Titel:
Ausgleichszulage für den Wegfall von Stellenzulagen
Normenkette:
BayBesG Art. 3 Abs.1, Art. 51 Abs. 1 Nr. 3, Art. 52 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Die Ausgleichszulage nach Art. 52 Abs. 1 S. 1 BayBesG setzt für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine zulageberechtigende Verwendung im Beamtenverhältnis voraus. Zeiten im Arbeitnehmerverhältnis können nicht berücksichtigt werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Besoldungsleistungen dürfen nur gewährt werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind. Dieser Gesetzesvorbehalt verbietet sowohl eine unter Anwendung des Gleichheitsprinzips erfolgende extensive Auslegung des Gesetzes als auch mögliche Analogieschlüsse. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Landesbeamten, Anspruch auf Ausgleichszulage, Beamter, Ausgleichszulage, Stellenzulage, Wegfall, Beamtenverhältnis, Angestelltenverhältnis, Besoldung, Gessetzesvorbehalt, Auslegung, Analogie
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 15.03.2021 – 3 ZB 20.2316
Fundstelle:
BeckRS 2020, 30106
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der am * 1972 geborene Kläger leistet seit 1. September 2015 Dienst an der Staatlichen Realschule * als weiterer Stellvertreter des Schulleiters im Amt eines zweiten Realschulkonrektors (Besoldungsgruppe A14+Z).
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Vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2015 war der Kläger als Realschullehrer zur Dienstleistung an das * abgeordnet und erhielt eine Stellenzulage für die Tätigkeit an einer obersten Bundes- oder Landesbehörde gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG i.V.m. Anlage 7 zum BayBesG (zunächst 181,54 EUR, zuletzt 279,60 EUR). Diese erhielt er vom 1. bis zum 12. September 2010 als tariflich beschäftigte Lehrkraft nach den tariflichen Bestimmungen. Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (KMS) vom 16. Juli 2009 war dem Kläger die Übernahme in das Beamtenverhältnis „spätestens im September 2010“ zugesichert worden. Mit Wirkung vom 13. September 2010 wurde der Kläger im Beamtenverhältnis auf Probe zum Realschullehrer (Besoldungsgruppe A13) ernannt und der bestehende Zeitvertrag im tariflichen Beschäftigungsverhältnis beendet. Mit KMS vom 29. Juli 2010 wurde der Kläger mit seinem Einverständnis vom 1. September 2010 bis 31. August 2012 dem * zugewiesen. Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit - in der Besoldungsgruppe A13 - erfolgte mit der Aushändigung der erforderlichen Ernennungsurkunde an den Kläger am 3. Februar 2012. Die Zuweisung zum * wurde mit KMS vom 20. März 2012 bis 31. August 2015 verlängert.
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Am 1. März 2013 - also nur ein Jahr und 25 Tage nach der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Amt eines Realschullehrers (Besoldungsgruppe A13) - wurde der Kläger - soweit aus den Personalakten ersichtlich - im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, bei dem das * ressortiert, ohne Durchführung einer (eigentlich beabsichtigten Art „internen“) Ausschreibung (Art. 20 BayBG), ohne Beachtung des Leistungsprinzips (Art. 16 Abs. 1 Satz LlbG, § 9 BeamtStG), unter Missachtung des Verbots der Sprungbeförderung (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LlbG) und unter Außerachtlassung der Wartezeitregelungen (Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Buchst. b LlbG) - ohne dass Ausnahmebestimmungen einschlägig wären bzw. zur Anwendung gekommen sind - zum zweiten Realschulkonrektor (Besoldungsgruppe A14+Z) ernannt.
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Mit Wirkung zum 1. September 2015 wurde der Kläger an die Staatliche Realschule * versetzt und u.a. zum weiteren Stellvertreter des Schulleiters bestellt. Auf Grund seiner Versetzung an die Staatliche Realschule * wurde dem Kläger keine Ministerialzulage mehr gewährt. Da ihm auch eine Ausgleichszulage nicht gewährt worden war, erhob er mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 gegen die „Bezügemitteilung Nr. 78 vom 13.8.2015“ Widerspruch.
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Der Widerspruch wurde mit Leistungswiderspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 25. Februar 2019 zurückgewiesen (Nr. 1). Der Antrag auf Auszahlung einer Ausgleichszulage für den Wegfall der Ministerialzulage ab 1. September 2015 wurde abgelehnt (Nr. 2). Der Antrag auf Erklärung des Verzichts auf die Einrede der Verjährung seitens der Bezügestelle wurde abgelehnt (Nr. 3).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Kläger die zum Erhalt der Ministerialzulage berechtigende Tätigkeit keine fünf Jahre im hierfür erforderlichen Beamtenverhältnis ausgeübt habe, da er vom 1. bis zum 12. September 2010 in einem tariflichen Beschäftigungsverhältnis angestellt gewesen sei.
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Am 23. März 2019 ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag,
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die Beklagte unter Aufhebung der Entscheidung über die Nichtgewährung einer Ausgleichszulage gemäß Art. 52 Abs. 1 BayBesG in Gestalt des Leistungswiderspruchsbescheids vom 25. Februar 2019 zu verpflichten, an den Kläger eine Ausgleichszulage für den Wegfall der Ministerialzulage nach Art. 52 BayBesG seit September 2015 nebst Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte wandte sich mit Schreiben des Landesamts für Finanzen vom 15. Mai 2019 gegen das Klagebegehren mit dem Antrag,
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Zur Begründung wurden die Darlegungen im Widerspruchsbescheid wiederholt. Nach Ziffer 52.1.2.2 Satz 1 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebiete (BayVwVBes) seien auf den in Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBesG genannten Fünfjahreszeitraum Zeiten im Arbeitnehmerverhältnis mit entsprechenden Zulagen nicht anrechenbar. Zudem sei aufgrund des in Art. 3 Abs. 1 BayBesG normierten Gesetzesvorbehalts eine erweiternde Auslegung von Art. 52 Abs. Satz 1 BayBesG ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, da Beamte und Arbeitnehmer verschiedenen rechtlichen Ordnungsbereichen unterlägen, bei denen das Gebot der Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Ordnungsbereichs Geltung beanspruchen könne.
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Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24. Juni 2019 wurde hierauf erwidert. Ziffer 52.1.2.2 BayVwVBes könne hier keine Geltung zukommen, da die Verwaltungsvorschrift mit dem geltenden Recht nicht in Einklang stehe. Die Verwaltungsvorschrift sei mit dem Wesensgehalt des Bayerischen Besoldungsrechts nicht in Übereinstimmung zu bringen und verstoße sowohl gegen Art. 3 Abs. GG als auch gegen bestehende Tarifverträge. Sie widerspreche dem Sinn und Zweck der Ausgleichszulage, die Wechselbereitschaft und Flexibilität des Personaleinsatzes zu fördern. Zudem sei die Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten bereits mehrfach gesetzlich festgelegt worden (z.B. § 33 Satz 1 BAT). Die Gleichbehandlung sei für oberste Bundes- und Landesbehörden in dem auch in Bayern geltenden TV-Ministerialzulage vom 4.11.1971 speziell geregelt. Deshalb habe der Kläger auch als Angestellter eine Ministerialzulage nach TVL erhalten. Schließlich eröffne Ziffer 52.1.2.2 BayVwVBes der Verwaltung Ermessen, da darin die Einschränkung „grundsätzlich“ enthalten sei. Da der Kläger für das Schuljahr 2009/2010 einen sog. „Supervertrag“ erhalten habe, könne er vom Maßstab her bereits wie ein Beamter eingestuft und müsse daher auch wie ein solcher behandelt werden.
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Die Parteien vertieften ihre Rechtsauffassungen in mehreren Schriftsätzen weiter.
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Am 23. Juli 2020 fand mündliche Verhandlung statt. Die Sache wurde mit den Parteien eingehend erörtert. Der Kläger wies dabei auf Nachfrage darauf hin, dass in Bezug auf die Beförderung bei drei Gymnasiallehrern, die ebenfalls zum * abgeordnet gewesen seien, in gleicher Weise wie bei ihm verfahren worden sei. Es wurden die bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge wiederholt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen (Haupt-)Anspruch auf die Gewährung einer Ausgleichszulage nach Art. 52 Abs. 1 BayBesG. Damit besitzt er auch keinen (Neben-)Anspruch auf dessen Verzinsung ab September 2015. Der den geltend gemachten Zahlungsanspruch ablehnende Leistungswiderspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle, vom 25. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 VwGO analog).
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Nach Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBesG wird der Wegfall einer Stellenzulage aus dienstlichen Gründen durch eine Ausgleichszulage ausgeglichen, wenn der Beamte vor dem dienstlichen Verwendungswechsel mindestens fünf Jahre ununterbrochen zulageberechtigend verwendet worden ist. Im Fall des Klägers ist die ihm während seiner Abordnungszeit an das * gewährte Stellenzulage - hier die sog. Ministerialzulage nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG in Höhe von 4,7 v.H. des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A13 (Anlage 7 zum BayBesG) - durch die aus dienstlichen Gründen erfolgte Versetzung an die Staatliche Realschule * weggefallen. Allerdings ist dem Kläger die Stellenzulage nicht fünf Jahre ununterbrochen als Beamter gewährt worden, da er am * vom 1. bis zum 12. September 2010 noch im Angestelltenverhältnis tätig war.
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Nach dem Wortlaut der anspruchsbegründenden Regelung setzt die Gewährung einer Ausgleichszulage, die ebenso wie die Ministerialzulage nicht zum Kernbestand der beamtenrechtlichen Alimentation zählt (BVerfG, B.v. 14.12.2000 - 2 BvR 1457/96 - DVBl 2001, 719), voraus, dass die fünfjährige zulagenberechtigende Verwendung im Beamtenverhältnis erfolgt sein muss (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.6.2010 - AN 11 K 09.01989 - juris Rn. 23; s. hierzu auch Leihkauff in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2019, § 13 BBesG Rn. 43; so auch Nr. 52.1.2.2 Satz 1 BayVwVBes). Aufgrund des gemäß Art. 3 Abs. 1 BayBesG (auch) im bayerischen Besoldungsrecht geltenden strengen Gesetzesvorbehalts verbietet sich sowohl eine unter Anwendung des Gleichheitsprinzips erfolgende extensive Auslegung des Gesetzes, als auch mögliche Analogieschlüsse (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2009 - 14 ZB 08.3174 - juris Rn. 5; VG München, U.v. 15.4.2019 - M 5 K 17.5288 - juris Rn. 16 m.w.N.). Deshalb sind - nicht dem beamtenrechtlichen Ordnungssystem angehörende - tarifrechtliche Regelungen ebenso außer Acht zu lassen wie der - den eindeutigen Wortlaut des Art. 52 BayBesG außer Acht lassende - Verweis auf die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten im Angestelltenverhältnis mit der Dienstleistung als Beamter (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2018 - 3 ZB 16.999 - juris Rn. 5 m.w.N.).
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Die Kostenentscheidung folgt auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 4 VwGO).