Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 19.10.2020 – Au 9 K 20.128
Titel:

Genehmigung eines Heimversorgungsvertrages

Normenketten:
ApoG § 12a
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2
Leitsätze:
1. Liegt zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung neben einem noch zu genehmigenden Vertrag zur Versorgung von Bewohnern von Heimen mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten ein weiterer bereits genehmigter Versorgungsvertrag mit einer Apotheke vor, muss der zu genehmigende Vertrag eine Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche beispielsweise nach Patienten, Stockwerken etc. zwecks Genehmigung nach § 12a ApoG vorsehen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antrag auf Neuverbescheidung scheidet bei gebundenen Ansprüchen, die also kein Ermessen vorsehen, aus. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Neuverbescheidung (verneint), Gebundene Entscheidung der Genehmigung eines Heimversorgungsvertrags, Ermessen (verneint), Arzneimittelversorgung, Ablehnung, Apotheke, Verpflichtungsklage, Versorgungsvertrag, Rechtswirksamkeit, Neuverbescheidung, Verbescheidungsurteil, Ermessen, gebundene Entscheidung, Heimversorgungsvertrag
Fundstelle:
BeckRS 2020, 31746

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Genehmigung eines von ihr abgeschlossenen Vertrags zur Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern einer stationären Senioreneinrichtung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten.
2
Die Klägerin ist seit dem 13. November 2003 Inhaberin einer Betriebserlaubnis für die *-Apotheke in *. Sie schloss am 1. Oktober 2019 mit dem Träger einer Senioreneinrichtung (Diakoniezentrum) in * einen Arzneimittelversorgungsvertrag gemäß § 12a des Gesetzes über das Apothekenwesen - Apothekengesetz (ApoG). Die Arzneimittelversorgung der Senioreneinrichtung wurde zuvor von der *-Apotheke wahrgenommen, deren Inhaber der Ehemann der Klägerin war. Mit Bescheid vom 20. September 2019 wurde die Genehmigung dieses Versorgungsvertrags widerrufen.
3
Gegenstand des streitgegenständlichen Versorgungsvertrags ist nach § 1 Abs. 1 die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen, qualitätsorientierten und ausreichenden Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten, sowie die Sicherstellung einer individuellen Information und Beratung der Bewohnerinnen und Bewohner und der für die Verabreichung oder Anwendung der Produkte Verantwortlichen. Die Arzneimittelversorgung umfasst die Lieferung sowie die Überprüfung der ordnungsgemäßen, bewohnerbezogenen Aufbewahrung der Produkte. Gemäß § 1 Abs. 5 obliegt es der persönlichen Entscheidung der Bewohnerinnen und Bewohner, jederzeit eine Apotheke der Wahl aufzusuchen und deren Dienstleistungen zu nutzen. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, solange gesetzlich nichts Anderes geregelt werde. Vertragsbeginn ist der 1. November 2019 (§ 8 Abs. 1). In § 9 wird darauf hingewiesen, dass der Vertrag und alle Zusatzvereinbarungen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch die zuständige Behörde bedürfen. Nach § 10 wird keine Ausschließlichkeitsbindung an die Apotheke vereinbart werde. Die Einrichtung ist berechtigt, weitere Verträge zur Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit anderen Apotheken abzuschließen. Über den Abschluss weiterer Verträge mit anderen Apotheken wird die Apothekerin/der Apotheker unverzüglich informiert.
4
Auf den weiteren Inhalt des am 1. Oktober 2019 geschlossenen Versorgungsvertrags wird ergänzend verwiesen.
5
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 die Genehmigung des vorbezeichneten Vertrages beim zuständigen Landratsamt.
6
Mit Schreiben des Landratsamtes vom 11. Oktober 2019 wurde der Klägerin mitgeteilt, Voraussetzung für die Genehmigung des Versorgungsvertrages sei unter anderem, dass die Klägerin Inhaberin einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke sei und eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gewährleistet werde. Die Klägerin sei aktuell Beschuldigte in einem Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Apotheken- und Arzneimittelgesetz. Ferner sei ein verwaltungsrechtliches Verfahren zum Widerruf der Betriebserlaubnis anhängig. Es werde daher eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung bezweifelt. Es wurde um Mitteilung gebeten, ob der Antrag auf Genehmigung aufrechterhalten bleibe. Am 16. Oktober 2019 wurde der Vertrag dem zuständigen Pharmazierat bei der Regierung von * übermittelt.
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Am 17. Oktober 2019 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass am Genehmigungsantrag festgehalten werden. Gegen eine Ablehnung des Antrags werde Klage erhoben.
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Mit Schreiben vom 21. November 2019 nahm die Regierung von * zu dem Antrag der Klägerin Stellung. Bezüglich des Vertragsinhalts wurde beanstandet, dass in § 3 Abs. 2 eine nicht mehr gültige Rechtsvorschrift genannt werde. Ferner sei die in § 4 Abs. 2 vorgeschlagene Regel zur Entsorgung von Betäubungsmitteln nicht praxistauglich. Eine Korrektur dieser Punkte sei im Falle einer Genehmigung erforderlich. Anlässlich der Umstände bezüglich der Zustände in der Apotheke ihres Ehemanns und der Verflechtung mit dem Apothekenbetrieb der Klägerin werde jedoch bezweifelt, ob die Klägerin den Geeignetheitsanforderungen nach § 2 Abs. 4 ApoG entspreche. Sofern die Voraussetzungen des § 12a ApoG erfüllt seien, sei die Genehmigung des Versorgungsvertrags verpflichtend und lasse der Behörde keinen Spielraum. Es werde aber unter dem Aspekt der besonderen Fürsorgepflicht für die Heimbewohner empfohlen, den Vertrag so lange nicht zu genehmigen, bis die Umstände und die Verwicklung der Klägerin in die Vorgänge um die *-Apotheke geklärt seien.
9
Am 26. November 2019 schloss der Träger der Seniorenheims in * mit der Inhaberin der *-Apotheke (*) einen inhaltsgleichen Versorgungsvertrag, den die Inhaberin am selben Tag dem Landratsamt zur Genehmigung vorlegte. Der Vertrag wurde der Regierung von * am 26. November 2019 zur Stellungnahme zugeleitet. Mit Schreiben vom 27. November 2019 verwies der zuständige Pharmazierat auf die Beanstandungen bezüglich des inhaltsgleichen Vertrags der Klägerin. Mit Schreiben vom 27. November 2019 wurde die Inhaberin der Apotheke aufgefordert die in § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 des Vertrags im Einzelnen beanstandeten Regelungen zu ändern. Am 28. November 2019 leitete die Inhaberin der *-Apotheke dem Landratsamt den entsprechend geänderten und von beiden Vertragsparteien unterschriebenen Vertrag zu.
10
Mit Schreiben vom 28. November 2019, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugeleitet am gleichen Tag, teilte das Landratsamt unter anderem mit, dass der Träger der Senioreneinrichtung mit der *-Apotheke einen weiteren Versorgungsvertrag geschlossen habe.
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Dieser Vertrag wurde aufgrund der erfolgten inhaltlichen Überarbeitung mit Bescheid vom 3. Dezember 2019 genehmigt. Auf die Gründe dieses Bescheids wird ergänzend verwiesen.
12
Mit Schreiben des Landratsamtes vom 12. Dezember 2019 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, es sei beabsichtigt, die Genehmigung des Versorgungsvertrags abzulehnen.
13
Mit Bescheid des Landratsamtes vom 19. Dezember 2019 wurde die Genehmigung des am 1. Oktober 2019 (Geltung ab dem 1. November 2019) von der Klägerin abgeschlossenen Versorgungsvertrags abgelehnt.
14
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landratsamt aus, der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke sei nach § 12a ApoG verpflichtet, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen im Sinn des § 1 des Heimgesetzes (HeimG) mit arzneimittel- und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit dem Träger der Heime einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Das Diakoniezentrum * sei eine stationäre Einrichtung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG). Der Heimbegriff sei somit erfüllt. Der Vertrag bedürfe zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde (§ 12a Abs. 1 Satz 2 ApoG). Die *-Apotheke in * und das Diakoniezentrum * in * lägen beide im selben Landkreis. Die erforderliche örtliche Nähe sei gegeben. Die Prüfung des vorgelegten Vertrags habe jedoch ergeben, dass die weitere Voraussetzung in § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Halbs. 2 ApoG nicht erfüllt sei, wonach die Zuständigkeitsbereiche mehrerer an der Versorgung beteiligter Apotheken klar abgegrenzt sein müssten. Das Diakoniezentrum * habe am 26. November 2019 einen inhaltlich identischen Versorgungsvertrag nach § 12a ApoG mit der *-Apotheke in * abgeschlossen. Werde die Versorgung auf mehrere Apotheken verteilt, so hänge die Genehmigungsfähigkeit eines jeden Vertrages davon ab, dass die Bereiche, für die die jeweilige Apotheke zuständig sei, klar abgegrenzt seien. Wie die Abgrenzung erfolge, werde nicht vorgegeben. Weder der mit der Klägerin noch der mit der *-Apotheke geschlossene Vertrag enthielten eine Abgrenzung von Zuständigkeiten. Die durch den Pharmazierat der Regierung von * in dessen Stellungnahme vom 21. November 2019 inhaltlich beanstandeten Regelungen des Vertrags der Klägerin seien dem Diakoniezentrum mitgeteilt worden, um eine umgehende Überarbeitung des Vertrages/der Verträge zu ermöglichen. Eine inhaltlich geänderte Fassung sei von der Einrichtung nur in Bezug auf den Versorgungsvertrag mit der *-Apotheke vorgelegt worden. Auch der überarbeitete Vertrag enthalte keine Abgrenzung von Zuständigkeitsbereichen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Versorgung der Einrichtung - wie bisher - nur durch eine Apotheke erfolgen solle und sich das Diakoniezentrum für eine Versorgung durch die *-Apotheke in * entschieden habe. Durch die Überarbeitung des Vertrages mit der *-Apotheke sei dieser genehmigungsfähig geworden. Die behördliche Genehmigung sei mit Bescheid vom 3. Dezember 2019 erfolgt. Da sich die Versorgung der Einrichtung im vorliegenden Fall mit der Genehmigung des gegenständlichen Vertrages auf mehrere Apotheken verteilen würde, sei nach § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG eine Regelung zur Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der an der Versorgung beteiligten Apotheken erforderlich. Der zur Genehmigung vorliegende Vertrag der Klägerin enthalte eine solche nicht. Die Genehmigung sei daher zu versagen gewesen.
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamtes vom 19. Dezember 2019 wird ergänzend verwiesen.
16
Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. Januar 2020 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
17
1. Der Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2019, Az.:, wird aufgehoben.
18
2. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
19
Hilfsweise: Die Genehmigung des Versorgungsvertrages zwischen der *-Apotheke und dem Diakoniezentrum * * vom 3. Dezember 2019 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Klägerin nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
20
Zur Begründung der Klage ist ausgeführt, dass der vom Beklagten genehmigte Versorgungsvertrag mit der *-Apotheke, der zeitlich später vorgelegt worden sei, ebenfalls keine räumliche Abgrenzungsregelung enthalten habe. Im Vorfeld des streitgegenständlichen Bescheids habe der Beklagte ausschließlich Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin geäußert. Hierzu seien mehrere Stellungnahmen erfolgt. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass dem Vertrag eine klare Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche fehle. Der vom Beklagten genehmigte Versorgungsvertrag mit der *-Apotheke habe denselben Wortlaut wie der Versorgungsvertrag, den die Klägerin mit dem Diakoniezentrum geschlossen habe. Die Klägerin habe bereits mit Schreiben vom 7. Oktober 2019, mithin sieben Wochen bevor der Antrag der *-Apotheke eingegangen sei, die Genehmigung des vorgelegten Versorgungsvertrages beantragt. Die Klägerin sei bis heute Inhaberin einer Apothekenbetriebserlaubnis. Der Beklagte versuche aufgrund eines laufendenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegen den Ehemann der Klägerin auch für diese eine Unzuverlässigkeit zu konstruieren. Deren Unzuverlässigkeit sei jedoch bislang nicht positiv festgestellt worden. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte zu der Auffassung gelange, dass das Diakoniezentrum nur durch eine Apotheke versorgt werden wolle. Beide Apotheken hätten darüber informiert werden müssen, dass Abgrenzungsregelungen innerhalb der Versorgungsverträge getroffen werden müssten. Dies habe der Beklagte versäumt. Es scheine so, als hätte der Beklagte schnellstmöglich den Versorgungsvertrag mit der *-Apotheke genehmigt, um sich nicht mit der behaupteten Unzuverlässigkeit der Klägerin auseinandersetzen zu müssen. Der streitgegenständliche Bescheid sei daher aufzuheben. Gleiches gelte für den Genehmigungsbescheid der *-Apotheke. Im Anschluss könnten neue Verträge abgeschlossen und verbeschieden werden.
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Auf den weiteren Vortrag im Klagebegründungsschriftsatz vom 3. März 2020 wird ergänzend verwiesen.
22
Das Landratsamt ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 17. Februar 2020 entgegengetreten und beantragt,
23
die Klage abzuweisen.
24
Zur Begründung ist ausgeführt, die Versagung der Genehmigung werde auf § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Halbs. 2 ApoG gestützt. Die Genehmigung des vorgelegten Versorgungsvertrags sei zu versagen gewesen, da die Zuständigkeitsbereiche mehrerer an der Versorgung beteiligter Apotheken nicht klar abgegrenzt worden seien. Zur Begründung der Versagung der Genehmigung werde auf den Bescheid vom 19. Dezember 2019 verwiesen. Des Weiteren sei anzumerken, dass eine unmittelbare Genehmigung des Versorgungsvertrags zwischen der Klägerin und dem Träger des Diakoniezentrums kritisch zu beurteilen gewesen sei, da derzeit Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin zum Betrieb einer Apotheke sowie an der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung bestanden hätten. Sinn und Zweck des § 12a ApoG bestünden darin, eine sichere Arzneimittelversorgung der Bewohner der Einrichtung zu gewährleisten. Schutzsubjekt des § 12a Abs. 1 ApoG seien damit in erster Linie die Bewohner der jeweiligen Einrichtung. Der Träger des Diakoniezentrums habe am 26. November 2019 einen inhaltlich identischen Versorgungsvertrag mit der Inhaberin der * Apotheke abgeschlossen. Hintergrund sei vermutlich ein lückenloser Übergang der Heimversorgung auf eine andere öffentliche Apotheke nach der Schließung der *-Apotheke gewesen. Die inhaltlich an beiden Verträgen zu beanstandenden Punkte seien den beiden beteiligten Apotheken umgehend mitgeteilt worden. Eine überarbeitete Version des Vertrages sei lediglich in Bezug auf den Vertrag mit der *-Apotheke vorgelegt worden.
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Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 17. Februar 2020 wird ergänzend verwiesen.
26
Am 19. Oktober 2020 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll Bezug genommen.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verfahrensakten verwiesen. Ebenfalls beigezogen wurde die Behördenakten bezüglich des Genehmigungsverfahrens des Versorgungsvertrags der *-Apotheke.

Entscheidungsgründe

28
1. Die Klage ist, wenn man sie im Hinblick auf den in Nr. 2 gestellten Klageantrag nach § 88 VwGO dahingehend auslegt, dass die Klägerin die Genehmigung des von ihr vorgelegten Versorgungsvertrags vom 1. Oktober 2019 begehrt, als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig.
29
2. Die Klage bleibt jedoch auch bei Auslegung als Versagungsgegenklage in der Sache ohne Erfolg. Die Ablehnung der Genehmigung des streitgegenständlichen Versorgungsvertrags durch den angegriffenen Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht in Bezug auf den von ihr vorgelegten Heimversorgungsvertrag vom 1. Oktober 2019 kein Anspruch auf aufsichtliche Genehmigung nach § 12a ApoG zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist bei der hier in Streit stehenden Verpflichtungs- bzw. Verbescheidungsklage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 113 Rn. 217).
30
a) Die in § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG für eine Genehmigungsfähigkeit abschließend genannten kumulativ erforderlichen Voraussetzungen liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor.
31
Zwar liegt die Apotheke der Klägerin und das zu versorgende Heim innerhalb desselben Landkreises, so dass die Vorgaben des § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ApoG erfüllt werden. Der von der Klägerin vorgelegte Heimversorgungsvertrag entspricht auch den weiteren Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und 4 ApoG bezüglich der Pflichten des Apothekers zur Information und Beratung von Heimbewohnern (Nr. 3) bzw. der fortbestehenden freien Apothekenwahl von Heimbewohnern (Nr. 4). Diesen Punkten wurde in dem von der Klägerin vorgelegten Vertrag in den §§ 1 Abs. 3 und 6 in ausreichender Weise Rechnung getragen.
32
Ob vorliegend die in § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ApoG für eine Genehmigung weiter vorausgesetzte ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung durch die Klägerin gewährleistet ist, bedarf keiner abschließenden gerichtlichen Entscheidung, da eine Genehmigung des von Klägerin vorgelegten Heimversorgungsvertrages derzeit jedenfalls an der Genehmigungsvoraussetzung in § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG scheitert. Nach dieser Vorschrift darf der Versorgungsvertrag keine Ausschließlichkeitsbindung zu Gunsten einer Apotheke enthalten und muss die Zuständigkeitsbereiche mehrerer an der Versorgung beteiligter Apotheken klar abgrenzen. Zwar wurde in § 10 Abs. 1 Satz 1 des vorgelegten Vertrags eine Ausschließlichkeitsbindung an eine bestimmte Apotheke vertraglich ausgeschlossen. Nach Satz 2 von § 10 Abs. 1 des Mustervertrages ist die Heimeinrichtung aber berechtigt, weitere Verträge zur Versorgung der Heimbewohner abzuschließen. Soweit an der Versorgung der Einrichtung mehrere Apotheken beteiligt sind, sind in einer Anlage zum Vertrag die Zuständigkeitsbereiche entsprechend abzugrenzen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags).
33
Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung lag für das streitgegenständliche Heim jedoch ein weiterer, am 3. Dezember 2019 behördlich vom Beklagten genehmigter und somit rechtlich wirksamer Versorgungsvertrag vom 28. November 2019 vor. Dieser wirksame Vertrag hat für die Klägerin zur Folge, dass in ihrem noch nicht behördlich genehmigten streitgegenständlichen Vertrag eine Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche beispielsweise nach Patienten, Stockwerken etc. vorzusehen war. Eine entsprechende Anpassung des Vertrags ist bislang nicht erfolgt, obwohl der Klägerin bzw. deren Bevollmächtigten mit Schreiben des Landratsamtes vom 28. November 2019 (Behördenakte Blatt 39), d. h. zu einem Zeitpunkt, als beide konkurrierenden Heimversorgungsverträge noch nicht wirksam genehmigt waren, mitgeteilt wurde, dass das Diakoniezentrum am 26. November 2019 einen Versorgungsvertrag mit einer weiteren Apotheke abgeschlossen hatte. Vor dem Hintergrund dieser Mitteilung hat es die Klägerin bzw. deren Bevollmächtigter unterlassen, mit dem Träger des Seniorenheims in Kontakt zu treten, um eine Abgrenzung der beiden Heimversorgungsverträge zu veranlassen. Aus der Tatsache, dass gegenüber dem Landratsamt diesbezüglich keine weitere Äußerung durch die Klägerin erfolgte und ein vom Heimträger mit einer anderen Apotheke abgeschlossener aktuellerer Vertrag ohne Regelungen zur Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche vorgelegt wurde, durfte das Landratsamt den Schluss ziehen, dass der Heimträger von der ursprünglichen Absicht des Heimversorgungsvertrags mit der Klägerin mittlerweile Abstand genommen hat. Zwar wäre es - wie von der Klägerin aufgezeigt - durchaus wünschenswert gewesen, wenn der Beklagte vor Erlass der hier streitgegenständlichen Entscheidung mit der betroffenen Heimeinrichtung Kontakt aufgenommen hätte, um die Hintergründe für den Abschluss zweier zunächst identischer Muster-Verträge auszuleuchten. Dass dies wohl unterblieben ist, begründet jedoch keinen Anspruch zu Gunsten der Klägerin, zumal diese jedenfalls mit Schreiben des Beklagten vom 28. November 2019 auf den nunmehr vorliegenden konkurrierenden Heimversorgungsvertrag ausdrücklich hingewiesen worden ist. So wäre es denn auch in erster Linie an der Klägerin gelegen, mit dem Träger der Heimeinrichtung das Gespräch über die Abgrenzung der beiden abgeschlossenen Heimversorgungsverträge zu suchen.
34
b) Der Umstand, dass auch der vom Beklagten am 3. Dezember 2019 genehmigte Heimversorgungsvertrag mit der *-Apotheke seinerseits keine § 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG entsprechende Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche vorsieht, ist nicht geeignet, einen Genehmigungsanspruch aus § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG zu Gunsten der Klägerin zu begründen. Im Zeitpunkt der Genehmigung des Vertrages der *-Apotheke am 3. Dezember 2019 war eine derartige Abgrenzung nicht erforderlich, da der Vertrag der Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht wirksam geschlossen war. Dies ergibt sich aus § 12a Abs. 1 Satz 2 ApoG, wonach der Heimversorgungsvertrag zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde bedarf. Da die Klägerin auch nach Mitteilungen der inhaltlichen Beanstandungen des Pharmazierats bei der Regierung von * den ihrerseits vorgelegten Heimversorgungsvertrag nicht inhaltlich überarbeitet und modifiziert hat, war dieser weder im Zeitpunkt der behördlichen noch der gerichtlichen Entscheidung genehmigungsfähig. Da die öffentlich-rechtliche Genehmigung nach § 12a Abs. 1 Satz 2 ApoG aber Wirksamkeitsvoraussetzung für den vorgelegten Heimversorgungsvertrag ist, blieb dieser schwebend unwirksam.
35
c) Daher kann die am 3. Dezember 2019 erfolgte Genehmigung des Heimversorgungsvertrags der konkurrierenden Apotheke rechtlich nicht beanstandet werden. Aus dem Wesen der rechtlich gebundenen Entscheidung in § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG folgt, dass die jeweils zuständige Genehmigungsbehörde im Wege der staatlichen Apothekenaufsicht Heimversorgungsverträge zu genehmigen hat, sofern sie die kumulativen Voraussetzungen in § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG erfüllen. Aus diesem Grund bestand mit Vorlage eines aus Sicht der zuständigen Behörde genehmigungsfähigen Vertrags für die Inhaberin der *-Apotheke ein Anspruch auf Genehmigung, auch wenn der Vertrag zeitlich nach dem - noch nicht genehmigungsfähigen Vertrag der Klägerin - bei der Behörde eingereicht wurde. Eine Sperrwirkung konnte der von der Klägerin zeitlich vorausgehend vorgelegte Vertrag nicht entfalten, da diesem die zu seiner Rechtswirksamkeit erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung nach § 12a ApoG fehlte.
36
d) Soweit die Klägerin ausdrücklich eine Neuverbescheidung im Sinn des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO beantragt, bleibt die Klage auch insoweit ohne Erfolg. Bei der vorliegenden in Streit stehenden Genehmigung des Heimversorgungsvertrags nach § 12a ApoG handelt es sich um eine rechtlich gebundene Entscheidung. Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 ApoG ist der Inhaber einer öffentlichen Apotheke verpflichtet, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen mit Arzneimitteln mit dem Träger des Heims einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Die Genehmigung dieses Vertrags ist zu erteilen, wenn die in § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Ein für den Erlass eines Verbescheidungsurteils begriffsnotwendig erforderliches Ermessen steht der hierbei zuständigen Behörde nicht zu (vgl. BayVGH, U.v. 30.3.2012 - 9 B 11.1465 - GewArch 2013, 67; VG Augsburg, U.v. 22.2.2011 - Au 1 K 10.1780 - juris Rn. 16).
37
e) Von einer Beiladung des Trägers der streitgegenständlichen Senioreneinrichtung hat das Gericht im Hinblick auf die dem Träger zuzubilligende Vertragsfreiheit abgesehen. In welcher Form, mit welchem Inhalt und mit wie vielen Beteiligten die betroffene Einrichtung Heimversorgungsverträge abschließt, ist der gerichtlichen Kontrolle durch das Verwaltungsgericht entzogen.
38
Auch eine Beiladung der Inhaberin der konkurrierenden Apotheke war nicht veranlasst, da im Bereich der Heimversorgungsverträge bereits die gesetzliche Regelung in § 12a Abs. 1. Satz 3 Nr.5 ApoG eine Ausschließlichkeitsbindung an eine Apotheke ausschließt. Hieraus folgt, dass es nach der gesetzlichen Konzeption möglich und zulässig ist, die Heimversorgung auf mehrere beteiligte Apotheken zu verteilen und mehrere untereinander abgegrenzte Heimversorgungsverträge behördlich genehmigen zu lassen, soweit diese jeweils genehmigungsfähig im Sinne des § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG sind. Die Genehmigung des zeitlich nachfolgend vorgelegten Heimversorgungsvertrages für die konkurrierende *-Apotheke am 3. Dezember 2019 schließt demnach eine Genehmigung des zeitlich vorausgehend vorgelegten Vertrages der Klägerin nicht aus, sofern dieser den kumulativen Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 Satz 3 ApoG entsprechen würde, was aber weder im Zeitpunkt der behördlichen Ablehnungsentscheidung noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Fall ist.
39
3. Aufgrund des dargestellten Verhältnisses mehrerer zur Genehmigung gestellter Heimversorgungsverträge vor dem Hintergrund des § 12a ApoG kann die Klage auch im gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, die Genehmigung des Versorgungsvertrages zwischen der *-Apotheke und dem Diakoniezentrum * aufzuheben, keinen Erfolg haben. Der Klägerin steht in ihrem Verfahren insoweit bereits kein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung eines konkurrierenden Apotheken-Heimversorgungsvertrages zu.
40
5. Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
41
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).