Inhalt

VG München, Urteil v. 21.09.2020 – M 8 K 18.3139
Titel:

Baugenehmigung für Nutzungsänderung einer Warenhausgaststätte in eine selbständige Gaststätte

Normenketten:
BayBO Art. 47 Abs. 1 S. 2, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 80 Abs. 4, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4
BayBauVorlV § 9
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bauvorlagen sind unvollständig, wenn mangels Vorlage einer vollständigen Betriebsbeschreibung nicht abschließend geprüft werden kann, ob der erforderliche Stellplatznachweis geführt wurde. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen aus Gründen des Bestandsschutzes sind Stellplätze (nur) in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die (Nutzungs-)Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtungsklage auf Genehmigung der Nutzungsänderung einer Warenhausgaststätte in eine selbstständige Gaststätte, unvollständige Bauvorlagen, fehlende Betriebsbeschreibung, fehlender Stellplatznachweis, wirksame Zusicherung auf Erteilung einer Baugenehmigung aufgrund innerbehördlicher E-Mails (verneint), Betriebsbeschreibung, Baugenehmigungsverfahren, Gemarkung, Gaststätte, Stellplatzschlüssel, Nutzungsänderung, Altbestand
Fundstelle:
BeckRS 2020, 29659

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Warenhausgaststätte in eine selbständige Gaststätte auf dem Grundstück …platz 3, FlNr. …, Gemarkung … … … (im Folgenden: Vorhabengrundstück).
2
Das Anwesen …platz 3 bildet einen Teil des westlichen Rondells des …platzes, in dem sich unter anderem das Kaufhaus am … („…“) befindet. Im dritten Obergeschoss dieses Kaufhauses sind bislang Flächen als Kaufhausgaststätte mit auf die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten beschränkten Betriebszeiten genehmigt.
3
Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans mit Grünordnung Nr. … (* …-, …-, …-, …-, …-, …-, …-, …-, … …, …-, …- und …straße), der am 1. Juli 1996 bekannt gemacht wurde (MüABl 1996 S. 392). Für das Teilplangebiet Nr. 21, in dem das Vorhabengrundstück liegt, ist ein allgemeines Wohngebiet (WA), eine höchstzulässige Anzahl von Schank- und Speisewirtschaften von vier und eine Höchstgrenze der Gesamtbetriebsfläche der Schank- und Speisewirtschaften von 500 m² festgesetzt.
4
Am 19. Mai 2014 (Eingangsdatum bei der Beklagten) beantragten die Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Betriebsart einer bestehenden Gaststätte im dritten Obergeschoss des Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück mit einer Gastraumfläche von 309,7 m2 + 17,89 m2 (für die Ausgabe/Theke) nach Plannr. … (Bl. 2 ff. BA). Die bisherige Kaufhausgaststätte soll in eine vom Warenhaus unabhängige und eigenständig nutzbare Schank- und Speisewirtschaft mit Betriebszeiten nach der Sperrzeitverordnung umgenutzt werden. In den Bauantragsunterlagen wurde unter Berechnung des Stellplatzbedarfs des genehmigten Kaufhauses und des der nun geplanten selbständigen Gaststätte und unter Hinweis darauf, dass die Gaststätte fortan auch außerhalb der Öffnungszeiten des Kaufhauses geöffnet werden solle und daher für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten des Kaufhauses die Notwendigkeit des Stellplatznachweises für die Verkaufsflächen entfalle, ausgeführt, dass kein zusätzlicher Stellplatzbedarf bestehe (Bl. 13 f. BA).
5
Mit Schreiben vom 8. Feburar 2018 erläuterte die Beklagte den Klägern, dass die zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig sei und wies gleichzeitig darauf hin, dass sich nach ihrer Berechnung ein Stellplatzmehrbedarf von 16 Stellplätzen ergebe und nicht geklärt sei, wie dieser - wie auch der Bedarf zusätzlicher Fahrradabstellplätze - nachgewiesen werden solle (Bl. 46 f. BA).
6
Mit Schriftsatz vom 28. März 2018 (Bl. 50 ff. BA) erläuterten die Kläger durch ihren Verfahrensbevollmächtigten gegenüber der Beklagten unter anderem, dass das Kreisverwaltungsreferat der Beklagten am 30. September 2014 die gaststättenrechtliche Erlaubnis (vgl. Bl. 39 ff. Gerichtsakte) für die im dritten Obergeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück …platz 3 gelegene Gaststätte als Schank- und Speisewirtschaft mit Öffnungszeiten im Rahmen der gesetzlichen Sperrzeit erteilt und die Lokalbaukommission der Beklagten dem Kreisverwaltungsreferat in diesem Verfahren per E-Mails vom 26. Juni 2014 und 12. August 2014 mitgeteilt habe, dass (nach summarischer Prüfung der Bauantragsunterlagen) aus ihrer Sicht einer widerruflichen Konzessionierung nichts im Wege stehe. Da sich weder tatsächlich noch rechtlich im Hinblick auf die beantragte Nutzungsänderung etwas geändert habe, sei die Lokalbaukommission der Beklagten durch ihr früheres tatsächliches und auch rechtliches Handeln gebunden. Hinsichtlich des Nachweises der erforderlichen Stellplätze wurde unter Hinweis auf die mit den Bauantragsunterlagen vorgelegte Stellplatzberechnung ausgeführt, dass 28 Stellplätze als anzurechnender Bestand anzusehen seien. Bei einem Stellplatzbedarf von 23 Stellplätzen rein für die Gaststätte (Betrieb außerhalb der Öffnungszeiten des Kaufhauses) ergebe sich aufgrund des anzurechnenden Bestandes von 28 Stellplätzen ein Überangebot von fünf Stellplätzen, womit der Stellplatznachweis erbracht sei.
7
Mit Schreiben vom 6. April 2018 (Bl. 59 ff. BA) teilte die Beklagte dem Verfahrensbevollmächtigten der Kläger unter anderem mit, dass die zitierten internen Äußerungen von Mitarbeitern der Lokalbaukommission an das Kreisverwaltungsreferat nur Zwischenergebnisse darstellten. Die Prüfung sei damals noch nicht abgeschlossen gewesen und es seien noch keine rechtsverbindlichen Bescheide ergangen gewesen. Der Stellplatznachweis des Architekten ziele auf eine Wechselnutzung zwischen Warenhaus und separater Gaststätte ab, um den Stellplatzbedarf decken zu können. Es könne jedoch lediglich nach Ende der Ladenöffnungszeiten, also nach 20:00 Uhr, von einer Wechselnutzung ausgegangen werden. Eine detaillierte Betriebsbeschreibung liege dem Antrag nicht bei. Der Mehrbedarf werde durch den Stellplatzschlüssel ausgelöst, der sich durch die beantragte Nutzungsänderung ändere. Vorliegend sei der Stellplatzbedarf also nicht gedeckt.
8
Mit Bescheid vom 24. Mai 2018 lehnte die Beklagte den Bauantrag der Kläger vom 19. Mai 2014 nach Plannr. … wegen Widerspruchs der beantragten Nutzungsänderung zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … und fehlender Befreiungsvoraussetzungen sowie des fehlenden Nachweises der erforderlichen Stellplätze ab.
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Insoweit wurde zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass nach aktueller Stellplatzsatzung für die Warenhausgaststätte nach dem insoweit maßgeblichen Stellplatzschlüssel für Warenhäuser ein Stellplatzguthaben von zwölf Stellplätzen zugrunde gelegt werden könne. Für die beantragte Nutzung als eigenständige Gaststätte ergebe sich unter Anwendung des Stellplatzschlüssels für Gaststätten ein Bedarf von 33 Stellplätzen. Abzüglich des Bestandes (33-12=21) und nach Reduzierung gemäß § 3 Abs. 1 Stellplatzsatzung (21 x 75%=16) komme es zu einem Mehrbedarf von 16 Stellplätzen. Im Antrag sei nicht ersichtlich, wie dieser gedeckt werden solle. Der Stellplatznachweis des Architekten der Kläger ziele auf eine Wechselnutzung zwischen Warenhaus und separater Gaststätte ab, um den Stellplatzmehrbedarf decken zu können. Nach Auffassung der Lokalbaukommission könne aber lediglich nach Ende der Ladenöffnungszeiten, also nach 20:00 Uhr, von einer Wechselnutzung ausgegangen werden. Gemäß Internetauftritt sei das Lokal ab 15:00 Uhr geöffnet. Eine detaillierte Betriebsbeschreibung liege dem Antrag nicht bei. Ob ein realer Nachweis, zum Beispiel auf einem fremden Grundstück, möglich wäre, sei von den Klägern nicht angegeben worden. Der Stellplatznachweis sei somit nicht erbracht.
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Der Bescheid wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Kläger am 28. Mai 2018 zugestellt.
11
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2018, eingegangen am 28. Juni 2018, erhoben die Kläger durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragten,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
12
Zur Begründung wurde unter anderem erläutert, dass die geplante Nutzungsänderung keinen Stellplatzmehrbedarf auslöse. Im ursprünglichen Genehmigungsbescheid für das Kaufhaus am … vom 2. Juli 1965 sei der Stellplatzbedarf für das Warenhaus und die Gaststätte mit einem Stellplatzbedarf von einem Stellplatz je 80 m² ermittelt worden, weshalb 28 Stellplätze als anzurechnender Bestand (für die gesamte Verkaufsfläche und die Fläche der Gaststätte) anzusehen seien. Wenn nun die Gaststätte auch außerhalb der Öffnungszeiten des Kaufhauses geöffnet werden solle, so entfalle für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten des Kaufhauses die Notwendigkeit eines Stellplatznachweises für die Verkaufsflächen, weil diese dann geschlossen seien. Nach der Stellplatzsatzung der Beklagten ergäben sich für 310 m² Gastraumfläche 31 Stellplätze. Diese Stellplatzzahl sei nach § 3 der Stellplatzsatzung auf 75% zu reduzieren. Demzufolge betrage der Stellplatzbedarf gerundet 23 Stellplätze. Danach seien 28 Stellplätze als anzurechnender Bestand zu sehen. Der Stellplatznachweis sei somit erbracht.
13
Mit Schreiben vom 3. April 2019 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
14
Die Kläger hätten keinen Anspruch auf die am 19. Mai 2014 beantragte Baugenehmigung. Die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sei aus bauplanungsrechtlichen Gründen und mangels ordnungsgemäßen Stellplatznachweises nicht genehmigungsfähig. Der Vortrag der Kläger, die Beklagte hätte sich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bereits durch ihre Aussage im innerbehördlichen E-Mail-Verkehr gebunden, sei nicht nachvollziehbar. Zuletzt könne der ablehnende Bescheid auch auf Art. 68 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 Bayerische Bauordnung gestützt werden. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben seien nicht vollständig, denn es fehle vorliegend an einer Betriebsbeschreibung, die konkrete Öffnungszeiten festlege. Der Umfang der Nutzung sei daher nicht klar bestimmt.
15
Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2019 erwiderten die Kläger durch ihren Verfahrensbevollmächtigten unter anderem, dass die Behörde durch die innerbehördlichen E-Mails im Verfahren der gaststättenrechtlichen Erlaubnis gebunden sei und deshalb die Nutzungsänderung zu erteilen habe. Zudem bestehe nunmehr auch ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger. Die Ablehnung der Beklagten sei erst vier Jahre nach Beantragung der Baugenehmigung und den innerbehördlichen Zusagen erfolgt. Ein jetziges Umschwenken in der Ansicht der Beklagten sei überraschend und könne deshalb nicht Bestand haben. Entgegen den Ausführungen der Beklagten sei der Stellplatzbedarf gedeckt. Die Verkaufsfläche habe eine Öffnungszeit bis 19:30 Uhr, während die Gaststätte um 17:00 Uhr öffne. Somit überlappten sich die Bedarfszeiten lediglich um 2,5 Stunden. Dies seien lediglich 20% der Verkaufsflächen- und 17,7% der durchschnittlichen Gaststättenöffnungszeiten. Für diesen kurzen Zeitraum wäre es demnach unverhältnismäßig, die Schaffung von weiteren 22 Stellplätzen zu fordern. Rechne man zudem die Betriebsfläche der Gaststätte aus der Gesamtfläche der Verkaufsfläche heraus, so habe diese bei 1869 m² nur noch einen Stellplatzbedarf von 23 Stellplätzen. Somit wären in dem kurzen Zeitraum der Doppelbeanspruchung bereits fünf Stellplätze vorhanden, die Gaststättenbesucher nutzen könnten. Beachte man nunmehr, dass bis 2014 die Stellplätze bei einem 100-prozentigen Parallellaufen der Öffnungszeiten ausgereicht hätten, so sei es unverständlich, nunmehr den Stellplatzbedarf aufgrund des Überangebots während der Dauer von 2,5 Stunden als nicht gedeckt anzusehen.
16
Zu den angeblichen Mängeln der Bauvorlagen sei anzumerken, dass der Brandschutznachweis als Ergänzung zu den beigefügten Bauzeichnungen und zur Baubeschreibung allgemeine Angaben zum Anlass des Baugenehmigungsantrags enthalte. Dort werde unter anderem ausgeführt, dass die Gaststätte vom Warenhaus separiert und als eigenständige Gaststätte genutzt werden solle. Zudem habe die Behörde die Baugenehmigung bearbeitet und argumentativ bewertet. Dies wäre nicht möglich gewesen, wäre die Nutzungsänderung durch die Bauvorlagen nicht ausreichend beschrieben worden. Desweiteren entspreche es der Praxis der Beklagten, bei fehlenden Unterlagen dem Bauherrn eine Nachfrist zu setzen, um diese nachzureichen. Obwohl der Antrag der Kläger bei der Beklagten vier Jahre vorgelegen habe, sei keine Anforderung fehlender Unterlagen eingegangen. Auch habe der Pächter der Gaststätte dem Kreisverwaltungsreferat der Beklagten eine Betriebsbeschreibung vorgelegt, die der Lokalbaukommission der Beklagten bekannt gewesen sein müsste. Zudem beinhalte der klägerische Antrag keine bauliche Änderung, sondern nur eine Verlängerung der Öffnungszeiten.
17
Das Gericht hat Beweis durch Einnahme eines Augenscheins über die Verhältnisse auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung … … …, sowie in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins vom 21. September 2020 und der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag, in der die Kläger und die Beklagte ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf die entsprechenden Niederschriften verwiesen.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
19
Die zulässige Klage auf Verpflichtung der Beklagten, den Klägern unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Mai 2018 die beantragte Baugenehmigung nach Plannr. … zu erteilen, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen am 19. Mai 2014 beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Ebenso wenig haben sie einen Anspruch auf Neuverbescheidung ihres Bauantrags vom 19. Mai 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da die Sache spruchreif ist. Die Ablehnung des Bauantrags der Kläger ist zu Recht erfolgt.
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1. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist eine Baugenehmigung zu erteilen und hat der Bauherr dementsprechend grundsätzlich auch einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, d.h., wenn das Bauvorhaben genehmigungspflichtig und -fähig ist.
21
a) An der baurechtlichen Genehmigungspflichtigkeit der vorliegend geplanten Nutzungsänderung einer als Warenhausgaststätte mit auf die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten beschränkten Betriebszeiten genehmigten Gaststätte in eine vom Warenhaus unabhängige und eigenständig nutzbare Schank- und Speisewirtschaft mit Betriebszeiten nach der Sperrzeitverordnung gemäß Art. 55 Abs. 1 Halbsatz 1 BayBO besteht - auch nach Ansicht der Beteiligten - kein Zweifel.
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b) Jedoch ist die nach den Feststellungen beim gerichtlichen Augenschein bereits vollzogene Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig. Dies ist unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzungsänderung jedenfalls durch die Unvollständigkeit der Bauvorlagen sowie den - auch deshalb - fehlenden ordnungsgemäßen Nachweis der für die geänderte Nutzung erforderlichen Stellplätze bedingt.
23
aa) Ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 BayBO oder Art. 60 BayBO setzt zunächst voraus, dass das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben bzw. die zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) am Maßstab der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann. Denn Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO bestimmt, dass mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), Art. 80 Abs. 4 BayBO. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 75 <Stand: 93. EL Januar 2009>). Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten und sonstige Unrichtigkeiten in den eingereichten Bauvorlagen gehen daher zu Lasten des Bauherrn (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 <Stand: 93. EL Januar 2009>). Vor diesem Hintergrund darf, wenn sich bei der Prüfung durch die Behörde herausstellt, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 <Stand: 93. EL Januar 2009>; VG München, B.v. 28.11.2017 - M 8 SN 17.4766 - juris Rn. 57; B.v. 16.5.2018 - M 8 E 18.1233 - juris Rn. 32). Entgegen der der Klageerwiderung zu entnehmenden Ansicht der Beklagten berechtigen unvollständige Bauvorlagen die Bauaufsichtsbehörde nicht (nur) gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zur Ablehnung des Bauantrags; vielmehr ist sie hierzu gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO verpflichtet. Ebenso wenig darf die Behörde auf eine Klage des Bauherrn hin zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet werden, wenn es an einem prüffähigen Bauantrag fehlt (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 64 Rn. 80 <Stand: 93. EL Januar 2009>; BayVGH, B.v. 26.9.2002 - 26 ZB 99.1925 - juris Rn. 9).
24
Vorliegend sind die Bauvorlagen mangels Vorlage einer vollständigen Betriebsbeschreibung im Sinne von § 9 Satz 1 BauVorlV, aus der auch die konkret geplanten Öffnungszeiten der vom Kaufhaus unabhängigen Schank- und Speisewirtschaft hervorgehen, unvollständig, da ohne dahingehende Angaben nicht abschließend geprüft werden kann, ob der gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO i.V.m. der Satzung der Beklagten über die Ermittlung und den Nachweis von notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (Stellplatzsatzung) vom 19. Dezember 2007 (MüABl. Sondernummer 1, S. 1) erforderliche Stellplatznachweis geführt wurde. Denn nur soweit sich die Öffnungszeiten der vom Betrieb des Warenhauses verselbständigten Gaststätte nicht - auch nicht teilweise - mit denjenigen des Kaufhauses überschneiden, können die für das Kaufhaus erforderlichen bzw. nachgewiesenen Stellplätze, wie von den Klägern im Rahmen ihrer Ausführungen zur Deckung des Stellplatzbedarfs vorgesehen, auch zur Deckung des durch die Gaststättennutzung ausgelösten Stellplatzbedarfs herangezogen werden. Nur unter der Voraussetzung sich (gar) nicht überschneidender Öffnungszeiten kann die von den Klägern geltend gemachte Wechselnutzung der Stellplätze zwischen Kaufhaus und Schank- und Speisewirtschaft vorliegen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist mangels Angaben zu den Öffnungszeiten der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft in den Bauvorlagen nicht feststellbar. In dem im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Brandschutznachweis sind Ausführungen hierzu nicht enthalten. Unabhängig davon, dass die Beklagte die damals bereits anwaltlich vertretenen Kläger in ihrem Schreiben vom 6. April 2018 gerade im Zusammenhang mit der Erläuterung des fehlenden Stellplatznachweises darauf hingewiesen hat, dass dem Bauantrag keine detaillierte Betriebsbeschreibung beiliege, kommt es auf die Frage, ob die Beklagte im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet gewesen wäre, die Kläger gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBO ausdrücklich zur Ergänzung der aus ihrer Sicht unvollständigen Bauvorlagen aufzufordern, im Rahmen der vorliegenden Verpflichtungsklage nicht an. Auch die Verletzung einer dahingehenden Pflicht änderte nichts an der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehlenden Bescheidungsfähigkeit des von den Klägern gestellten Bauantrags (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2010 - 15 ZB 08.1428 - juris Rn. 24; OVG Münster, B.v. 13.4.2011 - 7 A 892/10 - juris Rn. 7). Schließlich war die Beklagte, obgleich sie auch Rechtsträgerin der für die gaststättenrechtliche Erlaubnis zuständigen Behörde ist, nach der in Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO vorgesehenen Aufgabenverteilung nicht verpflichtet, eventuelle Angaben der Kläger bzw. ihres Pächters zu den Öffnungszeiten der Gaststätte in dem vom Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich unabhängigen gaststättenrechtlichen Verfahren zu ermitteln. Schließlich ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass aus der Bearbeitung und Prüfung des Bauantrags durch die Beklagte nicht zwangsläufig auf die Vollständigkeit der Bauvorlagen geschlossen werden kann, was umso mehr gilt, wenn der Antrag wie vorliegend abgelehnt wird.
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bb) Selbst wenn man die von der Beklagten durch eine Internetrecherche ermittelten, die im klägerischen Schriftsatz vom 15. Juli 2019 angegebenen bzw. die zum Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins dem Schild an dem zur streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft führenden Eingang zum Gebäude …platz 3 zu entnehmenden bzw. die vom Pächter der streitgegenständlichen Räumlichkeiten im Rahmen des Augenscheins angegebenen Öffnungszeiten, die jeweils voneinander abweichen, zugrunde legt, wurde der gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO i.V.m. Stellplatzsatzung der Beklagten vom 19. Dezember 2007 erforderliche Stellplatznachweis für die zur Genehmigung gestellte Gaststätte nicht geführt. Aufgrund der werktags (inklusive samstags) bereits um 11:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr bzw. jedenfalls 17:00 Uhr beginnenden Betriebszeit der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft überlappen sich deren Öffnungszeiten mit den auf die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten beschränkten Öffnungszeiten des Kaufhauses am …, auch wenn man davon ausgeht, dass dieses den gesetzlichen Rahmen insoweit nicht ganz ausschöpft und an Werktagen (inkl. Samstag) bereits um 19:30 Uhr schließt. Insofern liegen, wie erläutert, die Voraussetzungen einer Wechselnutzung der Stellplätze zwischen Kaufhaus und Schank- und Speisewirtschaft nicht vor.
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aaa) Gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen aus Gründen des Bestandsschutzes (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2004 - 20 B 03.2531 - juris Rn. 19; U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 19; U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 27) Stellplätze (nur) in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die (Nutzungs-)Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Insofern ist der durch die (Nutzungs-)Änderung verursachte Mehrbedarf zu ermitteln. Dieser ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage (sog. „Sollbedarf“) und dem Stellplatzbedarf des genehmigten bzw. materiell rechtmäßigen und rechtmäßig genutzten Altbestandes (zur Maßgeblichkeit des formell oder zumindest materiell rechtmäßigen Altbestands vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2004 - 20 B 03.2531 - juris Rn. 19; B.v. 11.11.2002 - 2 ZB 02.2472 - juris Rn. 3 ff.; U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 24; U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 20). Dabei ist bei der rechnerischen Ermittlung des Bedarfs auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Bauantrag bzw. der (letzten) mündlichen Verhandlung, abzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 25.5.2000 - 2 B 98.379 - juris Rn. 22; U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 17 und19; U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 24 und 27). Für die Ermittlung des konkreten Stellplatzbedarfs ist daher vorliegend die Stellplatzsatzung der Beklagten vom 19. Dezember 2007 maßgeblich.
27
Die Zahl der notwenigen Stellplätze bemisst sich gemäß § 2 Abs. 1 StPlS nach den Stellplatzschlüsseln in der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung. Unter Heranziehung dieser Schlüssel erfolgt die Ermittlung des Stellplatzbedarfs getrennt nach den jeweiligen Nutzungsarten (§ 2 Abs. 4 StPIS) sowie gesondert für jede Nutzungseinheit (§ 2 Abs. 5 Satz 1 StPlS), wobei sich rechnerisch ergebende Bruchteile zu runden sind (§ 2 Abs. 6 Satz 1 StPIS) (vgl. auch BayVGH, U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 24). Dabei sind gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 StPlS betrieblich erforderliche Nebennutzungen der Hauptnutzung zuzuordnen, wobei Nebennutzungen nur dann einen Stellplatzbedarf auslösen können, wenn sie unter eine der Nutzungsarten in Anlage 1 der Stellplatzsatzung der Beklagten subsumiert werden können (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 22). Die sich insofern ergebende Stellplatzzahl ist sodann gegebenenfalls gemäß § 3 Abs. 1 oder 2 StPIS im Fall von Nichtwohnnutzungen zu reduzieren. Sich hierbei ergebende Bruchteile sind erneut zu runden (vgl. § 3 Abs. 3, § 2 Abs. 6 StPIS) (vgl. zum Berechnungsmodus insgesamt BayVGH, U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 24). Der Mehrbedarf im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO ergibt sich aus der Differenz zwischen dem so ermittelten Sollbedarf und dem so errechneten Bedarf des Altbestands (zur Zulässigkeit der Anwendung von § 3 StPlS bei der Berechnung des Bedarfs des Altbestands und des Sollbedarfs und der anschließenden Bildung der Differenz aus den sich dabei ergebenen Werten vgl. BayVGH, U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 25; VG München U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12.5712 - juris Rn. 35; U.v. 18.1.2016 - M 8 K 14.2445 - juris Rn. 46, 50, 52; U.v. 15.1.2018 - M 8 K 16.2312 - juris Rn. 38 ff.).
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bbb) Unter Anwendung dieses Maßstabs ergibt sich vorliegend Folgendes: Die streitgegenständlichen Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss des Gebäudes …platz 3 wurden mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 als Kaufhausgaststätte und insofern als Teil eines Ladens genehmigt. Dabei war laut damaligem Baueingabeplan und damaligem Stellplatznachweis eine Restaurationsfläche von insgesamt 290 m2 vorgesehen, wobei das damals genehmigte Kaufhaus unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen insgesamt eine Verkaufsnutzfläche im Sinne von Ziffer 3.1 bzw. 3.2 der Anlage 1 der Stellplatzsatzung von mehr als 400 m2 aufwies. Insofern ergibt sich für die als Teil eines Kaufhauses genehmigten Restaurationsflächen gemäß Ziffer 3.2 und § 2 Abs. 6 StPlS ein Bedarf von zehn Stellplätzen (1 Stellplatz je 30 m2 Verkaufsnutzfläche). Da gemäß Ziffer 3.2 und den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen bei der Berechnung des Stellplatzbedarfs eines Ladens nur die Verkaufsnutzfläche, d.h. alle dem Kundenverkehr dienenden Räume, anzusetzen ist/sind, und infolgedessen auch nur für den Kunden zugängliche Bewegungsflächen innerhalb von Räumen anzurechnen sind, sind die mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 für die Kaufhausgaststätte genehmigte Küche und die mit einer Tür von der Restaurationsfläche abgetrennte Ausgabe bei der für den Stellplatzbedarf maßgeblichen Fläche nicht anzusetzen. Die Küche kann - schon begrifflich - auch nicht mit einer nach den Maßgaben der aktuell geltenden Stellplatzsatzung der Beklagten grundsätzlich stellplatzrelevanten Lagerfläche gleichgesetzt werden. Dass dies in der der Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 zugrunde liegenden Stehplatzberechnung möglicherweise anders gesehen wurde, ist aufgrund der Maßgeblichkeit der aktuellen Rechtslage nicht relevant. Flächen für die Erschließung der Räumlichkeiten, insbesondere Flure, und Flächen für sanitäre Anlagen sind nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen ebenso wenig in die Verkaufsnutzfläche einzubeziehen. Anderes gilt nur für Lagerflächen, die gemäß Ziffer 9.2 auch unter eine Nutzungsart der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung der Beklagten subsumiert werden können. Insofern sind der mit Baugenehmigung vom 2. Juli 1965 genehmigte Vorratsraum und der Kühlraum mit einer Gesamtgröße von 12 m² nach der aktuellen Stellplatzsatzung der Beklagten grundsätzlich als stellplatzrelevant anzusehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2016 - 2 B 16.733 - juris Rn. 22; VG München, U.v. 22.4.2013 - M 8 K 12.4672 - juris Rn. 33; a.A. BayVGH, U.v. 25.5.2000 - 2 B 98.379 - juris Rn. 23). Allerdings bleibt gemäß der Fußnote 1 zu Ziffer 3 der Anlage 1 der Stellplatzsatzung eine einem Laden zugeordnete Lagerfläche bis 20% der Verkaufsnutzfläche ohne Anrechnung, sodass diese Lagerflächen bei der Stellplatzberechnung vorliegend nicht zu berücksichtigen sind. Aufgrund der Lage des Grundstücks …platz 3 im Geltungsbereich der Zone II im Sinne der Anlagen 2-7 der Stellplatzsatzung der Beklagten sind gemäß § 3 Abs. 1 lit. b StPlS für das Kaufhausrestaurant nur 75% der nach § 2 der Satzung ermittelten, gerundeten Zahl an Stellplätzen und damit vorliegend lediglich acht Stellplätze nachzuweisen.
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Für die zur Genehmigung gestellte Nutzung des bisherigen Kaufhausrestaurants als selbstständige, vom Kaufhaus unabhängige Schank- und Speisewirtschaft ist der Stellplatzschlüssel nach Ziffer 6.1 der Anlage 1 StPlS. Demnach bedarf es eines Stellplatzes je 10 m² Gastraumfläche. Die vorliegend zur Genehmigung gestellte Gaststätte weist unter Berücksichtigung der Erläuterungen in der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen eine Gastraumfläche von insgesamt 327,59 m² auf, da die als „Ausgabe“ bezeichnete Fläche, wie im Augenschein festgestellt werden konnte, als Theke genutzt wird und der Thekenbereich mit einer Größe von 17,89 m² nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen zu den mit „Gastraum“ bezeichneten Flächen mit einer Größe von 228,08 m² und 81,62 m² hinzuzurechnen ist. Daraus ergibt sich unter Anwendung des Stellplatzschlüssels nach Ziffer 6.1 StPlS ein Stellplatzbedarf von gerundet 33 Stellplätzen. Zudem ist in dem zur Genehmigung gestellten Plan ein der Schank- und Speisewirtschaft zugeordnetes Lager mit einer Größe von 4,33 m² vorgesehen, das gemäß den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen gemäß Ziffer 9.2 der Anlage 1 StPlS in Verbindung mit § 2 Abs. 6 Satz 2 StPlS einen Bedarf von einem weiteren Stellplatz auslöst, weil die Lagernutzung als Nebennutzung unter eine der in Anlage 1 der Stellplatzsatzung aufgeführten Nutzungsarten subsumiert werden kann. Die Flächen für die Küche, den Spülbereich, den Flur zu den Toiletten und die Toiletten selbst sind dagegen mangels Subsumierbarkeit unter eine der in Anlage 1 zur Stellplatzsatzung aufgeführten Nutzungsarten bzw. nach den Erläuterungen der Stellplatzsatzung der Beklagten zur Ermittlung der anzurechnenden Flächen nicht stellplatzrelevant (vgl. zur fehlenden Stellplatzrelevanz von Erschließungsflächen und Sanitärbereichen auch VG München, U.v. 22.4.2013 - M 8 K 12.4672 - juris Rn. 33). Gemäß § 3 Abs. 1 lit. b StPlS sind für die zur Genehmigung gestellte, vom Kaufhaus unabhängige Schank- und Speisewirtschaft wiederum nur 75% der nach § 2 der Satzung ermittelten, gerundeten Zahl an Stellplätzen und damit vorliegend lediglich 26 Stellplätze nachzuweisen.
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Insofern ergibt sich für die zur Genehmigung gestellte Nutzung der Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss des Gebäudes …platz 3 ein zusätzlicher Stellplatzbedarf von 18 Stellplätzen (zur Anwendung der Ermäßigungsregeln des § 3 StPlS auf die jeweilige Berechnung des Stellplatzbedarfs des Altbestands und des Sollbestands und der anschließenden Bildung der Differenz der beiden ermittelten Werte BayVGH, U.v. 2.5.2018 - 2 B 18.458 - juris Rn. 25; VG München, U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12.5721 - juris Rn. 35; U.v. 18.1.2016 - M 8 K 14.2445 - juris Rn. 46, 50, 52, U.v. 15.1.2018 - M 8 K 16.2312 - juris Rn. 38 ff.). In den vorgelegten Bauvorlagen ist jedoch nicht nachgewiesen, wie dieser in den in Art. 47 Abs. 3 BayBO bzw. § 4 Abs. 1 und Abs. 4 StPlS vorgesehenen Formen gedeckt werden soll.
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Soweit die Kläger die Verpflichtung zum Nachweis von zusätzlichen Stellplätzen insbesondere in so hoher Zahl aufgrund der zumindest bei Annahme von Öffnungszeiten der zur Genehmigung gestellten Schank- und Speiswirtschaft erst ab 17:00 Uhr relativ geringen Überlappung mit den Öffnungszeiten des Kaufhauses für unverhältnismäßig erachten, hätte es ihnen offen gestanden, unter Darlegung der Besonderheiten des Einzelfalls eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO zu beantragen. Schon mangels dahingehenden Antrags scheidet ein Anspruch auf Erteilung einer solchen, grundsätzlich im Ermessen der Beklagten stehenden Abweichung aus; ebenso wenig kann insoweit ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Sinn von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestehen. Mangels objektiv belegbarer Umstände zum tatsächlichen An- und Abfahrtsverkehr zur streitgegenständlichen Gaststätte und insbesondere dessen zeitlicher Verteilung auf die ebenfalls nicht in bestimmter Weise angegebenen Öffnungszeiten ist auch kein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 1 StPlS ersichtlich.
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2. Ferner vermag vorliegend auch keine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) einen von den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO unabhängigen Anspruch der Kläger auf Erteilung der Genehmigung ihres Bauantrags vom 19. Mai 2014 zu vermitteln. Soweit die Kläger vortragen, dass das Kreisverwaltungsreferat der Beklagten der Lokalbaukommission der Beklagten im Rahmen des gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahrens in einer E-Mail vom 26. Mai 2014 mitgeteilt habe, dass nach einer summarischen Prüfung der Bauantragsunterlagen einer widerruflichen Konzessionierung (in gaststättenrechtlicher Hinsicht) nichts im Wege stehe, und dies in einer weiteren E-Mail vom 12. August 2018 unter Hinweis auf noch bestehende kleine Mängel des Bauantrags wiederholt wurde, ist darin nicht nur mangels der von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gebotenen Schriftform im Sinne von Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG bzw. der stattdessen ebenfalls möglichen elektronischen Form im Sinne von Art. 3a Abs. 2 Satz 1 und Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG - eine einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur genügt hierfür nicht (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 38 Rn. 60) - keine wirksame Zusicherung zu sehen. Vielmehr fehlt es bei den die rein interne Kommunikation zwischen den Behörden der Beklagten betreffenden E-Mails offensichtlich auch an einem Bekanntgabewillen dieser Äußerungen gegenüber den Klägern, sodass diese diesen gegenüber nicht - wie für eine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG geboten - wirksam werden konnte und geworden ist (vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Unabhängig davon ist den zitierten Äußerungen der Lokalbaukommission der Beklagten lediglich zu entnehmen, dass diese keine Bedenken gegen eine widerrufliche gaststättenrechtliche Konzessionierung der streitgegenständlichen Schank- und Speisewirtschaft hatte. Eine abschließende Äußerung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des am 19. Mai 2014 gestellten Bauantrags für die Nutzungsänderung der Kaufhausgaststätte im dritten Obergeschoss des Anwesens …platz 3 und erst Recht ein für eine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG erforderlicher Rechtsbindungswille der Beklagten gegenüber den Klägern im Hinblick auf die Erteilung der von diesen begehrten Baugenehmigung (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2016 - 4 B 25/15 - juris Rn. 13; Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 38 Rn. 23 m.w.N.) ergeben sich daraus jedoch nach dem Wortlaut und auch den Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch nicht.
33
Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass eine gaststättenrechtliche Genehmigung im Verhältnis zur Baugenehmigung keine Bindungswirkung entfaltet. Vielmehr stehen das Baugenehmigungsverfahren und das gaststättenrechtliche Erlaubnisverfahren grundsätzlich unabhängig nebeneinander, sodass das Vorliegen einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis nichts an der formellen und/oder materiellen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens ändert und daher auch keine Aussage zur baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit trifft (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2000 - 2 ZB 00.723 - juris Rn. 3).
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3. Schließlich besteht kein auch von den Voraussetzungen des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG unabhängiger, allein aus dem Vertrauen der Kläger auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung abgeleiteter Anspruch der Kläger auf Erteilung derselben. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Unabhängig davon hat sich die Beklagte während der zweifelsfrei sehr langen Dauer des Baugenehmigungsverfahrens gegenüber den Klägern lange Zeit überhaupt nicht zur Genehmigungs(un) fähigkeit des Bauantrags vom 19. Mai 2014 geäußert. Damit hat sie ebensowenig Anknüpfungspunkte für ein schutzwürdiges Vertrauen auf Erteilung der Genehmigung wie Anhaltspunkte für eine Ablehnung des Bauantrags geschaffen. Zudem wurde ein möglicherweise ohne Anknüpfungspunkte entwickeltes und insofern ohnehin nicht schutzwürdiges Vertrauen auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung jedenfalls durch die Aufklärungsschreiben der Beklagten vom 8. Februar 2018 sowie vom 6. April 2018, in denen die Beklagte die fehlende Genehmigungsfähigkeit der zur Genehmigung gestellten Nutzungsänderung ausführlich dargelegt hat, zerstört.
35
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
II.
36
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.
III.
37
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).