Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 08.10.2020 – W 5 K 18.1454
Titel:

Nachbarklage eines Sondereigentümers - Neubau eines Bürogebäudes

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2
GG Art. 14
BauGB § 30 Abs. 1
BGB § 917 Abs. 1 S. 1
WEG § 8, § 15, § 43
BayBO Art. 4 Abs. 1, Art. 59
GaStellV § 2 Abs. 3
Leitsätze:
1. Das Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz schließt öffentlich-rechtliche Nachbarschutzrechte innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer ein- und desselben Grundstücks grundsätzlich aus. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern erhobene Baunachbarklage wird von den Verwaltungsgerichten wegen fehlender Klagebefugnis abgewiesen und klagende Wohnungseigentümer auf den Zivilrechtsweg verwiesen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Teileigentum als Sondereigentum an einem Gewerbe in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört, ist eine besondere Form des Miteigentums, wobei sich das Miteigentum am Grundstück nicht ohne weiteres in vollem Umfang auf die dort befindlichen Gebäude erstreckt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zwischen den an einer Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligten Sondereigentümern, die untereinander einen Nutzungskonflikt austragen, fehlt es an einer Rechtsbeziehung, die der für das baurechtliche  Nachbarverhältnis kennzeichnenden und für die Gewährung öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes maßgeblichen "Dreiecksbeziehung" entspricht. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klagebefugnis eines Sondereigentümers (verneint), Errichtung eines Bürogebäudes, (innere) Erschließung eines großflächigen Baugrundstücks, private Verkehrsfläche, notwegerhebliche Rechtswidrigkeit, Baugenehmigung, Sondereigentümer, bauaufsichtliches Einschreiten, Neubau, Bürogebäude, Sondernutzungsfläche, Nachbarschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.02.2022 – 9 ZB 20.2910, 9 ZB 20.2911
Fundstellen:
LSK 2020, 28813
ZWE 2021, 190
BeckRS 2020, 28813

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Bürogebäudes.
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1. Der Kläger und die Beigeladene sind Teileigentümer des ca. 30.360 m² großen Grundstücks Fl.Nr. …3/1 der Gemarkung Würzburg, F. Str. … und …a in W. (Baugrundstück). Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B.-weg“ i.d.F. der 3. Änderung vom 20. November 2013. Der Bebauungsplan enthält u.a. eine zeichnerische Festsetzung, welche eine ca. 400 m lange, private Verkehrsfläche zwischen dem Anschluss an die F. Straße im nordöstlichen Teil des Baugrundstücks und dem Standort des Bauvorhabens der Beigeladenen im westlichen Teil des Baugrundstücks vorsieht.
3
Bei dem Baugrundstück handelt sich um eine Teilfläche des sog. …geländes, welche mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Januar 2012 von der Beklagten an die Gesellschafter der „… …, …, … GbR“ verkauft wurde. Die Gesellschafter vereinbarten am 25. Oktober 2012 eine notariell beurkundete „Teilungserklärung nach § 8 WEG samt Gemeinschaftsordnung“ (URNr. …5/2012), aufgrund derer das Grundstück mit den darauf vorhandenen Gebäuden in insgesamt 21 Sondereigentums- und Abrechnungseinheiten aufgeteilt wurde. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 25. Oktober 2012 (URNr. …6/2012) nahmen die Gesellschafter eine Auseinandersetzung vor, aufgrund derer die Miteigentumsanteile bestimmt und dem Kläger u.a. die Sondereigentumseinheiten 8a und 8b (Sektkellerei) und 14a (Atelierhaus) sowie der Gesellschaft „… … GbR“ u.a. die Sondereigentumseinheiten 14b, 14c und 14d (Standort des Bauvorhabens) übertragen wurden. Die Beigeladene ist als Gesamtrechtsnachfolgerin der Gesellschaft „… … … … GbR“ Sondereigentümerin von deren früheren Sondereigentumseinheiten.
4
Die vorhandene Zufahrt hat im Bereich zwischen der Sondernutzungseinheit 05 des Klägers und der Sondernutzungseinheit 14 eine tatsächliche Breite von ca. 6,50 m. Ein 3,00 m breiter Streifen dieser Zufahrt, der entlang der Sondereigentumseinheiten des Klägers verläuft, steht diesem als Sondernutzungsfläche zur Verfügung; der übrige Teil ist als Gemeinschaftsfläche gekennzeichnet.
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Mit Bauantrag vom 12. Mai 2017 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Neubau eines Bürogebäudes“ auf dem Baugrundstück. Vorgesehen sind Räumlichkeiten für Büros auf drei Ebenen. Im Erdgeschoss ist ein Parkbereich mit 14 vertikal zur Zufahrt angeordneten Stellplätzen geplant. Auf die zugehörigen Eingabepläne wird Bezug genommen.
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Mit notariell beglaubigter „Teilungserklärung nach § 8 WEG und Nachtrag zur diesamtlichen Urkunde vom 25.10.2012, …5/2012“ vom 4. Dezember 2017 erfolgte eine Zusammenlegung der Miteigentumsanteile der Sondereigentumseinheiten Nrn. 14b, 14c und 14d zur neuen Sondereigentumseinheit „Atelierhaus 14/ Bürogebäude 14“ und eine Unterteilung dieser Einheit in mehrere Miteigentumsanteile, verbunden mit Sondereigentum. Hintergrund der Erklärung waren Neuüberlegungen der Beigeladenen zur Errichtung des in Streit stehenden Bürogebäudes anstelle der Atelierhäuser.
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2. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2018 erteilte die Beklagte der Beigeladenen nach Einholung fachlicher Stellungnahmen die beantragte Baugenehmigung unter mehreren Abweichungen von der Stellplatzsatzung der Beklagten und zahlreichen Nebenbestimmungen, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird. Ein Abdruck des Bescheids wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom gleichen Tag formlos übermittelt.
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3. Der Kläger ließ über seine Bevollmächtigte am 14. November 2018 Klage gegen die erteilte Baugenehmigung vom 15. Oktober 2018 (sowie am 11.1.2019 im Verfahren W 5 K 19.21 gegen eine weitere der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für ein auf dem Baugrundstück vorgesehenes Hotel) erheben und sinngemäß beantragen,
die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 15. Oktober 2018 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Kläger klagebefugt. Sollte die Baugenehmigung bestandskräftig werden, drohe dem Kläger im Fall einer unzureichenden wegemäßigen Erschließung automatisch eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme seines Eigentums und damit eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG. Er werde dann zivilrechtlich gezwungen, ein Notwegerecht nach § 917 BGB an seinem Eigentum zu dulden. Den Eintritt der Bestandskraft könne der Kläger nicht auf dem Zivilrechtsweg (§ 43 WEG) verhindern. Die Besonderheit des vorliegenden Rechtsstreits („notwegerhebliche“ Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung) führe dazu, dass der Kläger als Sondereigentümer ausnahmsweise öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz auch gegen eine Baugenehmigung in Anspruch nehmen könne, die einem anderen Sondereigentümer desselben Grundstücks erteilt worden sei. Andernfalls sei eine Verkürzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten zu befürchten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs habe ein Grundstückseigentümer ein Abwehrrecht gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung, wenn dadurch in sein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht eingegriffen werde, weil die Baugenehmigung infolge fehlender Erschließung im Hinblick auf die Duldung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB eine unmittelbare Rechtsverschlechterung bewirke. Diese Entscheidungen lägen auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine Grundstücksnutzung, die nach den Vorgaben des öffentlichen Rechts unzulässig und nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt sei, auch von der Privatrechtsordnung nicht als ordnungsgemäß im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB anerkannt werden könne. Umgekehrt wirke eine rechtswidrige, aber bestandskräftige Baugenehmigung dergestalt auf das Zivilrecht ein, dass sie die Ordnungsmäßigkeit der Nutzung eines Grundstücks im Sinne von § 917 BGB bestimme. Die Baugenehmigung stelle nämlich verbindlich fest, dass das Bauvorhaben mit dem Baurecht übereinstimme. Auch im Fall der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung schneide sie dem Grundstückseigentümer, der sich im Zivilprozessrecht gegen die Inanspruchnahme seines Grundstücks auf der Grundlage von § 917 BGB zu Wehr setze, den Vortrag ab, die Benutzung des Baugrundstücks sei schon deshalb nicht ordnungsgemäß, weil sie dem öffentlichen Baurecht widerspreche. Obwohl die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter ergehe, löse sie in Richtung auf die Entstehung eines Notwegerechts gleichsam eine Automatik aus. Deshalb habe sie aus der Sicht des betroffenen Nachbarn insoweit unmittelbare Eingriffsqualität. Hieraus resultiere auch eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Erfordernis der gesicherten Erschließung nur den öffentlichen Interessen diene und keine nachbarschützende Funktion habe. Die Klagebefugnis scheitere auch nicht daran, dass der Kläger als Sondereigentümer öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche gegen eine Baugenehmigung geltend mache, die der Beigeladenen als Sondereigentümerin auf demselben Grundstück erteilt worden sei. Zwar seien öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche gegen ein Vorhaben eines anderen Miteigentümers grundsätzlich im Wege einer gegen diesen gerichtete Klage vor den Wohnungseigentumsgerichten geltend zu machen. Da hier jedoch der Ausnahmefall einer notwegerheblichen Rechtswidrigkeit gegeben sei, stehe dem Kläger wie jedem „richtigen“ Nachbarn ein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung zu. Hierfür spreche auch, dass der Kläger und die Beigeladene dem weit auszulegenden zivilrechtlichen Nachbarbegriff im Sinne des § 917 BGB unterfielen. Das Notwegerecht könne nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur am Volleigentum, sondern auch an einem Sondereigentum bzw. Sondernutzungsrecht entstehen. Die Beigeladene könne daher bei bestandskräftiger Baugenehmigung auch ein Notwegerecht am Eigentum des Klägers erwerben. Für die Zulässigkeit der Klage spreche auch der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Es würde einen Wertungswiderspruch bedeuten, einen Zustand, für den öffentlich-rechtlich eine Legitimationsgrundlage nicht vorhanden sei, zivilrechtlich als „ordnungsgemäß“ zu qualifizieren. Die rechtswidrige - aber bestandskräftige - öffentlich-rechtliche Baugenehmigung würde zu einer rechtmäßigen zivilrechtlichen Nutzung im Sinne des § 917 BGB führen. Ohne Anfechtungsmöglichkeit des Klägers würde auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in unzulässiger Weise verkürzt. Die Möglichkeit zivilgerichtlichen Rechtsschutzes nach §§ 15 und 43 WEG möge im Regelfall ausreichend sein, nicht jedoch in der vorliegenden Ausnahmekonstellation. Hierfür spreche auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Anfechtungsklage eines „richtigen“ Nachbarn im vorliegenden Fall zulässig sei. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Kläger prozessual schlechter gestellt werden sollte als ein „richtiger“ Nachbar.
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Die Klage sei auch begründet. Die angegriffene Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Insbesondere sei die nach § 30 Abs. 1 BauGB erforderliche Erschließung nicht gesichert. Zwar sei das Baugrundstück an das öffentliche Straßen- und Wegenetz angeschlossen und damit grundsätzlich wegemäßig erschlossen. Das geplante Bürogebäude auf einer Teilfläche des …geländes könne aber von der F. Straße aus nicht verkehrssicher über Straßen erreicht werden, die öffentlich gewidmet seien oder im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft stünden und damit von der Beigeladenen rechtlich gesichert genutzt werden könnten. Das geplante Bürogebäude könne nur dann verkehrssicher erreicht werden, wenn es über das Eigentum (Sondereigentum bzw. Sondernutzungsfläche) des Klägers angefahren werde. Aus der Stellungnahme der Stadtreinigung der Beklagten vom 10. Oktober 2017 ergäben sich bereits Probleme bei der Abfallbeseitigung, die nicht ohne unzulässige Inanspruchnahme des Sondereigentums des Klägers (Halle) erfolgen könne. Die Baugenehmigung sei auch deshalb rechtswidrig, weil im geplanten Bürogebäude eine sog. Mittelgarage errichtet werden solle, ohne dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen für Zu- und Abfahrten nach § 2 Abs. 3 GaStellV gesichert eingehalten werden könnten. Die angefochtene Baugenehmigung enthalte keinen Hinweis auf diese Vorschrift. Die Zu- und Abfahrten zu den geplanten Garagen im Bürogebäude der Beigeladenen seien verkehrsrechtlich nicht gesichert. Das Bürogebäude solle in einem Abstand von 6,50 m zum im Sondereigentum des Klägers stehenden Bestandsgebäude errichtet werden. Für die dazwischenliegende Verkehrsfläche sei teilweise - über eine Breite von 3,00 m - ein vertragliches Sondernutzungsrecht und damit ein alleiniges Gebrauchs- und Nutzungsrecht des Klägers vereinbart worden; der Mitgebrauch der Beigeladenen sei insoweit ausgeschlossen. Wenn aber die Beigeladene nur eine Zu- und Abfahrtsbreite von 3,50 m nutzen dürfe, werde die Bestimmung des § 2 Abs. 3 GaStellV nicht eingehalten. Der tatsächliche Halbmesser (Radius) des inneren Fahrbahnrandes für die Zu- und Abfahrten der Garage betrage maximal 3,50 m (anstelle der geforderten 5,00 m). Nach den vertraglichen Vereinbarungen sei der Kläger derzeit nicht verpflichtet, verkehrssichere Zu- und Abfahrten der zu errichtenden Mittelgarage über sein Sondernutzungsrecht zu dulden. Entsprechendes ergebe sich auch nicht aus Ziff. III.1. lit. d) der Gemeinschaftsordnung vom 25. Oktober 2012. Ohne eine solche Duldung sei die wegerechtliche Erschließung derzeit nicht gesichert. Ziffer 2060 der angefochtenen Baugenehmigung fordere u.a. die Einhaltung der Fahrgassenbreiten nach § 4 Abs. 2 GaStellV. Bei einer Anordnung der Einstellplätze im Winkel von 90° zur Fahrgasse - wie in Schnitt A der Eingabeplanung dargestellt - betrage die erforderliche Fahrgassenbreite (abhängig von der Einstellplatzbreite) mindestens 6,00 m. Die Erschließung der Mittelgarage sei damit vor dem Hintergrund der § 2 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 GaStellV nicht gesichert. Die Bestimmungen der GaStellV seien im Rahmen der Erteilung der Baugenehmigung zu prüfen; dies ergebe sich aus § 30 Abs. 1 BauGB, Art. 4 Abs. 1, 59 BayBO, aus der Stellplatzsatzung der Stadt Würzburg und aus Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 der Bebauungsplanbegründung. Auch die Zu- und Abfahrt von Versorgungsfahrzeugen (Müllabfuhr, Feuerwehr, Rettungsfahrzeuge) sei bei einer Fahrbahnbreite von maximal 3,50 m nicht gesichert, wenn nicht gleichzeitig durch eine Ampelanlage sichergestellt werde, dass kein Begegnungsverkehr auftrete. Eine bestandskräftige Baugenehmigung löse in Richtung der Duldung eines Notwegerechts weitreichende Folgen aus. An den Nachweis der gesicherten Erschließung seien deshalb strenge Anforderungen zu stellen. Die - mangels gesicherter Erschließung - rechtswidrige Baugenehmigung verletze den Kläger in seinem Recht aus Art. 14 GG. Die Beigeladene müsse zur wegemäßigen Erschließung ein Notwegerecht über das Sondereigentum des Klägers in Anspruch nehmen. In dieser Situation sei nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung § 917 BGB zumindest entsprechend heranzuziehen. Neben der fehlenden Erschließung führe das Vorhaben - nicht zuletzt aufgrund der Kombination mit der im Verfahren W 5 K 19.21 streitgegenständlichen Baugenehmigung für das Hotelgebäude - zu einer erdrückenden Wirkung gegenüber den Sondernutzungseinheiten 08a, 08b und 14a des Klägers, so dass es sich auch aus diesem Grunde als rechtswidrig erweise.
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4. Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klage sei unzulässig. Der Kläger sei nicht klagebefugt, weil er Miteigentümer des Baugrundstücks sei. Öffentlichrechtliche Nachbarschutzansprüche stünden grundsätzlich nur Eigentümern benachbarter Grundstücke zu. Benachbart seien dabei alle „fremden“ Grundstücke im grundbuchrechtlichen Sinne, die durch das Bauvorhaben in ihren rechtlich geschützten Belangen möglicherweise berührt sein könnten. Der Kläger könne sich auf die ihm nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumte Rechtsstellung berufen, jedoch keine auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützten nachbarschützenden Abwehransprüche geltend machen. Die Klage sei zudem unbegründet. Die Einwendungen der Klägerseite griffen nicht durch. Die Erschließung des Baugrundstücks sei gesichert. Eine gesicherte wegemäßige Erschließung sei gegeben, wenn das Baugrundstück über einen gesicherten Zugang zum öffentlichen Straßennetz verfüge. Das Erfordernis diene ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und sei daher grundstücksbezogen zu beurteilen. Gleichwohl stelle auch das Bauordnungsrecht in Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO darauf ab, dass das Grundstück als solches an das öffentliche Straßen- und Wegenetz angeschlossen sei. Die konkreten Anforderungen an die Erschließung richteten sich dabei aufgrund der bauordnungsrechtlichen Zielsetzung der Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Art und Umfang nach dem Bauvorhaben. Das Baugrundstück liege unmittelbar an der öffentlichen Verkehrsfläche „F. Straße“. Entsprechend der Stellungnahme der Fachabteilung Tiefbau der Beklagten vom 17. August 2018 (Bl. 152 der Behördenakte) bestünden aus verkehrsrechtlicher Sicht keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Das Baugrundstück erfülle die sich durch den Neubau eines Bürogebäudes ergebenden Anforderungen an die wegemäßige Erschließung und verfüge auch über eine für Rettungssowie Ver- und Entsorgungsfahrzeuge angemessene Zufahrtsbreite. Die unmittelbare Erreichbarkeit der konkreten Teilfläche des Gesamtgrundstücks, auf der das Bauvorhaben errichtet werden solle, sowie eventuell bestehende privatrechtliche Sondernutzungsrechte an Wegflächen seien für die Beurteilung der gesicherten Erschließung unerheblich. Vielmehr obliege es dem Bauherrn bzw. den Sondereigentümern, die Zugänglichkeit der einzelnen Einheiten auf dem Gelände zivilrechtlich zu regeln. Die Baugenehmigung berühre keine privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Folglich werde das öffentliche Baurecht auch nicht vom Privatrecht beeinflusst. Daher sei es nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde, in dem rein öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren private Rechtsverhältnisse zu prüfen. Die zwischen den Beteiligten geschlossene Vereinbarung zu Sondernutzungsrechten stelle keine öffentlich-rechtliche Baurechtsfestsetzung dar und entfalte für die Entscheidung über den Bauantrag keine Bindungswirkung. Die gemäß § 2 GaStellV benötigten Zu- und Abfahrtsflächen zur Mittelgarage seien anhand der tatsächlich vorhandenen Gesamtbreite der Zufahrt von ca. 6,50 m zu prüfen gewesen und seien somit nicht zu beanstanden. Aufgrund der strukturellen Trennung des öffentlichen und privaten Rechts verletze die Baugenehmigung den Kläger nicht in seinem Sondereigentums- und Sondernutzungsrecht. Der Regelungsgehalt des Genehmigungsbescheids beziehe sich lediglich auf die Vereinbarkeit des streitgegenständlichen Vorhabens mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es werde dagegen nicht rechtsverbindlich festgelegt, dass der Neubau eines Bürogebäudes auf dem Baugrundstück auch privatrechtlich zulässig und aufgrund schuldrechtlicher Rechte tatsächlich realisierbar sei. Eine Verletzung in privaten Rechten würde sich allenfalls aus der Ausführung des Bauvorhabens durch die Beigeladene ergeben, nicht durch die Erteilung der Baugenehmigung als solche. Dem Kläger bleibe es unbenommen, seine Abwehransprüche auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Im Übrigen sei eine Beeinträchtigung des Klägers in seinem Recht an der Sondereigentumseinheit „Haus Nr. 8b“ durch die Ver- und Entsorgung für das Bauvorhaben der Beigeladenen generell nicht ersichtlich. Im laufenden Baugenehmigungsverfahren sei der Standort der Abfallbehälter für das Bauvorhaben in das Hotelgebäude (Haus Nr. 7) verlagert und der bisher als Müllraum vorgesehene Raum 0-07 in einen Abstellraum umfunktioniert worden (Bl. 141 der Behördenakte).
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5. Die Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Der baurechtliche Nachbarbegriff werde zwar nicht definiert. Im Hinblick auf die Grundstücksbezogenheit baurechtlicher Regelungen werde aber überwiegend davon ausgegangen, dass der Begriff des Nachbarn nur den Grundstückseigentümer oder die Inhaber eigentumsähnlicher Rechtspositionen umfasse, also Erbbau- und Nießbrauchsberechtigte sowie Wohnungseigentümer. In der Rechtsprechung sei jedoch geklärt, dass dem einzelnen Sondereigentümer sowohl für eine Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als auch für eine Anfechtungsklage gegen eine der Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte Baugenehmigung, mit der bauliche Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum gestattet würden, die Klagebefugnis fehle. Das Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz schließe öffentlich-rechtliche Nachbaransprüche innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer desselben Grundstücks aus. Erteile die Bauaufsichtsbehörde für das gemeinschaftliche Eigentum eine Baugenehmigung, könne der einzelne Sondereigentümer aufgrund der ihm nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumten Rechtsstellung nicht selbst im Verhältnis zur Behörde geltend machen, dadurch werde in sein Sondereigentum eingegriffen. Insoweit fehle es an der für die öffentlich-rechtliche Nachbarklage kennzeichnenden Dreiecksbeziehung. Dasselbe gelte für Miteigentümer desselben Grundstücks. Dies folge aus der Ausgestaltung, die das Sondereigentum im WEG gefunden habe. Soweit die Regelungen der §§ 15, 43 WEG eingriffen, sei für eine verwaltungsgerichtliche Nachbarklage des Sondereigentümers kein Raum. Abwehrrechte seien daher grundsätzlich ausschließlich vor den Wohnungseigentumsgerichten geltend zu machen. Der Sondereigentümer werde durch eine für das gemeinschaftliche Eigentum erteilte Baugenehmigung - selbst wenn diese unanfechtbar geworden sei - nicht in seinen Möglichkeiten gehindert, im Verfahren nach § 43 WEG gegenüber der Eigentümergemeinschaft bzw. einem anderen Miteigentümer geltend zu machen, ihm gegenüber dürfe diese Genehmigung nicht ausgenutzt werden. Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG oder Art. 103 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Die Einwendungen der Klägerseite griffen nicht durch. Es bestünden u.a. keine Bedenken an einer gesicherten Erschließung nach § 30 Abs. 1 BauGB. Dass das Baugrundstück in jeder Hinsicht ausreichend erschlossen sei, stehe außer Frage. Die innere Erschließung eines Baugrundstücks sei nicht Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Erschließung. Bauordnungsrechtliche Erschließungserfordernisse unterfielen von vornherein nicht dem Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahrens, so dass selbst ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 BayBO nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung führen könne. Unabhängig davon seien die entsprechenden Vorgaben gewahrt. Schließlich seien Beeinträchtigungen des Sondereigentums bzw. Sondernutzungsrechts des Klägers nicht zu befürchten. Deren Inanspruchnahme sei weder geplant noch beabsichtigt und nicht Gegenstand der Genehmigung. Die Zufahrt zur und die Abfahrt aus der Garage sei - selbst wenn man dabei von einer Breite von 3,00 bis 3,50 m ausginge - unter Einhaltung der erforderlichen Schleppkurven möglich, ohne die Sondernutzungsfläche des Klägers in Anspruch nehmen zu müssen. Selbst wenn Sondernutzungsflächen des Klägers in Anspruch genommen werden würden, so stünden dem Kläger hiergegen keine Abwehransprüche zu. Hintergrund der Bestellung des Sondernutzungsrechts sei, dass Liefer- und Ladetätigkeiten des Klägers in Zusammenhang mit seinem Betrieb uneingeschränkt und ungestört stattfinden könnten. Ein Ausschluss der Inanspruchnahme durch den sonstigen Verkehr sei damit nicht verbunden. Dies ergebe sich u.a. aus Ziffer III.1.b der Teilungserklärung vom 25. Oktober 2012. Die Baugenehmigung (einschließlich der vorgesehenen Zufahrt) entspreche inhaltlich exakt dem Nachtrag zur Teilungserklärung vom 4. Dezember 2017, in welchem die Parteien die Ausführung des Bürogebäudes anstelle der ursprünglichen Atelierhäuser vereinbart hätten.
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6. Mit Beschluss vom 15. April 2019 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab (W 5 S 19.186). Mit Bescheid vom 19. Juni 2019 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für den „Neubau eines Bürogebäudes - 1. Planänderung“ auf dem Baugrundstück. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 30. September 2019 zurückgewiesen (9 CS 19.967). Auf die jeweiligen Gründe wird Bezug genommen.
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Im weiteren Verfahrensgang wiederholte und vertiefte die Klägerseite ihr Vorbringen. Die vorbezeichneten gerichtlichen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz seien unrichtig gewesen; die Beigeladenenseite trat dem entgegen.
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In der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2020 wurde die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert.
18
7. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Die Akten zu den Verfahren W 5 S 19.186 und W 5 K 19.21 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger nicht i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist.
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Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Klagebefugnis setzt voraus, dass es auf der Grundlage des Tatsachenvorbringens des Betroffenen zumindest möglich erscheint, dass dieser durch den angefochtenen Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt wird (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1993 - 4 B 206/92 - juris). Vorliegend macht der Kläger geltend, durch das Bauvorhaben der Beigeladenen als Sondereigentümer von Sondernutzungseinheiten bzw. Sondernutzungsflächen auf dem Baugrundstück in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Kläger beruft sich insoweit in erster Linie auf eine unzureichende Erschließung und eine daraus resultierende notwegerhebliche Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, die mit einer (möglichen) Verletzung des Eigentumsrechts (Art. 14 GG) des Klägers einhergehen soll. Zudem macht er eine erdrückende Wirkung des streitgegenständlichen Bauvorhabens gegenüber den Sondernutzungseinheiten 08a, 08b und 14a des Klägers geltend. Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die Möglichkeit einer Rechtsverletzung nicht aufzeigen können. Dies ergibt sich aus den folgenden, in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts vom 15. April 2019 (W 5 S 19.186) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. September 2019 (9 CS 19.967) hervorgehobenen Erwägungen:
22
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs schließt das Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz öffentlich-rechtliche Nachbarschutzrechte innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer ein- und desselben Grundstücks grundsätzlich aus (BVerwG, U.v. 14.10.1988 - 4 C 1.86 -; U.v. 12.3.1998 - 4 C 3.97 -; BayVGH, B.v. 17.8.2017 - 9 CE 17.1362 - alle juris). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass das Wohnungseigentumsgesetz auch für das Verhältnis der einzelnen Sondereigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft zueinander spezielle, den Inhalt des Sondereigentums bestimmende Regelungen sowohl materiell-rechtlicher Art über die Abgrenzung der gegenseitig zustehenden Befugnisse als auch verfahrensrechtlicher Art darüber enthält, wie diese Befugnisse durchzusetzen sind. Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen solchen Gebrauch sowohl der in Sondereigentum stehenden Gebäudeteile als auch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG entscheidet das zuständige Amtsgericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Antrag eines Wohnungseigentümers auch über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, also auch über die sich aus § 15 Abs. 3 WEG ergebenden Ansprüche. Der Inhalt dieser gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmt sich in erster Linie nach den zwischen den Wohnungseigentümern geltenden besonderen Vereinbarungen und Beschlüssen (vgl. hier insbesondere Abschnitt III Nr. 1d und Nr. 2 der in der notariellen Teilungserklärung nach § 8 WEG vom 25. Oktober 2012 enthaltenen Gemeinschaftsordnung, wo spezielle Regelungen zur Einschränkung von Sondernutzungsrechten und Benutzungsregelungen des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums sowie zur Zusammenlegung von Sondereigentumseinheiten enthalten sind). Er wird durch die behördliche Gestattung einer bestimmten Nutzung des Sondereigentums nicht berührt; diese ergeht „unbeschadet der Rechte“ des anderen Sondereigentümers und entfaltet ihm gegenüber keine öffentlich-rechtlichen Wirkungen. Soweit keine speziellen vertraglichen Regelungen bestehen, gelten ergänzend für das Rechtsverhältnis zwischen den Sondereigentümern auch die Normen des öffentlichen Baurechts. Auch diese hat der Amtsrichter bei der ihm übertragenen Entscheidung eines Streits zwischen den Sondereigentümern anzuwenden; dabei kommt es für seine Entscheidung nicht darauf an, ob diese Normen ihrerseits unmittelbar auch Nachbarschutz gewähren (BVerwG, U.v. 14.10.1988 - 4 C 1/86 -; B.v. 28.2.1990 - 4 B 32/90 - beide juris).
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Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Sondereigentum nach dem WEG öffentlich-rechtliche Nachbarschutzansprüche innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer desselben Grundstückes ausschließt und Abwehrrechte gegen ein Vorhaben anderer Miteigentümer ausschließlich im Wege einer gegen diese gerichteten Klage vor den Wohnungseigentumsgerichten (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG) geltend zu machen sind, wurde durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfG, B.v. 7.2.2006 - 1 BvR - 2304/05 - juris OS 2a). Dass der Wohnungseigentümer die behauptete Unvereinbarkeit des Gebrauchs des Sondereigentums durch einen anderen Miteigentümer auf dem Zivilrechtsweg geltend machen muss, verletzt weder die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG noch die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG an die Gewährung rechtlichen Gehörs. Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, dass eine im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern erhobene Baunachbarklage von den Verwaltungsgerichten in ständiger Rechtsprechung wegen fehlender Klagebefugnis abgewiesen wird, dass die Wohnungseigentümer insoweit auf den Zivilrechtsweg zu verweisen sind und dass diese Rechtsauffassung auch von den Zivilgerichten (so etwa BGH, U.v. 23.4.1991 - VI ZR 222/90 - NJW-RR 1991, 907 m.w.N.; Bayerisches Oberstes Landesgericht, B.v. 19.5.2004 - 2 Z BR 67/04 - juris; B.v. 9.12.1999 - 2 Z BR 101/99 - juris) geteilt wird (BVerfG, B.v. 7.2.2006 - 1 BvR - 2304/05 - juris). Nicht entscheidungserheblich ist vorliegend indessen, ob in Fällen, in denen keine Eigentumsverletzung, sondern eine unmittelbare Gefährdung der Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geltend gemacht wird, etwas anderes zu gelten hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1988 - 4 C 1.86 - juris Rn. 10 a.E. - offen gelassen; OVG Koblenz, U.v. 26.2.2019 - 8 A 11076/18 - juris; BayVGH, B.v. 17.8.2017 - 9 CE 17.1362 - juris; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 42 Rn. 121). Eine derartige Rechtsverletzung steht vorliegend nicht im Raum.
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In Anwendung dieser Grundsätze fehlt dem Kläger vorliegend die Klagebefugnis. Er ist kein Nachbar im baurechtlichen Sinne, sondern Miteigentümer des Buchgrundstücks, auf dem das Bauvorhaben der Beigeladenen realisiert werden soll (Fl.Nr. …3/1 der Gemarkung Würzburg). Es fehlt damit an der eine baurechtliche Nachbarklage kennzeichnenden Dreiecksbeziehung (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.1988 - 4 C 20/85 - juris: keine Klagebefugnis des Sondereigentümers gegen eine der Eigentümergemeinschaft erteilte Baugenehmigung; B.v. 27.4.1988 - 4 B 67.88 - juris: keine Klagebefugnis gegen eine einem Miteigentümer desselben Grundstücks erteilte Teilungsgenehmigung). Der Kläger geht hier gegen eine Baugenehmigung vor, durch die die Beklagte der Beigeladenen als Sondereigentümerin für bestimmte Sondernutzungseinheiten des Baugrundstücks eine öffentlich-rechtliche Gestattung zur Errichtung eines Bürogebäudes erteilt hat. Eine dahingehende Abwehrbefugnis ist nicht Inhalt des Sondereigentums.
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Das Teileigentum als Sondereigentum an einem Gewerbe in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 3 WEG) ist eine besondere Form des Miteigentums (§ 1008 BGB). Die Besonderheit besteht im Wesentlichen darin, dass - abweichend von §§ 93, 94 BGB - das Miteigentum am Grundstück sich nicht ohne weiteres in vollem Umfang auf die dort befindlichen Gebäude erstreckt, sondern dass durch Vertrag oder Teilung - hier auf Grundlage von § 8 WEG - jedem der Miteigentümer das alleinige („Sonder-“)Eigentum an einer bestimmten Sondernutzungseinheit eingeräumt wird. Rechtlich bleibt das Sondereigentum aber an das Miteigentum gebunden. Dies zeigt sich zum einen daran, dass es ohne den Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden kann, und dass Rechte an dem Miteigentumsanteil sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum erstrecken (§ 6 WEG). Zum anderen kommt die Einbindung des Sondereigentums in die Miteigentümergemeinschaft in § 10 Abs. 1 WEG dadurch zum Ausdruck, dass - vorbehaltlich besonderer Regelungen im Wohnungseigentumsgesetz oder durch Vereinbarung unter den Eigentümern - für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) Anwendung finden (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 4.5.1988 - 4 C 20/85 - juris).
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Aus den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes folgt, dass der Sondereigentümer als Inhaber eines besonders ausgestalteten Miteigentumsrechts in die Gemeinschaft der Eigentümer eingebunden ist und Konflikte im Verhältnis zu einem anderen Sondereigentümer nach besonderen Regeln zu lösen sind. Diese - sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche - Beschränkung wirkt sich - anders als die Klägerseite meint - auch auf das hier zur Entscheidung stehende öffentlich-rechtliche Verhältnis des Klägers zur Beklagten aus: Erteilt die zuständige Bauaufsichtsbehörde für das Sondereigentum der Beigeladenen eine Baugenehmigung, so kann der einzelne Sondereigentümer - hier der Kläger - aufgrund der ihm nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumten Rechtsstellung nicht selbst im Verhältnis zur Behörde geltend machen, dadurch werde in sein Sondereigentum eingegriffen. Vielmehr ist der Sondereigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz darauf verwiesen, in dem dort vorgesehenen Verfahren geltend zu machen, die Beigeladene überschreite (mittels der behördlichen Genehmigung) die ihr zustehenden materiell-rechtlichen Befugnisse zu Lasten der ihm als Sondereigentümer zustehenden Rechtsposition (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 4.5.1988 - 4 C 20/85 - juris).
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Auch die von Klägerseite geltend gemachten Grundsätze zur „notwegerheblichen Rechtswidrigkeit“ der Baugenehmigung infolge der geltend gemachten unzureichenden Erschließung begründen vorliegend auch zumindest insoweit nicht die Klagebefugnis des Klägers. Hierzu hat die Kammer im Verfahren W 5 S 19.186 mit Beschluss vom 15. April 2019 bereits ausgeführt:
„Zwar verweist die Bevollmächtigte des Antragstellers in zutreffender Weise darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Nachbar eine Baugenehmigung anfechten kann, wenn diese dazu führt, dass der Bauherr zur - grundsätzlich nicht drittschützenden - wegemäßigen Erschließung ein Notwegerecht über das Grundstück des Nachbars in Anspruch nimmt (grundlegend: BVerwG, U.v. 26.3.1976 - IV C 7.74 -, bestätigt durch BVerwG, B.v. 11.5.1998 - 4 B 45/98 - beide juris; vgl. auch Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, 9. Aufl. 2019, § 30 Rn. 48a). Wird durch eine Baugenehmigung einem Nachbarn rechtswidrig die Duldung eines Notwegerechts aufgezwungen, so liegt darin ein von der Baugenehmigung ausgehender Angriff auf das Eigentum des Nachbarn, der von öffentlich-rechtlicher Qualität ist und gegen den sich dementsprechend auch ein öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Beseitigungsanspruch des Nachbarn richtet, der vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen ist. Die Notwendigkeit, dem Eigentümer einen vor den Verwaltungsgerichten durchsetzbaren öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch zuzubilligen, folgt daraus, dass die Baugenehmigung, sollte sie bestandskräftig werden, wegen der von ihr ausgehenden Feststellungswirkung zu seinem Nachteil auf die im Zivilprozess zu beurteilende Rechtslage von Einfluss wäre. Würde eine notwegerhebliche rechtswidrige Baugenehmigung bestandskräftig, so könnte die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB gleichwohl aus diesem Grunde nicht mehr in Frage gestellt werden (BayVGH, B.v. 24.10.1996 - 2 B 94.3416 - BayVBl. 1997, 758, 759 m.w.N.). Darin liegt, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist, ein vom öffentlichen Recht ausgehender Eingriff in das Eigentum, gegen den sich der Betroffene mit den Rechtsbehelfen des öffentlichen Rechts wehren kann (BVerwG, U.v. 26.3.1976 - IV C 7.74 - juris Rn. 27). Ist aber eine Bebauung nach öffentlichem Recht nicht zulässig, weil es an der Erschließung fehlt oder weil die Bebauung aus sonstigen Gründen des Bodenrechts ausgeschlossen ist, so kann eine derartige bauliche Nutzung nicht gleichwohl eine „ordnungsmäßige Benutzung“ im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB deshalb sein, weil sie den praktischen Bedürfnissen entsprechen würde. Denn was nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts unzulässig ist, kann nicht von der Privatrechtsordnung als „ordnungsmäßig“ gebilligt werden. Freilich treffen diese Überlegungen nicht in jedem Fall der Rechtswidrigkeit einer baulichen Anlage, sondern nur bei „notwegerheblicher“ Rechtswidrigkeit zu: Stehen einem Vorhaben aus dem öffentlichen Recht nur Vorschriften entgegen, die sich - wie es bei Mängeln z.B. der Baugestaltung besonders deutlich ist - auf die Notwegbedürfnisse nicht auswirken, so spricht nichts dagegen, die „ordnungsmäßige Benutzung“ im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB in der insoweit nicht unzulässigen baulichen Nutzung des Grundstücks zu sehen. Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit schneidet eine solche - rechtswidrige - Baugenehmigung demjenigen, der sich im Zivilprozess gegen die Inanspruchnahme aus § 917 Abs. 1 BGB zu wehren sucht, den Vortrag ab, die der Inanspruchnahme zugrunde liegende Benutzung des Nachbargrundstücks sei schon deshalb nicht ordnungsmäßig, weil sie dem öffentlichen Recht widerspreche. Diese Behinderung bedeutet zwar nicht notwendig, dass der mit dem Notweg in Anspruch Genommene im Zivilprozess unterliegen muss. Denn einer Benutzung, die nach öffentlichem Recht zulässig ist oder für die eine Baugenehmigung das in Wahrheit entgegenstehende öffentliche Recht ausschaltet, kann, wie gesagt, die Ordnungsmäßigkeit aus anderen Gründen fehlen. Die sich - gegebenenfalls - daraus für den Betroffenen ergebende Möglichkeit, sich in einem Zivilprozess trotz bestehender Baugenehmigung gegen die Inanspruchnahme des Notwegs erfolgreich zur Wehr zu setzen, ändert jedoch nichts daran, dass ihm die Feststellungswirkung der Baugenehmigung andere - und praktisch häufig ausschlaggebende - Möglichkeiten der Verteidigung nimmt. Darin liegt, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist, ein vom öffentlichen Recht ausgehender Eingriff in das Eigentum, gegen den sich der Betroffene mit den Rechtsbehelfen des öffentlichen Rechts wehren kann.
Allerdings kommt ein solcher Fall einer notwegerheblichen Rechtswidrigkeit der erteilten Baugenehmigung infolge unzureichender Erschließung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht in Betracht:
Die für Nachbarn im baurechtlichen Sinne entwickelten Grundsätze kommen vorliegend nicht zum Tragen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Vorschrift des § 917 BGB im Verhältnis zwischen zwei Sondereigentümern überhaupt anwendbar ist. Eine direkte Anwendbarkeit dürfte aufgrund des Wortlauts, der von mehreren Grundstücken ausgeht, ausscheiden. Eine analoge Anwendbarkeit der Vorschrift wurde - soweit ersichtlich und vorgetragen - in der Zivilgerichtsbarkeit lediglich vereinzelt angenommen (vgl. OLG München, B.v. 2.6.2008 - 32 Wx 044/08, 32 Wx 44/08 - juris m.w.N.) und im Übrigen offengelassen (BayObLG, B.v. 2.5.1996 - 2Z BR 1/96 - juris). Zudem ist zweifelhaft, ob hier die Voraussetzungen für ein Notwegerecht inhaltlich überhaupt erfüllt sein könnten, namentlich ob mit Blick auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten sowie den Einschränkungen, denen die Sondereigentumsfläche des Antragstellers unterliegt (vgl. insbesondere Ziffer III. 1. lit. d) der Teilungserklärung vom 25.10.2012), das Erfordernis für ein Notwegerecht der Beigeladenen bestehen kann. Ungeachtet dieser Zweifelsfragen droht dem Antragsteller in einem eventuellen zivilgerichtlichen Verfahren um die Duldung eines Notwegerechts jedenfalls kein Rechtsverlust in der Weise, dass er durch den Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung einen Automatismus hinsichtlich der Entstehung eines Notwegerechts zu befürchten hätte oder dass ihm die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen gegen die materielle Baurechtmäßigkeit des Vorhabens abgeschnitten wäre. Denn da es sich bei dem Sondereigentümer nicht um einen Nachbarn im baurechtlichen Sinne handelt, ist er auch nicht Verfahrensbeteiligter im Baugenehmigungsverfahren. Entsprechend wurde die Baugenehmigung dem Antragsteller nicht im Sinne von Art. 66 BayBO zugestellt, sondern lediglich formlos bekanntgegeben. In einem solchen Fall ist - anders als es etwa bei dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks möglicherweise der Fall sein mag - dem Antragsteller auch im Zivilprozess die Möglichkeit zu eröffnen, eine materielle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens geltend zu machen (vgl. auch BVerwG, U.v. 28.2.1990 - 4 B 32/90 -; VGH Mannheim, B.v. 12.9.1995 - 5 S 2334/95 -; BayObLG, B.v. 12.9.1996 - 2Z BR 52/96 -; B.v. 19.5.2004 - 2Z BR 067/04, 2Z BR 67/04 - alle juris). Zudem ist es dem Antragsteller möglich, eine etwaige Unzulässigkeit der Inanspruchnahme seiner Sondernutzungsfläche auf der Zuwegung, aus der seiner Auffassung nach (auch) eine ungesicherte Erschließung des Bauvorhabens resultiert, unmittelbar und in gleicher Weise zivilrechtlich gegen die „ordnungsgemäße Benutzung“ im Sinne von § 917 BGB einzuwenden. Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass - selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen von der Möglichkeit eines vom Antragsteller zu duldenden Notwegerechts ausgeht - ein solches jedenfalls nicht erst durch die Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung entstehen konnte. Vielmehr ist in diesem Fall die „notwendige Verbindung“ im Sinne von § 917 BGB bereits aufgrund der privatrechtlichen Teilungserklärung nach § 8 WEG samt Gemeinschaftsordnung vom 25. Oktober 2012 entfallen, weshalb es an der notwendigen Kausalität zwischen der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung und der Entstehung eines Notwegerechts fehlt (vgl. VG München, U.v. 11.5.2015 - M 8 K 14.841 - juris für den Fall der Aufhebung einer Dienstbarkeit).“
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 30. September 2019 die vorzitierte Entscheidung der Kammer bestätigt und dabei als eine zentrale Erwägung hervorgehoben, dass die Rechtsprechung zur notwegerheblichen Rechtswidrigkeit nicht auf den Fall übertragen werden kann, bei dem sich ein Sondereigentümer - wie hier der Kläger - gegen die Nutzung eines anderen Sondereigentümers auf demselben Grundstück wendet. Bei einer solchen Fallkonstellation ist nämlich nicht davon auszugehen, dass dem Kläger in einem eventuellen zivilgerichtlichen Verfahren um die Duldung eines Notwegerechts die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens des Beigeladenen abgeschnitten wäre und er im Wege einer „Automatik“ die Entstehung eines Notwegerechts zu befürchten hätte. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum ausnahmsweisen Bestehen eines Abwehrrechts eines Nachbarn aus Art. 14 Abs. 1 GG bei einer notwegerheblichen Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung ist allein auf den Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht bezogen (BayVGH, B.v. 30.9.2020 - 9 CS 19.967 - juris). Diese Ausgangssituation unterscheidet sich grundlegend von der Situation, in der mehrere Sondereigentümer desselben Grundstücks im Verhältnis untereinander einen Nutzungskonflikt austragen. Zwischen den an einer Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligten Sondereigentümern fehlt es nämlich - wie vorerwähnt - an einer Rechtsbeziehung, die der für das baurechtliche Nachbarverhältnis kennzeichnenden und für die Gewährung öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes maßgeblichen „Dreiecksbeziehung“ entspricht (BayVGH, B.v. 30.9.2020 - 9 CS 19.967 - juris m.w.N.). Dass die dem einem Sondereigentümer erteilte, bestandskräftige Baugenehmigung gegenüber einem anderen Sondereigentümer desselben Baugrundstücks keine öffentlich-rechtliche Wirkung entfaltet und sich deshalb auch nicht privatrechtsgestaltend im Verfahren um ein Notwegerecht auswirken kann, ergibt sich aus Sicht der Kammer zudem daraus, dass es sich bei den Sondereigentümern nicht um Nachbarn im baurechtlichen Sinne handelt (vgl. etwa Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 137. EL, Juli 2020, Art. 66 Rn. 96 m.w.N.; Edenharter in Spannowsky/Manssen, 15. Ed., Stand: 1.6.2020, BeckOK, Art. 66 Rn. 22 m.w.N.; Redeker, IMR 2020, 37 - zugleich Anm. zu BayVGH, B.v. 30.9.2019 - 9 CS 19.967; a.A. Fricke/Wolters, ZfBR 2013, 218).
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Im Übrigen - nur ergänzungshalber - ist auszuführen, dass die Auflösung eines zwischen den Sondereigentümern bestehenden Nutzungskonflikts - anders als beim Grundstücksnachbarn - vorrangig nach den zwischen ihnen geltenden besonderen Vereinbarungen und Beschlüssen zu erfolgen hat. Insoweit ist die Frage der „ordnungsgemäßen Benutzung“ i.S.v. § 917 BGB (sollte diese Vorschrift im Verhältnis zwischen Sondereigentümern auf demselben Grundstück überhaupt zur analogen Anwendung gelangen) zivilrechtlich überlagert. Sie wird im Verfahren nach § 43 WEG auf Grundlage von § 15 Abs. 3 WEG in erster Linie durch die zwischen den Sondereigentümern getroffenen Vereinbarungen bestimmt. Der Inhalt der zwischen den Sondereigentümern getroffenen Vereinbarungen wird durch die behördliche Gestattung einer bestimmten Nutzung des Sondereigentums nicht berührt. Steht dem Kläger aufgrund der vorliegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen keine Abwehrmöglichkeit gegen die Inanspruchnahme seiner Sondernutzungsfläche zu, kommt nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls der Einwand unzureichender Erschließung nicht in Betracht und ein Notwegerecht i.S.v. § 917 BGB kann durch die Baugenehmigung von vornherein nicht ausgelöst werden. Ergibt die zivilgerichtliche Prüfung hingegen, dass eine Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche des Klägers nicht möglich ist, hat der Zivilrichter im nächsten Schritt öffentliches Recht anzuwenden und zu beurteilen, ob öffentlich-rechtliche Anforderungen einschließlich der Erschließung, gewahrt sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1988 - 4 C 1/86 - juris Rn. 11; B.v. 28.2.1990 - 4 B 32/90 - juris Rn. 5f.). Der betroffene Sondereigentümer kann dann also die materielle Baurechtswidrigkeit der Baugenehmigung - hier den Einwand unzureichender Erschließung - im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen einen anderen Sondereigentümer nach § 43 WEG geltend machen (BayVGH, B.v. 30.9.2020 - 9 CS 19.967 - juris m.w.N.). Der „Automatismus“ auf das Notwegerecht - wie er im Fall einer öffentlich-rechtlichen Nachbarklage aufgrund der Feststellungswirkung der Baugenehmigung entsteht - ist in der vorliegenden Fallkonstellation also deswegen nicht gegeben, weil der Einwand unzureichender Erschließung von Wirksamkeit, Inhalt und Reichweite der im Einzelnen getroffenen Vereinbarungen der Sondereigentümer abhängt, worüber das Wohnungseigentumsgericht in vorrangiger und sachnäherer Weise befindet. Unter Berücksichtigung dessen ist für das vorliegende Verfahren weder ein im Wege einer „Automatik“ erwirkter Einwendungsverlust des Klägers noch andere Einbußen an dessen Rechtsschutzmöglichkeiten zu erkennen, die Zweifel an der Einhaltung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auslösen könnten. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger als Sondereigentümer aufgrund der ihm nach dem WEG eingeräumten Rechtsposition Eingriffe in sein Sondereigentum nur im dort vorgesehenen Verfahren geltend machen kann, nicht jedoch im Dreiecksverhältnis gegenüber der Behörde im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nachbarklage. Der Kläger ist deshalb darauf verwiesen, seine geltend gemachten Abwehransprüche gegen die Beigeladene in dem beim Amtsgericht Würzburg anhängigen zivilrechtlichen Verfahren weiter zu betreiben.
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2. Im Ergebnis war die Klage damit mangels Klagebefugnis des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Da sich die Beigeladene durch eigene Antragstellung am Prozesskostenrisiko beteiligt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Aufwendungen dem Kläger aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).