Titel:
Verfahrenseinstellung nach übereinstimmender Erledigungserklärung
Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3, § 154 Abs. 3, § 155 Abs. 4, § 161 Abs. 2 S. 1, § 162 Abs. 3, § 173
ZPO § 269 Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Der Umstand, dass die Beigeladene ihren Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung zurückgenommen hat und auf diese Weise die Erledigung herbeigeführt hat, vermag es nicht zu rechtfertigen, ihr Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens aufzuerlegen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Weil die Beigeladene mit ihrem in erster Instanz gestellten Sachantrag auf Klageabweisung im Falle einer streitigen Berufungsentscheidung voraussichtlich unterlegen gewesen wäre, entspricht es billigem Ermessen, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen selbst trägt. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hauptsacheerledigung, Baugenehmigung, Erledigungserklärung, Ersetzung, gemeindliches Einvernehmen, Kostenentscheidung, Verfahrenseinstellung, billiges Ermessen, außergerichtliche Kosten
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 29.03.2019 – AN 17 K 18.1470
Fundstelle:
BeckRS 2020, 28714
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. März 2019 ist wirkungslos geworden.
III. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Die Beigeladene trägt ihre in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Klägerin (Schriftsatz vom 9.10.2020) und des Beklagten (Schriftsatz vom 21.8.2020) beendet und einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
2
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
3
Es entspricht vorliegend der Billigkeit, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils hälftig zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen aufzuteilen, weil die Klage ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich als zulässig und begründet erachtet worden wäre. Hierzu wird auf den Beschluss vom 5. August 2019 (Az. 9 CS 19.581) verwiesen, nach dem der erkennende Senat im Eilverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO davon ausging, dass zu dem für die Prüfung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der mit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens verbundenen streitgegenständlichen Baugenehmigung unabhängig vom Vorliegen eines Privilegierungstatbestands die nach § 35 Abs. 1 BauGB zu fordernde Erschließung nicht als gesichert angesehen werden konnte.
4
Im Berufungsverfahren sind die Kosten des Verfahrens allein dem Beklagten aufzuerlegen, da die Beigeladene im Rechtsmittelverfahren, anders als im erstinstanzlichen Verfahren, keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO; BayVGH, B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris Rn. 6). Der Umstand, dass die Beigeladene ihren Antrag auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung zurückgenommen bzw. auf die betreffende Baugenehmigung verzichtet und auf diese Weise die Erledigung herbeigeführt hat, vermag es auch nicht zu rechtfertigen, ihr Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens im Sinne des § 155 Abs. 4 VwGO aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2011 - 22 A 11.40003 - juris Rn. 4 f.).
5
Schon weil die Beigeladene mit ihrem in erster Instanz gestellten Sachantrag auf Klageabweisung im Falle einer streitigen Berufungsentscheidung voraussichtlich unterlegen gewesen wäre, entspricht es schließlich auch billigem Ermessen, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen selbst trägt (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO; BayVGH, B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris Rn. 7).
6
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).