Titel:
Zu den Anforderungen an eine Mischprobe als Grundlage für die Erhöhung der Abwasserabgabe und den Vorgaben der DIN 38402-11:2009-02
Normenketten:
AbwAG § 4 Abs. 4 S. 2
AbwV § 2 Nr. 2, § 4
Leitsätze:
1. Der Abgabentatbestand des § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG ist nur erfüllt, wenn die Nichteinhaltung eines Überwachungswerts durch eine ordnungsgemäße, d.h. abgaberechtlich verwertbare Messung nachgewiesen wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Untersuchung der Abwasserprobe mit all ihren Randbedingungen (z.B. Probenahme, Homogenisierung, Teilung u.a.) dem zwingend anzuwendenden Verfahren entspricht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach den allgemeinen Beweisregeln ist der Abgabegläubiger beweispflichtig dafür, dass der Überwachungswert nicht eingehalten ist. Dieser Beweisverpflichtung kann die Behörde durch Vorlage des Protokolls über die Probenahme nachkommen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abwasserabgabe, abgaberechtlich verwertbare Abwasserprobe, Mischprobe, Abweichung vom festgelegten Analyse- und Messverfahren, Homogenisierung einer Abwasserprobe
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 11.02.2015 – B 4 K 13.481
Fundstellen:
BeckRS 2020, 2765
LSK 2020, 2765
NVwZ-RR 2021, 78
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Februar 2015 wird abgeändert. Der Bescheid des Landratsamts Bamberg vom 17. Juni 2013 wird in Nr. 2 des Tenors aufgehoben, soweit die festgesetzte Abwasserabgabe 8.661,19 Euro übersteigt und die Schlusszahlung über 662,12 Euro hinausgeht.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die für das Jahr 2012 erhobene Abwasserabgabe.
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Die Klägerin betreibt eine kommunale Kläranlage, für die ihr mit Bescheiden des Landratsamts Bamberg vom 29. Januar 1976 in der Fassung vom 2. Juli 2008 bzw. 16. Juli 2012 die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, behandeltes Abwasser und unbehandeltes Mischwasser aus Notauslässen in den L…bach einzuleiten.
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Mit den wasserrechtlichen Bescheiden wurde der Klägerin im Veranlagungszeitraum 2012 aufgegeben, u.a. folgende Werte von der nicht abgesetzten, homogenisierten 2h-Mischprobe einzuhalten: Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB): 50 mg/l, Phosphor gesamt (Pges): 3 mg/l (bis 31.7.2012) und 2,4 mg/l (ab 1.8.2012). Unter dem 5. Dezember 2011, 2. März und 12. Juni 2012 erklärte die Klägerin für das jeweils nächste Quartal folgende niedrigere Werte nach § 4 Abs. 5 AbwAG: CSB: 40 mg/l, Phosphor: 1,0 mg/l. Für das letzte Quartal 2012 wurde keine Erklärung abgegeben.
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Am 15. Februar 2012 entnahm das Wasserwirtschaftsamt Kronach ab 9.55 Uhr eine Mischprobe am Ablauf des Nachklärbeckens der Kläranlage, die im Probenahmeprotokoll als „2h-Mischprobe“ dokumentiert ist. Die „2h-Mischprobe“ bestand aus zwei miteinander vermischten Teilmengen, die auf unterschiedliche Art entnommen wurden: 2,5 l aus dem Sammelbehälter eines stationären automatischen Probenehmers, (jeweils 120 ml im Abstand von 6 Minuten) sowie max. 5 l bestehend aus mit einem Messbecher (1 l) handgeschöpfter Einzelproben (jeweils max. 1 l im Abstand von 30 Minuten). Die Analyse ergab u.a. folgende Werte: CSB: 1.600 mg/l, Pges: 29 mg/l.
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Mit Bescheid vom 17. Juni 2013 setzte das Landratsamt Bamberg die Abwasserabgabe für das Jahr 2012 auf einen Betrag von 245.398 Euro fest. Dabei entfiel auf den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) ein Teilbetrag von 184.837,46 Euro und auf Phosphor gesamt (Pges) von 59.307,89 Euro. Für Stickstoff gesamt (Nges), dessen Überwachungswert nicht erhöht war, ergab sich eine Abgabe von 1.252,65 Euro. Abzüglich einer Vorauszahlung von 7.999,07 Euro forderte das Landratsamt von der Klägerin eine Schlusszahlung in Höhe von 237.398,93 Euro ein.
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Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 11. Februar 2015 abgewiesen. Ob die Abwasserprobe ausnahmsweise von Hand homogenisiert werden durfte, sei nicht entscheidungserheblich, weil auch diese Methode zu einem verwertbaren Ergebnis führe. Die Überschreitung der Überwachungswerte beruhe nicht auf unvorhersehbaren betriebsfremden Vorgängen, weil die Kläranlage den erhöhten Abwasserzufluss im Wesentlichen deshalb nicht verkraftet habe, weil sie auf eine zu geringe Einwohnerzahl ausgelegt sei. Die Abgabenrelevanz sog. „Ausreißer“ sei vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden.
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Mit Beschluss vom 17. Oktober 2018 hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassen.
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Die Klägerin wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen mit folgender Begründung: Die Abwasserprobe sei wegen fehlerhafter Probenahme und Homogenisierung unverwertbar. Mischproben seien aus Einzelproben gleicher Volumina herzustellen. Durch Vermischung handgeschöpfter Einzelproben mit der Mischprobe aus dem automatischen Probenehmer sei bei einer Kläranlage, bei der Ablaufmengen und -konzentrationen schwankten, kein repräsentatives Ergebnis zu erzielen. Die Homogenisierung des Abwasservolumens von 6,5 l durch Rühren von Hand sei nicht fachgerecht. Ein „Ausnahmefall“ liege nicht vor; das strikt zu beachtende Regel-Ausnahme-Verhältnis nach Nr. 8.2.2 DIN 38402-A 30 dürfe nicht in sein Gegenteil verkehrt werden. Dass der Klärwärter keine Einwände gegen die Art der Homogenisierung erhoben habe, sei rechtlich unerheblich. Selbst wenn das Rühren von Hand zulässig gewesen wäre, sei die Probe nicht ausreichend homogenisiert worden, wie das Vorhandensein größerer Flocken und die im Labor angewandte Art der Homogenisierung (Aufschlaggerät, 60 Sekunden bei ca. 20.000 U/min; Wiederholung des Vorgangs) belege. Die Betriebsstörung der seit langer Zeit ordnungsgemäß arbeitenden Kläranlage sei nicht auf hydraulische Überlastung, sondern auf das Zusammenwirken mehrerer ungünstiger Faktoren zurückzuführen. Die Erhöhung der Abwasserabgabe sei unverhältnismäßig. Da Umweltabgaben als Vorteilsabschöpfungsabgaben einzuordnen seien, müsse § 4 Abs. 4 AbwAG verfassungskonform ausgelegt werden mit der Folge, dass die einmalige Überschreitung eines Überwachungswerts keine volle Erhöhung der Abwasserabgabe bewirke. Dies ergebe sich auch aus der unionskonformen Auslegung im Lichte von Art. 9 der Wasserrechtsrahmenrichtlinie; eine 30-fache Abgabeerhöhung sei kaum als moderate, lenkende Überschreitung des Kostendeckungsgrundsatzes anzusehen. Zur Frage der Einhaltung der Vorgaben für Probenahme und Analytik hat die Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme der O** … GmbH vom 30. Oktober 2017 vorgelegt.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Februar 2015, Aktenzeichen B 4 K 13.481, zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Bamberg vom 17. Juni 2013 aufzuheben, soweit darin für den Veranlagungszeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2012 eine höhere Abwasserabgabe als 8.661,19 Euro festgesetzt worden ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die Vermengung der Mischprobe des automatischen Probenehmers und der Handschöpfprobe zu einer gesamten Mischprobe sei vorschriftskonform. Der den DIN-Normen vorrangige § 2 Nr. 2 AbwV erlaube die Vermengung zweier Mischproben. Bei bestimmten Kläranlagen (z.B. Tropfkörperanlagen mit Notablauf) sei dies wegen der Anlagentechnik und Ablaufsituation sogar zwingend. Beide Mischproben seien einzeln verwertbar; ihre Vermischung könne dies nicht ändern. Mit der zusätzlich handgeschöpften Probe sei man dem Betreiber entgegengekommen, da andernfalls die Einstellungen des Probenehmers verändert hätten werden müssen. Ein Mischungsverhältnis oder bestimmte Zeitabstände der Einzelproben seien nicht notwendig, weil die Abwassermenge bei beiden Mischproben dieselbe sei. Vor allem aufgrund des Speichervolumens der Kläranlage sei eine kurzfristige Änderung der Abwasserzusammensetzung auszuschließen; eine solche sei bei der organoleptischen Prüfung des Abwassers auch nicht festgestellt worden. Die Homogenisierung durch Rühren von Hand sei nicht zu beanstanden, weil ein Ausnahmefall vorliege. Proben mit einem Volumen von 5 l und mehr fielen beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt nur sehr selten an, weshalb die technische Gewässeraufsicht nicht mit Magnet- bzw. Flügelrührern ausgestattet sei. Das Ziel repräsentativer und reproduzierbarer Ergebnisse sei auch mit dem Rühren von Hand zu erreichen; andernfalls wäre diese Methode komplett ausgeschlossen. Bei der Homogenisierung sei auf eine ausreichende Durchmischung geachtet worden. Die Kläranlage sei hydraulisch überlastet gewesen; ursächlich dafür seien nicht betriebsexterne Faktoren, sondern deren hohe Auslastung und der hohe Fremdwasseranteil. Die Abgabeerhöhung für das ganze Jahr 2012 sei gesetzlich vorgesehen. Bei der Beurteilung, ob die Abwasserabgabe noch einen angemessenen Anreiz zur effizienten Wassernutzung nach der Wasserrahmenrichtlinie darstelle, verfüge der Gesetzgeber über ein erhebliches Ausgestaltungsermessen, da für die Direkteinleitung in ein Gewässer weder ein Marktpreis noch eine anerkannte Wertberechnungsmethode existiere.
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Der Senat hat am 14. Januar 2020 mündlich verhandelt. Auf weitere mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung, über die nach § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 17. Juni 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit eine Abwasserabgabe von über 8.661,19 Euro bzw. eine Schlusszahlung von über 662,12 Euro festgesetzt wurde (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts war deshalb abzuändern und der Bescheid insoweit aufzuheben.
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Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abwasserabgabe im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2012 ist das Abwasserabgabengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2005 (BGBl I S. 114). Die Klägerin, die Abwasser in ein Gewässer (L…bach) einleitet, ist nach § 1 AbwAG verpflichtet, eine Abwasserabgabe zu entrichten, was sie dem Grunde nach nicht bestreitet.
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Die Höhe der Abwasserabgabe bemisst sich gemäß § 3 Abs. 1 AbwAG nach der Schädlichkeit des Abwassers und wird auf Basis der Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids bestimmt (sog. „Bescheidsystem“, § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG). Ergibt die Überwachung, dass ein der Abgabenberechnung zugrunde zu legender Überwachungswert nicht eingehalten ist und auch nicht als eingehalten gilt, wird die Zahl der Schadeinheiten erhöht (§ 4 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 AbwAG).
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Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Der Abgabentatbestand des § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG ist nur erfüllt, wenn die Nichteinhaltung eines Überwachungswerts durch eine ordnungsgemäße, d.h. abgaberechtlich verwertbare Messung nachgewiesen wird (BVerwG, U.v. 9.8.2011 - 7 C 10.11 - ZfW 2012, 30 = juris Rn. 32; U.v. 31.8.2005 - 9 C 3.04 - BVerwGE 124, 172 = juris Rn. 24). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Untersuchung der Abwasserprobe mit all ihren Randbedingungen (z.B. Probenahme, Homogenisierung, Teilung u.a.) dem zwingend anzuwendenden Verfahren entspricht (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, 2. Aufl. 2006, § 4 Rn. 188 und 201).
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1. Nach den allgemeinen Beweisregeln ist der Abgabegläubiger beweispflichtig dafür, dass der Überwachungswert nicht eingehalten ist (OVG RhPf, U.v. 13.4.2000 - 12 A 12160/99 - ZfW 2002, 107 = juris Rn. 14; Kotulla, AbwAG, 2005, § 4 Rn. 45). Dieser Beweisverpflichtung kann die Behörde durch Vorlage des Protokolls über die Probenahme nachkommen. Bei einem solchen Protokoll handelt es sich um eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1, § 418 Abs. 1 ZPO, dessen Inhalt für die darin bezeugten Tatsachen vollen Beweis erbringt (BVerwG, U.v. 15.1.2002 - 9 C 4.01 - BVerwGE 115, 339 = juris Rn. 38 f.; Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, Stand August 2019, § 4 AbwAG Rn. 34). Bei verständiger Würdigung enthält das Protokoll regelmäßig auch die Aussage, dass die Messung fehlerfrei erfolgt ist. Dies hat zur Folge, dass der Inhalt des Protokolls nur durch den Beweis der Unrichtigkeit (§ 418 Abs. 2 ZPO) widerlegt werden kann. Der Gegenbeweis ist nur dann erbracht, wenn das Gericht vom Gegenteil des Urkundsinhalts überzeugt ist; die bloße Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs genügt nicht (BVerwG, B.v. 28.10.2004 - 9 B 6.04 - NVwZ-RR 2005, 203 = juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 2.9.2004 - 9 A 189/02 - ZfW 2006, 108 = juris Rn. 10).
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2. Die Abwasserprobe vom 15. Februar 2012 erfüllt auf Basis des unstreitigen Sachverhalts nicht die Anforderungen an eine Mischprobe und ist deshalb keine verwertbare Grundlage für die Erhöhung der Abwasserabgabe nach § 4 Abs. 4 AbwAG.
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Nach den Festlegungen der die Abwassereinleitung zulassenden wasserrechtlichen Bescheiden vom 2. Juli 2008 und 16. Juli 2012 sind die Überwachungswerte von der „nicht abgesetzten, homogenisierten 2h-Mischprobe“ einzuhalten; dabei sind die in der Anlage zu § 4 AbwV festgelegten Analyse- und Messverfahren zugrunde zu legen (vgl. dort jeweils S. 2). Die vom Wasserwirtschaftsamt aus den Mischproben des automatischen Probenehmers (2,5 l aus Einzelproben von 120 ml im Abstand von 6 Minuten) und der Handschöpfung (max. 5 l aus Einzelproben im Abstand von 30 Minuten) hergestellte „gesamte Mischprobe“ erfüllt diese Vorgaben nicht.
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2.1 Eine Mischprobe ist nach der Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 2 AbwV eine Probe, die in einem bestimmten Zeitraum kontinuierlich entnommen wird, oder eine Probe aus mehreren Proben, die in einem bestimmten Zeitraum kontinuierlich oder diskontinuierlich entnommen und gemischt werden. Die Begriffsbestimmung sieht damit zwei Varianten der Mischprobe vor: die kontinuierliche Entnahme sowie immer wiederkehrende Einzelentnahmen, die sodann gemischt werden (vgl. Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, § 2 AbwV Rn. 3). Dass die Einzelproben, aus denen sich die Mischprobe zusammensetzt, in gleichen Mengen- und Zeitabständen entnommen werden müssen, legt die Abwasserverordnung nicht fest.
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Nähere Vorgaben zum Vorgehen bei der Probenahme von Abwasser enthält die DIN 38402-11: 2009-02 (Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung - Allgemeine Angaben [Gruppe A] - Teil 11: Probenahme von Abwasser [A 11], Ausgabe Februar 2009), die nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwV i.V.m. Nr. I.2 der Anlage 1 zur AbwV Geltung beansprucht. Die hier relevanten Bestimmungen betreffend die Mischprobe lauten:
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zwei oder mehrere einzeln oder kontinuierlich entnommene Proben, die in geeignetem, bekanntem Verhältnis vermischt wurden, um aus der Mischung den Durchschnittswert eines gewünschten Merkmals zu bestimmen
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ANMERKUNG Die Mischungsverhältnisse basieren üblicherweise auf Zeit- oder Durchflussmessungen.
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Mischproben werden durch Mischen einer Anzahl von Einzelproben oder durch kontinuierliche Teilstromentnahme aus dem Abwasserstrom hergestellt. Es gibt zwei Arten von Mischproben:
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a) zeitgewichtete Proben;
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b) durchflussgewichtete Proben.
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Zeitgewichtete Mischproben bestehen aus Einzelproben gleicher Volumina, die in konstanten Zeitintervallen über die Probenahmedauer genommen werden (zeitkontinuierliche bzw. zeitproportionale Probenahmen).
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Zeitgewichtete Mischproben eignen sich zur Bestimmung der durchschnittlichen Abwasserbeschaffenheit (z.B. um die auf Durchschnittswerten basierende Einhaltung von Grenzwerten zu prüfen, oder um im Abwasser Durchschnittsgehalte im Zusammenhang mit einer Verfahrensentwicklung zu bestimmen und in Fällen konstanten Abwasserstroms).“
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2.2 Für die vom Wasserwirtschaftsamt aus den Mischproben des automatischen Probenehmers und der Handschöpfung hergestellte „gesamte Mischprobe“ kommt nur die Alternative einer „diskontinuierlichen“ Entnahme (§ 2 Nr. 2 Alt. 2 AbwV) in Betracht, worauf sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch berufen hat. Die beiden darin vermengten Mischproben wurden nämlich entgegen der Darstellung des Wasserwirtschaftsamts (vgl. Schaubild, Gerichtsakte S. 47) nicht durch kontinuierliche Teilstromentnahme gewonnen. Eine kontinuierliche Entnahme setzt eine fortwährende (d.h. ohne Unterbrechung) Probeentnahme aus einem dauernden Abwasserstrom voraus (vgl. Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, § 2 AbwV Rn. 3). Eine solche liegt hier nicht vor. Bei den automatisch wie auch bei den handgeschöpften Proben handelt es sich stattdessen um wiederkehrende Einzelentnahmen; solche sind nicht als „kontinuierlich“ zu qualifizieren, weil die Einzelentnahmen in einem festen zeitlichen Abstand wiederholt werden (vgl. Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, § 2 AbwV Rn. 3).
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2.3 Die aus den Mischproben des automatischen Probenehmers und der Handschöpfung vom Wasserwirtschaftsamt hergestellte „gesamte Mischprobe“ verstößt gegen zwingende Anforderungen aus Nr. 3.4 und 6.4.2 DIN 38402-11, die nicht durch die höherrangige Regelung in § 2 Nr. 2 AbwV verdrängt werden.
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2.3.1 Die Proben wurden nicht in einem geeigneten, bekannten Verhältnis vermischt; aus der „gesamten Mischprobe“ lässt sich der Durchschnittswert eines gewünschten Merkmals nicht bestimmen (Nr. 3.4 DIN 38402-11). Die Gesamtprobe kann nicht als zeitgewichtete Mischprobe (Nr. 6.4.2 Satz 3 DIN 38402-11) qualifiziert werden. Denn die miteinander vermengten Mischproben bestehen aus Einzelproben unterschiedlicher Volumina (120 ml; unbekannt, max. 1 l), die in verschiedenen Zeitintervallen (6 min; 30 min) entnommen wurden. Dass beide Mischproben, aus denen sich die Gesamtprobe zusammensetzt, die Vorgaben der DIN 38402-11 für sich genommen erfüllen, ändert daran nichts. Das Verhältnis der vermischten Proben ist schon deshalb nicht zu ermitteln, weil das Volumen der Handschöpfungen unbekannt ist. Der Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts, der die Probe entnommen hat, konnte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr daran erinnern; er hält jede Menge zwischen 0,3 l und 1 l pro Entnahme für denkbar, was bei fünf Entnahmen (jeweils gleichen Volumens) ein Volumen von minimal 1,5 l und maximal 5 l ergibt. Hinzu kommt, dass die automatischen und die handgeschöpften Einzelproben jeweils in unterschiedlichen Zeitintervallen (6 min; 30 min) entnommen wurden.
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Der Vorhalt des Beklagten, bei bestimmten Kläranlagen sei eine Probenahme an zwei unterschiedlichen Stellen (normaler Ablauf und Notablauf) und die anschließende Vermischung der Proben technisch zwingend, ändert daran nichts. Im vorliegenden Fall liegt eine solche Sonderkonstellation nicht vor; die Proben wurden allesamt im Ablaufschacht der Kläranlage entnommen. Dass es Fälle geben kann, in denen eine nur an einer Probenahmestelle entnommene Mischprobe zu keinem geeigneten Messergebnis führt, bedeutet nicht, dass das für einen solchen Sonderfall geeignete Messverfahren die Anforderungen einer Mischprobe erfüllen muss.
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2.3.2 Aus dem Fehlen einer Vorgabe in § 2 Nr. 2 AbwV, dass Einzelproben in gleichen Mengen- und Zeitabständen entnommen werden müssen, lässt sich nicht darauf schließen, dass die angeführten Vorgaben der DIN 38402-11 im Regelungsbereich der Abwasserverordnung unanwendbar wären. Nr. I.2 der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 AbwV verweist hinsichtlich der Analyse- und Messverfahren für die Probenahme von Abwasser auf diese DIN-Norm. Die dortige Vorgabe ist auch nach dem Sinn und Zweck der Mischprobe geboten. Nur so lässt sich die für die sie charakteristische Repräsentanz des Messergebnisses über den gesamten Überwachungszeitraum erzielen, weil bei zeitlich wechselnder Abwasserbeschaffenheit eine Ausgleichswirkung erzielt wird (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, § 4 Rn. 80 f.; vgl. auch OVG NW, B.v. 20.3.2007 - 9 A 3246/06 - ZfW 2008, 48 = juris Rn. 7 zur qualifizierten Stichprobe). § 2 Nr. 2 AbwV kann daher entgegen der Auffassung des Beklagten nicht als abschließende, der DIN 38402-11 vorrangige Regelung angesehen werden.
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2.3.3 Bei den zu der Gesamtprobe vermischten Teilmengen handelte es sich auch nicht um „einzeln“ entnommene Proben, sondern ihrerseits um Mischproben. Damit ist die entsprechende Vorgabe in Nr. 3.4 und 6.4.2 Satz 1 DIN 38402-11 nicht erfüllt. Ob eine Vereinigung mehrerer Mischproben gleichwohl von § 2 Nr. 2 Alt. 2 AbwV als der DIN 38402-11 höherrangige und damit vorgehende Regelung abgedeckt ist (hiergegen Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, AbwAG, § 2 AbwV Rn. 3: „immer wiederkehrenden Einzelentnahmen“), ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Mengen und Entnahmeintervalle (vgl. oben 2.3.2) nicht entscheidungserheblich.
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2.4. Die unter Verstoß gegen § 2 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwV i.V.m. Nr. I.2 der Anlage 1 zur AbwV, Nr. 3.4, 6.4.2 DIN 38402-11 ermittelten Messergebnisse sind für der Heranziehung der Klägerin zur Abwasserabgabe unverwertbar.
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2.4.1 Dass die Anwendung eines anderen als des in den wasserrechtlichen Bescheiden vom 16. Juli 2012 und 2. Juli 2008 festgelegte Probenahmeverfahrens zu keinem anderen Ergebnis führen konnte, hat der Beklagte nicht nachgewiesen. Aus dem angeführten konstanten Abwasserdurchfluss, dem großen Speichervolumen der Kläranlage und der organoleptischen Prüfung des Abwassers ergibt sich dies nicht. Der Senat ist nicht überzeugt, dass sich die Abwasserzusammensetzung während der zweistündigen Probenahme auch nicht geringfügig geändert haben kann. Die anzuwendende Probenahmeart ist nicht ohne Grund im wasserrechtlichen Bescheid festzulegen; unterschiedliche Verfahren können selbst regelgerecht angewendet zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (vgl. Meyer/Köhler, AbwAG, § 4 Rn. 84).
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2.4.2 Abgesehen davon kann die „Richtigkeit“ eines Messergebnisses nicht mit seiner abgaberechtlichen Verwertbarkeit gleichgesetzt werden (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, § 4 Rn. 201; VG Halle, U.v. 23.2.2016 - 4 A 124/14 - juris Rn. 50; a.A. wohl Kotulla, AbwAG, § 4 Rn. 45). Die wasserrechtlichen Bescheide vom 2. Juli 2008 und 16. Juli 2012 legen als anzuwendendes Messverfahren die 2h-Mischprobe fest. Folglich kann die Nichteinhaltung von Überwachungswerten im Rahmen der regulären Überwachung nur unter Anwendung dieser Methode nachgewiesen werden (vgl. andererseits für Störfälle BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 = juris Rn. 7). Die Anwendung des behördlich festgelegten Messverfahrens steht nicht im Belieben des Probenehmers (OVG NW, B.v. 20.3.2007 - 9 A 3246/06 - ZfW 2008, 48 = juris Rn. 7; Köhler/Meyer, AbwAG, § 4 Rn. 84 und 202). Zwingende Gründe, dieses hier im Einzelfall unangewendet lassen zu müssen, hat der Beklagte auch nicht dargelegt. Vielmehr gesteht er selbst zu, dass die Menge des automatischen Probenehmers für die amtliche Analyse der technischen Gewässeraufsicht ausgereicht hätte (vgl. Schreiben des Landratsamts vom 22.2.2019 S. 1).
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2.4.3 Die abgaberechtliche Unverwertbarkeit der Messergebnisse, die unter Nichtanwendung des im Zulassungsbescheid festgelegten Messverfahrens zustande kamen, ergibt sich auch aus dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Bestimmtheitsgebot. Dieses verlangt, dass der Abgabenschuldner erkennen kann, wann und in welchem Ausmaß die durch § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG angeordnete Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten infolge der Überschreitung der Überwachungswerte eintritt (BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 = juris Rn. 15). Abgabebegründende Tatbestände müssen so bestimmt sein, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe in gewissem Umfang vorausberechnen kann (BVerfG, B.v. 30.5.1998 - 1 BvR 45/15 - NVwZ 2019, 57 = juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 23.1.2019 - 9 C 1.18 - NVwZ 2019, 731 = juris Rn. 30; BayVerfGH, E.v. 24.5.2019 - Vf. 23-VI-17 - juris Rn. 57). Diese Anforderungen werden von § 4 Abs. 4 AbwAG erfüllt, weil der Abgabepflichtige auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung die Höhe der Abwasserabgabe vorausberechnen kann (BVerwG, B.v. 20.8.1997 - 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 = juris Rn. 15). Dies setzt aber voraus, dass der Abgabeschuldner nicht nur die Überwachungswerte, sondern auch das anzuwendende Verfahren der Probenahme kennt. Weicht die Behörde hiervon eigenmächtig ab, verstößt die darauf gestützte Abgabenerhebung gegen das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Abgabenerhebung (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, § 4 Rn. 84). Dass die Abweichungen infolge unterschiedlicher Messverfahren bei einem konstanten Ablauf aus einem Nachklärbecken mit größerem Speichervolumen eher gering ausfallen dürften, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten sind dem Abgabeschuldner unzumutbar, weil sie nicht mit der besonderen Eigenart der Abwasserabgabe zusammenhängen (vgl. BVerfG, U.v. 17.7.2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 = juris Rn. 176; BVerwG, U.v. 27.6.2012 - 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 = juris Rn. 14); ihre Ursache liegt allein in der Außerachtlassung des im Zulassungsbescheid festgelegten Überwachungsverfahrens, die von der Überwachungsbehörde zu verantworten ist.
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3. Die Unverwertbarkeit der dem angegriffenen Abgabebescheid zugrunde liegende Abwasserprobe ergibt sich zudem daraus, dass die Probe von Hand gerührt wurde, ohne dass ein Ausnahmefall vorlag, der dies erlaubt hätte (vgl. 3.1). Dass die Probe trotz Auswahl der fachlich nicht empfohlenen Homogenisierungstechnik ausreichend homogenisiert wurde, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest (vgl. 3.2).
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3.1 Das Wasserwirtschaftsamt hat bei der Homogenisierung durch Rühren von Hand gegen die zu beachtende (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AbwV i.V.m. Nr. I.4 der Anlage 1 zur AbwV) Vorgabe des Nr. 8.2.2 DIN 38402-A 30 (Ausgabe Juli 1998) verstoßen.
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Es ist davon auszugehen, dass die homogenisierte Gesamtprobe ein Volumen von über 5 l hatte. Der Vorhalt des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts in der Sitzung am 14. Januar 2020, dies treffe bei einem Volumen der handgeschöpften Einzelproben von bis zu 0,5 l nicht zu (bei 5 Proben innerhalb von 2 Stunden), geht fehl. Das handgeschöpfte Probevolumen ist in den Akten nicht dokumentiert; in der Sitzung vor dem Senat erklärte der tätig gewordene Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts, sich auch nicht mehr an das handgeschöpfte Probevolumen erinnern zu können.
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Probenvolumina von über 5 l sind insbesondere mit einem Magnet- oder Flügelrührer zu homogenisieren; in „Ausnahmefällen“ darf zur Aufteilung der Probe vor Ort von Hand gerührt werden (Nr. 8.2.2 Anstrich 3, Halbsatz 2 DIN 38402-A 30). Vorliegend ist weder dargelegt noch erkennbar, dass ein solcher Ausnahmefall vorgelegen hat.
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3.1.1 Das Regel-Ausnahme-Verhältnis hat zunächst eine quantitative Dimension. Von der Ausnahmemöglichkeit darf nicht derart Gebrauch gemacht werden, dass der vorgesehene Regelfall faktisch zum zahlenmäßigen Ausnahmefall wird (BVerwG, B.v. 3.4.2014 - 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 = juris Rn. 10; BVerfG, U.v. 18.1.2012 - 2 BvR 133/10 - BVerfGE 130, 76 = juris Rn. 144). Dies ist vorliegend aber geschehen. Der Beklagte hat eingeräumt, dass die technische Gewässeraufsicht grundsätzlich nicht mit Magnet- bzw. Flügelrührern ausgestattet ist, weil in der Regel Proben mit einem Volumen von unter 5 l anfielen (vgl. Schreiben des Landratsamts vom 18.12.2018 S. 6). Diese Vorgehensweise verkehrt das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Nr. 8.2.2 DIN 38402-A 30 in sein Gegenteil. Der Beklagte gesteht zu, dass das Wasserwirtschaftsamt Proben über 5 l vor Ort nie mit einem Rührer homogenisiert. Dass Proben mit einem solchen Volumen nur selten anfallen, rechtfertigt nicht die Annahme eines Ausnahmefalls. Da Proben unter 5 l generell nicht mittels Rührer zu homogenisieren sind (Nr. 8.2.1 DIN 38402-A 30), können solche Proben in die vergleichende Betrachtung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, nicht einbezogen werden.
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3.1.2 Ob das Regel-Ausnahme-Verhältnis auch in qualitativer Hinsicht verletzt wurde, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Auch wenn die Vorgabe in Nr. 8.2.2 Anstrich 3 DIN 38402-A 30 keine qualitativen Handlungskriterien benennt, sprechen ihr Sinn und Zweck für eine solche Dimension. Der Homogenisierung einer heterogenen Abwasserprobe kommt für die Präzision und Richtigkeit der analytischen Untersuchung große Bedeutung zu (vgl. VG Aachen, U.v. 20.4.2001 - 7 K 3927/95 - ZfW 2002, 46/47; Köhler/Meyer, AbwAG, Anlage zu § 3 Rn. 30). Ihr Gelingen hängt davon ab, dass das für das Ausgangsvolumen und die Zusammensetzung der Probe geeignete Verfahren fachgerecht ausgewählt wird. Eine Abweichung von der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwV, Nr. I.4 der Anlage 1 zur AbwV i.V.m. den die Abwassereinleitung zulassende Bescheiden vom 16. Juli 2012 und 2. Juli 2008 (vgl. dort jeweils S. 2) geltenden Vorgabe erfordert deshalb eine Ausnahmesituation, die sich von dem typischen Regelfall, dem die fachliche Empfehlung zugrunde liegt, abhebt. Dies ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Stattdessen ist es ständige Vollzugspraxis des hier zuständigen Wasserwirtschaftsamts, Proben über 5 l durch Rühren von Hand zu homogenisieren.
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3.2 Dass das in Abweichung von der Fachempfehlung in Nr. 8.2.2 DIN 38402-A 30 ohne Prüfung einer atypischen Ausnahmesituation angewandte Homogenisierungsverfahren (Rühren von Hand) gleichwohl zu einer ausreichenden Durchmischung der Abwasserprobe geführt hat, steht für den Senat nicht fest. Für diesen Nachweis ist nach den allgemeinen Beweisregeln der Beklagte beweispflichtig, der ein Homogenisierungsverfahren angewandt hat, ohne dessen Anwendungsvoraussetzungen (Ausnahmesituation) zu belegen. Bei einer solchen Sachlage kann dem Probenahmeprotoll nicht entnommen werden, dass die Homogenisierung fehlerfrei erfolgt ist.
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Die Klägerin stützt ihre Zweifel an einer ausreichenden Durchmischung u.a. darauf, dass bei der späteren Homogenisierung der Probe im Labor mittels Aufschlaggeräts (60 Sekunden bei 20.000 U/min) größere Flocken erkennbar waren, die erst nach einer Wiederholung dieses Vorgangs verschwanden (vgl. Wasserwirtschaftsamt vom 18.10.2013 S. 4). Der beweispflichtige Beklagte konnte dies nicht entkräften. Er hat lediglich erklärt, weshalb allein aus dem Umstand, dass im Labor eine andere Homogenisierungstechnik angewandt wurde (als bei der Probenahme vor Ort), kein Rückschluss auf die Eignung des Homogenisierungsverfahrens gezogen werden kann.
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Dass der bei der Probenahme beteiligte Klärwärter gegen die Art der Homogenisierung keine Einwände erhoben hat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Die Einhaltung des vorgeschriebenen Mess- und Analyseverfahrens obliegt der Gewässeraufsicht (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 AbwAG, § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG, Art. 63 Abs. 1 BayWG) und steht nicht zur Disposition eines Bediensteten des Anlagenbetreibers.
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4. Da die Abwasserprobe vom 15. Februar 2012 unverwertbar ist, ist der Abgabenberechnung zugrunde zu legen, dass die Werte für Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) und Phosphor (Pges) nicht überschritten wurden. Hieraus errechnet sich eine Abgabe in Höhe von 8.661,19 (vgl. Gerichtsakte S. 64). Soweit der angegriffene Bescheid eine höhere Abwasserabgabe festsetzt, war er aufzuheben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.