Titel:
Disziplinarmaß bei Veurteilung eines Hochschullehrers wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Jugendlichen
Normenketten:
BayDG Art. 6 Abs. 1, Art. 11
BeamtStG § 33 Abs. 1, § 34 S. 3, § 47 Abs. 1 S. 2
StGB § 176 Abs. 1, § 182 Abs. 3 Nr. 1
Leitsätze:
1. Bei Straftaten mit einem Regelstrafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bzw. bis zu drei Jahren reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Verhängung der Höchstmaßnahme bedarf es daneben keiner erschwerenden Umstände. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hervorragende dienstliche Leistungen können allenfalls in der Zusammenschau mit anderen entlastenden Momenten Bedeutung erlangen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Disziplinarmaßnahme gegen einen Hochschullehrer, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Verurteilung zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung, sexueller Missbrauch eines Kindes und einer Jugendlichen, Strafrahmen bis zu zehn bzw. drei Jahren, Gesamtschau der Milderungsgründe, Disziplinarmaßnahme, Beamtenverhältnis, Disziplinarverfahren, sexueller Missbrauch, Dienstvergehen, Strafrahmen, Vorsatzstraftat, Vertrauensverlust, Untragbarkeit, Milderungsgrund, dienstliche Leistungen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 15.01.2019 – M 13L DK 17.5387
Fundstelle:
BeckRS 2020, 30418
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens
Tatbestand
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Der 1967 geborene Beklagte wurde mit Wirkung vom 1. April 2012 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als Professor an der Technischen Hochschule I. (Fakultät Maschinenbau) berufen. Im Berufungsverfahren wendet er sich gegen seine im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Januar 2019 ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
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Der Beklagte erhält Dienstbezüge der Besoldungsgruppe W 2, von denen - nach seiner vorläufigen Dienstenthebung mit Verfügung vom 6. Juni 2016 - 50% einbehalten werden. Er ist mit Ausnahme der ihm im vorliegenden Verfahren zu Last gelegten Sachverhalte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
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Mit Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt - Jugendschöffengericht - vom 6. März 2017, rechtskräftig seit 14. März 2017, wurde der Beklagte aufgrund der Hauptverhandlung vom 13. und 20. Februar sowie 6. März 2017 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen (§ 176 Abs. 1, § 182 Abs. 3 Nr. 1, § 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Vorangegangen war eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten gemäß § 257c StPO, in deren Rahmen sich der Beklagte insbesondere zu einer Zahlung von 15.000 Euro an jedes der beiden Opfer verpflichtet hat. Die zu den Tatzeitpunkten (5.8.2014 und 18.8.2015) neun und 15 Jahre alten Mädchen sind Abkömmlinge der Schwester der damaligen Lebensgefährtin - heutigen Ehegattin - des Beklagten. Die jüngere der beiden Schwestern wurde an zwei Verhandlungstagen als Zeugin einvernommen. Wegen der Einzelheiten der beiden Taten wird auf das Strafurteil vom 6. März 2017 Bezug genommen.
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Auf den vom Kläger in seiner Disziplinarklage vom 13. November 2017 gestellten Antrag hin verfügte das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 15. Januar 2019 die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Er habe vorsätzlich gegen seine Pflichten zur Beachtung der Gesetze verstoßen und ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei allein die Begehung einer Sexualstraftat gegenüber Kindern geeignet, das Ansehen des Berufsbeamtentums derart schwerwiegend zu beeinträchtigen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Richtschnur für die Disziplinarmaßnahme zugrunde zu legen sei. Die Einhaltung grundlegender Schutzvorschriften im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung gehöre zum Kernbereich des Bildungsauftrags eines Hochschullehrers, auch wenn es minderjährige Personen an Hochschulen nur in geringer Anzahl gebe. Der Beklagte habe ein schwerwiegendes außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Die zu verhängende Disziplinarmaßnahme habe sich am gesetzlichen Strafrahmen zu orientieren, der hier Freiheitsstrafen von bis zu drei bzw. zehn Jahren vorsehe. Auch sei die konkret verhängte Freiheitsstrafe von elf Monaten, die sich nur knapp unter der Grenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG bewege, in den Blick zu nehmen. Das Strafgericht habe eine höhere Freiheitsstrafe letztlich nur deshalb nicht verhängt, um die Disziplinargerichte über die Frage der Entfernung aus dem Dienst entscheiden zu lassen. Gleichwohl sei dem Beklagten die zu erwartende disziplinarische Konsequenz strafmildernd angerechnet worden. Im Rahmen einer Gesamtschau der den Beklagten belastenden und entlastenden Umstände besäßen die letzteren kein derartiges Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könne. Für ihn spreche neben der Bereitschaft, einen Schmerzensgeldvergleich mit den beiden Opfern abzuschließen, letztlich nur seine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung. Diese bedeute jedoch lediglich eine normale Diensterfüllung und könne die gravierenden Pflichtverletzungen nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Sein Verhalten vor dem Strafgericht, wo er zunächst kein Geständnis abgelegt habe, sei als zulässiges Verteidigungsverhalten neutral einzustellen. Gleiches gelte für den Umstand, dass er keine pädosexuellen Neigungen habe. Demgegenüber habe er bisher kein Bedauern der Taten erkennbar werden lassen. Beide Taten habe der Beklagte in einem Abstand von mehr als einem Jahr und damit nicht nur im Rahmen einer bestimmten kurzen Lebensphase begangen. Gegen ihn spreche auch, dass er sich nicht von der zweiten Tat abhalten habe lassen, obwohl die erste Tat nur deswegen nicht weiterverfolgt worden sei, weil man der Aussage des damals neunjährigen Mädchens keinen Glauben geschenkt habe, sondern den Unschuldsbeteuerungen des Beklagten. Im Strafurteil werde zu seinen Lasten weiter festgestellt, dass die beiden Mädchen unter den psychischen Folgen der Taten zu leiden hätten. Er habe das Vertrauen der beiden Mädchen - die ältere sei zudem sein Patenkind - in gravierender Weise missbraucht. In der Gesamtschau aller Umstände seien keine gewichtigen entlastenden Gesichtspunkte festzustellen, sodass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzig angemessene und verhältnismäßige Maßnahme darstelle.
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Seine am 5. Februar 2019 eingelegte Berufung begründet der Beklagte damit, dass es an einem hinreichenden Bezug seiner Pflichtverletzungen zum Statusamt fehle. Die vom Erstgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 18.6.2015 - 2 C 9. 14 - juris) befasse sich mit den speziellen Dienstpflichten von Lehrern im Hinblick auf die Fürsorge gegenüber Kindern. Diese Rechtsprechung sei nicht auf Hochschullehrer übertragbar, selbst wenn sie in Ausnahmefällen minderjährige Studierende unterrichteten. Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten habe weder Auswirkungen auf seine dienstliche Tätigkeit noch einen unmittelbaren Bezug hierzu. Damit komme es für die Frage, ob das erforderliche Vertrauen in die Fortführung seines Amtes durch das außerdienstliche Verhalten entfallen sei, maßgeblich auf die Art und Intensität der konkreten Verfehlung an. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem kein Rückschluss auf die Dienstausübung des Beamten, zu der gerade nicht die besondere Fürsorgepflicht für Kinder gehöre, möglich sei und die disziplinarrechtliche Bedeutung vielmehr ausschließlich aus dem Ansehensschaden resultiere, müsse das Dienstvergehen durch besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet sein. Solche lägen hier nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe die den Beklagten entlastenden Momente und die vorliegenden Milderungsgründe in der Gesamtschau unrichtig gewichtet. Schon seine Bereitschaft, jedem der beiden Mädchen ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro zu zahlen, einen Betrag, der im oberen Bereich dessen liege, was üblicherweise in vergleichbaren Fällen geleistet werde, zeige seine Reue und sein Bemühen um Wiedergutmachung ohne gerichtliche Auseinandersetzung. Der Beklagte habe außerdem im strafrechtlichen Verfahren ein Geständnis abgelegt, lediglich den ursprünglichen, nicht den Tatsachen entsprechenden Vortrag der Opfer abgestritten. Die Folgerung des Verwaltungsgerichts, er habe erst im Laufe des Verfahrens aus rein finanziellen Gründen ein Geständnis abgelegt, ohne dabei Einsicht und Reue zu zeigen, treffe nicht zu. Er habe vielmehr sein Fehlverhalten von Anfang an in wesentlichen Punkten eingeräumt. Zu Vorfällen wie den hier streitgegenständlichen werde es nicht mehr kommen, zumal keine pädosexuellen Neigungen des Beklagten vorlägen. Aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht bewusst eine Freiheitsstrafe knapp unterhalb der Zwölf-Monatsgrenze verhängt habe, um den Eintritt des gesetzlichen Automatismus des § 24 BeamtStG zu verhindern, könne nicht die Notwendigkeit einer disziplinarrechtlichen Entfernung abgeleitet werden. Schließlich ergäben sich aus dem Strafurteil auch nicht die vom Verwaltungsgericht als erschwerende Umstände berücksichtigten negativen psychischen Folgewirkungen für die beiden Mädchen, die sich bereits vor den Taten in therapeutischer Behandlung befunden hätten; die Gefahr einer erheblichen Schädigung ihrer Entwicklung sei bisher weder behauptet noch bewiesen worden. Der Beklagte sei letztlich „nur in zufällig zustande gekommenen besonderen Situationen kurzzeitig schwach geworden“. Das Verwaltungsgericht habe weiter die herausragenden dienstlichen Leistungen des Beklagten zu Unrecht als normale Erfüllung der Dienstpflichten gewertet, ohne zu berücksichtigen, dass besonders gute dienstliche Leistungen als „klassischer“ Milderungsgrund anerkannt seien. Der erst im Jahr 2012 zum Professor ernannte Beklagte sei zuvor mehr als zehn Jahre im Management von Audi tätig gewesen und verfüge mit seiner dort gewonnenen beruflichen Erfahrung über besondere Qualifikationen, insbesondere große Expertise im Bereich der Automobilfertigung, die nur wenige Kollegen an der Fachhochschule vorzuweisen hätten. Dort sei es ihm bereits nach kurzer Zeit unter hohem persönlichen Einsatz gelungen, einen neuen international ausgerichteten Studiengang mit Verbindungen zur Industrie erfolgreich zu etablieren; er habe mehrmals Bonuszahlungen erhalten. Das Verwaltungsgericht habe das vom Dienstvorgesetzten erstellte positive Persönlichkeitsbild vom 12. September 2017 (Bl. 239, 240 Disziplinarakte) nicht berücksichtigt. Bei einer zutreffenden Gewichtung aller für den Beklagten sprechenden Umstände im Rahmen einer Gesamtschau sämtlicher be- und entlastender Gesichtspunkte hätte von der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden müssen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Januar 2019 abzuändern und auf eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte habe mit den außerdienstlich begangenen Sexualstraftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden seien, schwerwiegend gegen die Rechtsordnung verstoßen. Sie führten unabhängig vom konkreten Amt zu einer so erheblichen Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums, dass als Disziplinarmaßnahme nur die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht komme. Ein hinreichender Bezug zum Statusamt liege schon deshalb vor, weil an der Hochschule auch minderjährige Studierende aufgenommen werden könnten. Jedenfalls sei das Fehlverhalten des Beklagten geeignet, das Vertrauen von Studenten, deren Eltern, den Kollegen und der gesamten Öffentlichkeit in seine Stellung als Hochschullehrer zu beeinträchtigen. Hinreichend gewichtige entlastende Umstände, die eine mildere Maßnahme zuließen, lägen nicht vor. Die Höhe der ausgeworfenen Freiheitsstrafe von elf Monaten führe nicht zu einer milderen Maßnahme. Ihr liege eine Verständigung im Sinn von § 257c StPO zugrunde. Sie habe ein Geständnis des Beklagten vorausgesetzt, das jedoch als rein taktisch begründet einzustufen sei, um nämlich ein Strafmaß von weniger als zwölf Monaten zu erreichen. Zunächst habe der Beklagte die Tat in den entscheidenden Teilen bestritten (vgl. Bl. 43 Strafakte), worin zwar strafprozessual zulässiges Verteidigungsverhalten liege, das jedoch nicht zur Begründung einer milderen Maßnahme geeignet sei. Die im Strafurteil vorgenommene strafmildernde Berücksichtigung des Umstands, dass der Beklagte die Entfernung aus dem Dienst zu erwarten habe, lasse die Folgerung, die Entfernung aus dem Dienst sei neben der Freiheitsstrafe nicht mehr erforderlich, nicht zu.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Akten des Strafverfahrens, des Disziplinarverfahrens sowie des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.
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Der Beklagte hat ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das die Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt, weil es nach den festgestellten Umständen in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstherrn in einer für das Amt als Hochschullehrer bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens entsprechend seiner Schwere zu einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG genannten Disziplinarmaßnahmen erfordert hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens (2.). Ein Hochschulprofessor, der sich des zweifachen sexuellen Missbrauchs eines neunjährigen und eines 15-jährigen Mädchens schuldig gemacht hat, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Vertrauen des Dienstherrn und das Ansehen der Hochschullehrerschaft in der Öffentlichkeit auf das schwerste und macht sich untragbar.
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1. Die dem Beklagten zur Last gelegten Sachverhalte ergeben sich aus dem rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 6. März 2017, auf das sich die Disziplinarklage vom 13. November 2017 bezieht und auf die wiederum das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil (UA S. 19) Bezug nimmt. Die Sachverhalte stehen gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG mit bindender Wirkung fest. Der Senat macht sich insoweit die tatsächlichen Feststellungen der Disziplinarklage und des angefochtenen Urteils zu eigen (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayDG, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO). Im Übrigen hat der Beklagte weder vor dem Verwaltungsgericht noch im Berufungsverfahren den Ablauf der ihm zur Last gelegten Vorgänge infrage gestellt, sondern zumindest stillschweigend eingestanden. Die Bindungswirkung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Strafurteil auf einer Verständigung gemäß § 257c StPO beruht, in deren Rahmen der Beklagte die vorgeworfenen Taten eingeräumt und damit eine strafmildernde Berücksichtigung erreicht hat (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2018 - 16a D 17.955 - UA Rn. 51).
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2. Mit den beiden strafrechtlich abgeurteilten, am 5. August 2014 und 18. August 2015 begangenen Taten hat der Beklagte ein einheitliches außerdienstliches Dienstvergehen im Sinn von § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG (vgl. hierzu Zängl in Weiss/Niedermeier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Mai 2020, § 47 BeamtStG Rn. 62-74) verwirklicht. Durch die beiden von ihm begangenen Straftaten hat er gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. § 176 Abs. 1, § 182 Abs. 3 Nr. 1, § 53 StGB) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Die Straftaten sind außerdienstlicher Natur, weil ihnen ein Verhalten im privaten (häuslichen) Bereich ohne unmittelbare Dienstbezogenheit zugrunde liegt. Die erforderliche disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlich begangener Straftaten (Disziplinarwürdigkeit) und die Schwere von außerdienstlichem Fehlverhalten hängen maßgeblich davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist; dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (etwa BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 9). Die beiden (außerdienstlich) begangenen Straftaten stellen ein Dienstvergehen dar, weil sie nach den Umständen des Einzelfalls jedenfalls besonders geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit, des Dienstherrn und der mit dem Beklagten als Hochschulprofessor in Berührung kommenden Personen in einer für die Amtsausübung des Beklagten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Damit bestehen an der grundsätzlichen Disziplinarwürdigkeit der vom Beklagten begangenen Straftaten keine Zweifel.
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Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts (UA S. 21) nicht, die begangenen Straftaten hätten deswegen einen besonderen Bezug zum innegehabten Amt, weil der Beklagte als Hochschullehrer eine besondere Fürsorgefunktion gegenüber den Studierenden zu erfüllen habe, die gerade auch die Einhaltung von Schutzvorschriften für Minderjährige im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung umfassten. Das erstinstanzliche Urteil nimmt insoweit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 18.6.2015 - 2 C 9.14 - juris Rn. 22 mit Verweis auf drei Entscheidungen zu Lehrern). Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch ausschließlich auf Erzieher und Lehrer, denen neben dem Bildungs- und Erziehungsauftrag als spezifische Dienstpflicht gerade Schutz und Obhut von Kindern als heranwachsenden Menschen obliegen; derartige Verpflichtungen bestehen für einen Professor an einer Hochschule nicht. Unabhängig von der Frage, ob er überhaupt (ggf. in welchem Umfang) beruflichen Kontakt zu minderjährigen Studierenden oder Studieninteressentinnen unterhält, hat ein Hochschullehrer in aller Regel mit Erwachsenen zu tun, sodass ihm schon aus diesem Grunde keine Fürsorgefunktion zukommt, die derjenigen vergleichbar wäre, die ein Lehrer gegenüber Kindern zu erfüllen hat, für die seine durch Autorität herausgehobene Position prägend ist.
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Jedoch reicht hier - unabhängig von der Frage, ob nachteilige Rückschlüsse aus dem außerdienstlichen Fehlverhalten des Beklagten auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben gezogen werden können - für die Annahme einer disziplinarrechtlichen Relevanz aus, dass Autorität und Ansehen des Beamten in einer Weise beschädigt sind, die ihn in seiner Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 9; U.v. 19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris Rn. 13 f.). Für die Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch die vom Beamten begangenen Straftaten hervorgerufen wurde, ist auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14). Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht den Beklagten wegen je eines Falles des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB sowie von Jugendlichen (§ 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB) verurteilt und dabei die Regelstrafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bzw. bis zu drei Jahren zugrunde gelegt. Dieser weite Strafrahmen zeigt die besondere Verwerflichkeit der vorsätzlich begangenen Taten und weist auf einen erheblichen Vertrauensverlust hin. Von dem dargestellten Strafrahmen ausgehend reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 20).
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3. Aus den gesetzlichen Zumessungskriterien folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund der Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung ist danach die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 16). Bei dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.
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Der Beklagte hat hinsichtlich der objektiven Handlungsmerkmale der Taten durch den sexuellen Missbrauch eines neunsowie eines 15-jährigen Mädchens in zwei rechtlich und tatsächlich voneinander unabhängigen Handlungen eine außerordentlich schwerwiegende Pflichtverletzung begangen. Sein Fehlverhalten ist im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG derart gewichtig, dass er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und das Verwaltungsgericht daher zu Recht auf die Höchstmaßnahme erkannt hat. Im Berufungsverfahren wurden keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die die Verhängung einer für den Beklagten günstigeren Maßnahme rechtfertigen könnten. Vielmehr erschöpft sich das Berufungsvorbringen in einer Vertiefung und Anreicherung der erstinstanzlichen Argumentation.
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3.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme aus dem Katalog des Art. 6 BayDG. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden.
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Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12). Für die Schwere können bestimmend sein: objektive Handlungsmerkmale, besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist seine Weiterverwendung wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
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3.2 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, U.v. 25.3.2010 - 2 C 83.08 - juris Ls. 2, Rn. 18, Justizvollzugsobersekretär) hat entschieden, dass bei einem mit einer Freiheitsstrafe geahndeten sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) die Schwere des Dienstvergehens die Höchstmaßnahme rechtfertigt, wenn es nach den gesamten Umständen an hinreichend gewichtigen entlastenden Gesichtspunkten fehlt. Unabhängig von dem konkreten Amt, das der Beamte innehat, sind derartige Straftaten grundsätzlich geeignet, als Richtschnur für die Bemessung der Maßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorzusehen (so auch BayVGH, U.v. 23.3.2011 - 16b D 09.2749 - juris Rn. 47, 48, Bundesbahnhauptsekretär). Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O. Rn. 19) weiter aus:
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„Das folgt aus der in hohem Maße schädlichen Wirkung eines sexuellen Missbrauchs für die Persönlichkeit des Kindes (Art. 2 Abs. 1 GG) verbunden mit einer schweren Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die auch in dem hohen Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommt. Der strafbare sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeitsschädigend, weil er in den Reifeprozess eines jungen Menschen eingreift und nachhaltig die Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit gefährdet. Ein Kind oder Jugendlicher kann wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife das Erlebte intellektuell und gefühlsmäßig in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten. Zugleich benutzt der Täter sein kindliches Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In dieser Herabminderung zum bloßen Objekt seines eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes. Sexualdelikte gegen Kinder unterliegen mittlerweile durchgängig einer starken gesellschaftlichen Ächtung. Der Gesetzgeber hat in Reaktion hierauf Kinder unter 14 Jahren unter einen uneingeschränkten strafrechtlichen Schutz gestellt. Die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176, 176a, 176b, ebenso § 184b, vgl. auch § 5 Nr. 8b StGB) bezwecken, die Entwicklung des Kindes vor vorzeitigen sexuellen Erlebnissen zu schützen. Deshalb führt auch der außerhalb des Dienstes begangene sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Beamten in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einer erheblichen Ansehensbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zu völligem Ansehensverlust, also zu einem Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität des Beamtentums.“
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Über diesen allgemeinen Zusammenhang hinaus sind die Gerichte jedoch verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls zu betrachten und mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu berücksichtigen. Erst damit wird dem auch im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen (vgl. etwa BVerfG, B.v. 18.1.2008 - 2 BvR 313/07 - juris Rn. 10).
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3.2.1 Eine Abwägung aller zu Lasten und zu Gunsten des Beklagten sprechender Gesichtspunkte führt hier zu dem Ergebnis, dass ein angesichts der Schwere der Straftaten und damit der Dienstverfehlung zu forderndes hohes Maß an entlastenden Umständen nicht feststellbar ist.
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3.2.2 Der Senat erachtet im vorliegenden Fall als ein das Dienstvergehen maßgeblich erschwerenden Umstand, dass sich der Beklagte von der Begehung der zweiten Tat im August 2015 an dem zweiten Opfer auch nicht dadurch hat abhalten lassen, dass die erste Tat im August 2014 nur deswegen nicht unmittelbar nach ihrer Begehung aufgedeckt und verfolgt wurde, weil man dem damals erst neunjährigen Mädchen keinen Glauben geschenkt hat. Weitere tat- oder täterbezogene Merkmale, die über das Eigengewicht der Tat hinaus zusätzlich erschwerende Wirkung haben könnten, sind nicht zu erkennen.
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In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die beiden Opfer unter besonderen negativen Folgewirkungen, die über die Folgen der notwendigen Verwirklichung der maßgeblichen Tatbestände hinausgehen, zu leiden hatten oder noch leiden (hierzu: 3.2.3 sowie UA S. 25, 26). Fehl geht jedenfalls die Auffassung des Beklagten (vgl. Berufungsbegründung v. 21.3.2019, S. 9), es seien nur solche negativen Folgewirkungen „als erschwerend anzusehen, wenn der Geschädigte durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Schädigung der seelischen und körperlichen Entwicklung gebracht worden“ sei. Denn in diesem Fall wäre der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (vgl. § 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB) in der Person des neunjährigen Opfers erfüllt worden, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht und damit schon kraft Gesetzes (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG) zum Verlust der Beamtenrechte geführt hätte. Dem Beklagten kann jedenfalls nicht in belastender Weise angerechnet werden, dass er im Strafprozess erst nach der Aussage des ersten Opfers als Zeugin ein vollumfängliches Geständnis abgelegt hat; ein derartiges Vorgehen hält sich in den Grenzen eines angemessenen Verteidigungsverhaltens (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2013 - 2 C 62.11 - juris Rn. 51f.; von der Weiden, jurisPR-BVerwG 16/2013 Anm. 4)
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3.2.3 Allerdings bedarf es solcher erschwerenden Umstände vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2010 (a.a.O.) auch nicht, um die Höchstmaßnahme verhängen zu können. Die in diesem Zusammenhang vom Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2011 (2 C 16.10 - juris), die zu einem Fall einer strafbefreienden Selbstanzeige bei schwerwiegender Steuerhinterziehung (über eine Summe von mehr als 1,2 Mio. Euro, vgl. OVG NW, U.v. 23.9.2009 - 3d A 1849/08.O - juris) ergangen ist, führt im vorliegenden Fall schon wegen der Andersartigkeit der Delikte nicht weiter. Nach dem Urteil ziele ein außerdienstliches Dienstvergehen „regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich…, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zulässt“ und „seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem…Ansehensschaden ergibt“; in dieser Situation komme die Höchstmaßnahme nur in Betracht, „wenn das Dienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist“ (BVerwG a.a.O. juris Rn. 33); dabei sei eine „außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrags“ in den Blick zu nehmen. Eine Übertragung dieser speziell für den Deliktsbereich der Steuerhinterziehung getroffenen Aussagen (vgl. BVerwG a.a.O. juris Rn. 34) auf Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung scheidet wegen der Unterschiedlichkeit der Deliktstypen (Steuerhinterziehung und sexueller Missbrauch) aus, insbesondere im Hinblick auf die im Rahmen von § 371 AO für einen Steuerhinterzieher bestehende Möglichkeit, durch rechtzeitige Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen und damit für den Bereich des Disziplinarrechts den Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung zu schaffen (BVerwG a.a.O. juris Rn. 36).
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Damit verbleibt es hier dabei, dass nur dann von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte, wenn die für den Beklagten sprechenden entlastenden Gesichtspunkte derart gewichtig sind, dass sie in einer Gesamtwürdigung den Schluss zuließen, er habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört. Hierfür reichen die geltend gemachten Milderungsgründe jedoch nicht aus (vgl. UA S. 27 unten). Im Einzelnen:
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3.2.3.1 Dem Verhalten des Beklagten im Strafprozess kommt weder ent- noch belastendes Gewicht zu; dementsprechend hat es das Verwaltungsgericht als neutral angesehen. Das in letzter Konsequenz erst im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO abgelegte Geständnis, mit dem wenigstens dem zweiten Opfer eine gerichtliche Aussage als Zeugin erspart wurde, kam zu spät, um dem Beklagten im Rahmen des Disziplinarverfahrens mit entlastender Wirkung zu Gute kommen zu können. Ob die maßgebliche Motivation des Beklagten für das Geständnis Reue und Einsicht waren oder ob es - wie der Kläger meint - rein taktischer Natur war, vermag der Senat nicht endgültig zu beurteilen. Fest steht aber, dass erst das Geständnis (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 2 StPO) den Weg zu einer Freiheitsstrafe von weniger als zwölf Monaten auf Bewährung freigemacht und damit die Gefahr einer Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG) verhindert hat. Die aufgeworfene Frage kann letztlich dahinstehen, denn insbesondere der späte Zeitpunkt des Geständnisses lässt die Frage nach seiner Motivation zweitrangig erscheinen.
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3.2.3.2 Die vom Beklagten „freiwillig“ zugesagten Schmerzensgeldzahlungen an beide Opfer hält der Senat in erster Linie der Einsicht in die Notwendigkeit einer „Verständigung“ geschuldet, ohne dass allein aus der erheblichen Höhe (vgl. Strafurteil S. 5, IV.: „am obersten Rahmen dessen…, was normalerweise in solchen Fällen gezahlt wird“) ein gewichtiges entlastendes Moment abzuleiten wäre, mit dem ein Absehen von der Höchstmaßnahme begründet werden könnte. Gleiches gilt für den Vortrag, mit dem im Wege eines Vergleichs vereinbarten Schmerzensgeld habe eine - die Opfer erneut belastende - zivilprozessrechtliche Auseinandersetzung vermieden werden können. Anhaltspunkte dafür, dass die Schmerzensgeldvereinbarung Ausdruck echter Reue oder zumindest von Einsicht in den Unrechtsgehalt der Taten ist, vermag der Senat jedenfalls nicht zu erkennen.
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3.2.3.3 Schließlich stellt auch nicht das Fehlen einer pädophilen Veranlagung des Beklagten und die vor diesem Hintergrund nach seinem Vortrag auszuschließende Gefahr der erneuten Begehung gleichgerichteter Straftaten einen durchschlagenden Milderungsgrund dar. Denn ungeachtet der Frage, ob sich „solche Vorfälle…nicht mehr ereignen werden“ (Berufungsbegründung S. 12), ist das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit bereits durch die erstmalige Begehung zweier Straftaten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes und einer Jugendlichen zerstört.
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3.2.3.4 Die schließlich noch in breitem Umfang geltend gemachten herausragenden dienstlichen Leistungen des Beklagten, die insbesondere in den vom Dienstherr gezahlten Leistungsprämien und dem vom Präsidenten der Hochschule entworfenen positiven Persönlichkeitsbild des Beklagten vom 12. September 2017 ihre Bestätigung gefunden haben, rechtfertigen ebenfalls keine mildere Maßnahme. Hervorragende dienstliche Leistungen können allenfalls in der Zusammenschau mit anderen entlastenden Momenten Bedeutung erlangen. Selbst eine weit überdurchschnittliche Erfüllung der Dienstpflichten ist für sich genommen nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, U.v. 19.3.2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 8; U.v. 23.1.2013 - 2 B 63.12 - juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 24.3.2020 - 16a D 18.1835 - UA Rn. 61). Die Würdigung der vom Beklagten unzweifelhaft erbrachten dienstlichen Leistungen führt demnach nicht zu einer milderen Bewertung des durch gravierendes Fehlverhalten verursachten endgültigen Vertrauensverlusts. Entsprechendes gilt schließlich für die in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Schwerbehinderung des Beklagten sowie das Fehlen jeglicher straf- und disziplinarrechtlicher Vorbelastungen. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind weitere durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, nicht zu erkennen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 6.14 - juris Rn. 36).
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4. Nach alldem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Der festzustellende endgültige Vertrauensverlust des Dienstherrn infolge der Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums ist nicht wiedergutzumachen. Gegen den Beklagten war die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu verhängen (Art. 6 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayDG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.
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Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).