Inhalt

LSG München, Beschluss v. 15.10.2020 – L 12 SF 263/19
Titel:

Kostenrecht: Vergütung eines Sachverständigen für ein Gutachten zur Feststellung der Verwertbarkeit eines Grundstücks

Normenkette:
JVEG § 4, § 5, § 7, § 8 Abs. 2, § 12
Leitsätze:
1. Die objektiv erforderliche Zeit im Sinne des § 8 Abs. 2 JVEG ist unter Berücksichtigung des dem Sachverständigen unterbreiteten Streitstoffs, der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen, des Umfangs des Gutachtens und der Bedeutung der Streitsache zu ermitteln, wobei in der Regel von der Richtigkeit der Angaben der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer auszugehen ist. (Rn. 45)
2. Soweit Anlass für eine Plausibilitätsprüfung besteht, ist die in der Regel fehlende Sachkunde der heranziehenden Stelle zu berücksichtigen und die Heranziehung eines weiteren Sachverständigen zu erwägen. (Rn. 48)
3. Soweit eine Kürzung der beantragten Vergütung für erforderlich gehalten wird, ist zu begründen, welche der im Einzelnen angegebenen Arbeitszeiten zu lang bemessen sind, aus welchen Gründen die Arbeiten hätten schneller verrichtet werden können und welche Zeit nur erforderlich war. (Rn. 49)
4. Der Ersatz von Kosten und Aufwendungen nach §§ 5, 7, 12 JVEG richtet sich nach den tatsächlich angefallenen und zur Erledigung des Auftrages erforderlichen Aufwendungen. Die diesbezüglichen Angaben der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer sind voll überprüfbar. (Rn. 67 – 78)
Schlagworte:
Aufwendungen, erforderliche Zeit, Ersatz von Aufwendungen, Vergütung eines Sachverständigen, Vergütung nach dem JVEG, Vergütungsanspruch des Sachverständigen, Vergütungsfestsetzung, Zeitaufwand, Kostenrecht
Vorinstanz:
SG Landshut, Beschluss vom 18.07.2019 – S 4 RF 8/18
Fundstelle:
BeckRS 2020, 27551

Tenor

Auf die Beschwerde vom 31.07.2019 wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 18.07.2019 (S 4 RF 8/18) abgeändert und die Vergütung des Antragstellers und Beschwerdeführers für den am 08.12.2017 vom Sozialgericht Landshut im Verfahren S 11 AS 639/17 erteilten Gutachtensauftrag auf 3.429,54 € festgesetzt. Dem Antragsteller und Beschwerdeführer sind nach Abzug der bereits gezahlten Vergütung von 1.233,99 € weitere 2.195,55 € auszuzahlen.

Gründe

I.
1
Gegenstand des am Sozialgericht Landshut anhängig gewesenen Rechtsstreits gegen ein JC (S 11 AS 639/17) war die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe als Zuschuss und nicht lediglich als Darlehen. Insbesondere war zwischen dem Kläger und dem beklagten JC streitig, ob der Kläger über verwertbares Vermögen verfüge, insbesondere ob der Kläger das Grundstück mit Immobilie in der Gemarkung B-Stadt, Gebäude- und Freifläche, FlSt. …, Grundbuch des AG S-Stadt von B-Stadt Blatt 2432, verwerten könne und wenn ja, zu welchem Gegenwert.
2
Mit Beweisbeschluss vom 08.12.2017 wurde der Antragsteller und Beschwerdeführer (nachfolgend Bf.) zum Sachverständigen zur Erstellung eines Verkehrswertgutachtens ernannt und mit Gutachtensauftrag vom 08.12.2017 mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom 13.12.2017 bestätigte der Bf. den Eingang des Gutachtensauftrages.
3
Mit einem mehr als dreiseitigen Schreiben vom 19.12.2017 wies der Bf. auf die Besonderheiten eines Verkehrswertgutachtens hin (insbesondere Stichtage, Definition des Verkehrswertes und der Verwertbarkeit) und bat um Mitteilung zur weiteren Vorgehensweise. Die Anfrage wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 19.12.2017 beantwortet. Der Ortstermin fand am 01.03.2018 statt. Dem Bf. war zuvor auf Anfrage mit gerichtlichem Schreiben vom 27.02.2018 der Abgabetermin für das Gutachten am 25.04.2018 mitgeteilt worden.
4
Mit Schriftsatz vom 12.03.2018 übersandte das beklagte JC eine Zweitschrift des Bescheides vom 08.03.2018. Mit diesem wurden die nur darlehensweise gewährten Leistungen in einen Zuschuss umgewandelt, da am 01.03.2018 der Bf. einen Ortstermin durchgeführt habe und laut Bf. das Hausgrundstück kein verwertbares Vermögen darstelle. Mit Schriftsatz vom 03.04.2018 wurde der Rechtsstreit vom Kläger in der Hauptsache für erledigt erklärt.
5
Mit gerichtlichem Schreiben vom 09.04.2018 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Ausfertigung des Gutachtens nicht mehr erforderlich sei und um Abrechnung der bisher entstandenen Kosten und Rücksendung der Akten gebeten.
6
Mit Schreiben vom 10.04.2018, Eingang beim Sozialgericht Landshut am 16.04.2018, ging die Honorarrechnung des Bf. samt Anlage sowie der Ausdruck von 38 Fotos bei Gericht ein.
7
Die Rechnung lautete wie folgt:
„A. Honorar 2.790,00 €
B. Ersatz von Aufwendungen(MWSt.-pflichtig) 223,22 € Zwischensumme 3.013,22 €
Zzgl. 19% Mehrwertsteuer 572,51 € Zwischensumme 3.585,73 €
C. Sonstige Aufwendungen (MWSt.-frei) 85,00 € Gesamtbetrag 3.670,73 €
Dieser Rechnung als Anlage beifügt war folgende Aufstellung:
A. Honorar:
Studium der Gerichtsakte, Prüfung, ob Aufgabenstellung in Zuständigkeitsbereich/ Fachbereich fällt, Auftragsbestätigung an Gericht
Std. 0,92 Studium des Gutachtensauftrages /Schreibens des Gerichts vom 8.12.17, incl. der ausführlichen Erläuterungen und incl. Beschluss
Std. 2,17 Diverse Telefonate mit dem Gericht
Std. 0,80
Ausführliches, mehrseitiges Antwortschreiben vom 19.12.17 an Gericht, Konkretisierung der Aufgabenstellung, incl. Überlegungszeit und Korrekturlesen
Std. 3,75 Schreiben Gericht vom 19.12.17 incl. Anlage, Studium
Std. 2,25 Technische Berechnung für GA durchgeführt, Planunterlagen zum Einbringen in GA aufbereitet
Std. 3,42
Vorbereitung, Organisation, Beschaffung von Unterlagen und Informationen
Std. 4,17 Durchführung des Ortstermins, incl. Vor- und Nachbereitung, sowie An- und Abfahrtszeit
Std. 1,83 mit Ausarbeitung des Gutachtens begonnen, incl. Überlegungszeit und Korrekturlesen
Std. 11,33
Zeitaufwand, gerundet Std. 31,00 Honorargruppe 6: 90,00 €/Std.; 31‚00 Stunden * 90,00 €/Std. = 2.790,00 €
B. Ersatz von Aufwendungen (MWSt.-pflichtig):
Reisekosten, Fahrtkosten für Ortstermin: 31‚80 km à 0,30 € 9,54 € Fotografien gesamt gefertigt am Ortstermin: 38 Stück à 2 ‚00 € 76,00 € Schreibkosten für Gutachten, begonnen, nicht fertiggestellt:
Anschläge: 35.234 rd. 35.000 je 1 000 Anschläge zu 0,90 € 31,50 € Fotokopien schwarzweiß:
Verteilung von bei uns eingereichten Unterlagen an die Beteiligten und das Gericht; je 1fach, 40 Stk. à 0,50 €/Stk 20,00 €
Aufwendungen für Hilfskräfte zum Ortstermin: 1‚33 Stunden à 40,00 €/Std, zuzüglich. 15% Gemeinkosten 61,18 €
Porto, Telefon: Pauschale 25,00 €
Nebenkosten, Aufwendungen (MwSt.-pflichtig) 223,22 €
C. Auslagen (MwSt.-frei)
Grundbuchauszug 10,00 €
Auszug aus dem Katasterkartenwerk 15,00 €
Gebühren für Bodenrichtwerte, Vergleichspreise, sonstige erforderliche Daten des Gutachterausschusses 25,00 €
Auskunft aus dem Altlastenkataster 35,00
€ Sonstige Aufwendungen (MwSt.-frei) 85,00 €
Als Anlage beigefügt waren Kostenrechnungen für das Erstellen von Grundbuchauszügen, dem Auszug aus dem Katasterkartenwerk, die Auskunft über Bodenrichtwerte und die Auskunft über das Altlastenkataster.“
8
Mit Schreiben der Kostenbeamtin beim Sozialgericht Landshut vom 25.04.2018 wurde der Antragsteller gebeten, Nachweise vorzulegen, um die Rechnung vom 10.04.2018 abrechnen zu können.
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Insbesondere wurde gebeten um:
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1. Übersendung des angefangenen Gutachtens.
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2. Nachweise über die Vorbereitung, Organisation, Beschaffung von Unterlagen und Informationen, um die angesetzten 4,17 Stunden nachvollziehen zu können.
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3. Übersendung der technischen Berechnung für das Gutachten sowie die Planunterlagen.
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4. Nachweise für die Aufwendungen der Hilfskräfte beim Ortstermin.
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5. Nachweis über die diversen Telefonate mit dem Gericht.
15
Der Antragsteller antwortete mit Schreiben vom 03.05.2018. Auf seiner Honorarrechnung Nr. 251/17-168-gl vom 10.04.2018 sei in der Anlage der entsprechende Stundennachweis nach JVEG geführt. Damit sei dem JVEG genüge getan. Bearbeitungsunterlagen und Aufzeichnungen mit Vermerken würden nicht übersandt; dies sei auch so üblich. Ein Gutachten sei erst dann ein Gutachten, wenn es fertiggestellt ist. Die für die Gutachtensbearbeitung entsprechend aufgewendete Zeit sei - wie bereits oben ausgeführt - dem JVEG entsprechend nachgewiesen.
16
Laut Mitteilung der Kostenbeamtin beim Sozialgericht Landshut vom 09.05.2018 wurde die Honorarrechnung vom 10.04.2018 aufgrund fehlender Nachweise wie folgt gekürzt:
Aktenstudium 1,46 Std.
Antwortschreiben an Gericht vom 19.12.2017 3,75 Std.
Schreiben Gericht vom 19.12.2017 incl. Anlage, Studium 2,25 Std.
Durchführung Ortstermin 1,83 Std.
insgesamt 9,29 Std.
gerundet 9,50 Std. á 90,00 € 855,00 €
Reisekosten, Fahrtkosten Ortstermin 31,80 km á 0,30 € 9,54 € Fotografien gesamt, 38 St. á 2,00 € 76,00 € Porto-Pauschale 25,00 €
965,54 €
+ 19% MwSt. 183,45 €
1.148,99 € Grundbuchauszug 10,00 €
Auszug aus dem Katasterkartenwerk 15,00 €
Gebühren für Bodenrichtwerte, Vergleichspreise, sonstige erforderlichen Daten des Gutachterausschusses 25,00 €
Auskunft aus dem Altlastenkataster 35,00 €
insgesamt 1.233,99 €
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Die geltend gemachten Schreibkosten für das begonnene Gutachten könnten nicht übernommen werden, da diese nicht überprüft werden könnten. Der Posten „Verteilung von bei uns eingereichten Unterlagen an die Beteiligten und das Gericht 40 St.“ könne ebenfalls nicht übernommen werden, da dem Gericht keine Unterlagen vorliegen. Die Aufwendungen für Hilfskräfte zum Ortstermin seien nicht nachgewiesen worden. Diverse Telefonate mit dem Gericht würden nicht übernommen, da sich in der Gerichtsakte keine Gesprächsnotizen hierüber befänden.
18
Mit Schreiben vom 29.05.2018 beantragte der Antragsteller die richterliche Festsetzung seiner Vergütung. Der entsprechende Stundennachweis sei JVEGkonform geführt worden; er verweise auf die Rechnung Nr. ... sowie auf die Ausführungen im Schreiben vom 03.05.2018.
19
Mit gerichtlichem Schreiben vom 22.06.2018 wurde zu dem Antrag vom 29.05.2018 ein richterlicher Hinweis erteilt. Es sei zwar zutreffend, dass die Honorarrechnung vom 10.04.2018 JVEGkonform erstellt worden ist; der Zeitaufwand für die Positionen
- technische Berechnung für Gutachten
- Vorbereitung Organisation, Beschaffung von Unterlagen
- Ausarbeitung des Gutachtens sei allerdings aus den vorliegenden Unterlagen nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
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Aus den Ausführungen des Antragstellers seien Tätigkeiten zu entnehmen, die aufgrund von verschiedenen Unterlagen und Berechnungen erfolgt seien. Zur Feststellung des Zeitaufwandes werde gebeten, diese Unterlagen sowie schriftliche Aufzeichnungen und/oder den Entwurf des Gutachtens als Berechnungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.
21
Mit Schreiben vom 27.06.2018 nahm der Antragsteller Stellung. Die Ausführungen würden ins Leere gehen. Zu den hier aufgelisteten Punkten „technische Berechnung für Gutachten“, „Vorbereitung Organisation, Beschaffung von Unterlagen…“ und „Ausarbeitung des Gutachtens“ verweise er auf seine Rechnung vom 10.04.2018. Hier seien die entsprechenden Zeiten minutengenau ausgewiesen. Das JVEG sehe nicht vor, dass Unterlagen für die Gutachtenerstattung bei der Rechnungslegung mit einzureichen sind.
22
Anlass zur Nachprüfung der Zeiten, die vom Sachverständigen in Rechnung gestellt werden, bestehe nur dann, wenn der angemessene Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. Dies sei im vorliegenden Fall mit Sicherheit nicht gegeben. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Unterzeichnende der maßgebliche Initiator dafür gewesen sei, dass das Verfahren vorzeitig habe beendet werden können und so Kosten für alle Beteiligten hätten eingespart werden können.
23
Die Entscheidungen des BVerfG vom 26.07.2007 (DS 2008. 67) und des BGH vom 16.12.2003 (DS 2004, 144) würden aufzeigen, dass Gerichte, Kostenbeamte und Parteien die Stundenzahl des Sachverständigen nicht korrigieren dürften. Der Hintergrund liege darin, dass dieser Personenkreis keine Sachkunde habe. Zudem bleibe anzumerken, dass ein Gutachten eine geistige Tätigkeit sei und die erforderlichen gedanklichen und tatsächlichen Ausführungen sowohl in den Anforderungen an die Aufgabenstellung, als auch in der Qualität des bearbeitenden Sachverständigen verankert seien. Ob die geistige Leistung auch in weniger Stunden hätte erbracht werden können, sei eine Frage, die nur sehr schwerlich beantwortet werden könne. Die aufgelistete Zeit sei tatsächlich aufgewendet worden und stehe in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung.
24
Es sei nach herrschender Meinung grundsätzlich davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit richtig und für die Gutachtenerstellung auch erforderlich ist (z.B. OLG Düsseldorf, i. Beschluss vom 24.06.2008 in juris). Die angegebene Zeit des Unterzeichnenden sei im vorliegenden Fall auch tatsächlich angefallen und zudem auch erforderlich und im Verhältnis zur erbrachten Leistung im vorliegenden Fall nicht ungewöhnlich hoch.
25
Der Antrags- und Beschwerdegegner (nachfolgend Bg.) erwiderte mit Schreiben vom 02.07.2018 und 04.07.2018. Die erfolgte Kostensachbearbeitung entspreche der Rechtsprechung des Kostensenats des BayLSG, insbesondere fehle es an der Vorlage eines überzeugenden Nachweises für die geltend gemachten Stunden.
26
Das Sozialgericht Landshut hat mit Beschluss vom 18.07.2019 die Vergütung des Bf. auf 1.233,99 € festgesetzt. Ein weitergehender Vergütungsanspruch bestehe nicht, weil der Bf. auch auf Anforderung keine weiteren Unterlagen vorgelegt hätte. Der geltend gemachte Zeitaufwand hätte daher nicht nachvollzogen werden können. Als Zeitaufwand könnten nur die im Vollbeweis nachgewiesenen Zeiten berücksichtigt werden.
27
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 31.07.2019 beim Sozialgericht Landshut eingelegte Beschwerde, die nach nicht erfolgter Abhilfe dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) vorgelegt wurde. Zur Begründung verwies der Bg. auf die bisherigen Ausführungen in den Schriftsätzen vom 03.05.2018, 29.05.2018 und 27.06.2018. Die Vergütung des Sachverständigen sei gemäß § 8 JVEG ein Zeithonorar und nicht von einer tatsächlichen Gutachtenerstattung auf Papier abhängig. Einen Nachweis über den gutachterlichen Zeitaufwand, der über eine Aufstellung in der Abrechnung hinausgehe, sehe das JVEG nicht vor. Beigefügt war eine tag- und minutengenaue Auflistung der für das Mandat 17-168 (entspricht laut Rechnung vom 10.04.2018 dem erteilten Gutachtensauftrag) vom 13.12.2017 bis 29.07.2019 angefallenen Arbeitszeiten. Beigefügt war ebenfalls eine Dokumentenübersicht zum Auftrag.
28
Der Bg. stellte mit Schriftsatz vom 26.08.2019 die Frage, ob die in der übersandten Liste enthaltene Doppelberechnung der Zeit 9.25 Uhr bis 12.15 Uhr am 01.03.2018 und von 9.30 Uhr bis 9.45 Uhr am 16.02.2018 ein Versehen darstelle oder ob dies im Zusammenhang mit den geltend gemachten Aufwendungen für die Hilfskraft stehe.
29
Der Bf. hat hierzu mit Schriftsatz vom 27.09.2019 mitgeteilt, dass die übersandte Liste lediglich informatorischen Charakter habe. Doppelt erfasste Zeiten würden Hilfskräfte betreffen. Auch andere Zeiten, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Gutachtenerstellung stehen würden, seien in der Auflistung enthalten. Es gebe keine Vorschrift des Gesetzgebers, Stundenzahlen im Einzelnen nachzuweisen. Auch werde dies in der Praxis von den Gerichten nicht gefordert.
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Mit dem Schriftsatz vom 27.09.2019 wurde eine Publikation des Deutschen Industrie- und Handelskammertages über die „Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken“ (Stand 01/2017) übersandt. Diese enthält Ausführungen zu den fachlichen Bestellungsvoraussetzungen für Sachverständige, den Anforderungen an Gutachten und den notwendigen Inhalten der fachlichen Begutachtung.
31
Der Bg. teilte mit Schriftsatz vom 15.10.2019 mit, dass die vom Kostensenat bei medizinischen Gutachten bestätigten Regeln zur Ermittlung des objektiv notwendigen Zeitaufwandes angewendet würden, ergänzt um Bemühungen, sich vom dafür atypischen Zeitaufwand (für Ortsbesichtigungen, Anschreiben, Behördenauskünfte) durch Vorlage von Nachweise überzeugen zu lassen.
32
Zu bedenken sei, dass die fehlende Verwertungsfähigkeit des Hausgrundstücks wegen offensichtlichen Verfalls und Baufälligkeit bereits bei der Ortsbesichtigung festgestellt werden konnte und es sich daher die Frage stelle, ob hier noch ein angemessenes Verhältnis zum gezahlten bzw. verlangten Vergütung bestehe oder ob der Arbeitsaufwand übertriebener Förmelei geschuldet sei.
33
Dem Senat lagen die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Landshut zu den Verfahren S 11 AS 639/17 und S 4 RF 8/18 sowie die Beschwerdeakte vor.
II.
34
Die Beschwerde vom 31.07.2019 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 18.07.2019 ist zulässig und weitgehend begründet.
35
Die Vergütung des Beschwerdeführers ist auf 3.429,54 € festzusetzen.
36
1. Die Beschwerde ist nach § 4 Abs. 3 S. 1 JVEG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt.
37
Der Bf. hatte mit Antrag vom 29.05.2018 gemäß § 4 Abs. 1 JVEG die richterliche Festsetzung der Vergütung auf 3.670,73 € gemäß Rechnung vom 10.04.2018 beantragt. Die Vergütung wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 18.07.2019 auf 1.233,99 € festgesetzt.
38
Das Sozialgericht Landshut hat der dagegen gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem BayLSG vorgelegt (§ 4 Abs. 4 S. 1 JVEG).
39
2. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde das Verfahren dem Senat übertragen (§ 4 Abs. 7 S. 2 JVEG), der ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheidet (§ 4 Abs. 7 S. 3 JVEG).
40
3. Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt ebenso wie die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG keine Überprüfung der von den Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch die Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein.
41
4. Die Vergütung eines Sachverständigen setzt sich gemäß § 8 Abs. 1 JVEG aus dem Honorar für seine Leistungen, dem Ersatz von Fahrtkosten, der Entschädigung für Aufwand und dem Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen zusammen.
42
a) Das Honorar nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 JVEG beträgt für 30 Stunden (gemäß § 8 Abs. 2 JVEG aufgerundet von 29,64 Stunden) bei einem Stundensatz von 90,00 € insgesamt 2.700 €.
43
Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige für seine Leistung ein Honorar, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Die Höhe des Stundensatzes variiert je nach der Zugehörigkeit des Gutachtens zu einer bestimmten Honorargruppe (§ 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 1 zu § 9 Abs. 1). Das Honorar wird gemäß § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.
44
Ist das Gutachten aus einem Grunde, den der Sachverständige nicht zu vertreten hat, nicht zu erstatten, so ist er für die bisher geleistete Arbeit mit demselben Stundensatz zu vergüten, der ihm für das Gutachten zugestanden hätte (allgemeine Meinung, vgl. nur Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, Kommentar, 27. Auflage 2018, § 8, Rn. 10 m.w.Nw.). Vorliegend ist nach § 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 1 ein Stundensatz von 90,00 € nach Honorargruppe 6 für die Bewertung von Immobilien abrechenbar. Genauso wie es bei dem Stundensatz der eigentlich für das Gutachten vorgesehenen Vergütung bleibt, bleibt es auch bei den ansonsten im Gesetz vorgesehenen Grundsätzen der Vergütungsfestsetzung. Damit richtet sich auch die Bemessung der Vergütung der vorbereitenden Arbeiten nach § 8 Abs. 2 JVEG.
45
Die erforderliche Zeit im Sinn des § 8 Abs. 2 JVEG ist nach einem abstrakten und objektiven Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 55/07; BGH, Beschluss vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98; ständige Rechtsprechung des BayLSG, vgl. z.B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11). Angemessen zu berücksichtigen sind dabei der Umfang des dem Sachverständigen unterbreiteten Streitstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der gutachterlichen Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. Beschluss vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98, aber auch sozialgerichtliche Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des BayLSG vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 05.03.2012, Az.: L 6 SF 1854/11). Eine Schätzung des tatsächlichen Zeitaufwands als Grundlage für das nach Stundensätzen zu bemessende Honorar ist der gesetzlichen Regelung fremd (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 55/07). Es kommt auf den objektiv erforderlichen Zeitaufwand im individuellen Fall an.
46
In der Regel ist von der Richtigkeit der Angaben der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer über die erforderliche Zeit auszugehen (Pannen/Simon, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht; 2. Auflage 2017; 3 8 Rn. 3 unter Verweis auf OLG Hamm ZKJ 2013, 169; OLG Düsseldorf JurBüro 2009, 205; OLG Hamm OLGR Hamm 1996, 251; Binz, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage 2019, § 8 JVEG, Rn. 11; Bleutge, in BeckOK Kostenrecht, 30. Edition Stand: 01.06.2020, § 8 JVEG Rn. 15; Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, a.a.O., § 8 Rn. 14). Der Sachverständige hat aber den Zeitaufwand nach Arbeitsschritten (Aktenstudium, vorbereitende Arbeiten, Untersuchung bzw. Ortstermin, Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat, Korrekturarbeiten) zu untergliedern (Pannen/Simon, a.a.O., Binz, a.a.O.).
47
Anlass für eine Plausibilitätsprüfung besteht nur, wenn die vorgelegte Zeiterfassung des Sachverständigen widersprüchlich oder unzureichend ist oder wenn die Stundenzahl im Verhältnis zur erbrachten Leistung außergewöhnlich hoch erscheint (Bleutge, a.a.O., Rn. 15; Binz, a.a.O., Rn. 12.) Abzustellen ist dabei nicht nur auf die Seitenzahl des Gutachtens. Der Umstand, dass es sich bei der Erstellung eines Gutachtens um eine geistige Leistung handelt, deren Ausmaß und Bedeutung im Einzelfall von der Schwierigkeit der jeweiligen Aufgabenstellung bestimmt wird, muss Berücksichtigung finden. Das entschädigungsfähige Ausmaß der geistigen Leistung des Sachverständigen lässt sich nicht verbindlich anhand der Seitenanzahl des Gutachtens, also eines rein quantitativen Faktors, ermessen. Der schriftlichen Fixierung der gutachterlichen Stellungnahme gehen nämlich gedankliche Vorarbeiten voraus, die in der Regel keinen Niederschlag in der Stellungnahme finden, gleichwohl aber zu den entschädigungsfähigen Leistungen des Sachverständigen gehören (LG Dortmund, Beschluss vom 08.12.2016 - 9 T 631/16, BeckRS 2016, 111807 unter Verweis auf OLG Rostock OLGR 2005,OLGR Jahr 2005 Seite 565; KG Berlin KGR 2005,567; OLG Düsseldorf JurBüro 1995, JURBUERO Jahr 1995 Seite 488).
48
Soweit danach noch Anlass für eine Plausibilitätsprüfung besteht, ist zu berücksichtigen, dass die heranziehenden Stellen - und zwar sowohl die Kostenbeamten als auch die für Anträge und Beschwerden nach § 4 JVEG zuständigen Richter - in der Regel nicht über die notwendige Sachkunde verfügen, den für die Vorbereitung und Erstellung des Gutachtens erforderlichen Zeitaufwand zu beurteilen, so dass ggf. die Heranziehung eines weiteren Sachverständigen erforderlich wäre.
49
Sollte der Kostenbeamte oder das Gericht eine Herabsetzung der beantragten Vergütung für erforderlich halten, muss die Mitteilung bzw. der Beschluss erkennen lassen, welche der im Einzelnen angegebenen Arbeitszeiten zu lang bemessen sind sowie in welcher Zeit und aus welchen Gründen die Einzelarbeit schneller hätte verrichtet werden können (Pannen/Simon, a.a.O.; Bleutge, a.a.O., Rn. 13). Die Beweispflicht für die Begründung, dass die angegebene Stundenzahl nicht erforderlich gewesen sei, und dass das Gutachten auch in kürzerer Zeit hätte erarbeitet werden können, liegt bei Anweisungsbeamten bzw. beim Gericht (Bleutge, a.a.O.).
50
b) Vorliegend gehörte es zur sachgemäßen Vorbereitung der Gutachtenerstellung, den Gutachtenauftrag und den vom Gericht gewünschten Umfang des Gutachtens zu klären, die einschlägigen Unterlagen von den zuständigen Behörden anzufordern, eine Ortsbesichtigung durchzuführen und nach der Ortsbesichtigung im Hinblick auf den vom Gericht gesetzten Abgabetermin 25.04.2018 umgehend mit der Ausarbeitung des Gutachtens zu beginnen.
51
aa) Der vom Bf. angegebene Aufwand von 3,09 Stunden (0,92 Stunden plus 2,17 Stunden) für das Studium der Gerichtsakte inklusive Prüfung des Fachbereichs und Bestätigung an das Gericht (Schreiben vom 13.12.2017) sowie für das Studium des Gutachtenauftrages ist plausibel. Die Beweisanordnung vom 08.12.2017 enthält eine umfangreiche Darlegung der rechtlichen Situation, aufgrund derer das Gutachten benötigt wird sowie zahlreiche Beweisfragen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich der Sachverständige vor Beginn der Vorbereitungen zum Ortstermin und zur Gutachtenerstellung zunächst intensiv mit dem Gutachtensauftrag und den gestellten Beweisfragen auseinandersetzt. Der im Einzelnachweis zur Rechnung angegebene Zeitaufwand wird sowohl durch das Schreiben des Bf. vom 13.12.2017 an das Gericht als auch durch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Ausdruck der Zeiterfassung hinreichend belegt.
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bb) Der weiter angegebene Zeitaufwand mit 4,55 Stunden für Telefonate mit dem Gericht (0,8 Stunden) und für das Schreiben des Bf. an das Gericht vom 19.12.2017 (3,75 Stunden) ist ebenfalls plausibel.
53
Insbesondere ist der angegebene Zeitaufwand für Telefonate mit dem Gericht nicht allein deshalb unplausibel, weil sich in der Gerichtsakte keine Vermerke über entsprechende Telefonate finden. Es ist die Entscheidung des zuständigen Richters der Hauptsache, ob über Telefonate mit dem beauftragten Sachverständigen zur Klärung von Rückfragen Vermerke angefertigt werden. Allein die Tatsache, dass solche Vermerke nicht in der Gerichtsakte enthalten sind, stellt keinen hinreichenden Anlass da, die Angaben des Sachverständigen zu bezweifeln und ihm insoweit die Beweislast für den angefallenen Zeitaufwand aufzubürden. Im Übrigen stellt es sich für den Senat auch als plausibel dar, dass Telefonate zwischen dem Bf. und dem Gericht nach der Beauftragung mit der Beweisanordnung vom 08.12.2017 stattgefunden haben. Denn die detaillierte Anfrage des Bf. zum Inhalt des angeforderten Gutachtens vom 19.12.2017 wurde vom Gericht bereits am 19.12.2017 ausführlich unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung beantwortet. Eine solche rasche Beantwortung der Anfrage ist üblicherweise nur zu erwarten, wenn der zuständige Richter bereits vorab informiert und entsprechend vorbereitet war.
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cc) Der mit 2,25 Stunden angesetzte Zeitaufwand für das Studium des umfangreichen gerichtlichen Schreibens vom 19.12.2017 begegnet keinen Bedenken.
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dd) Zu Unrecht wurde dem Bf. der Zeitaufwand für die technischen Berechnungen, die Aufbereitung der Planunterlagen für die Einbringung ins Gutachten sowie die Beschaffung von Unterlagen und Informationen mit insgesamt 6,59 Stunden nicht vergütet.
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Dass der Bf. Unterlagen wie Grundbuchauszüge und Flurkarten sowie Auskünfte aus dem Altlastenkataster und über den Bodenrichtwert beschafft hat, ergibt sich bereits aus den mit der Abrechnung vorgelegten Kostenrechnungen der angefragten Behörden. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Anforderung der Unterlagen und die Überprüfung und Bewertung der eingegangenen Unterlagen einen gewissen Zeitaufwand erfordert. Auch die (gedankliche) Vorbereitung des Ortstermins anhand der vorhandenen Unterlagen einschließlich der notwendigen Einladungen etc. ist zu berücksichtigen.
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Dass für die Vorbereitung und Erstellung des Gutachtens technische Berechnungen wie etwa Flächenberechnungen, Bodenwertberechnungen etc. notwendig sind, ist nicht zu bezweifeln und ergibt sich im Übrigen auch aus den Vorgaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken (vorgelegt vom Bf. als Anlage zum Schriftsatz vom 27.09.2019). Es bedarf keines gesonderten Nachweises etwa durch Vorlage von Berechnungsunterlagen, dass der Sachverständige diese Überlegungen und Berechnungen tatsächlich bereits vor dem Ortstermin am 01.03.2018 angestellt hat.
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Dieser Zeitaufwand schließt auch die erforderlichen Einladungen an die Beteiligten zur Durchführung des Ortstermins ein.
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Allein der für den 26./27.02.2018 aus dem Ausdruck der Zeiterfassung ersichtliche Zeitaufwand von 2x30 Minuten erscheint nicht plausibel. Die der Zeiterfassung beigefügte Dokumentenliste enthält für diesen Tag lediglich Schreiben an das Gericht wegen Fristverlängerung. Tatsächlich hat der Bf. mit Schreiben vom 26.02.2018 um Fristverlängerung für die Gutachtenserstattung gebeten. Diese Anfrage wurde mit dem gerichtlichen Schreiben vom 27.02.2018 beantwortet und die beantragte Fristverlängerung gewährt. Ein Zeitaufwand von 60 Minuten für eine einfache Fristverlängerung ist nicht plausibel. Andere Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Gutachtensauftrag sind für diese beiden Tage aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.
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dd) Der vom Bf. angegebene Zeitaufwand von 1,83 Stunden für die Durchführung des Ortstermins (einschließlich An- und Abfahrt) ist plausibel und bedarf keiner weiteren Erörterung.
61
ee) Auch der vom Bf. angegebene Zeitaufwand von 11,33 Stunden für die Ausarbeitung der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen ist nicht zu beanstanden.
62
Dem Bf. war vom Sozialgericht aufgegeben worden, das Gutachten bis zum 25.04.2018 zu erstatten. Der Bf. war daher gehalten, zeitnah zum Ortstermin mit der Ausarbeitung des Gutachtens zu beginnen, um die rechtzeitige Erstattung des Gutachtens sicherzustellen.
63
Dem vorgelegten Ausdruck der Zeiterfassung ist zu entnehmen, dass der Bf. insbesondere am 05.03.2018, 20.-22.03.2018 und 26.03.2018 intensiv mit dem Gutachtenauftrag des Sozialgerichts befasst war. Aufgrund der vom Bf. durch Vorlage der Vorgaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken dargelegten Anforderungen an ein Verkehrswertgutachten besteht auch keinerlei Anlass, an der Richtigkeit und Notwendigkeit des vorgetragenen Zeitaufwandes zu zweifeln.
64
ff) Der vom Bf. angegebene und hier als plausibel und notwendig erachtete Zeitaufwand begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken.
65
Der Vortrag des Bg., dass die fehlende Verwertungsfähigkeit des Grundstücks wegen Baufälligkeit des Hauses offensichtlich gewesen sei, mag unter Umständen zutreffen. Daraus ergibt sich für die Verhältnismäßigkeit des Zeitaufwandes jedoch nichts. Denn zum einen war Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens nicht der Wert des Grundstücks, sondern der Anspruch auf laufende Sozialleistungen ohne Rückzahlungsverpflichtung. Nach dem Bescheid des beklagten JC vom 08.03.2018 wurde die vom 01.03.2017 bis 28.02.2018 zunächst nur darlehensweise gewährte Leistung in Höhe von insgesamt 4.797,20 € in einen Zuschuss umgewandelt. Die vom Bf. geltend gemachte Vergütung übersteigt bereits diesen Betrag nicht.
66
Zum anderen ist auch bei einem offensichtlich schlechten Zustand des Hauses im Gutachten nachvollziehbar darzulegen, welchen Wert das bebaute Grundstück noch hat und ob eine Verwertung dieses Grundvermögens überhaupt denkbar erscheint. Dafür spielen auch andere Gesichtspunkte als allein der Zustand der Bebauung eine Rolle. Zwischen den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens war neben dem Wert des Grundstücks auch die Verwertungsfähigkeit streitig, weshalb die Einholung eines Gutachtens erforderlich war.
67
c) Der Ersatz der vom Bf. geltend gemachten Fahrkosten für die Durchführung des Ortstermins richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 S. 1 JVEG und ist entsprechend dem Antrag des Bf. in Höhe von 9,54 € zu gewähren.
68
d) Die vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen für 40 Fotokopien sind nicht erstattungsfähig.
69
Der Ersatz von Aufwendungen für Fotokopien richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 7 Abs. 2 JVEG. Nach § 7 Abs. 2 S. 2 JVEG wird die Pauschale für Kopie und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten gewährt, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten war sowie für Kopien und zusätzliche Ausdrucke, die nach Aufforderung durch die heranziehende Stelle angefertigt worden sind. Auslagen, deren Notwendigkeit nicht dargelegt ist, sind nicht zu erstatten.
70
Eine Anforderung des Sozialgerichts Landshut zur Anfertigung von Kopien lag nicht vor.
71
Der Bf. hat auch nicht angegeben, von welchen Unterlagen er Kopien angefertigt hat und warum die Anfertigung von Kopien zur Weitergabe an die Beteiligten und an das Gericht notwendig gewesen ist. Sofern es sich bei den kopierten Unterlagen um die eingeholten Grundbuchauszüge, Flurkarten etc. gehandelt haben sollte, bestand keine Notwendigkeit, diese zur Weitergabe an die Beteiligten und an das Gericht zu kopieren. Denn die eingeholten Unterlagen wären dem Gutachten ohnehin beizufügen gewesen und im gerichtlichen Verfahren den Beteiligten zur Kenntnis gelangt. Sollte der Bf. eine Kopie dieser Unterlagen für seine Handakte gefertigt haben, sind diese Kopierkosten als Teil der Gemeinkosten (§ 12 Abs. 1 S. 1 JVEG) nicht erstattungsfähig.
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e) Der Ersatz von Aufwendungen für die beim Ortstermin angefertigten 38 Fotos richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 JVEG. Die Kosten sind in der beantragten Höhe mit 76,00 € zu erstatten.
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f) Für Porto- und Telekommunikationsauslagen ist dem Bf. die beantragte Pauschale von 25,00 € zu erstatten.
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Der Ersatz dieser Auslagen richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 7 Abs. 1 JVEG. Die Kosten sind zwar grundsätzlich nicht in der tatsächlich angefallenen Höhe erstattungsfähig und vom Sachverständigen im Einzelnen nachzuweisen. Eine Pauschalierung ist jedoch zulässig, wenn die Pauschale nicht im Missverhältnis zu den erwartbaren Porto- und Telekommunikationskosten steht (vgl. BayLSG, Beschluss vom 21.10.2010 - L 15 SF 53/09). Die hier erwartbaren Portoaufwendungen für die Versendung der Mitteilungen an die Beteiligten zum Ortstermin, für die Einholung von Unterlagen und Auskünften bei verschiedenen Behörden und die Rücksendung der Akten an das Sozialgericht entsprechen etwa der geltend gemachten Pauschale in Höhe von 25,00 €, so dass auf einen Einzelnachweis verzichtet werden kann.
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g) Die geltend gemachten Kosten für eine Hilfskraft sind nicht erstattungsfähig, weil die Notwendigkeit des Einsatzes nicht dargelegt wurde und die angefallenen Kosten nicht spezifiziert wurden.
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Aufwendungen für den Einsatz einer Hilfskraft sind nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn deren Einsatz für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens notwendig war. Vom Bf. wurde - auch auf die Nachfrage durch das Sozialgericht am 25.04.2018 - nicht dargelegt, mit welchen Arbeiten die eingesetzte Hilfskraft beauftragt war und welche Vergütung der Bf. der Hilfskraft für diesen Einsatz schuldete. Es ist daher weder möglich, die von § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG geforderte Notwendigkeit des Einsatzes der Hilfskraft zu überprüfen noch festzustellen, in welcher Höhe dem Bf. durch den Einsatz der Hilfskraft tatsächlich von den nicht ersatzfähigen Gemeinkosten aussonderbare Aufwendungen entstanden sind.
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h) Die geltend gemachten Schreibauslagen in Höhe von 31,50 € können mangels Nachweis nicht erstattet werden.
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Die Erstattungsfähigkeit von Schreibauslagen nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG setzt den Nachweis eines entsprechenden Aufwandes voraus, der in der Regel mit der Vorlage des Gutachtes erbracht ist. Musste das Gutachten aus Gründen, die der Sachverständige nicht zu vertreten hat, nicht mehr erstattet werden, ist für die Ersatzfähigkeit der Schreibauslagen der Nachweis in der Regel durch Vorlage des bis zur Beendigung des Gutachtenauftrages angefertigten Dokumentes zu führen.
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i) Die Ersatzfähigkeit der Mehrwertsteuer richtet sich nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG.
80
f) Die weiteren Auslagen in Höhe von insgesamt 85,00 € gemäß vorgelegten Nachweisen sind nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG in vollem Umfang zu erstatten.
81
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
82
Er ergeht gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).