3 AsylbLG a.F. zum Ausdruck kommenden Wertung bei entsprechender Qualität des Aufenthaltsrechts gerade den Rechtskreis hin zum Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) oder Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) wechseln und keine weiteren Asylbewerberleistungsgesetzleistungen erhalten. Bezüglich der subsidiär Schutzberechtigten habe daher in § 1 Abs. 3 AsylbLG a.F. eine Regelungslücke bestanden. Zum anderen sprächen auch verfassungsrechtliche Gründe für das Vorliegen einer Regelungslücke und die Notwendigkeit des Analogieschlusses zur betreffenden Vorschrift. So widerspreche es auch den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18. Juli 2012 zum AsylbLG (BVerfGE 132, 134 (159 ff), der betreffenden Personengruppe weiterhin (mitunter nur die eingeschränkten) AsylbLG-Leistungen zu gewähren. Das genannte Urteil zitiere auch der Gesetzgeber selbst in der Begründung zu § 1 AsylbLG, vgl. Drucksache 18/2592 S. 18. Demnach bestätige auch die Gesetzeshistorie die vertretene Ansicht.
14
Schließlich sei die Vorschrift auch aus europarechtlichen Gründen analog heranzuziehen: Zwar regle § 29 Abs. 2 der RL 2011/95/EU keine Pflicht einer Angleichung von Leistungen subsidiär Schutzberechtigter der Höhe nach an das Leistungsniveau des SGB II oder XII. Die Richtlinie verpflichte den Gesetzgeber aber, die den subsidiär Schutzberechtigten zu gewährenden Leistungen unter den gleichen Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige zu gewähren. Mit der Richtlinie habe gemäß dieser Erwägungsgründe gerade auch für subsidiär Schutzberechtigte ein erhöhtes Schutzniveau erreicht werden sollen. So sollten nach Erwägungsgrund 39 bei „der Berücksichtigung der Forderung des Stockholmer Programms nach Einführung eines einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz und abgesehen von den Ausnahmeregelungen, die notwendig und sachlich gerechtfertigt sind, auf (…) Personen, denen subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, dieselben Rechte und Leistungen zu denselben Bedingungen gewährt werden wie Flüchtlingen gemäß dieser Richtlinie.“
15
Würde der Rechtskreiswechsel nicht bei bestandskräftiger Zuerkennung des subsidiären Schutzes eintreten, bestünden (hinsichtlich der AsylbLG-Grundleistungsempfänger) die Leistungsvoraussetzungen des § 7 AsylBlG weiter fort. Diese seien deutlich strenger als die entsprechenden Vorschriften des SGB XII oder SGB II; so würden z. B. geringere Freibeträge für vorhandenes Vermögen zugebilligt. Daneben bestehe nach dem Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Aufnahmegesetz) auch weiterhin die Verpflichtung der Wohnsitznahme in einer Gemeinschaftsunterkunft. Auch würde diesem Personenkreis ein Zugang zu Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, dem SGB II geregelt seien, verwehrt bleiben. Diese Rechtslage widerspreche jedoch § 29 Abs. 2 der Richtlinie. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine europarechtswidrige Rechtslage schaffen oder absichtlich perpetuieren wolle. Vielmehr sei ein europarechtskonformer Zustand durch analoge Anwendung des § 1 Abs. 3 AsylbLG zu erreichen.
16
Hilfsweise lägen aber auch die Voraussetzungen eines Rechtskreiswechsels nach dem insoweit allgemeineren § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F. vor. Es sei unschädlich, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht in der juristischen Sekunde des Eintretens der Bestandskraft erteilt werde. Die Ansicht, dass für das Entfallen der Aufenthaltsgestattung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG die gesamte Entscheidung bestandskräftig geworden sein müsse, werde nicht geteilt, so wohl auch Hofmann, AuslR, 2. Auflage 2016, Rn. 8. Die Unanfechtbarkeit der positiven Entscheidung, also des Anspruchs auf weitergehende Rechte als die der bloßen Gestattung, erfülle den mit § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG verfolgten Schutzzweck nicht vollständig, eine zusätzliche Bestandskraft auch der Ablehnung des weitergehenden Schutzes (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft usw.) sei in diesem Zusammenhang nicht mehr entscheidend. Selbst bei einem Verständnis des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG dahingehend, dass die Aufenthaltsgestattung erst mit Unanfechtbarkeit der gesamten Bundesamtsentscheidung erlösche, müsse jedoch der leistungsrechtliche Rechtskreiswechsel mit Ablauf des Monats des Wirksamwerdens des Bescheides (und damit Unanfechtbarkeit nur hinsichtlich des positiven Teils) erfolgen. Bei der (unterstellten) aufenthaltsrechtlichen Maßgabe, dass eine asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattung den rechtmäßigen Aufenthalt bis zum bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sichere, handele es sich um die allein aufenthaltsrechtliche Frage, wann die Aufenthaltsgestattung nach erfolgreichem Asyl- oder Flüchtlingsverfahren durch eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz abgelöst werde. Die leistungsrechtliche Einordnung müsse aus den oben genannten verfassungs- und europarechtlichen Gründen in Fällen, in welchen ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe, zwingend ab bestandskräftigem Bestehen dieses Anspruchs erfolgen. Hier könne nicht auf das nur wegen aufenthaltsrechtlichen Gründen weitere Bestehen der Aufenthaltsgestattung abgestellt werden. Insoweit sei § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F. verfassungskonform auszulegen. Ansonsten werde darüber hinaus der Leistungsberechtigte aus leistungsrechtlichen Gründen dazu gezwungen, keine Klage gegen den ablehnenden Teil seines Bundesamtsbescheides einzulegen, da ihm ansonsten die mitunter monatelange Verschiebung des Zeitpunktes des Rechtskreiswechsels, mit den beschriebenen negativen Folgen, drohen würde. Beim Kläger selbst hätten zwischen der Zuerkennung des subsidiären Schutzes mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG am 1. Dezember 2018 mehr als zwei Jahre gelegen.
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Bestätigt werde dies auch durch die Begründung des Gesetzgebers zur Frage, weshalb die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. gestrichen worden sei, Bt-Ds. 19/10052, S. 18. Einziger Zweck sei hier gewesen, Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung zu vermeiden, die für den Fall der Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung in einer höheren Instanz entstünden. Bei bestandskräftiger Zuerkennung des Schutzstatus bestehe die Gefahr einer notwendig werdenden Rückabwicklung jedoch gerade nicht; im Umkehrschluss dazu gehe der Gesetzgeber offensichtlich gerade davon aus, dass bei teilweise bestandskräftigen Bescheiden, die unanfechtbar einen Schutzstatus gewähren, auch weiterhin ein sofortiger Rechtskreiswechsel über diese (weiterhin bestehende) Regelung (früher § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F., nunmehr § 1 Abs. 3 Satz 1 Variante 2 AsylbLG) möglich sein solle.
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Die Auffassung des Beklagten entspreche der bundesweit einheitlich vertretenen Rechtauffassung zum Rechtskreiswechsel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in die Leistungssysteme des SGB II/SGB XII (unter Hinweis auf fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Rn. 7.58 und 7.59). Insofern habe die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung.
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Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 ließ der Kläger ausführen, dass die Klage hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheides für November 2016 aufrechterhalten werde, weil dieser Bescheid rechtswidrig und deshalb aufzuheben sei. Der Anerkennungsbescheid des Bundesamtes vom 1. Juni 2016 sei dem Kläger frühestens am 31. Oktober 2016 anlässlich einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes … bekannt gegeben worden. Die Rechtmäßigkeit des Kostenfestsetzungsbescheides des Beklagten setze jedoch nicht nur die Wirksamkeit des Anerkennungsbescheides voraus, mit welchem der Statuswechsel des Klägers von der Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zur Leistungsberechtigung nach SGB II verfügt worden sei, sondern diese Rechtswirkung trete erst mit Bestandskraft des Anerkennungsbescheides ein. Die Bestandskraft setze wiederum voraus, dass der Bescheid für den Kläger unanfechtbar geworden sei. Diese Unanfechtbarkeit sei jedoch entgegen den Ausführungen des Beklagten nicht bereits mit Wirksamwerden des Anerkennungsbescheides, sondern erst mit Ablauf der Anfechtungsfrist anzunehmen. Soweit sich demgegenüber der Beklagte darauf berufe, dass der Anerkennungsbescheid, der den Statuswechsel verfüge, bereits mit Bekanntgabe wirksam geworden sei, weil er insoweit lediglich ein begünstigender Verwaltungsakt sei, sei dieser Ansicht nicht Folge zu leisten. Zum einen sei bereits die Annahme unzutreffend, mit einem solchen Anerkennungsbescheid seien lediglich positive Wirkungen verbunden. Auch soweit es nicht um die Ablehnung des weitergehenden Asylantrages gehe, habe der Anerkennungsbescheid, wie der Beklagte mit der hier vorliegenden Anforderung von Unterbringungskosten eindrücklich bestätigt habe, auch negative Wirkungen für den Asylleistungsberechtigten, der nicht mehr der Fürsorge des Asylbewerberleistungsgesetzes unterliege, sondern ggf. den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches unterworfen werde.
20
Mit seinen Ausführungen bringe der Beklagte zum Ausdruck, dass es für den subsidiären Schutz eine direkt anwendbare Vorschrift, die einen frühzeitigen Rechtskreiswechsel wie in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F. festlege, nicht gebe. In der Tat helfe § 1 Abs. 3 AsylbLG in dieser Frage nicht weiter, da, wie der Beklagte selbst ausführe, es auch bei dem subsidiär Schutzberechtigten darauf ankomme, ob ihm „bestandskräftig“ subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Das vom Beklagten ins Feld geführte Urteil des BVerfG vom 18. Juli 2012 setze selbst die Bestandskraft des Zuerkennungsbescheides voraus und könne daher nicht zur Begründung der Bestandskraft selbst herangezogen werden.
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Zudem seien dem Gesetzgeber bei seiner letzten Änderung des AsylbLG die Unterschiede bekannt gewesen. Er habe sich dennoch nicht dazu entschlossen, dies klarzustellen. Auch dies sei ein Beleg dafür, dass seine analoge Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F. auf subsidiär Schutzberechtigte seitens des Gesetzgebers eben nicht gewünscht gewesen sei.
22
Schließlich würden auch die Ausführungen des Beklagten zur analogen Anwendung des EU-Rechts nicht weiterhelfen. Es sei richtig, dass eine Pflicht einer Angleichung von Leistungen für subsidiär Schutzberechtigte an das Leistungsniveau, welches für Inländer gelte, gefordert sei. Aber auch hier sei Voraussetzung, wie der Beklagte selbst ausführe, die „bestandskräftige Zuerkennung des subsidiären Schutzes“ (siehe S. 3, letzter Absatz). Das EU-Recht treffe jedoch keine Festlegung dazu, wann von einer „bestandskräftigen“ Zuerkennung auszugehen sei. Ob eine bestandskräftige Zuerkennung vorliege, richte sich vielmehr nach dem nationalen Recht. Nach dem nationalen Recht trete Bestandskraft eines Bescheides, der den Schutzberechtigten nicht nur und ausschließlich positiv betreffe, erst mit dessen Unanfechtbarkeit ein. Diese Unanfechtbarkeit liege erst mit Ablauf der Anfechtungsfrist vor, soweit diesbezüglich keine Anfechtung erfolgt sei.
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Auch die hilfsweisen Erwägungen unter Ziffer 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 21. August 2020 seien unzutreffend. Insoweit werde seitens des Beklagten auf die aufenthaltsrechtliche Frage abgestellt, ob und wieweit dem Kläger bereits eine Aufenthaltserlaubnis statt einer Aufenthaltsgestattung erteilt worden sei. Unstrittig sei am 31. Oktober 2016 dem Kläger kein Aufenthaltstitel erteilt worden, sondern der Kläger sei lediglich darüber informiert worden, dass ein Anerkennungsbescheid des Bundesamtes vorliege, wonach ihm ein Aufenthaltstitel erteilt werden könne. Die Erteilung des Aufenthaltstitels sei dann erst im Nachgang erfolgt.
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Im Übrigen sei der Kostenerstattungsbescheid auch deshalb rechtswidrig, da er eine bestandskräftig bewilligte Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz betreffe, deren Grundlage bis zum heutigen Tage nicht aufgehoben bzw. zurückgenommen sei.
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Wie bereits in der Klage ausgeführt, sei der Bescheid des Landkreises …, mit welchem die Leistung bewilligt worden sei, erst mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2016 aufgehoben worden. Für den Monat November, um den es in diesem Verfahren gehe, sollte es gerade bei dieser bewilligten Leistung bleiben (Bescheid des Landkreises … vom 2. November 2016, K6). Solange der Bescheid, der die konkrete Leistung bewilligt habe, nicht aufgehoben sei, könne ein Kostenerstattungsbescheid nicht ergehen. Dies widerspreche der Bestandskraft der Leistungsbewilligung. Soweit der Bescheid, der die Leistung bewilligt habe, nachträglich aufgehoben werden solle, komme eine solche Aufhebung bei der hier vorliegenden Konstellation deshalb nicht in Betracht, da, wie dargelegt, der Statuswechsel erst zum 30. November 2016 eingetreten sei. Bis dahin seien rechtmäßig Leistungen nach dem AsylbLG gewährt worden, sodass eine Rücknahme eines insoweit „rechtswidrigen Bescheides“ nicht in Betracht komme.
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Hierbei sei zu beachten, dass, wie bereits dargelegt worden sei, dem Kläger, wäre der Bescheid zeitnah aufgehoben und ein Kostenerstattungsbescheid erlassen worden, Leistungen nach dem SGB II durch das Jobcenter … zu gestatten hätten, die ihm heute nicht mehr zustünden. Wie dargelegt, befinde sich der Kläger im BAföG-Bezug. Eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II bestehe deshalb jetzt nicht mehr. Im Übrigen habe, wie bereits mitgeteilt worden sei, das Jobcenter … mitgeteilt, dass es keinesfalls bereit sei, nachträglich für Leistungen aus dem November 2016 eine Kostenübernahme zu erklären.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die in den Verfahren AN 19 S 20.00473 und AN 19 K 20.02195 ergangenen Beschlüsse Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund des schriftsätzlich erklärten Verzichts der Beteiligten konnte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
29
Die Klage ist zulässig und begründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2020, soweit er den Monat November 2016 betrifft, rechtswidrig ist und den Kläger in eigenen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30
So ist der Kläger nach Auffassung der hier erkennenden Einzelrichterin nicht Kostenschuldner im Sinne von § 22 DVAsyl für den Monat November 2016. Denn der Kläger unterfiel in dem hier noch streitgegenständlichen Zeitraum dem Personenkreis des Art. 1 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG (Aufnahmegesetz AufnG). Insoweit bestimmt § 22 Abs. 2 DV Asyl, dass Gebührenschuldner, die dem Personenkreis des Art. 1 AufnG zuzurechnen sind von der Gebührenerhebung befreit sind.
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Art. 1 AufnG umfasst diejenigen Ausländer, welche nach § 1 AsylbLG leistungsberechtigt sind.
32
Das Gericht hält an seiner bereits im Eilverfahren unter dem gerichtlichen Az. AN 19 S 20.00473 vertretenen Auffassung fest, dass sich die Leistungsberechtigung des Klägers nicht gemäß § 1 Abs. 3 AsylbLG in der hier anwendbaren, bis 20. August 2019 gültigen Fassung geändert hat, mithin ein Rechtskreiswechsel im hier maßgeblichen Zeitraum eingetreten ist.
33
Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG a.F. endet die Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem
1. die Leistungsvoraussetzung entfällt oder
2. das Bundesamt für ... den Ausländer als Asylberechtigten anerkannt oder ein Gericht das Bundesamt zur Anerkennung verpflichtet hat, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist.
34
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist im vorliegenden Fall des Klägers im Monat November 2016 kein sogenannter Rechtskreiswechsel vom Asylbewerberleistungsgesetz hin zu den Regelungen des Sozialgesetzbuches eingetreten.
35
1. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. ist nicht direkt anwendbar. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung des Beklagten.
36
Denn dort ist geregelt, dass entweder das Bundesamt den Ausländer als Asylberechtigten anerkannt oder ein Gericht das Bundesamt zur Anerkennung verpflichtet hat. Der Kläger ist jedoch unstreitig vom Bundesamt zunächst nur als subsidiär Schutzberechtigter im Sinne des § 4 AsylG durch Bescheid vom 1. Juni 2016 anerkannt worden. Dieser Fall findet im Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. jedoch keinen Niederschlag.
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Es mag zwar richtig sein, dass das Asylbewerberleistungsgesetz ursprünglich ohne die internationalen Schutzstatus konzipiert wurde, so dass folgerichtig nur die Asylanerkennung tatbestandlich existierte. Allerdings haben der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz bereits durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I, S. 1970) bzw. durch das Gesetz zur Umsetzung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EG) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) Eingang in das nationale Gesetz gefunden. Eine Anpassung des Wortlauts des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. erfolgte zunächst nicht, obwohl es bereits mehrere Änderungsgesetze, welche das Asylbewerberleistungsgesetz betrafen, gegeben hatte.
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Zwischen den Beteiligten ist mittlerweile unstreitig, dass der Bundesamtsbescheid dem Kläger erst am 31. Oktober 2016 im Rahmen einer Vorsprache beim Landratsamt … bekannt gegeben worden ist. Eine Anerkennung als Flüchtling erfolgte erst im Jahre 2018. Der Kläger ist jedoch zu keinem Zeitpunkt als Asylberechtigter anerkannt worden, und auch ein Gericht hat das Bundesamt insoweit nicht zur Anerkennung verpflichtet. Eine direkte Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. scheidet damit aus.
39
2. Allerdings ist die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. für den vorliegenden Fall der (zunächst allein erfolgten) Gewährung des subsidiären Schutzes durch das Bundesamt nicht analog anwendbar, wie der Beklagte annimmt.
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2.1 Dabei kommt es für den hier streitgegenständlichen Monat November 2016 nicht darauf an, dass das Bundesamt zwei Jahre später durch ein Gericht zur Anerkennung des Klägers als Flüchtling verpflichtet worden ist.
41
Es ist vorliegend zudem nicht entscheidungserheblich, ob die Entscheidung des Bundesamtes hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes für den Kläger im Rahmen einer sogenannten gespaltenen Behördenentscheidung unmittelbar, d. h. mit Bekanntgabe des Bescheides, in Bestandskraft erwächst oder, wie der Klägervertreter annimmt, gerade nicht, weil der Bundesamtbescheid etwa nur in Gänze angefochten werden kann bzw. auch der subsidiäre Schutz Gegenstand eines Rechtsmittels sein könnte. Für eine Erweiterung des gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. leistungsberechtigten Personenkreises auf zunächst nur subsidiär Schutzberechtigte im hier streitgegenständlichen Zeitraum, nämlich November 2016 als den Monat, der auf den Monat folgen würde, in dem die Leistungsberechtigung dann geendet hätte, ist unabhängig von dieser Frage kein Raum. Ob die Leistungsberechtigung im Monat Dezember 2016 bestanden hätte, folgte man der Auffassung, dass die Gewährung subsidiären Schutzes erst nach Ablauf einer etwaigen Rechtsmittelfrist bestandskräftig würde, wie der Klägervertreter meint, ist vorliegend nicht streitgegenständlich und somit nicht entscheidungserheblich.
42
2.2 Voraussetzung für eine zulässige Analogie ist das Vorliegen einer planwidrigen Reglungslücke, wovon nach Auffassung der hier erkennenden Einzelrichterin nicht ausgegangen werden kann. Zwar mag das Gesetz in § 1 Abs. 3 Satz1 Nr. 2 AsylbLG a.F. aus Sicht des Beklagten lückenhaft gewesen sein, weil ein Fall wie in der hier streitgegenständlichen Konstellation darin nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Und wie bereits oben ausgeführt, mag die ursprüngliche Konzeption des Asylbewerberleistungsgesetzes in Ermangelung der erst später eingeführten internationalen, auf der Genfer Flüchtlingskonvention beruhenden Schutztatbestände folgerichtig nur auf die Asylanerkennung gemäß Art. 16a GG abgestellt haben. Allerdings hat auch der subsidiäre Schutzstatus bereits zum 1. Dezember 2013 (s.o.) Eingang in das AsylG gefunden, ohne dass dies den Gesetzgeber - bis zum hier streitgegenständlichen Zeitraum - zu einer Änderung des § 1 Abs. 3 AsylbLG veranlasst hätte, obwohl ein entsprechender Gesetzesentwurf bereits vorlag.
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So ist zum einen zu berücksichtigen, dass bei der jüngsten Gesetzesneufassung des § 1 Abs. 3 AsylbLG die hier entscheidungserhebliche Ziffer 2 komplett gestrichen worden ist. § 1 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG lautet seitdem: „Die Leistungsberechtigung endet mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt.“ Gemäß der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18. April 2019 (BR-Drucksache. 178/19) dient die Änderung im Wesentlichen der Verwaltungsvereinfachung in denjenigen Fällen, in denen es aufgrund einer abändernden gerichtlichen Entscheidung in einer höheren Instanz zu Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung gekommen ist. Die Problematik des Rechtskreiswechsels im Zusammenhang mit sog. gespaltenen Behördenentscheidungen hat in der Gesetzesbegründung jedoch gerade keinen Widerhall gefunden.
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Hinzu kommt, dass zuvor eine entsprechende, den subsidiären Schutzstatus berücksichtigende Gesetzesänderung, welche bereits in einer Beschlussempfehlung und einem Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (Drucksachen 18/9985, 18/10351, 18/10444 Nr. 1.9) vorgelegen hat, zu guter Letzt nicht erfolgt ist. In der Beschlussempfehlung vom 30. November 2016 zum Entwurf des 3. Gesetzes zur Änderung des AsylbLG war in der Neufassung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG vorgesehen, die Gewährung subsidiären Schutzes ausdrücklich mit aufzunehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt: „Mit der im Gesetzentwurf enthaltenen Änderung in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 wird die Rechtsstellung eines Ausländers, der als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkannt wird, beim Rechtskreiswechsel vom AsylbLG in das Zweite Buche Sozialgesetzbuch (SGB II) und in das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) an diejenige eines anerkannten Asylberechtigten angeglichen. (…) Mit der Neufassung von Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzentwurfs wird diese Gleichstellung beim Rechtskreiswechsel auf Ausländer erstreckt, denen nach § 4 des Asylgesetzes (AsylG) subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist. Für die Gleichbehandlung dieser Personengruppe beim leistungsrechtlich relevanten Rechtskreiswechsel spricht, dass Entscheidungen des Bundesamtes für ... (BAMF) über die Zuerkennung von subsidiärem Schutz - ebenso wie Entscheidungen des BAMF über die Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling nach § 3 AsylG mit ihrer Bekanntgabe an den Antragsteller unanfechtbar sind. Soweit in diesem Fall gegen einen Bescheid des BAMF Rechtsmittel mit dem Ziel eingelegt werden, als Flüchtlinge anerkannt zu werden, hat dies keine Auswirkungen auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes. Dieser bleibt in jedem Fall erhalten. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, dass auch diesen Personen die Leistungen nach dem AsylbLG zukünftig nur so lange gewährt werden, bis die erste positive - behördliche oder gerichtliche - Entscheidung über Zuerkennung von subsidiärem Schutz vorliegt.“
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Die hier streitgegenständliche Konstellation wäre demnach - genau aus den vom Beklagten angeführten Gründen - Gesetzesinhalt geworden. Nachdem der Bundesrat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2016 beschlossen hatte, dem vom Deutschen Bundestag am 1. Dezember 2016 verabschiedeten Gesetz nicht zuzustimmen, fand die Neuregelung jedoch keinen Eingang in das Gesetz.
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Daran zeigt sich, dass es sich jedenfalls nicht um eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes handelt. Vielmehr ist dem Gesetzgebungsverfahren und dessen Ausgang zu entnehmen, dass sich der Gesetzgeber - bewusst - gegen eine Aufnahme des Falles, dass das Bundesamt (zunächst oder auch abschließend) den subsidiären Schutzstatus gewährt hat, entschieden hat.
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Eine analoge Anwendbarkeit scheidet daher bereits in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke aus.
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3. Aber auch verfassungsrechtliche oder europarechtliche Gesichtspunkte indizieren keine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F.
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Es mag zwar richtig sein, wie der Beklagte vorträgt, dass mit der Gewährung des subsidiären Schutzes grundsätzlich - jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitels, vgl. auch § 1 Abs. 2 AsylbLG - ein Rechtskreiswechsel rechtssystematisch eigentlich vorgesehen ist, um der gewachsenen Qualität des Aufenthaltstitels Rechnung zu tragen, auch wenn dies keinen ausdrücklichen Niederschlag in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. gefunden hat.
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Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass sämtliche, seitens des Beklagten angeführten Aspekte, die aus seiner Sicht für einen Rechtskreiswechsel sprechen, Konstellationen betreffen, in denen es für den Leistungsempfänger nach SGB II oder XII günstigere Bedingungen zu schaffen gilt, um dem höherwertigeren Aufenthaltsstatus und damit auch europarechtlichen Vorgaben Rechnung zu tragen. So beschäftigt sich der Erwägungsgrund 39 der RL 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie) ausdrücklich mit der Gleichstellung von subsidiär Schutzberechtigten mit anerkannten Flüchtlingen, was „Rechte und Leistungen“ angeht. Auch die vom Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v.18.7.2012, 1 BvL 10/10. BVerfGE 132, 134 - juris) thematisiert im Hinblick auf den vorliegenden Fall letztlich „nur“ das Erfordernis einer Prognoseentscheidung darüber, ob - auch aufgrund des Aufenthaltstitels - tatsächlich nur von einem kurzfristigen, Minderbedarfe rechtfertigenden Aufenthalt ausgegangen werden darf. Selbstverständlich kann der Entscheidung entnommen werden, dass im Hinblick auf das zu gewährleistende Existenzminimum etwaige Minderbedarfe verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein müssen. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens, mithin nicht streitgegenständlich.
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Vorliegend handelt es sich vielmehr um einen Fall, bei dem sich eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 1 Abs. 3 AsylbLG nachteilig für den Leistungsempfänger auswirken würde.
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Aus diesem Grund ist auch zu bedenken, dass es vorliegend nicht primär um die allgemeine Frage geht, ob und wann subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich vom Asylbewerberleistungsgesetz in das Regime des SGB II oder XII wechseln. Streitgegenständlich und damit allein entscheidungserheblich ist, ob und wann ein zunächst nur subsidiär Schutzberechtigter Gebührenschuldner im Sinne von § 22 DVAsyl wird. Der bayerische Verordnungsgeber hat sich insoweit dafür entschieden, auf Art. 1 AufnG und damit auf § 1 Abs. 3 AsylbLG zu verweisen.
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Hinzu tritt der Umstand, dass es sich bei der Gebührenpflicht für die Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen um einen Teil staatlichen Gebührenrechts handelt (Art. 21 Kostengesetz). Insoweit sind daher auch die allgemeinen Grundsätze der Gebührenerhebung zu berücksichtigen: Dies betrifft vorliegend vor allem den abgabenrechtlich geprägten Grundsatz der Normenklarheit. Für den Gebührenschuldner muss nicht nur abschätzbar sein, welche finanzielle Belastung auf ihn zukommt, sondern erst recht, ob er überhaupt Gebührenschuldner ist. Diese besondere Ausprägung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes gebietet von daher auch, dass der Kreis der Gebührenschuldner eindeutig bestimmbar ist. Dies wäre im Falle einer Erweiterung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG a.F. contra legem nicht gewährleistet.
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Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der für den Monat November 2016 noch vorhandene Bewilligungsbescheid erst mit Wirkung zum 1. Dezember 2016 aufgehoben worden ist (Bl. 58f. der Gerichtsakte). Zwar handelt es sich bei der hier streitgegenständlichen Gebühr, wie der Beklagte zu Recht betont, nicht um die Rückforderung etwa zu Unrecht bewilligter Sozialleistungen, sondern vielmehr um eine Abgabe in Form einer Gebühr für die Benutzung einer staatlichen Einrichtung auf der Grundlage von Art. 21 KG i.V.m. §§ 22 ff. DVAsyl. Dem Änderungsbescheid des Landratsamtes … vom 2. November 2016 ist aber in diesem Zusammenhang folgendes zu entnehmen: Zum einen ging die Sozialverwaltung des Landratsamtes … ebenfalls von dem Ende der Leistungsberechtigung nach § 1 AsylbLG erst zum 1. Dezember 2016 aus. Zum anderen entfaltet der Bescheid zumindest eine Art Rechtsschein, der jedenfalls im Hinblick auf das oben angesprochene Gebot der Normenklarheit zu berücksichtigen ist. Der Kläger durfte aufgrund des Änderungsbescheids im Zeitpunkt der Benutzung der Unterkunft davon ausgehen, dies - jedenfalls im Monat November 2016 - noch ohne Auslösen einer Gebührenpflicht tun zu können.
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4. Die Leistungsberechtigung endete im vorliegenden Verfahren auch nicht aufgrund von § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG a.F., welcher der Neufassung in § 1 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG entspricht. Das Gericht hält insoweit ebenfalls an seiner bereits im Eilverfahren geäußerten Auffassung fest, dass der Kläger am 31. Oktober 2016, als er die Mitteilung über die Gewährung des subsidiären Schutzes erhielt und der maßgebliche Bundesamtsbescheid ihm gegenüber bekanntgemacht worden ist, noch im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem AsylG gewesen ist und deshalb die Leistungsvoraussetzung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG nicht entfallen war.
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Denn selbst wenn die Entscheidung des Bundesamtes vom 1. Juni 2016 insoweit unanfechtbar geworden ist, als die Gewährung des subsidiären Schutzes unmittelbar mit Bekanntgabe, also am 31. Oktober 2016, bestandskräftig geworden ist, führt dies nicht zum Erlöschen der Aufenthaltsgestattung im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG, wonach für das Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (gemäß § 55 AsylG) „die Entscheidung“ des Bundesamtes unanfechtbar geworden sein muss (BeckOK AuslR/Neundorf, 26. Ed., 1.7.2020, AsylG, § 67, Rn. 9, BeckOK MigR/Röder, 5.Ed., 1.7.2020, AsylG § 67, Rn. 22 - beck-online).
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Wenn, wie im Falle des Klägers, eine positive Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegt, gilt der Aufenthalt des Ausländers wie im Falle der Asylanerkennung und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes als erlaubt, § 25 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Dennoch wirkt die Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG fort, weil das Asylverfahren insgesamt noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, so dass der Inhaber der Aufenthaltsgestattung weiterhin leistungsberechtigt bleibt (so Frerichs in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 1 AsylbLG, Rn.166). Die nicht eingreifende Titelerteilungssperre gemäß § 10 Abs. 1 AufenthG im Falle der Gewährung subsidiären Schutzes führt dazu, dass der Rechtskreiswechsel erst mit dem Folgemonat nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 2 AsylbLG erfolgt (Frerichs, aaO, Rn. 168). Dies folgt bereits aus der Existenz der Vorschrift des § 1 Abs. 2 AsylbLG, der letztlich eine etwa bestehende Konkurrenz zwischen der bloßen Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz und einem qualitativ höherwertigen, den Aufenthalt verfestigenden Titel auflösen soll.
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5. Nach alledem ist der Kläger jedenfalls im hier streitgegenständlichen Monat November 2016 nicht als Kostenschuldner im Sinne des § 22 Abs. 1 DVAsyl anzusehen. Die Frage, ob und wann, d. h. an welchem Tag, die Leistungsberechtigung endete, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich ist allein, dass der Rechtskreiswechsel jedenfalls nicht mit Wirkung für den Monat November 2016 in der Person des Klägers eingetreten ist.
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Daher war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.