Titel:
Hundesteuersatzung - Ermäßigung für Therapiehunde - ordnungsgemäße Klageerhebung
Normenketten:
HStS § 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 81, § 117 Abs. 5, § 154 Abs. 1, § 167
ZPO § 708 Nr. 11, § 711
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Eine Klageschrift - bestehend aus zwei Seiten -, bei der die erste Seite der Klage keine Unterschrift enthält und auf der zweiten Seite der Klage die Unterschriften oberhalb des weiteren - wenn auch lediglich einkopierten - Textes zu finden sind, ist ordnungsgemß im Sinne von § 81 VwGO, wenn diese beiden Seiten bei Eingang am Gericht zusammengeheftet gewesen sind, so dass sie eine Einheit bildeten. Daraus kann geschlossen werden, dass die Klägerin von der Klageerhebung wusste und mit ihr einverstanden war. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Erfolgt in einer Hundesteuersatzung (HStS) gerade keine Differenzierung zwischen den einzelnen Hundehaltern nach persönlichen Merkmalen hinsichtlich der Möglichkeit eine Ermäßigung der Hundesteuer zu erhalten, verstößt die HStS nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot (hier: begehrt wurde die Ermäßigung als "Therapiehund" - allerdings ohne die notwendige Bescheinigung; vorgetragen wurde, die Satzung diskriminiere Menschen mit Migrationshintergrund - es lag eine Bescheinigung vor, ein „comfort animal“ werde der klägerin helfen, ihre Einschränkungen zu verbessern, und es ihr ermöglichen, in ihr neues Heim nach Deutschland zu fliegen und dort ihre Lebensqualität zu verbessern). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hundesteuer, ordnungsgemäße Klageerhebung, kein Verstoß gegen das Gleichbhandlungsgebot, Aufwandsteuer, Hundesteuersatzung, Mangel, Widerspruch, Tierhaltung, comport animal, Ermäßigung, Therapiehund, Migrationshinteergrund
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32222
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Ermäßigung der Hundesteuer für das Jahr 2018. Die Beklagte erlangte im Oktober 2018 Kenntnis davon, dass im klägerischen Haushalt ein Hund gehalten wird. Daraufhin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 2018 den Ehemann der Klägerin auf, das Anmeldeformular für den Hund auszufüllen und an die Beklagte zurückzusenden. Die Klägerin meldete sich daraufhin bei der Beklagten und gab sich als Halterin des Hundes an, was am 19. November 2018 von der Beklagten erfasst wurde. Die Klägerin gab in der Hundesteueranmeldung zudem an, den Hund seit Juli 2016 in … zu halten (Bl. 10 Behördenakte (BA).
2
Mit Steuerbescheid vom 19. November 2018 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Hundesteuer fest für die Zeiträume 1. August 2016 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 55,00 Euro; 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2017 sowie - für den hier relevanten Zeitraum - 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 in Höhe von je 132,00 Euro. Für 2019 und die folgenden Jahre wurde die Hundesteuer auf je 132,00 Euro festgesetzt (Bl. 11 Behördenakte (BA)). Im Steuerbescheid führte die Beklagte aus, der Antrag auf Steuerreduzierung könne nicht gewährt werden. Therapiehunde seien nach der gültigen Hundesteuersatzung der Stadt … Hunde, die in therapeutischen Anstalten tätig seien.
3
Mit E-Mail vom 26. November 2018 legte die Klägerin zur Bestätigung, dass ihr Hund ein Therapiehund sei, eine englischsprachige Bestätigung des „…“ aus Hawai vom 23. Mai 2016 vor (Bl. 12 f. Behördenakte (BA)). In dem Schreiben führt der Therapeut sinngemäß aus, dass er die Entscheidung der Klägerin unterstütze, ein Tier zu halten, das ihr helfe, ihre bestehenden Schwierigkeiten abzumildern und ihre Fähigkeiten, unabhängig zu leben, zu verbessern. Ein „comfort animal“ werde ihr helfen, ihre Einschränkungen zu verbessern, und es ihr ermöglichen, in ihr neues Heim nach Deutschland zu fliegen und dort ihre Lebensqualität zu verbessern (Bl. 12 f. BA). Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
4
Mit Bescheid vom 29. November 2018 lehnte die Stadt … den Antrag auf „Steuerermäßigung für das Jahr 2018“ ab, da die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 HStS nicht vorlägen. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen (Bl. 14 BA). Gegen den Bescheid vom 29. November 2018 erhob die Klägerin mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 Widerspruch. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 2. Januar 2019 geforderten Nachweise für den Therapiehund verweigerte die Klägerin, da die vorgelegte ärztliche Bescheinigung ausreichend sei (Bl. 18 BA). Mit weiterem Schreiben vom 29. Januar 2019 wies die Klägerin zudem darauf hin, dass sie in einem Ortsteil der Stadt … wohne - … -, der einen Weiler im Sinne von § 7 Abs. 1 Ziff. 1 der Hundesteuersatzung darstelle.
5
Mit Bescheid vom 28. Januar 2020 wies die Regierung … - Widerspruchsbehörde - den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 1 HStS unterliege das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Stadtgebiet einer gemeindlichen Aufwandsteuer. Die Steuer sei um die Hälfte ermäßigt für Hunde, die in Einöden und Weilern gehalten würden, § 7 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 HStS. Eine solche Steuerermäßigung gelte auch für Therapiehunde, § 7 Abs. 1 Ziff. 3 HStS. Vorliegend komme keine Ermäßigung als Therapiehund in Betracht, da es sich bei dem gehaltenen Hund nicht um einen Therapiehund handle. Es liege weder ein Zertifikat über eine Therapiehundeprüfung vor, noch gebe es einen Nachweis über einen Einsatz für therapeutische Zwecke. Soweit ärztlicherseits bestätigt werde, dass eine Tierhaltung der Gesundheit der Klägerin förderlich wäre, stelle dies keinen Einsatz für soziale und therapeutische Zwecke dar. Auch werde der Hund nicht in einem Weiler gehalten. Die hierfür geltende Höchstzahl von 300 Einwohnern werde mit 1717 in … deutlich überschritten.
6
Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2020, bei Gericht eingegangen am 2. März 2020, wurde „Wiederspruch eine gegen die Entscheidung von Herrn … gegen einen Bescheid der Stadt … am 29.11.2018 in Referenz des Kommunalabgabengesetzes (KAG)“ erhoben. Im Folgenden war angegeben, dass die Akte von Herrn … …, Ehemann von Frau …- … - geführt werde. Sie ersuchten eine gerichtliche Entscheidung. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Regierung … könne nicht einfach den Bescheid eines Arztes ignorieren, auch wenn er aus dem Ausland komme. Wenn dieser Arzt sage, es handle sich bei dem Hund um einen Therapiehund, könne die Regierung … nicht sagen, es sei keiner. Zum Weiler ließ die Klägerin angeben, wenn man ihre Wohnung verlasse, wohne sie im Norden 50 Meter von Äckern entfernt, im Osten 70 Meter von Äckern und 80 Meter von drei Pferdeweiden, im Süden wohne sie 90 Meter von Äckern entfernt und im Westen 110 Meter, weshalb sie in einem Weiler wohne. Auch trügen nur sehr wenige Hund im Bezirk eine Kette. Jeder Bürger habe ein Recht, fair behandelt zu werden, wenn es um Steuern ginge. Sie ersuchten eine faire Behandlung. Seite 2 der Klage, datiert auf den 28. Februar 2020, enthält einen Auszug von der Internetseite der Stadt … betreffend „Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen“ (https://www. … …html) sowie § 7 „Steuerermäßigungen“ der Satzung zur Erhebung der Hundesteuer der Stadt … beigefügt. Oben auf diesem Blatt steht „… … Fuer … …- …“ sowie die Adresse des Ehepaares. Über den Namen haben sowohl Herr … … als auch Frau … …- … unterschrieben. Diese beiden Seiten waren ursprünglich zusammengetackert und befanden sich im gleichen Briefumschlag.
7
Mit Schriftsatz vom 27. März 2020 beantragte die Beklagte
8
Zur Begründung führte sie aus, es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Es fehle an einer Vollmacht für den Ehemann der Klägerin, der die Klage erhoben habe. Die Beklagte rüge daher ausdrücklich den Mangel der Vollmacht und die ordnungsgemäße Klageerhebung. Auch bestünden Zweifel an der Einhaltung der Form. Zwar sei die zweite Seite der Klageschrift oben von der Klägerin und ihrem Ehemann unterschrieben, doch enthalte sie lediglich herauskopierte Textbausteine aus der Online-Information der Beklagten zur Hundesteuer sowie aus der Hundesteuersatzung; ein Zusammenhang mit der ersten Seite sei kaum herstellbar. Im Übrigen sei diese Seite unter einem anderen Datum gefertigt als die erste, so dass nicht mit hinreichender Sicherheit erkennbar sei, dass die Formerfordernisse der Klage tatsächlich erfüllt seien.
9
Die Klage sei jedenfalls unbegründet, da die Ablehnung der Steuerermäßigung rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sei. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Klageerwiderung wird Bezug genommen (Bl. 32 f. Gerichtsakte (GA)).
10
Am 12. Juni 2020, zur Post gegeben am 15. Juni 2020, erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid „im Nachgang“ zum Bescheid vom 29. November 2018. Darin wurde der Antrag der Klägerin auf Steuerermäßigung für die Veranlagungsjahre 2016, 2017 und ab dem Veranlagungsjahr 2019 ebenfalls abgelehnt. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen. Bis zum 24. Juli 2020 war weder bei der Beklagten noch beim erkennenden Gericht ein Rechtsbehelf hiergegen eingelegt worden.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten, wegen der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
12
Die zulässige Klage ist unbegründet.
13
1. Die Klage ist zulässig. Eine ordnungsgemäße Klageerhebung liegt vor.
14
Eine ordnungsgemäße Klageerhebung nach § 81 VwGO erfordert, dass die Klage von der Klägerin erhoben wurde und mit deren Willen an das Gericht gelangt ist (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30.04.1979, Az. GmS-OGB 1/78). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar enthält die erste Seite der Klage keine Unterschrift und auf der zweiten Seite der Klage sind die Unterschriften oberhalb des weiteren - wenn auch lediglich einkopierten - Textes zu finden. Jedoch sind diese beiden Seiten bei Eingang am Gericht zusammengeheftet gewesen, so dass sie eine Einheit bildeten. Daraus kann geschlossen werden, dass die Klägerin von der Klageerhebung wusste und mit ihr einverstanden war. Der von der Beklagtenseite bemängelten ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Ehegatten wird vom Gericht nicht gefolgt. Auch wenn keine gesonderte Vollmacht für den Ehegatten der Klägerin vorliegt, so trägt der Ehegatte im Klageschriftsatz doch vor, für die Klägerin zu handeln. Dieses Schriftstück ist, wie oben dargelegt, von der Klägerin auf Seite 2 auch unterschrieben, so dass es reiner Formalismus wäre, eine gesonderte/weitere Vollmacht zu verlangen, da die Klägerin mit dieser Unterschrift ihr Einverständnis mit dem Handeln ihres Ehegatten im Rahmen der Klage bereits gegeben hat. In der mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 2020 hat die Klägerin zudem bestätigt, dass ihr Ehemann mit ihrer Vollmacht handelt.
15
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Steuerermäßigung für ihren Hund, da der Hund weder in einem Weiler im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 Satzung zur Erhebung der Hundesteuer (HStS) vom 15. Dezember 2014 in der Fassung vom 18. Dezember 2015 der Stadt … gehalten wird noch ein Therapiehund im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 HStS ist, da kein Nachweis erbracht wurde, dass er eine zertifizierte Therapiehundeprüfung abgelegt hat. Das Gericht sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2020 folgt, der es sich anschließt, § 117 Abs. 5 VwGO. Nur ergänzend ist auszuführen, dass die HStS nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt. Der Auffassung des Vertreters der Klägerin, die Satzung diskriminiere Menschen mit Migrationshintergrund, kann nicht gefolgt werden. Die Möglichkeit, eine Ermäßigung der Hundesteuer zu erhalten, steht jedem Hundehalter gleichermaßen zu. Jeder Hundehalter, der die in der Satzung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, hat einen Anspruch auf Ermäßigung der Hundesteuer. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Hundehaltern nach persönlichen Merkmalen gibt es gerade nicht.
16
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
17
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 GKG.