Titel:
Schiedsklage über Meldung zur Fussball-Spielzeiten
Normenketten:
BayRO § 19 Nr. 1.2.
ZPO § 1032
Leitsätze:
1. Das nach der Schiedsgerichtsordnung des Bayerischen Fußballverbandes Regionalliga Bayern berufene Schiedsgericht ist als unabhängige und unparteiliche Instanz iSd §§ 1025 ff. ZPO organisiert. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Frist von acht Tagen ist in Schiedsgerichtsverfahren, die während eines laufenden Sportwettbewerbs kurzfristige Entscheidungen erfordern, nicht unangemessen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schiedsklage, Rechtswegzuständigkeit, Ligaabbruch, Meldung, Covid-19-Pandemie, Klageerwiderungsfrist
Fundstelle:
BeckRS 2020, 29053
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass die Meldung des 1. FC Sch. 05 Fußball GmbH für die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals 2020 vom 6. September 2020 an den Deutschen Fußballbund e.V., gesetzlich vertreten durch den Präsidenten Fr. Ke., H.-N.-Haus, O.-F.-S. 6, 6... F./Main, durch den Schiedskläger rechtmäßig ist und der Schiedskläger nicht verpflichtet ist, diese Meldung zu widerrufen.
II. Die Widerklage wird abgewiesen.
III. Die Schiedsbeklagten tragen die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens in Höhe von 16.161,90 Euro.
Zur Begründung dieses Schiedsspruchs ist folgendes auszuführen:
Tatbestand
1
Der Schiedskläger ist als Dachverband der Bayerischen Fußballvereine für die Organisation des Fußballsports in Bayern zuständig. Er ist Mitglied im Deutschen Fußballbund e.V. und Mitveranstalter bei der Durchführung des Spielbetriebs der Regionalliga Bayern.
2
Der Schiedsbeklagte zu 1) ist Mitglied des Schiedsklägers. Er hat seine 1. Herrenfußballmannschaft samt dazugehörigem Spielbetrieb ausgegliedert und der Schiedsbeklagten zu 2) übertragen. Die Schiedsbeklagte zu 1) hat am 12. März 2019 mit dem Schiedskläger einen Zulassungsvertrag abgeschlossen, der diesen zur Teilnahme am Spielbetrieb der Regionalliga Bayern für die Spielzeit 2019/2020 berechtigt. § 9 des Zulassungsvertrages lautet:
„Streitigkeiten, die aus der Auslegung und Umsetzung dieses Vertrages entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch das Schiedsgericht entschieden. Zwischen dem Regionalligateilnehmer und dem BFV ist ein entsprechender abgeschlossener Vertrag nachzuweisen.“
3
Der Schiedsbeklagte zu 1) und der Schiedskläger haben am 12. März 2019 einen solchen Schiedsvertrag geschlossen, der folgende Passage enthält:
„Über sämtliche Streitigkeiten zwischen dem BFV und dem Regionalligateilnehmer, die sich insbesondere aus der Zulassung zur Benutzung der Vereinseinrichtung der Regionalliga Bayern ergeben, einschließlich des Bewerbungsverfahrens für die bevorstehende Spielzeit und die sich jeweils anschließende Spielzeit, aus der Betätigung in dieser Regionalliga und dem Entzug oder der Begrenzung der Berechtigung, diese Einrichtung zu benutzen, entscheidet das ständige Schiedsgericht.“
4
Die Schiedsgerichtsordnung ist Bestandteil des abgeschlossenen Vertrages.
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Die Schiedsbeklagten haben am 9. Juli 2019 eine Vereinbarung zur Übertragung der Zulassung der Teilnahmeberechtigung an der Regionalliga abgeschlossen, in der sich die Schiedsbeklagte zu 2) verpflichtet hat, in alle Rechte und Pflichten des Schiedsbeklagten zu 1) einzutreten, die sich aus dem Zulassungsvertrag samt Anlagen ergeben.
6
Seit Einführung der Regionalliga Bayern zur Saison 2012/2013 qualifizierte sich der jeweilige Meister der Regionalliga entweder für eine Aufstiegsrunde für die 3. Liga oder aber für einen Direktaufstieg. In den zurückliegenden Jahren wurde der Meister - soweit es sich nicht um eine zweite Mannschaft eines Profivereins handelte - als „bester bayerischer Amateurverein“ für die Teilnahme an der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals gemeldet.
7
Grundlage für die Meldung war § 68 Nr. 7 der Spielordnung des Schiedsklägers (im Folgenden: SLO), der in seiner ursprünglichen Fassung folgenden Wortlaut hatte:
„Für die 1. DFB-Pokal-Hauptrunde qualifiziert sich der Bayerische Totopokalsieger sowie der bestplatzierte bayerische Amateurverein der Regionalliga Bayern.“
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Am 16. März 2020 musste die Saison 2019/2020 aufgrund einer Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsregierung unterbrochen werden. Die Unterbrechung dauerte bis zum 19. September 2020 an. An diesem Tag wurde der Spielbetrieb in der Regionalliga Bayern wieder aufgenommen.
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Am 5. Mai 2020 fasste der Vorstand des Schiedsklägers im Umlaufverfahren einen Beschluss mit Wirkung zum 8. Mai 2020, der folgende, für das anhängige Schiedsverfahren maßgebliche, Passagen enthielt:
„§ 19 Nr. 1.2 der Bayerischen Regionalligaordnung (RLO):
Meister der Runde ist, wer nach Durchführung aller Spiele die meisten Gewinnpunkte erzielt hat. Absteiger sind die Mannschaften, die die wenigsten Gewinnpunkte erzielt haben.
Für das Spieljahr 2019/2020 gilt aufgrund der Covid-19-Pandemie nachfolgende abweichende Regelung: Sollte der Spielbetrieb der Regionalliga nicht bis zum Zeitpunkt der Meldung des Aufsteigers in die 3. Liga zur Saison 2020/2021 abgeschlossen sein, gibt es keinen Meister und es steigt die Mannschaft, die bis zum Zeitpunkt des Datums des Ablaufs der offiziellen Meldefrist Tabellenerster ist, in die 3. Liga zur Saison 2020/2021 auf. Diese Mannschaft scheidet mit diesem Tag aus dem Spielbetrieb der Regionalliga aus. Die von diesem Verein oder dessen bisherigen Gegnern erzielten Punkte und Tore werden gestrichen. Die Zahl der festgelegten Absteiger vermindert sich entsprechend.
Für den Aufstieg in die 3. Liga gilt der § 55b DFB-Spielordnung.
Für das Spieljahr 2019/2020 gilt aufgrund der Covid-19-Pandemie nachfolgende abweichende Regelung: Sollte der Spielbetrieb der Regionalliga nicht bis zum Zeitpunkt der Meldung des Aufsteigers in die 3. Liga abgeschlossen sein, steigt die Mannschaft in die 3. Liga auf, die zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist Tabellenerster ist.
Für die 1. DFB-Pokal-Hauptgrunde qualifiziert sich der Bayerische Totopokalsieger sowie der bestplatzierte bayerische Amateurverein der Regionalliga Bayern.
Für das Spieljahr 2019/2020 gilt aufgrund der Covid-19-Pandemie folgende abweichende Regelung: Aus der Regionalliga Bayern qualifiziert sich der zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist für den DFB-Pokal bestplatzierte bayerische Amateurverein zur Teilnahme an der 1. DFB-Pokal Hauptrunde 2020/2021. Sollte zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist der Spielbetrieb in der Regionalliga Bayern ohne den nach § 20 Regionalligaordnung zum Aufstieg in die 3. Liga gemeldeten Verein wieder fortgesetzt sein, so qualifiziert sich der zu diesem Zeitpunkt bestplatzierte sich noch im Wettbewerb befindliche Amateurverein.“
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Die Meldefrist beim Deutschen Fußballverband für die Aufsteiger und den Regionalligen lief am 22. Juni 2020 ab.
11
Am 21. Juni 2020 meldete der Schiedskläger die Teilnahme der Schiedsbeklagten zu 2) für die Saison 2020/2021 in der 3. Liga. Mit Bescheid des DFB vom 21. Juli 2020 wurde der Schiedsbeklagten zu 2) die Zulassung erteilt.
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Am 22. Juli 2020 beschloss der Schiedskläger, die Schiedsbeklagte zu 2) aus der Wertung der Saison 2019/2020 der Regionalliga Bayern zu nehmen und die von der Schiedsbeklagten zu 2) oder deren bisherigen Gegnern erzielten Punkte und Tore zu streichen.
13
Gegen den Beschluss legte die Schiedsbeklagte zu 2) Rechtsmittel ein.
14
Am 1. September 2020 beschloss der Schiedskläger eine Änderung des § 68 Nr. 7 SLO, die am 5. September 2020 - einen Tag vor Ablauf der Meldefrist für den DFB-Pokal - veröffentlicht wurde. Die Neufassung des § 68 Nr. 7 lautet wie folgt:
„„Für die 1. DFB-Pokal-Hauptrunde qualifiziert sich der Bayerische Totopokalsieger sowie der bestplatzierte bayerische Amateurverein der Regionalliga Bayern.
Für das Spieljahr 2019/2020 gilt aufgrund der Covid-19-Pandemie folgende abweichende Regelung: Aus der Regionalliga Bayern qualifiziert sich der zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist für den DFB-Pokal bestplatzierte bayerische Amateurverein unter Beachtung des § 19 Nr. 1.2 Regionalligaordnung zur Teilnahme an der 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 2020/2021.
Am 6. September 2020 meldete der Schiedskläger die 1. FC Sch. 1905 Fußball GmbH zur 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 2020/2021 an. Der Spielbetrieb in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals begann am 11. September 2020.“
Die Schiedsbeklagten beantragten zur Wahrung ihrer Rechte den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht München I, das am 30. September 2020 ein Endurteil mit folgendem wesentlichen Inhalt verkündete:
„I. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 11.09.2020 (Az.: 37 O 11770/20) wird teilweise aufgehoben und wie folgt abgeändert:
1. Der Verfügungsbeklagte zu 1) wird verpflichtet, die Meldung des 1. FC Sch. 05 e.V. für die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals 2020/2021 vom 06.09.2020 zu widerrufen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Meldung an den Verfügungsbeklagten zu 2) erneut zu entscheiden.
2. Der Verfügungsbeklagte zu 2) wird verpflichtet, einen Widerruf der Meldung des 1. FC Sch. 05 e.V. für die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals 2020/2021 zu dulden und eine erfolgte erneute Meldung des Verfügungsbeklagten zu 1) zuzulassen.
3. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Verfügungskläger zu 1/3, die Verfügungsbeklagte zu 2/3.“
Der Verfügungskläger seinerseits hatte auf Beschwerden der Schiedsbeklagten das Verbandssportgericht des Bayerischen Fußballverbandes angerufen, das unter dem 24. September 2020 folgendes Urteil verkündete:
1. Die Beschwerden der ... M. Fußball GmbH und des ... M. e.V. gegen die Meldung des 1. FC Sch. zum DFB Pokal und der Antrag auf Verpflichtung des BFV zum Widerruf der Meldung der Beschwerdeführerin zu 1) für die erste Hauptrunde im DFB Pokal 2020/2021 werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2020 tragen die Beschwerdeführer als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.“
Unter dem 8. Oktober 2020 erhob der Schiedskläger zum ständigen Schiedsgericht des Bayerischen Fußballverbandes Schiedsklage mit folgenden Anträgen:
I. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Verbands-Sportgerichts vom 24.09.2020 (Az. 00125-19/20-VSG), mit dem die Beschwerden der Schiedsbeklagten gegen die Meldung des 1. FC Sch. 1905 Fußball GmbH zur 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 2020/2021 zurückgewiesen wurden, rechtmäßig ist.
II. Die Schiedsbeklagten tragen die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung sowie der den Parteien erwachsenen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten als Gesamtschuldner.“
15
Die Klage wird den Schiedsbeklagten mit Verfügung des Vorsitzenden des ständigen Schiedsgerichts vom 12. Oktober 2020 zugestellt. Vorab wurde den anwaltlichen Vertretern der Schiedsbeklagten per E-Mail eine Kopie dieser Verfügung übermittelt.
16
Frist zur Stellungnahme zur Schiedsklage wurde bis zum 20. Oktober 2020 gesetzt.
17
Am 9. Oktober 2020 beantragten die Schiedsbeklagten beim Bay. Obersten Landesgericht die Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO.
18
Diesen Antrag wies das Bay. Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 22. Oktober 2020 zurück. Im Beschluss des Bay. Obersten Landesgerichts wurde festgestellt, dass die Zuständigkeit des hiesigen Schiedsgerichts gegeben sei.
19
Mit Verfügung vom 19. Oktober 2020 wurde die Frist zur Stellungnahme zur Schiedsklage bis zum 23. Oktober 2020 verlängert. Termin zur Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde bestimmt auf 26. Oktober 2020.
20
Die mündliche Verhandlung hat an diesem Tag stattgefunden.
21
Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2020 hatten die Verfügungsbeklagten eine Vorabentscheidung des Schiedsgerichts über seine eigene Zuständigkeit beantragt, die Frist zur Stellungnahme auf die Begründetheit der Schiedsklage sowie die Terminierung zur mündlichen Verhandlung bis zur Entscheidung über diesen Antrag mit sofortiger Wirkung „zu suspendieren“ und den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2020 wurde bekanntgegeben, dass das Schiedsgericht beabsichtigte, in mündlicher Verhandlung zunächst über die Rechtswegzuständigkeit zu entscheiden. Der Antrag auf Suspendierung der Frist zur Klageerwiderung wurde ebenso wie der Terminsverlegungsantrag zurückgewiesen.
22
Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2020 erwiderten die Schiedsbeklagten auf die Schiedsklage unter gleichzeitiger Erhebung einer Eventualwiderklage mit folgenden Anträgen:
„1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger wird verurteilt, die Meldung des 1. FC Sch. 05 e.V. für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals 2020/2021 vom 6. September 2020 zu widerrufen und stattdessen die Beklagte zu 1) für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals 2020/2021 zu melden.“
23
Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2020 rügten die Schiedsbeklagten Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das „Festhalten an dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2020“. Ferner wurde eine Verletzung des Art. 6 EMRK gerügt, weil das Schiedsgericht die „notwendigen Vorkehrungen zur Einhaltung der erforderlichen Öffentlichkeit des Verfahrens“ nicht getroffen habe.
24
Am 26. Oktober 2020 wurde mündlich zunächst zu den Verfahrensrügen der Schiedsbeklagten, sodann zur Klage und zur Eventualwiderklage verhandelt.
Entscheidungsgründe
25
Der mit der Schiedsklage geltend gemachte Feststellungsantrag ist begründet. Die Widerklage ist unbegründet.
26
1. Das Schiedsgericht ist für die Entscheidung zuständig.
27
In seinem Beschluss vom 22. Oktober 2020 hat das Bayer. Oberste Landesgericht überzeugend zunächst darauf hingewiesen, dass das entscheidende Schiedsgericht als unabhängige und unparteiliche Instanz i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO organisiert sei. Die Schiedsgerichtsordnung, die Teil des Schiedsgerichtsvertrages sei, gewährleiste ein faires Verfahren. Die Schiedsgerichtsordnung sei die Verfahrensordnung für alle Fälle denkbarer Schiedsangelegenheiten. Es liege eine Streitigkeit i.S.d. § 9 des Zulassungsvertrages vor.
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Auch nach Auffassung des Schiedsgerichts ist dessen Zuständigkeit anzunehmen, weil die Schiedsbeklagten Ansprüche aus ihrer Mitgliedschaft beim Schiedskläger herleiten. Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, ob die Feststellung des Schiedsklägers, auf Ausschluss der Schiedsbeklagten zu 2) vom Spielbetrieb der Regionalliga als „rechtskräftig“ i.S.d. Ziffer 4 der Schiedsgerichtsvereinbarung anzusehen ist. Entscheidend kommt es auf die inhaltliche Qualität der Auseinandersetzung an.
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Die Einwendungen der Schiedsbeklagten gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung greifen nicht. Art. 6 Abs. 1 EMRK verbietet nicht die Einrichtung von Schiedsgerichten zur Beilegung von Streitigkeiten, die Mitgliedschaftsrechte betreffen. Im vorliegenden Fall handelt es sich auch nicht um ein - unzulässiges - Zwangsschiedsgerichtsverfahren, da hiervon nur dann auszugehen wäre, wenn das angerufene Schiedsgericht keine Gewähr für die Einhaltung eines fairen Verfahrens, so wie es in Art. 6 EMRK definiert ist, bieten würde. Zu Recht führt das Bayer. Oberste Landesgericht in der zitierten Entscheidung aus, dass Schiedsgerichte in der Lage sind, Streitigkeiten zeitnah auch in der Hauptsache einer endgültigen Entscheidung zuzuführen, um so für den schnelllebigen Fußballsport Rechtssicherheit und Klarheit zu leisten. Schiedsgerichtsvereinbarungen bieten Gewähr für eine interessengerechte Organisation des Fußballsports, sie vermeiden insbesondere langandauernde Verfahren vor staatlichen Gerichten (Blatt 32 des zitierten Beschlusses).
30
2. Den Schiedsbeklagten wurde nach Zustellung der Schiedsklage ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Schon die ursprünglich gesetzte Frist von acht Tagen ist in Schiedsgerichtsverfahren, die während eines laufenden Sportwettbewerbs kurzfristige Entscheidungen erfordern, nicht unangemessen. Darüber hinaus wurde die Klageerwiderungsfrist um weitere drei Tage verlängert, sodass die Schiedsbeklagten, die immerhin bereits am 9. Oktober 2020 den zitierten Antrag zum Bayer. Obersten Landesgericht gestellt hatten, elf Tage Zeit hatten, um sich zur Schiedsklage zu äußern. Zu berücksichtigen ist zur Frage der Beurteilung der Angemessenheit schließlich auch die nicht bestrittene Tatsache, dass beide Parteien des Verfahrens den streitgegenständlichen Sachverhalt bereits in einem Verbandsklageverfahren sowie in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht ausgewertet hatten. Sachverhalte und rechtliche Argumente waren deshalb für die Parteivertreter nicht neu, sodass auch durch diesen Umstand die Angemessenheit der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit begründet ist.
31
In der Sache haben die Schiedsbeklagten auch umfänglich Stellung genommen. Der weitere Antrag im Schriftsatz vom 23. Oktober 2020, nochmals eine Schriftsatzfrist von zehn Tagen einzuräumen, wird deshalb abgewiesen. Zur Erörterung von Rechtsfragen bestand innerhalb der vom Schiedsgericht gesetzten und verlängerten Frist ausreichend Gelegenheit. Darüber hinaus wurde in der mündlichen Verhandlung beiden Parteivertretern Gelegenheit für eine Erörterung von Rechtsfragen gegeben.
32
3. Der Schiedskläger hat die 1. FC Sch. 1905 Fußball GmbH zu Recht zur 1. DFB-Pokal-Hauptrunde 2020/2021 gemeldet.
33
3.1 Rechtsgrundlage für die Meldung war zunächst § 68 Nr. 7 SLO in der Fassung vom 5. Mai 2020.
34
Nach § 24 Abs. 2 der Satzung des Schiedsklägers ist deren Vorstand berechtigt, bei zwingender Notwendigkeit zwischen zwei Verbandstagen eine Änderung der maßgeblichen Satzung vorzunehmen.
35
Von einer solchen zwingenden Notwendigkeit war im vorliegenden Fall unzweifelhaft auszugehen, nachdem die Unterbrechung des Spielbetriebs aus öffentlich-rechtlichen Gründen erforderlich war.
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Nach Auffassung des Schiedsgerichts kann die zitierte Vorschrift nicht isoliert betrachtet werden. Sie muss vielmehr im Zusammenhang mit § 19 Nr. 1.2 RegO gesehen werden, wonach ausdrücklich für das Spieljahr 2019/2020 eine Sonderregelung hinsichtlich des Aufstiegs in die 3. Liga statuiert worden ist. Die Gesamtschau der geänderten Regelungen für den Aufstieg und für die Benennung des Amateurvereins für den DFB-Pokal tragen die vom Schiedskläger vollzogene Auslegung des § 68 Nr. 7 SLO.
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3.2 Den Schiedsbeklagten ist zuzugeben, dass bei losgelöster Betrachtung der Passage „sollte zum Zeitpunkt des Ablaufs des Datums der offiziellen Meldefrist der Spielbetrieb in der Regionalliga Bayern ohne den nach § 20 der Regionalligaordnung zum Aufstieg in die 3. Liga gemeldeten Verein wieder fortgesetzt sein, so qualifiziert sich der zu diesem Zeitpunkt bestplatzierte sich noch im Wettbewerb befindliche Amateurverein“ auch die Auslegung im Sinne der Auffassung der Schiedsbeklagten tragen könnte. Eine Verweisung auf die Änderungen in §§ 19, 20 der RegO enthält § 68 Nr. 7 SLO nämlich nicht.
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Indes entspräche eine solche Auslegung nicht den erkennbaren Interessen des Satzungsgebers. Aus der Gesamtschau der zitierten Regelungen muss geschlossen werden, dass bei der Nomierungsentscheidung §§ 19, 20 RegO nicht unberücksichtigt bleiben können. Dem Vorbringen der Parteien im Rahmen des vor dem Landgericht München I geführten Rechtsstreits - Az. 37 O 11770/20 - ist schließlich zu entnehmen, dass auch der Vorstandsvorsitzende des Schiedsbeklagten zu 2) - Mehrheitsgesellschafter des Schiedsbeklagten zu 2) - gegenüber dem Präsidenten des Schiedsklägers in einem Gespräch vom 31. Juli 2020 zum Ausdruck gebracht hatte, er werde nicht gegen eine etwaige Meldung des 1. FC Sch. 05 zum DFB-Pokal klagen (Blatt 14 des Urteils vom 30. September 2020), wenn dieser Verein seinerseits nicht gegen den Aufstieg des Schiedsbeklagten zu 2) opponieren werde. Es muss in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden, ob diese Erklärungen mit Rechtsbindungswillen abgegeben worden sind oder nicht. Sie enthalten jedenfalls erkennbar die Bewertung, dass das „Satzungsänderungspaket“ vom 5. Mai 2020 seitens des Hauptgesellschafters der Schiedsbeklagten zu 2) als solches erkannt und akzeptiert worden ist.
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3.3 Letztlich muss allerdings nicht entschieden werden, ob die Fassung der Satzung vom 5. Mai 2020 mehrdeutig ist oder nicht. Der Schiedskläger hat nach Auffassung des Schiedsgerichts durch die erneute Satzungsänderung vom 1. September 2020 derartige Auslegungsdifferenzen ausgeräumt. Nach dem Wortlaut dieser Satzungsänderung konnte hierauf die Nominierung der 1. FC Sch. 05 GmbH gestützt werden.
40
Das Landgericht München I hält allerdings diese Satzungsänderung für nichtig, weil sie einer kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle gemäß §§ 19, 20 GWB nicht standhalte.
41
Diese Auffassung teilt das Schiedsgericht nicht:
42
Der Schiedskläger war - bis zur Willkürgrenze - berechtigt, im Rahmen seiner nach Art. 9 GG eingeräumten Satzungsautonomie die Satzung zu ändern. Grundsätzlich kann die geänderte Satzung auch kartellrechtlich im Rahmen der §§ 19, 20 GWB geprüft werden. Nach Auffassung des Schiedsgerichts ist im vorliegenden Fall aber bei der Änderung einer Rechtsnorm kein Ermessen auszuüben, wenn es - wie vorliegend - lediglich um die Motivation des rechtssetzenden Organs geht. Ob diese Motivation darin besteht, eine nichtige Rechtsnorm durch eine wirksame zu ersetzen, oder eine mehrdeutige klarzuzustellen, ist bedeutungslos. Das verbotene Verhalten von Unternehmen oder Organisationen mit Monopolstellung ist im Rahmen der §§ 19, 20 GWB inhaltlich und nicht auf die Motivation des Satzungsgebers hin zu prüfen. Wenn objektiv zulässiges Verhalten i.S.d. §§ 19, 20 GWB vorliegt, so kann von einem kartellrechtlich relevanten Verstoß nicht ausgegangen werden.
43
Sowohl der Regelung des § 68 Nr. 7 SLO in seiner Fassung vom 5. Mai 2020 als auch vom 1. September 2020 begegnen insoweit keinerlei Bedenken. Die vom Schiedskläger verfolgten Interessen der Herbeiführung einer gerechten Lösung bei Beendigung des Regionalliga-Spielbetriebs vor Ablauf bestehender Meldefristen ist inhaltlich interessengerecht.
44
Nach Auffassung des Schiedsgerichts ist die Fassung der Satzung vom 1. September 2020 im Übrigen zur Klarstellung geschaffen worden.
45
Vor diesem Hintergrund war die Meldung des Verfügungsklägers vom 5. September 2020 rechtmäßig.
46
3.4 Ein Widerruf dieser Meldung kommt nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht in Betracht:
47
Die vom Schiedskläger veranlasste Meldung ist ein Rechtsgeschäft, das nach § 145 BGB grundsätzlich nicht widerruflich ist. Die Meldung wurde seitens des DFB akzeptiert, sodass insoweit eine rechtsgeschäftliche Bindung entstanden ist, die nicht durch einen Widerruf, sondern allenfalls durch Anfechtung zu Fall gebracht hätte werden können.
48
Legt man die Auffassung des Landgerichts München I (Nichtigkeit der in Betracht kommenden Satzungsänderung) zugrunde, so bedürfte es eines solchen Widerrufs nicht.
49
Da nach Auffassung des Schiedsgerichts die Meldung jedoch rechtmäßig ist, kann auch aus diesem Grund eine Verpflichtung des Schiedsklägers zum Widerruf der Meldung nicht angenommen werden.
50
4. Da das Schiedsgericht die Meldung der 1. FC Sch. 05 GmbH für rechtmäßig hält, kann von den Schiedsbeklagten die im Wege der Widerklage geltend gemachte Meldung der Schiedsbeklagten zu 2) nicht beansprucht werden. Die rechtswirksame Meldung schließt die Meldung eines anderen Teilnehmers aus.
51
5. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, der vor Absetzung des Schiedsspruches per E-Mail beim Schiedsgericht eingegangen ist, einen Ablehnungsantrag nach § 1037 Abs. 2 ZPO gestellt.
52
Gemäß § 4 Ziff. 5 der Schiedsgerichtsordnung ist der Antrag auf Ablehnung schriftlich unter Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes beim Schiedsgericht einzureichen. Die Beisitzer, Direktor des Amtsgericht Bartsch und Leitender Oberstaatsanwalt a.D. Wenny haben mit Beschluss vom 27. Oktober 2020 den Antrag der Schiedsbeklagten auf Ablehnung zurückgewiesen.
53
Eine Abschrift dieses Beschlusses ist in Anlage beigefügt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
54
Gemäß § 1037 Abs. 3 ZPO kann das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.
55
6. Die Kosten des Verfahrens sind gemäß § 6 Ziff. 5 der Schiedsgerichtsordnung den Beklagten aufzuerlegen. Kosten und Auslagen von Bevollmächtigten werden nicht erstattet.
56
Die zu erstattenden Kosten berechnen sich wie folgt:
„a) Kosten der Schiedsrichter
Gegenstandswert: 175.000,00 €
|
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Bezeichnung
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Gebühr
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1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV
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2.506,40 €
|
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV
|
2.313,60 €
|
Pauschale für Post- und Telekom.dienste Nr. 7002 VV
|
20,00 €
|
Summe netto
|
4.840,00 €
|
× 2 (Beisitzer sind nicht umsatzsteuerpflichtig) angefallene Kosten
|
9.680,00 €
|
Bezeichnung
|
Gebühr
|
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV
|
2.506,40 €
|
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV
|
2.313,60 €
|
Pauschale für Post- und Telekom dienste Nr. 7002 VV
|
20,00 €
|
Summe netto
|
4.840,00 €
|
Mehrwertsteuer 16,00 % Nr. 7008 VV
|
774,40 €
|
angefallene Kosten
|
5.614,40 €
|
b) Kosten für Anmietung des Sitzungsraums
|
867,50 €
|
Summe Kosten
|
16.161,90 €
|
Die Kosten sind durch die Einzahlung des Kostenvorschusses gedeckt, sodass die Schiedsbeklagten verpflichtet sind, die vom Schiedskläger verauslagten Kosten diesem zu erstatten.“
57
7. Das Protokoll aus der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2020, die Erklärung des Vorsitzenden gem. § 1036 Abs. 1 und der Zurückweisungsbeschluss der Beisitzer vom 27. Oktober 2020 sind als Anlagen beigefügt.