Titel:
Kausalität zwischen Dienstunfall und weiteren Körperschäden
Normenketten:
BayBeamtVG Art. 45 Abs. 1 S. 1, § 46 Abs. 1 S. 1
VwGO § 98, § 198 Abs. 1 S. 1
ZPO § 404, § 412
Leitsätze:
1. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Es besteht kein Grundsatz des Inhalts, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ im Dienstunfallrecht als ausreichend angesehen werden kann. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidung darüber, ob ein - weiteres - Gutachten eingeholt werden soll, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts. Ein Sachverständigengutachten kann für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen, Kausalität zwischen Dienstunfall und weiteren Körperschäden, Verwertung medizinischer Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren, Dienstunfall, Kopfschmerzen, Gutachten, Anerkennung, weitere Dienstunfallfolgen, Kausalität, Körperschaden, Einholung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 28311
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrte die Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen eines Dienstunfalles vom 28. November 2013.
2
Die … 1978 geborene Klägerin ist als Lehrerin an der Grundschule … tätig. Am 28. November 2013 stürzte sie auf dem Weg zum Dienst beim Einsteigen in das Auto auf die rechte Gesichtshälfte, auf die rechte Schulter sowie das rechte Knie und erlitt dabei eine Humeruskopffraktur rechts. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 wurde der Unfall vom 28. November 2013 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 BayBeamtVG anerkannt. Als Dienstunfallfolgen wurde festgestellt:
Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts mit geringgradiger Dislokation und geringgradiger Tuberculum majus-Absprengung.
3
Auf Grund amtsärztlicher Gutachten des Staatlichen Gesundheitsamtes beim Landratsamt … vom 23. Juli 2014 und 17. November 2014, mit denen erhebliche Bewegungseinschränkungen der gesamten rechten oberen Extremität und ein Grad der Schädigungsfolgen von 25% MdE bis auf Weiteres festgestellt worden sind, wurde der Klägerin mit Bescheid vom 21. November 2015 ein Unfallausgleich gemäß Art. 52 BayBeamtVG auf Grund einer dienstunfallbedingten MdE von 25 v.H. ab 28. November 2013 gewährt.
4
Mit weiterem Gutachten vom 13. Juli 2015 stellte das Staatliche Gesundheitsamt am Landratsamt … fest, dass bei der Klägerin weiterhin noch erhebliche Bewegungseinschränkungen der gesamten rechten oberen Extremität bestünden und dass der Grad der Schädigungsfolgen bis auf Weiteres bei 25% MdE anzusetzen sei. Ein weiteres Gutachten des Staatlichen Gesundheitsamtes beim Landratsamt … vom 3. Februar 2016 stellte fest, dass die ärztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei. Es bestünden weiterhin erhebliche Bewegungseinschränkungen der gesamten rechten oberen Extremität mit weiterhin bestehendem, erheblichem Kraftdefizit. Die MdE werde ab 1. August 2014 mit 25% festgestellt. Eine Nachuntersuchung entfalle, da eine Verbesserung der vorerst festgestellten MdE trotz regelmäßiger physiotherapeutischer Behandlung nicht zu erwarten sei.
5
Mit Schreiben vom 17. November 2016 beantragte die Klägerin die Erweiterung der Dienstunfalldiagnose unter Verweis auf die beigefügten Befunde der Praxis für Neurologie, Herr Dr. med. …, vom 2. September 2016 und der Dres. … und … vom 16. Dezember 2015.
6
In dem Befundbericht des Herrn Dr. med. … vom 2. September 2016 wurde festgestellt:
- cervicogene Kopfschmerzen
- cervicogen getriggerte Migräne
- Medikamenteninduzierter Kopfschmerz Zustand nach Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts 2013 mit dringendem V.a. Humeruskopfnekrose gemäß Unterlagen Armplexusneuropathie rechts Ausschluss CTS beidseitig 01/16. …
Beurteilung: Es besteht Zustand nach Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts 2013 und V.a. eine Humeruskopfnekrose mit persistierenden Schulterschmerzen.
Zusätzlich hat sich ein Cervicalsyndrom mit cervicogenen Kopfschmerzen und teilweise cervicogen getriggerten Migränen entwickelt. Im MRT-HWS 01/2016 wurde ausgeprägte cervicale Streckfehlhaltung mit saumartiger Protrusion HWK4/5 dargestellt.
Bei täglicher Einnahme von Ibuprofen 600 mg, 1 - 3 Tabletten pro Tag, ist ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz entstanden.“
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Der Bericht des Herrn Dr. med. … aus der Praxis … vom 16. Dezember 2015 enthielt folgende Feststellungen:
- Tentomyotisches HWS-Syndrom
- rezidivierende Lumbalgie mit ISG-Irritation
- linkskonvexe Lumbalskoliose
- Z.n. Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts 2013 mit V.a. nekrotisches Areal an der Kalotte maximal 10 mm messend
- dringender V.a. Humeruskopfnekrose
… Bei Frau […] ist eine Verschlechterung der Befunde möglich und ist auch zu erwarten. Es ist bereits jetzt ein irreversibler Schaden an der rechten Schulter eingetreten. Zudem bestehen chronische HWS- und LWS-Beschwerden mit persistierenden Muskelverspannungen. Bezüglich der Schultererkrankung ist in drei bis vier Monaten eine kernspintomografische Kontrolluntersuchung notwendig.“
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Auf Aufforderung des Beklagten übermittelten die Dres. … mit Schreiben vom 2. Dezember 2016 folgenden Befund:
„Verspannter, druckschmerzhafter M. Trapecius bds., Seitdrehung nach links bis 70°, Reflexe seitengleich auslösbar. Manualmedizinisch Blockierung C5 links.
Abduktion bis 80°, Schürzengriff nicht durchführbar, Nackengriff endgradig nicht durchführbar, grobe Kraft links eingeschränkt.
Zehenspitzen- und Fersenstand bds. sicher durchführbar. Reflexe seitengleich auslösbar. Keine Paresen. Keine neurologischen Ausfälle. Finger-Boden-Abstand 10 cm. Druckschmerz und Blockierung re. ISG, Facettendruckschmerz L5 re, paravertebraler Muskelhartspann.
Druckschmerz am Occiput bds., manualmedizinisch Blockierung C5 re, verspannter druckschmerzhafter M. trapezius bds.
HWS 2Eb: Steilstellung, initiale Spondylose C4 bis C6.
LWS 2Eb: Linkskonvexe Skoliose, 6-gliedrige LWS mit Megatransversus bds. bei L6, Bogenschlussstörung bei L6, hypoplastische BS bei L6/S1, Hyperlordose.
Z.n. Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts 2013 mit V.a. nekrotisches Areal an der Kalotte maximal 11 mm mit rezidivierendem Lymphödem an der rechten Hand, Tendomyotisches HWS-Syndrom Rezidivierende Lumbalgie mit ISG-Irritation linkskonvexe Lumbalskoliose HWS-Blockierung
Die den Röntgenaufnahmen der HWS und LWS dargestellten Veränderungen sind nicht auf das Unfallgeschehen vom 28. November 2013 zurückzuführen.
Zu folgenden Diagnosen kann keine Stellungnahme abgegeben werden, hier muss der Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen durch den behandelnden Neurologen geklärt werden: Chronischer Kopfschmerz, cervicogene Kopfschmerzen, cervicogene getriggerte Migräne, medikamenteninduzierter Kopfschmerz.“
9
Beigefügt war dem Schreiben ein weiterer Befund der Praxis für Neurologie, Herr Dr. med. … vom 29. Januar 2016, aus dem sich ergibt:
„Diagnosen: Z.n. Humeruskopfmehrfragmentfraktur re 2013 mit dringendem Verdacht auf Humeruskopfnekrose gemäß Unterlagen, Armplexusneuropathie re, Ausschluss CTS bds., Cervicalsyndrom mit cervicogenen Kopfschmerzen.
Anamnese: Im November 2013 hatte die Pat. einen Unfall, als sie auf der Straße ausgerutscht und gegen die geöffnete Autotür gefallen ist, insbesondere initial heftigster Schulterschmerzen re, die bis heute persistieren und zu Schlafstörungen führen mit eingeschränkter Schulterbeweglichkeit. Nächtliches Einschlafen der rechten Hand, selten auch links. Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den re Hinterkopf. Da die Pat. den re Arm nicht einsetzen kann, benutzt sie vorwiegend den li Arm, was Rückenschmerzen zusätzlich provoziert. Bei längerem Arbeiten, z.B. Korrekturarbeiten, kommt es zu Schwäche/Verkrampfen der re Hand. …
Es besteht Z.n. Unfall mit Humeruskopfmehrfragmentfraktur re 2013 und V.a. eine Humeruskopfnekrose mit persistierenden Schmerzen, die zu Schlafstörungen führen.
Zusätzlich besteht ein Cervicalsyndrom mit cervicogenen Kopfschmerzen mit auch im MRT dargestellter Streckfehlhaltung ohne Nachweis einer Nervenwurzelkompression. Diesbezüglich sind Wärmeanwendungen im Nacken, Ibuprofen 600 bei Bedarf und regelmäßige Übungen/Physiotherapie sinnvoll.
Bezüglich des rez. Einschlafens der rechten Hand wurde ein Karpaltunnelsyndrom rechts neurografisch ausgeschlossen. Auf der linken Seite ist ein geringes Karpaltunnelsyndrom feststellbar.
Die rez. Sensibilitätsstörung der rechten Hand, geringe Schwäche und bei Belastung Verkrampfen der rechten Hand sind Ausdruck einer Armplexusneuropathie rechts mit Nachweis von chronisch neurogenem Umbau im EMG. Hier handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Residualzustand bei Z.n. o.g. Unfall.“
10
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 beauftragte der Beklagte die Neuropraxis …, Dr. med. …, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Aus dem neurologischen Gutachten der Neuropraxis …, Dr. med. … …, vom 17. April 2017 ergab sich folgende
„Zusammenfassung und Beurteilung:
Aus all dem können die im Anschreiben vom 20.12.2016 gestellten Fragen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet wie folgt beantwortet werden:
1. Welche Körperschäden und Erkrankungen lagen am Unfalltag (28.11.2013) vor und welche wurden am Untersuchungstag festgestellt? Insbesondere bitte ich um Stellungnahme, ob - und ggf. welche - der mit Erweiterungsantrag/Schreiben vom 17.11.2016 genannten Diagnosen unter Berücksichtigung der dienstunfallrechtlichen Beweisgrundsätze als weitere Dienstunfallfolgen festzustellen sind.
Bei Zugrundelegung der aktendokumentierten zeitnahe zum Unfallzeitpunkt am 28.11.2013 erstellten unfallchirurgischen Behandlungsberichte bzw. auch der Befragung der Frau […] hier am 17.03.2017, so erleidet diese beim Aussteigen aus ihrem Pkw eine Verletzung im Bereich der rechten Schulter, auch mit einem Kopfanprall auf den Boden.
Laut unfallchirurgischem Bericht vom 28.11.2013 der … Klinik …, Notaufnahme, sei es in diesem Zusammenhang zu einer Humerusmehrfragmentfraktur rechts mit geringgradiger Dislokation gekommen.
Was das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet betrifft, so sind auch in den nachfolgenden Berichten Gesundheitsschäden weder auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet dokumentiert, so dass auch die Frage einer unfallbedingten Schädelprellung von unfallchirurgisch-orthopädischer Seite zu beurteilen ist. Ein mit Vollbeweis belegter unfallbedingter Gesundheitserstschaden ist weder auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet zeitnahe zu dem in Rede stehenden Unfallereignis dokumentiert.
Am 02.09.2016 erstellt Herr Dr. …, Praxis für Neurologie in der … … Klinik in … an Frau … einen Behandlungsbericht mit folgenden Diagnosen:
● chronische Kopfschmerzen
● cervicogene Kopfschmerzen
● cervicogene getriggerte Migräne
● medikamenten-induzierter Kopfschmerz
● Zust.n. Humeruskopfmehrfragmentfraktur rechts 2013 mit dringendem Verdacht auf Humeruskopfnekrose gemäß Unterlagen
● Armplexusneuropathie rechts
● Ausschluss CT beidseits 01/16
In einem Schreiben an das Bundesamt für Finanzen führt Herr Dr. … am 02. März 2016 ergänzend aus:
„Bei sämtlichen Abklärungen der beiliegenden Rechnung handelt es sich um dienstunfallbedingte Leistungen.
Die Armplexusneuropathie rechts ist eine Folge der traumatischen Einwirkung, eine zusätzlich traumatische Schädigung im Bereich des CTS (Karpaltunnel) wurde in der Messung ausgeschlossen. Die Halswirbelsäule wird bei derartigen Traumen immer in Mitleidenschaft gezogen, hier allerdings ohne Nachweis einer Nervenwurzelkompression“.
Im Rahmen der unfallbedingten Kausalitätskette, auch im Zusammenhang mit einem kriterienorientierten Gutachten, sind diese Ausführungen aus klinisch-neurologischer Sicht nicht schlüssig nachzuvollziehen.
Eine Unfallfolge setzt, wie oben ausgeführt, einen unfallbedingten Gesundheitserstschaden auf neurologischem Fachgebiet voraus. Dieser ist zeitnahe in den aktendokumentierten Behandlungsberichten nicht dokumentiert. Insofern sind die von Herrn Dr. … genannten Diagnosen auch nach der Rechtslehre der wesentlichen Bedingung allesamt unfallunabhängig, wobei die Frage eines cervicogenen, d.h. gewebs- oder muskulär bedingten Kopfschmerzes auch im Zusammenhang mit einer HWS-Fehlstellung in Bezug auf den Unfall der unfallchirurgisch-orthopädischen Beurteilung obliegt.
Es verwundert, dass drei Jahre nach einem Unfallereignis eine Armplexusneuropathie rechts diagnostiziert wird, obgleich sich weder klinisch-neurologisch noch anamnestisch Hinweise für eine derartige Plexusneuropathie ergeben. Auch die von Herrn Dr. … erfolgte neurophysiologische Diagnostik kann diese Diagnose nicht stützen.
Bei der hier durchgeführten klinisch-neurologischen Untersuchung, auch wenn eingeschränkt an der auf eigenen Wunsch teilentkleideten Antragstellerin durchgeführt, ergibt weder anamnestisch noch klinisch-neurologisch objektivierbare Zeichen einer stattgehabten Plexusneuropathie, auch wenn der Bizepssehnenreflex rechts eine Spur schwächer als links auslösbar ist. Das klinische Bild einer Armplexusneuropathie beinhaltet dermatombezogene sensible, auch motorische Defizite im Bereich des oberen und unteren Armnervengeflechtes, die Funktionsstörung muss auch neurophysiologisch objektivierbar sein.
Was die Schmerzbeschwerden im Zusammenhang mit der erlittenen Humeruskopffragmentfraktur in 2013 betrifft, so obliegt diese Beurteilung allein dem unfallchirurgisch-orthopädischen Fachgebiet.
2. Welche der von Ihnen zu Ziffer 1 zu nennenden Körperschäden wurden im Sinne der Entstehung a) allein oder wesentlich durch den Unfall verursacht oder Keine der oben genannten Diagnosen sind allein oder wesentlich durch den Unfall verursacht.
b) annähernd gleichwert durch den Unfall und unfallunabhängige Faktoren (Vorschädigung, degenerative, anlagenbedingte Veränderungen, Krankheitsdispositionen u.ä.) verursacht oder Keine der genannten Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sind annähernd gleichwertig durch den Unfall und unfallunabhängigen Faktoren verursacht.
c) allein oder wesentlich durch unfallunabhängige Faktoren (Vorschädigung, degenerative, anlagebedingte Veränderungen, Krankheitsdispositionen u.ä.) verursacht? Als unfallunabhängige Erkrankung besteht bei Frau … eine klassische Migräne mit visuellen Auren (ICD-10: G43.1), darüber hinaus auch eine unfallunabhängige Spannungskopfschmerzkomponente (ICD-10: G44.2).
Die Frage cervicogen bedingter Kopfschmerzen obliegt in der Beurteilung dem unfallchirurgisch-orthopädischen Fachgebiet, auch was die Kausalität betrifft. Ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz ist bei Frau … aktuell nicht festzustellen, nach eigenen Angaben seien die Triptane zur Migränebehandlung erst kürzlich verordnet worden, ein Kopfschmerzkalender auch mit Dokumentation der eingenommenen Medikamente liegt jedoch nicht vor.
Eine Armplexusneuropathie rechts liegt ebenfalls nicht vor, auch war der Unfall nicht geeignet, drei Jahre nach dem Ereignis ein Karpaltunnelsyndrom beiderseits zu verursachen.
3. Welche der von Ihnen zu Ziffer 1 zu nennenden Körperschäden sind nicht wesentlich durch den Unfall verursacht, da sie bereits vor dem Unfall (evtl. latent) bestanden, wurden jedoch allein oder wesentlich durch den Unfall verschlimmert, ggf. in welcher Weise (vorübergehend - Dauer der Verschlimmerung ist anzugeben, dauernd und zwar sachlich abgrenzbar oder richtungsgebend? Keines der unter 3 c) genannten Krankheitsbilder auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist durch den Unfall verschlimmert worden.
4.1 Besteht aufgrund der unter Ziffer 1 festgestellten Unfallfolgen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (nicht bei der konkreten beruflichen Tätigkeit) und wie hoch ist sie ab dem Unfalltag (ggf. gestaffelt)? Wie oben ausgeführt, sind unfallbedingte Störungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet derzeit nicht festzustellen. Insofern ist auch keine unfallbedingte MdE einzuschätzen in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
4.2 Wann ist eine Nachuntersuchung angezeigt?
Eine Nachuntersuchung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist nicht angezeigt.
4.3 Ist in den Unfallfolgen, wie sie für die Feststellung des Unfallausgleichs maßgeblich waren, eine wesentliche Änderung eingetreten?
Entfällt, da ein mit Vollbeweis belegter Gesundheitserstschaden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht dokumentiert und auch nicht festzustellen ist.
4.4 Worin besteht ggf. diese wesentliche Änderung?
4.5 Falls es sich um eine Verschlimmerung handelt: Seit wann ist die Verschlimmerung anzunehmen? Zeit und Umfang sind ggf. auch rückwirkend und abgestuft anzugeben. Maßgebend ist der Zeitpunkt, nach dem die Verschlimmerung nach ärztlicher Erfahrung - unter Berücksichtigung des Heilungsverlaufs und der durchgeführten Heilbehandlungen - eingetreten ist.
4. Bestand bereits vor dem Unfall eine Erwerbsminderung für unfallunabhängige Gesundheitsstörungen und inwieweit ist die Funktionsbeeinträchtigung durch den Unfall verschlimmert worden? Diese Feststellung ist immer dann von Bedeutung, wenn sich die Funktionsstörungen aus Vorschaden und Unfallschaden überschneiden, wie dies bei paarigen Gliedmaßen und Organen, Organsystemen, die zueinander in funktioneller Abhängigkeit stehen, der Fall ist.
5. Sind wegen der Unfallfolgen weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich und ggf. welche?
Die Behandlungen bezüglich der Kopfschmerzsymptomatik, sowohl der Migräne als auch des Spannungskopfschmerzes, sind zu Lasten der zuständigen Krankenversicherung durchzuführen, auch die diesbezügliche apparative Diagnostik.
6. Ist eine Nachuntersuchung aufgrund der festgestellten Dienstunfallfolgen notwendig? Wenn ja, warum?
Dienstunfallfolgen liegen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht vor, insofern ist auch keine Nachuntersuchung erforderlich.“
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Daraufhin findet sich in der Behördenakte ein Bescheid vom 2. Mai 2017, mit Versendungsstempel vom 3. Mai 2017, mit dem der Antrag vom 17. November 2016 auf Anerkennung der Diagnosen Armplexusneuropathie rechts als weitere Folge des Dienstunfalles vom 28. November 2013 abgelehnt wurde.
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Mit weiterem Schreiben des Beklagten vom 10. Mai 2017 wurde Herr Dr. med. … …, Gutachtenstelle Orthopädie, … …, mit der Erstellung eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens beauftragt. In dem Gutachten vom 12. September 2017 kam dieser zu folgender
„Zusammenfassung und Beurteilung:
Den Angaben und den vorliegenden medizinischen Unterlagen kann man keine Vorerkrankungen der Beamtin entnehmen. Eine vorbestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit kann nicht eingeschätzt werden.
Der Unfallhergang wurde vorgegeben. Hier kam es unfallbedingt zu einer Krafteinwirkung auf die rechte Schulter und auch im Gesichtsbereich. Im Gesichtsbereich war eine Prellung festgestellt worden, jedoch keine weitergehende und insbesondere auch keine strukturelle Verletzung. Hier ist mit einer folgenlosen Ausheilung dieser Prellung innerhalb weniger Wochen auszugehen. An der rechten Schulter zeigte sich im Rahmen der unfallindizierten Diagnostik eine Oberarmkopfmehrfragmentfraktur. Hier ist ein Erstkörperschaden durchaus eindeutig gesichert. Der Verlauf bei konservativer Behandlung war prolongiert. Es zeigte sich eine partielle Schultersteife. Auch hier wird man die aktuell noch bestehenden Beschwerden und Beeinträchtigungen von Seiten der Schulter mit der geforderten Wahrscheinlichkeit auf diesen Erstkörperschaden zurückführen können.
Im weiteren Verlauf zeigten sich dann in kernspintomographischen Aufnahmen der Halswirbelsäule vermehrte Verschleißerscheinungen. Hier wird man die Symptomatik an der Halswirbelsäule nicht auf das Unfallereignis zurückführen können. Hier lässt sich zwar unfallbedingt eine vermehrte Verspannung der schulterumgreifenden Muskulatur und auch am Übergang zur Nackenmuskulatur mit der geforderten Wahrscheinlichkeit bestätigen, jedoch nicht die Symptomatik im Bereich der Halswirbelsäule. An der Halswirbelsäule war ein Erstkörperschaden nicht gesichert.
Es war dann auch im Behandlungsverlauf angegeben worden, dass rezidivierende Beschwerden an der Lendenwirbelsäule mit Irritation des Iliosakralgelenks und eine linkskonvexe Lumbalskoliose bestehen würden. Hier war von Dr. … auch bereits bestätigt worden, dass diese Lumbalskoliose mit dem Unfall in keinem Zusammenhang steht. Dies kann auch bestätigt werden. Auch die wechselnden Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Irritation am Iliosakralgelenk wird man nicht in Zusammenhang mit einer Verletzung der Schulter sehen können.
Die Genese der Kopfschmerzen wurde im Rahmen des neurologischen Gutachtens geklärt. Hier wird man zervikogene Kopfschmerzen nicht entsprechend bestätigen können. Auch wenn man von zervikogenen Kopfschmerzen teilweise von Seiten Halswirbelsäule ausgehen würde, so könnte dies ebenfalls nicht auf die Unfallverletzung am rechten Oberarmkopf mit der geforderten Wahrscheinlichkeit zurückgeführt werden. Wie bereits ausgeführt, lag eine Verletzung der Halswirbelsäule nicht vor. Teilweise mit unfallbedingt bestätigen kann man Verspannungen der schulterumgreifenden Muskulatur und auch teilweise des Musculus trapezius auf der rechten Seite anerkennen, nicht jedoch eine spezifische Symptomatik von Seiten der Halswirbelsäule.
Die Fragen 1 bis 5 des Gutachtenauftrages werden wie folgt beantwortet:
1. Am Unfalltag wurde eine Oberarmkopfmehrfragmentfraktur mit Fraktur am Tuberculum majus und eine Prellung im Gesichtsbereich festgestellt und dokumentiert. Dieser Erstkörperschaden ist gesichert. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war frei, eine Verletzung der Halswirbelsäule ist nicht nachgewiesen. Unfallbedingt ist die Prellung im Gesichtsbereich folgenlos ausgeheilt. Die bereits anerkannten Dienstunfallfolgen von Seiten der Oberarmkopfmehrfragmentfraktur bestehen weiterhin, es besteht eine Bewegungseinschränkung mit Verspannungen der schulterumgreifenden Muskulatur, sowie eine partielle Schultersteife. Kleine umschriebene Oberarmkopfnekrose ohne wesentliche funktionelle Auswirkung. Die neurologischen Diagnosen wurden in einem Zusatzgutachten bereits als nicht unfallbedingt bewertet. Unfallbedingte zervikogene Kopfschmerzen, eine zervikogene getriggerte Migräne könne nicht auf das Unfallereignis und den nachgewiesenen Erstkörperschaden mit der geforderten Wahrscheinlichkeit zurückgeführt werden. Auch das angegebene tendomyopathische HWS-Syndrom steht in keinem Zusammenhang mit dem Unfall. Hier zeigten sich durchaus Verschleißerscheinungen, die die diesbezügliche Symptomatik erklären. Unverändert wird man Verspannungen der schulterumgreifenden Muskulatur insbesondere des Muskulus trapezius rechts noch anerkennen können. Die attestierte rezidivierende Lumbalgie mit Irritation der Iliosakralgelenke und die linkskonvexe Lumbalskoliose stellen ein völlig unabhängiges Krankheitsbild dar.
2. a) Die Prellung im Gesichtsbereich und die Oberarmkopfmehrfragmentfraktur mit der verbliebenen partiellen Schultersteife und partielle Oberarmkopfnekrose sind durch den Unfall verursacht.
c) Die sonstigen Diagnosen sind durch unfallunabhängige Faktoren verursacht.
3. Die im weiteren Verlauf aufgetretenen Beschwerden und Erkrankungen stehen mit dem unfallbedingten Erstkörperschaden in keinem nachweisbaren Zusammenhang.
4. Wegen der Unfallfolgen im Bereich der rechten Schulter mit Verspannungen der schulterumgreifenden Muskulatur sind durchaus immer wieder Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Hier sind vor allem Verordnungen von Krankengymnastik und auch physikalischen Maßnahmen indiziert. Eine Verordnung von ca. 3 mal jährlich mit einer Behandlungsserie von jeweils 6 Einheiten kann durchaus unfallbedingt bestätigt werden.
5. Eine wesentliche Änderung ist nicht zu erwarten. Eine erneute Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Ein Gutachten für eine andere Stelle wurde nicht erstellt.“
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Unterzeichnet von Dr. … … und Dr. … … Daraufhin erließ das Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, folgenden Bescheid vom 5. Oktober 2017:
1. Als weitere Folge Ihres Dienstunfalles vom 28.11.2013 werden festgestellt:
Prellung im Gesicht partielle Schultersteife rechts partielle Oberarmkopfnekrose rechts
2. Folgende Körperschäden werden nicht als Folgen des Dienstunfalles vom 28.11.2013 festgestellt:
- chronischen Kopfschmerzen
- cervicogene Kopfschmerzen
- cervicogen getriggerte Migräne
- medikamenteninduzierter Kopfschmerz
- tendomyotisches HWS-Syndrom
- rezidivierende Lumbalgie mit ISG-Irritation
- linkskonvexe Lumbalskoliose
3. Die Anträge vom 12.7.2017 und 23.8.2017 auf Gewährung beamtenrechtlicher Unfallfürsorge werden abgelehnt
4. Die mit Bescheid vom 7.8.2017 und 7.9.2017 geleisteten vorläufigen Zahlungen in Höhe von 159,00 EUR werden zurückgefordert. Es erfolgt eine Verrechnung der Rückforderung mit den Beihilfeleistungen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auf Grund des Gutachtens von Herrn Dr. med. … vom 12. September 2017 die zusätzlichen Körperschäden anerkannt werden könnten. Des Weiteren sei dem Gutachten zu entnehmen, dass die weiteren im Bescheid genannten Körperschäden nicht wesentlich durch den Unfall, sondern durch unfallunabhängige Faktoren verursacht seien. Die Anerkennung sei abzulehnen, da der Nachweis des Kausalzusammenhangs bezüglich dieser Körperschäden nicht erbracht worden sei.
15
Die geleisteten vorläufigen Zahlungen seien im Interesse der Klägerin ohne vorherige erschöpfende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen unter dem Vorbehalt des Widerrufs und der jederzeitigen Rückforderung geleistet worden. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass wegen der festgestellten Dienstunfallfolgen im Bereich der rechten Schulter durchaus immer wieder Behandlungsmaßnahmen erforderlich seien. Hier handele es sich um die Verordnung von Krankengymnastik und physikalischen Maßnahmen. Bei den vorgelegten Rechnungen seien andere Körperregionen behandelt worden. Auf Grund der Ausführungen im Gutachten vom 12. September 2017 sei den Bescheiden vom 7. August 2017 und 7. September 2017 und den darauf beruhenden Zahlungen die Rechtsgrundlage entzogen. Die ohne Rechtsgrund geleisteten vorläufigen Zahlungen seien deshalb gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG teilweise zurückzufordern. Die Rückforderung scheitere nicht am Schutz des Vertrauens in den Bestand der Entscheidung über die Gewährung der geleisteten vorläufigen Zahlungen, da diese unter dem ausdrücklichen Vorbehalt erbracht worden seien, dass sie zurückbezahlt werden müssten, soweit die Heilbehandlungskosten nicht dienstunfallbedingt seien. Die mit vorgenannten Bescheiden geleisteten vorläufigen Zahlungen seien unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rücknahme und Rückforderung für den Fall, dass das o.g. aufgeführte Schadensereignis nicht als Dienstunfall anerkannt werden könne oder die Aufwendungen nicht dienstunfallbedingt, nicht notwendig oder nicht angemessen seien, erfolgt. Billigkeitsgründe für das Absehen von der Rückforderung der vorläufigen Abschlagszahlungen seien nicht ersichtlich.
16
Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 6. November 2017, eingegangen bei der Beklagten per Telefax am selben Tag, Widerspruch einlegen. Zur Begründung wurde mit Schreiben der Bevollmächtigten vom 21. März 2018 unter teilweiser Wiederholung des zugrundeliegenden Sachverhalts vorgetragen, dass hinsichtlich des Gutachtensauftrages vom 10. Mai 2017 festzustellen sei, dass dieser an Herrn Dr. … gerichtet gewesen sei. Das Gutachten vom 12. September 2017 sei jedoch sowohl von Herrn Dr. … als auch von Herrn Dr. … unterzeichnet worden. Herr Dr. … sei jedoch nicht mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt gewesen. Aus dem Gutachten sei nicht ersichtlich, welche Feststellungen von welchem Arzt getroffen worden seien. Es fehle auch an einer formgültigen Delegation etwaiger Feststellungen des beauftragten Gutachters an Herrn Dr. … Die Klägerin sei darüber informiert gewesen, dass sie in keinem Fall von zwei Gutachtern auf dem orthopädischen Fachgebiet untersucht worden sei. Es bestünden daher Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Begutachtung bzw. der Erstellung des Gutachtens.
17
Herr Dr. … verweise in seinem Gutachten vom 17. März 2017 auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet hinsichtlich der cervicogenen Kopfschmerzen und allgemein der Schmerzbeschwerden im Zusammenhang mit der erlittenen Humeruskopfmehrfragmentfraktur auf die unfallchirurgisch-orthopädische Begutachtung. In diesem wiederum werde auf S. 13 ausgeführt, dass die Genese der Kopfschmerzen bereits im Rahmen des neurologischen Gutachtens geklärt worden sei, was nach diesseitiger Auffassung gerade aber nicht erfolgt sei. Die Widerspruchsführerin gehe daher weiterhin davon aus, dass die chronischen Kopfschmerzen, die cervicogenen Kopfschmerzen und die cervicogen getriggerte Migräne Folgen des Dienstunfalls vom 28. November 2013 seien.
18
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2018, den Bevollmächtigten der Klägerin mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 12. April 2018, wurde der Widerspruch vom 6. November 2017 gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde neben der Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls darauf hingewiesen, dass weder im Ausgangs- noch im Widerspruchsverfahren der Nachweis habe erbracht werden können, dass die mitgeteilten Körperschäden auf das Schadensereignis vom 28. November 2013 wesentlich kausal zurückzuführen seien. Sowohl im neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Herrn Dr. med. … vom 17. April 2017 als auch im fachorthopädischen Gutachten von Dr. …Dr. … vom 12. September 2017 werde ausgeführt, dass nur die Prellung im Gesichtsbereich und die Oberarmkopfmehrfragmentfraktur mit der verbliebenen partiellen Schultersteife und partielle Oberarmkopfnekrose durch den Unfall verursacht worden seien. Die sonstigen Diagnosen seien durch unfallunabhängige Faktoren verursacht worden. Eine weitere Sachverhaltsermittlung sei nicht veranlasst gewesen.
19
Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 8. Mai 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax am selben Tag, Klage erheben. Mit weiterem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15. Mai 2019 ließ die Klägerin beantragen,
1. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 5. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 5. April 2018 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, als wesentliche Folge des Unfallereignisses vom 28. November 2013 zusätzlich anzuerkennen:
- chronische Kopfschmerzen
- cervicogene Kopfschmerzen
- cervicogene getriggerte Migräne
- medikamentenindizierter Kopfschmerz
- tendomyotisches HWS-Syndrom
- rezidivierende Lumbalgie mit ISG-Irritation
- linkskonvexe Lumbalskoliose.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
20
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Klägerin am 28. November 2013 einen Dienstunfall erlitten habe, der zwischen den Parteien unstreitig sein dürfte. Der Unfall habe zu einigen Fehlstellungen im Schulter- und Nackenbereich geführt. Der positive Adson-Test sowie die Blockierung der HWS und 1. Rippe mit dem Hypertonus der Schulter-/Nackenmuskeln lasse vermuten, dass die Beschwerden auf ein Thoracic-Outlet-Syndrom schlössen. Des Weiteren führe die Dysfunktion im Cervico-Thoracalen-Übergang (CTÜ) rechts, zu einem Lymph-Venenstau. Diese Funktionsstörung verursache im Schultergürtel eine Protraktion, was im GHG zu einer Funktionsstörung im Scapilo-humeralen-Rhythmus führe und somit die Schmerzen in der Anteversion hervorrufe und eine eingeschränkte IR im GHG verursache. Der Hypertonus, sowie die Fehlhaltung im Schultergürtel führe dazu, dass es immer wieder zu Blockierungen der HWS komme, diese äußerten sich mit Spannungskopfschmerzen. Es werde insofern auf den beigefügten ostheopatischen Bericht von … … vom 10. Juli 2018, der inhaltlich von dem Orthopäden Dr. … mit ärztlichem Attest vom 9. Mai 2019 bestätigt worden sei, verwiesen.
21
Unter Wiederholung der Argumentation aus dem Schriftsatz zur Erhebung des Widerspruchs vom 6. November 2017 hinsichtlich der Gutachten von Herrn Dr. … und Herrn Dr. … werde angeregt, die Klägerin gutachterlich untersuchen zu lassen.
22
Die Klage sei zulässig und begründet. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Anerkennung eines Dienstunfalls sei der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Dienstunfall und Körperschaden vorliegend gegeben. Die von der Klägerin mit der Klage zuletzt noch als Dienstunfallfolgen geltend gemachten Beschwerden seien durch den Dienstunfall vom 28. November 2013 verursacht. Sie seien wesentlich durch unfallunabhängige (gemeint wohl: unfallabhängige) Faktoren verursacht worden.
23
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle … vom 17. Juni 2019,
24
Zur Begründung verwies der Beklagte auf den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid. Die Klagebegründung enthalte keine neuen Argumente. Für eine Anerkennung müsse das Unfallereignis Ursache eines festgestellten Körperschadens sein, wobei die Kausalität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müsse. Dies sei vorliegend hinsichtlich der abgelehnten Körperschäden nicht der Fall. Insoweit trage die Klägerin die volle Beweislast. Dem angegriffenen Bescheid lägen die überzeugend und ausführlich begründeten Gutachten zu Grunde, wonach die geltend gemachten Körperschäden nicht im genannten Sinne ursächlich auf den Unfall zurückzuführen seien. An der ordnungsgemäßen Durchführung des unfallchirurgischen-fachorthopädischen Gutachten bestehe kein Zweifel. Beauftragter Gutachter sei Herr Dr. …, tätig in gemeinschaftlicher Praxis mit Herrn Dr. … gewesen. Herr Dr. … habe entsprechend mit seiner Unterschrift dokumentiert, dass er das Ergebnis der Begutachtung mittrage. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Begutachtung bestünden nicht. Der Vorhalt, wegen der cervicogenen Kopfschmerzen hätten die Gutachter jeweils auf einander verwiesen, sei nicht richtig. Hier liege vielmehr ein Missverständnis der Klagepartei vor. Jeder Gutachter habe genau die in sein jeweiliges Fachgebiet fallenden Körperschäden beurteilt. Als cervicogene Kopfschmerzen würden Kopf- und Nackenschmerzen bezeichnet, die ihre Ursache in Veränderungen der Halswirbelsäule oder auch muskulären Verspannungen im Hals- und Nackenbereich hätten und demzufolge in das orthopädische Sachgebiet fielen, bezeichnet. Konsequenterweise verweise Herr Dr. … also insoweit auf die unfallchirurgisch-fachorthopädische Begutachtung, da die cervicogenen Kopfschmerzen definitionsgemäß keine neurologisch-psychiatrische Ursache haben könnten. Umgekehrt sei richtig, dass die Dres. … und … hinsichtlich der Genese der Kopfschmerzen zunächst auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten Dr. … verwiesen, wobei gemeint sei, die übrigen geltend gemachten Kopfschmerzen, bei denen es sich um solche neurologisch-psychischer Genese handele. Im Folgenden aber, beginnend mit dem Satz „hier wird man cervicogene Kopfschmerzen nicht bestätigen können. (…)“, im Gutachten S. 13, 2. Absatz, Blatt 135 der Akte, würden eigene Feststellungen zu diesen Kopfschmerzen getroffen. „Hier“ meine im Rahmen des unfallchirurgisch-fachorthopädischen Gutachtens. Dies werde im Folgenden auch aus orthopädisch-fachlicher Sicht begründet, nämlich mit dem Fehlen einer unfallbedingten Halswirbelsäulenverletzung. Es sei also so, dass sich die Gutachter gerade mit denjenigen Kopfschmerzen auseinandergesetzt hätten, die in ihr jeweiliges Fachgebiet fielen: Dr. … mit den Kopfschmerzen möglicherweise neurologisch-psychiatrischer Genese, Dres. … mit den Kopfschmerzen möglicherweise orthopädischer Genese. Im Übrigen hätten sich beide Gutachter im Einzelnen auf Grundlage der vorliegenden Befunde, Befundberichte und sonstiger medizinischer Unterlagen der behandelnden Ärzte sowie mittels eigener Anamnese mit der Frage der unfallbedingten Körperschäden auseinandergesetzt. Weitere, substantiierte Einwände gegen die vorgelegten Gutachten würden nicht erhoben. Die mit der Klagebegründung vorgelegten Unterlagen enthielten nichts Neues, sie setzten sich auch nicht inhaltlich mit den Gutachten auseinander. Anknüpfungspunkte für eine weitere Begutachtung oder Überprüfung des bisherigen Gutachtensergebnisses bestünden deshalb nicht.
25
In der mündlichen Verhandlung stellte der Bevollmächtigte der Klägerin den Antrag aus der Klageschrift mit der Maßgabe, dass der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 5. Oktober 2017 nur in den Ziffern 2 bis 4 aufgehoben werden solle.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
27
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
28
Der Bescheid des Landesamts für Finanzen - Dienststelle … - Bezügestelle Dienstunfall - vom 5. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 5. April 2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat aufgrund ihres Antrages vom 17. November 2016 keinen Anspruch auf Anerkennung von Körperschäden in Form von chronischen Kopfschmerzen, cervicogenen Kopfschmerzen, cervicogener getriggerter Migräne, medikamentenindizierten Kopfschmerzen, tendomyotischem HWS-Syndrom, rezidivierender Lumbalgie mit ISG-Irritation und linkskonvexer Lumbalskoliose als weitere Folgen des Dienstunfalls vom 28. November 2013, da die Voraussetzungen der Art. 45 ff. BayBeamtVG nicht vorliegen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29
1. Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) wird einem Beamten, der einen Dienstunfall erlitten hat, Unfallfürsorge gewährt. Ein Anspruch auf Unfallfürsorge setzt immer das Vorliegen eines Dienstunfalles im Sinne des Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG voraus. Danach ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmtes, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
30
Dass die Klägerin am 28. November 2013 einen Dienstunfall in Gestalt eines Wegeunfalles im Sinne des Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG erlitten hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, da dieses Ereignis mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 bereits als Dienstunfall anerkannt worden ist. Zwischen den Beteiligten ist ausschließlich strittig, ob dieses Ereignis als (zumindest) wesentliche Ursache kausal im Rechtssinn für die nunmehr geltend gemachten Gesundheitsschäden ist.
31
Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - juris Rn. 9). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (BVerwG, B.v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (BayVGH, U.v. 28.11.2018 - 3 B 16.1262 - juris Rn. 18; B.v. 30.1.2018 - 3 ZB 15.148 - juris Rn. 5 m.w.N.).
32
Die kausale Verknüpfung zwischen Unfallereignis und weiterem Körperschaden muss zur Überzeugung des Gerichts vorliegen. Dies gilt auch für die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Anerkennung von Unfallfolgen. Der Beamte trägt die materielle Beweislast für seine Behauptung, die behauptete Schädigungsfolge sei wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (BayVGH, U.v. 28.11.2018 - 3 B 16.1262 - juris Rn. 19 mit Hinweis auf BVerwG, B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8 und BayVGH, U.v. 13.6.2018 - 3 B 14.802 - juris Rn. 29). Es besteht kein Grundsatz des Inhalts, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ im Dienstunfallrecht als ausreichend angesehen werden kann (BayVGH, U.v. 28.11.2018 - 3 B 16.1262 - juris Rn. 19 mit Hinweis auf BVerwG, U.v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18).
33
2. Die Klägerin konnte nicht den Nachweis dafür erbringen, dass die geltend gemachten Schäden wesentliche Folge des Dienstunfalles vom 28. November 2013 sind. Zwischen den geltend gemachten Körperschäden in Form von chronischen Kopfschmerzen, cervicogenen Kopfschmerzen, cervicogener getriggerter Migräne, medikamentenindizierter Kopfschmerzen, tendomyotischem HWS-Syndrom, rezidivierender Lumbalgie mit ISG-Irritation sowie linkskonvexer Lumbalskoliose und dem Dienstunfallereignis besteht nicht der notwendige Kausalzusammenhang.
34
a) Dies steht nach Überzeugung der Kammer fest aufgrund des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Herrn Dr. med. … vom 17. April 2017 und des unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens von Herrn Dr. med. … vom 12. September 2017.
35
Der Berücksichtigung dieser Gutachten steht nicht entgegen, dass die Gutachten bereits durch die Beklagte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholt worden sind. Für das Gericht ergaben sich keine Anhaltspunkte, die die Einholung weiterer Gutachten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erforderlich gemacht hätten.
36
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Auch die Entscheidung darüber, ob ein - weiteres - Gutachten eingeholt werden soll, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO). Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, B.v. 16.5.2018 - 2 B 12/18 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.3.2014 - 14 ZB 11.2115 - juris Rn. 6 m.w.N.).
37
b) Soweit die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Befunde auf Gesundheitsschäden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hindeuten, schließt das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Herrn Dr. med. … vom 17. April 2017 diese überzeugend als dienstunfallbedingt aus. So führt Herr Dr. med. … aus, dass im Rahmen einer unfallbedingten Kausalitätskette eine Unfallfolge einen unfallbedingten Gesundheitserstschaden auf neurologischem Fachgebiet voraussetze, ein entsprechender Erstschaden aber in den in den Akten befindlichen Behandlungsberichten nicht dokumentiert sei. Dabei setzt er sich mit den von Herrn Dr. med. … getroffenen Feststellungen in dessen Befundberichten vom 2. März 2016 und 2. September 2016 auseinander und stellt fest, dass aufgrund des Erfordernisses eines dokumentierten Gesundheitserstschadens auf neurologischem Fachgebiet die Ausführungen in den genannten Schreiben aus klinisch-neurologischer Sicht nicht schlüssig nachzuvollziehen seien. Mangels Gesundheitserstschadens auf neurologischem Fachgebiet müssten die von Herrn Dr. med. … genannten Diagnosen auch nach der Rechtslehre der wesentlichen Bedingung allesamt als unfallunabhängig behandelt werden, wobei die Frage eines cervicogenen, d.h. gewebs- oder muskulärbedingten Kopfschmerzes unfallchirurgisch-orthopädisch beurteilt werden müsse. Der Gutachten schließt desweiteren eine Armplexusneuropathie, für die sich weder anamnestisch noch klinisch-neurologisch objektivierbare Zeichen fänden, aus und stellt als unfallunabhängige Erkrankung eine klassische Migräne mit visuellen Auren und darüber hinaus eine unfallunabhängige Spannungskopfschmerzkomponente fest. Ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz sei nicht festzustellen, da die Triptane zur Migränebehandlung erst seit kurzem verordnet seien. Insgesamt seien unfallbedingte Störungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet derzeit nicht festzustellen.
38
Für das Gericht ergeben sich bezüglich des Gutachtens des Herrn Dr. med. … weder Hinweise auf grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche noch darauf, dass das Gutachten von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Insoweit trug der Bevollmächtigte der Klägerin in seinen Schriftsätzen im Verwaltungs-/Widerspruchsverfahren und im gerichtlichen Verfahren nicht einmal andeutungsweise Aspekte vor, die Zweifel an dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten hervorrufen könnten. Der allein vorgelegte osteopathische Bericht des Herrn … … vom 10. Juli 2018 betrifft - losgelöst von der Frage, ob dieser überhaupt geeignet ist, Zweifel an einem medizinischen Gutachten hervorzurufen - ausschließlich orthopädische Fragestellungen.
39
c) Aber auch hinsichtlich der unfallchirurgisch-orthopädischen Gesundheitsschäden ist nach Überzeugung des Gerichts ein Kausalzusammenhang mit dem anerkannten Dienstunfall vom 28. November 2013 ausgeschlossen. Das Gericht erachtet das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten des Herrn Dr. med. … vom 12. September 2017 als ausreichende Grundlage zur Bildung der erforderlichen gerichtlichen Überzeugung.
40
aa) Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hinwies, dass das Gutachten sowohl die Unterschrift des Herrn Dr. med. … als auch die Unterschrift des Herrn Dr. med. … trage, sodass eine nicht ordnungsgemäße Gutachtenserstellung vorliege, da ausschließlich Herr Dr. med. … vom Beklagten mit der Gutachtenserstellung beauftragt worden sei, schließt sich die Kammer dieser Einschätzung nicht an. Dass neben Herrn Dr. med. … auch Herr Dr. med. … das Gutachten abgezeichnet hat, steht der Erstellung des Gutachtens im Rahmen des Gutachtensauftrages durch den Beklagten vom 10. Mai 2017 nicht entgegen. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um eine Delegation der Begutachtung an Herrn Dr. med. … Die Klägerin bestätigte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung, dass die Begutachtung ausschließlich durch Herrn Dr. med. … durchgeführt worden sei. Entsprechend kann auch nur Herr Dr. med. … das Gutachten erstellt haben, worauf letztlich auch die Abfassung in der Ich-Form hindeutet. Die Abzeichnung durch Herrn Dr. med. … stellt aus Sicht der entscheidenden Kammer eine Art Qualitätssicherung im 4-Augen-Prinzip dar, die gewährleistet, dass keine offensichtlichen Mängel im Gutachten enthalten sind.
41
bb) Auch die Feststellung des Bevollmächtigten, dass hinsichtlich der Genese der Kopfschmerzen das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. med. … vom 17. April 2017 auf das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten von Dr. med. … vom 12. September 2017 und umgekehrt das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten von Dr. med. … auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. med. … verweist, legt nach Auffassung der entscheidenden Kammer das Erfordernis der Einholung weiterer Gutachten nicht nahe.
42
Die beiden Gutachten wurden jeweils durch Fachärzte unterschiedlicher Fachrichtungen erstellt. Insoweit drängt es sich auf, dass sich die Gutachter hinsichtlich der durch die Klägerin geltend gemachten Körperschäden im Rahmen ihrer jeweiligen Fachrichtung äußern. Entsprechend nachvollziehbar ist es demnach, dass Herr Dr. med. … hinsichtlich cervicogener Kopfschmerzen, also Kopfschmerzen mit Ursprung in den knöchernen Strukturen oder im Weichteilgewebe der Halswirbelsäule (https://deximed.de/home/b/neurologie/patienteninformationen /kopfschmerzen/zervikogener-kopfschmerz/#:~:text=Bei%20zervikogenen%20Kopfschmerzen %20handelt%20es,%2C%20der%20Hals%2C%20Nacken).), auf eine unfallchirurgisch-orthopädische Begutachtung verweist, Herr Dr. med. … hinsichtlich einer Ursache der Kopfschmerzen im neurologisch-psychiatrische Bereich (vorliegend klassische Migräne mit visuellen Auren, Spannungskopfschmerzen, medikamenteninduzierter Kopfschmerz) auf das ihm zum Zeitpunkt der Begutachten bereits vorliegende Gutachten des Herrn Dr. med. … verweist, das diese Gesundheitsschäden bereits als unfallunabhängig bewertet hat. Insbesondere aufgrund der dieser Verweisung folgenden Ausführungen im Gutachten des Herrn Dr. med. … zu cervicogenen Kopfschmerzen bzw. cervicogen getriggerter Migräne wird ausreichend deutlich, dass sich der Gutachter trotz der pauschal klingenden Verweisung auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten mit den Ursachen für die geltend gemachten Körperschäden innerhalb seines Fachgebietes auseinandergesetzt hat.
43
cc) Zweifel an dem Gutachten ergeben sich auch nicht aufgrund des durch den Bevollmächtigten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten osteopathischen Berichts des Herrn … … Der Bericht stellt Vermutungen auf („… lässt vermuten…“) und legt nicht nachvollziehbar dar, weshalb ein Zusammenhang zwischen dem anerkannten Dienstunfall vom 28. November 2013 und den geltend gemachten Körperschäden angenommen wird. Eine Auseinandersetzung mit den durch die Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen hinsichtlich der erforderlichen Kausalität zwischen Unfallereignis und Körperschaden fehlt vollständig. Die Erläuterung hinsichtlich des angenommenen Zusammenhangs „Funktioniert ein Bereich im Körper nicht, muss ein anderer Bereich diese Aufgabe übernehmen, was auf kurz oder lang zu einer Überlastung dieses Bereichs führt“ lässt insoweit keine fundierte Auseinandersetzung mit den vorliegenden Sachverständigengutachten erkennen.
44
Soweit der die Klägerin behandelte Orthopäde, Herr Dr. med. …, mit Attest vom 9. Mai 2019 den im osteopathischen Bericht getroffenen Feststellungen zustimmt, setzt er sich kommentarlos zu seiner früheren Aussage im Bericht an das Landesamt für Finanzen - Dienststelle … - vom 2. Dezember 2016, dass die Veränderungen an Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule nicht auf das Unfallgeschehen vom 28. November 2011 zurückzuführen sind, in Widerspruch.
45
dd) Für die Kammer steht aufgrund der Ausführungen im unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten fest, dass die geltend gemachten Körperschäden nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf den anerkannten Dienstunfall zurückzuführen sind.
46
Hinsichtlich der cervicogenen Kopfschmerzen wird aus dem Gutachten deutlich, dass der Gutachter bereits das Vorliegen cervicogener Kopfschmerzen stark anzweifelt, aber selbst bei Annahme des Vorliegens cervicogener Kopfschmerzen diese aufgrund des nachgewiesenen Erstköperschadens am rechten Oberarmkopf nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit auf den Dienstunfall zurückführen kann, da eine Verletzung der Halswirbelsäule als Erstkörperschaden aufgrund des Unfalles nicht gesichert ist. In Betracht käme insoweit nur ein Zusammenhang cervicogener Kopfschmerzen mit nicht unfallbedingten Symptomen im Bereich der Halswirbelsäule.
47
Der Gutachter schließt hinsichtlich der Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule (tendomyotischem HWS-Syndrom, rezidivierender Lumbalgie mit ISG-Irritation, linkskonvexer Lumbalskoliose) einen Zusammenhang mit dem Dienstunfall aus und stellt im Einklang mit den behandelnden Orthopäden der Klägerin, Herrn Dr. med. … und Herrn Dr. med …, im Attest vom 2. Dezember 2016 fest, dass Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule nicht auf das Unfallgeschehen vom 28. November 2013 zurückzuführen sind bzw. die Beschwerden erklärende Verschleißerscheinungen zu erkennen sind. Für diese Feststellungen lagen dem Gutachter entsprechend der Auflistung im Gutachten auch alle vorhandenen Unterlagen vor.
48
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrug, dass der Gutachter nicht ausreichend mögliche Auswirkungen der durch den Dienstunfall verursachten Veränderungen im Muskulus trapezius berücksichtigt habe, ist festzustellen, dass Herr Dr. med … ausdrücklich im Gutachten darauf hinweist, dass Verspannungen der schulterumgreifenden Muskulatur und auch im Übergang zur Nackenmuskulatur mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf das Dienstunfallereignis zurückzuführen sind. Gleichzeitig schließt er unfallbedingte cervicogene Kopfschmerzen aus, sodass ausreichend deutlich wird, dass die Veränderungen im Muskulus trapezius nicht als Ursache für die cervicogenen Kopfschmerzen herangezogen werden können.
49
3. Mangels Anerkennungsfähigkeit der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolge konnte der Beklagte die Anträge der Klägerin vom 12. Juli 2017 und 23. August 2017 auf Gewährung beamtenrechtlicher Unfallfürsorge ablehnen und die vorläufig geleisteten Zahlungen in Höhe von 159,00 EUR gemäß Art. 7 Abs. 2 BeamtVG zurückfordern. Bei der Entscheidung über die Rückforderung hat der Beklagte berücksichtigt, dass gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung ganz oder teilweise abgesehen werden kann. Eine Billigkeitsentscheidung ist dabei notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung (BayVGH, B.v. 31.1.2014 - 3 CS 13.2484 - juris Rn. 35). Das Gericht folgt insoweit der Begründung des Bescheides vom 5. Oktober 2017 und des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2018 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 117 Abs. 5 VwGO.
50
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.