Titel:
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
Normenketten:
StGB § 73, § 73c, § 266a Abs. 1, Abs. 2
StGB aF § 73 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Im Falle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt unterliegen sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung der Einziehung des Wertersatzes gemäß §§ 73, 73 c StGB. (Rn. 6)
2. Die Sperrwirkung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. ist nach neuem Recht entfallen. (Rn. 6)
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, an die Krankenkasse sowohl den Arbeitgeber-anteil (§ 266a Abs. 2 StGB) als auch den Arbeitnehmeranteil (§ 266a Abs. 1 StGB) abzuführen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Arbeitgeber, Vorenthalten von Arbeitsentgeld, Arbeitgeberanteil, Arbeitnehmeranteil, Krankenversicherung, Krankenkasse, Veruntreuung, Einziehung
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 11.02.2020 – 8 Ns 507 Js 1472/17
AG Nürnberg, Urteil vom 01.03.2019 – 47 Cs 507 Js 1472/17
Fundstellen:
LSK 2020, 31281
NStZ-RR 2021, 44
BeckRS 2020, 31281
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten S M J gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.02.2020 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Zur Begründung wird auf die auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung vom 02.07.2020 zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 09.06.2020 Bezug genommen.
3
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
4
Ergänzend bemerkt der Senat zur Einziehungsentscheidung:
5
Der Angeklagte war als Arbeitgeber des Zeugen K verpflichtet, an die Techniker Krankenkasse sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile abzuführen; anderenfalls macht er sich strafbar hinsichtlich der Arbeitgeberanteile nach § 266a Abs. 2 StGB, hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile nach § 266a Abs. 1 StGB.
6
Im Sinne der §§ 73, 73c StGB erlangt er nach ganz herrschender Meinung den Gesamtbetrag der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge, also der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile. Dieser Betrag kommt ihm aus der Tat (als ersparte Aufwendungen, vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020 § 73 Rn. 20) unmittelbar messbar zugute; bei redlichem Verhalten wäre das Vermögen des Täters nämlich unmittelbar um diesen Betrag vermindert (dies voraussetzend BGH, Urteil vom 10.11.2009, Az.: 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, zitiert nach juris Rn. 42, wonach der Einziehung des Wertersatzes - nur - der eigene Anspruch der Krankenkasse gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a.F. entgegen stand; BVerfG, Beschluss vom 17.04.2015, Az.: 2 BvR 1986/14, zitiert nach juris Rn. 17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.12.2018, Az.: 2 Ws 627/18, wistra 2019, 297; Wiedner in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017 § 266a Rn. 114; Reh, NZWiSt 2018, 20; a.A. Bach, NZWiSt 2019, 214).