Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 04.08.2020 – AN 2 K 19.02069
Titel:

Exmatrikulation wegen nicht ordnungsgemäßen Studiums

Normenkette:
BayHSchG Art. 18 Abs. 1 S. 1, Art. 51 S. 3
Leitsätze:
1. Befindet sich eine Studierende der Humanmedizin (Regelstudienzeit 13 Semester) im 67 Fachsemester und liegt die letzte Anmeldung zur ersten Ärztlichen (Wiederholungs)Vorprüfung ca. 19 Jahre zurück, stellt dies eine Pflichtverletzung dar, so dass eine Exmatrikulation gem. Art. 51 Satz 3 iVm Art 18 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG rechtmäßig ist. (Rn. 43 und 36 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Exmatrikulation ist ermessensfehlerfrei, da die Lebensumstände und die Schwerbehinderung der Klägerin hinreichend gewürdigt wurden. Sie ist verhältnismäßig, insbesondere da der Klägerin trotz Exmatrikulation der Prüfungszugang eröffnet bleibt und durch die Beklagte die Wiederaufnahme des Studiums bei Abschluss der ersten Ärztlichen Vorprüfung in Aussicht gestellt wurde. (Rn. 48 und 44 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Exmatrikulation wegen nicht ordnungsgemäßen Studiums, Exmatrikulation, Fachsemester, Humanmedizin, Medizin, Pflichtverletzung, Regelstudienzeit, Studiengang, Studium, Prüfungsergebnis, Prüfung, Studienplatz, Lebensunterhalt
Fundstelle:
BeckRS 2020, 27512

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation der Klägerin.
2
Die Klägerin nahm im Wintersemester 1983/1984 ihr Studium der Humanmedizin (Abschluss: Staatsexamen) an der …Universität … (künftig: …) auf. Nach Unterbrechung ihres Studiums nach dem Wintersemester 1992/1993 setzte sie ihr Studium mit dem Wintersemester 1994/1995 fort.
3
Erstmals im März 1986 - in ihrem fünften Fachsemester - nahm die Klägerin an dem schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung teil. Die Leistungen der Klägerin wurden als „nicht ausreichend“ bewertet. Dieses Prüfungsergebnis wurde der Klägerin mit bestandskräftigen Bescheid vom 11. April 1986 mitgeteilt. Im Juni 1986 - im sechsten Fachsemester - wiederholte die Klägerin erstmals den schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung. Erneut wurden ihre Leistungen mit „nicht ausreichend“ bewertet, was ihr mit bestandskräftigen Bescheid vom 10. September 1986 mitgeteilt wirde.
4
Von ihrem zweiten Wiederholungsversuch betreffend die Ärztliche Vorprüfung im Mai 2000 trat die Klägerin wegen Krankheit wirksam zurück.
5
Mit Schreiben vom 26. Mai 2011 forderte die Beklagte die Klägerin auf, sich bis spätestens 10. Juni 2011 zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung anzumelden, sofern sie alle hierfür erforderlichen Scheine erworben habe. Andernfalls werde gebeten, dies per E-Mail mitzuteilen. Darüber hinaus werde empfohlen, sich mit der Studienberatung in Verbindung zu setzen. Dort solle die Klägerin klären, ob anhand ihrer „Semesterzahl und der letzten Wiederholungsmöglichkeit der Prüfung“ das Ausbildungsziel ihres Studiums auch für sie selbst noch erreichbar erscheine. Mit Schreiben vom 7. Juni 2011 teilte die Klägerin mit, ihr erscheine das Ausbildungsziel ihres Studiums erreichbar.
6
Mit Schreiben vom 2. April 2019 teilte die Beklagte der Klägerin sinngemäß im Wesentlichen mit, sie sei im Sommersemester 2019 für ihr Studium zurückgemeldet. Sie habe die vorgesehene Regelstudienzeit weit überschritten. Aufgrund der Unterlagen, die der Beklagten vorlägen, könne auch nicht mit einem baldigen Studienabschluss gerechnet werden. Nach der Satzung der … könnten Studierende exmatrikuliert werden, die ihr Studium nicht ordnungsgemäß betrieben. Aufgrund ihres bisherigen Studienverlaufs sehe die Beklagte dies als gegeben an und gebe hiermit bis 12. April 2019 Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Insbesondere bat die Beklagte um Stellungnahme zu der Frage, warum das Studium bislang nicht habe abgeschlossen werden können sowie um Darlegung, wie die Klägerin ihr weiteres Studium geplant habe bzw. plane bzw. wann sie gedenke, dieses abzuschließen. Schließlich wurde um Beifügung einer Übersicht der noch zu erbringenden Leistungen mit dem geplanten Datum der Leistungserbringung gebeten.
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Daraufhin führte die Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2019 sinngemäß aus, ihr Studium sei ordnungsgemäß, weil sie eine weitere Wiederholungsmöglichkeit besitze und aus finanziellen Gründen am ..., ..., tätig sei. Die Wiederholungsprüfung werde sie unverzüglich ablegen und hoffe, hiermit die Fragen beantwortet zu haben. Zudem wies die Klägerin im Postscriptum ihres Schreibens auf ihren Schwerbehindertenausweis unter Angabe des Aktenzeichens hin. Des Weiteren stellte sie im Postscriptum unter dem Stichpunkt „Anmerkung zu ordnungsgemäß.“ zunächst die Frage, ob es ordnungsgemäß sei, wenn die Schwedin Greta Thunberg Schulstreiks „Fridays for Future“ initiiere, ob es ordnungsgemäß sei, wenn der Landesbischof … es wunderbar finde, wenn „Kita-Kinder“ nach Hause kämen und sie ihren Eltern sagten: „Wir lassen uns von den Erwachsenen nichts mehr sagen, wir bestimmen jetzt selbst“ und schließlich, ob es ordnungsgemäß sei, wenn man mit ..., wie er kürzlich selbst gesagt habe, bei seiner ersten Prüfung an der Universität …, „sehr nachsichtig“ gewesen sei, „es kam dran, was ich nicht gelernt hatte“.
8
Mit E-Mail vom 5. Juli 2019 teilte die Klägerin bezugnehmend auf ein Telefongespräch sinngemäß insbesondere mit, sie plane die Wiederholungsprüfung betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung Ende des Wintersemesters 2019/2020 abzulegen. Ein ärztliches Attest gehe heute in die Post. Mit E-Mail vom selben Tag teilte die Klägerin mit, das an sie gerichtete Schreiben vom 2. April 2019 sei von der Post erst am 16. Mai 2019 in ihrem Briefkasten eingelegt worden. Am 17. Mai 2019 habe sie sich vermutlich infolgedessen ... gebrochen. Ergänzend wolle sie zu ihrer letzten Prüfung erwähnen, während dieser Prüfung sei sie ständig von dem vor ihr sitzenden Studenten mit ausländischen Wurzeln gestört und aus dem Konzept gebracht worden. Der Student habe sich ständig zu ihr umgedreht und sie gefragt, ob das richtig sei, was er angekreuzt habe. Anscheinend sei dies von der Aufsicht nicht bemerkt worden. Sie sei im Prüfungsstress und somit unfähig gewesen, etwas dagegen zu unternehmen. Sie hoffe und bitte, ihr die Möglichkeit der Wiederholungsprüfung zu eröffnen, auch wegen ihrer bisher investierter finanziellen Mittel. Schließlich legte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Juli 2019, eingegangen bei der Beklagten am 19. Juli 2019, ein ärztliches Attest vor, wonach bei ihr am …“ festgestellt worden sei.
9
Mit Schreiben vom 8. August 2019 teilte die Beklagte - Zentrale Universitätsverwaltung - der Klägerin mit, nach ihrer erneuten Stellungnahme vom 9. Juli 2019 würden folgende Entscheidung getroffen:
„1. Die Rückmeldung für das Sommersemester 2019 bleibt bestehen.
2. Eine Rückmeldung für das Wintersemester 2019/2020 kann nicht erfolgen, da vom Prüfungsausschuss kein ordnungsgemäßes Studium festgestellt werden kann.“
10
Unter der Überschrift „Gründe“ ist in dem Schreiben sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe in ihrer ersten Stellungnahme vom 15. April 2019 angegeben, unverzüglich die Wiederholungsprüfung betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung antreten zu wollen. Im Anmeldezeitraum 13. Mai bis 10. Juni 2019 sei jedoch keine Prüfungsanmeldung für die Prüfung im Sommersemester 2019 erfolgt. Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich ihrer … und der Umstände ihres ersten Wiederholungsversuchs der Prüfung begründeten nicht die deutliche Überschreitung der Regelstudienzeit. Das Ziel der Klägerin, die Wiederholungsprüfung im Wintersemester 2019/2020 anzutreten, bleibe von einer Exmatrikulation unberührt. Nach der Approbationsordnung sei eine gültige Immatrikulation für das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen nicht notwendig. Mit Blick auf die Anmeldung zur zweiten Wiederholungsprüfung im Frühjahr 2020 wies die Beklagte auf den Internetauftritt des Prüfungsamts, auf die dort abrufbaren Antragsunterlagen sowie auf die Meldefrist zum 10. Januar 2020 hin. Weiter führte die Beklagte aus, da aktuell kein Studienfortschritt zu erkennen sei, könne nicht mit einem erfolgreichen Abschluss des Studiums gerechnet werden. Eine Fortsetzung des Studiums erscheine dem Prüfungsausschuss momentan nicht zweckmäßig. Der Prüfungsausschuss würde eine Wiederaufnahme des Studiums befürworten, wenn die Klägerin den erfolgreichen Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vorweisen könne. Dieses Schreiben ergehe zur Information der Klägerin. Die Studierendenverwaltung erhalte einen Abdruck, um die Exmatrikulation zum Ende des Sommersemesters 2019 zu veranlassen.
11
Zum Stichtag 11. September 2019 waren im Humanmedizinstudium der Klägerin zwar teilweise Leistungen aus ihrem vorangegangenen, abgebrochenen …studium anerkannt. Im Studiengang Humanmedizin selbst lagen jedoch zu dem genannten Stichtag keine nachgewiesenen Prüfungsleistungen vor.
12
Mit Bescheid vom 24. September 2019, der Klägerin zugestellt am 25. September 2019, exmatrikulierte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung zum 30. September 2019 (Ziff. 1 des Bescheids). Kosten wurden nicht erhoben (Ziff. 2 des Bescheids).
13
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen sinngemäß aus, ihre Immatrikulationssatzung sehe ein Regelbeispiel für einen Exmatrikulationsgrund vor, wenn Studierende ihr Studium nicht ordnungsgemäß betrieben. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, da die Klägerin ihr Studium der Medizin nicht ordnungsgemäß betreibe. Ein ordnungsgemäßes Studium setze voraus, dass Studierende ihr Studium mit ernsthaftem Willen betrieben, es in angemessener Zeit abzuschließen. Die Klägerin befinde sich im Sommersemester 2019 im 72. Fachsemester. Nach Kenntnis des Prüfungsamts habe sie seit ihrer Immatrikulation zum Wintersemester 1983/84 keine Prüfungen an der … abgelegt. Lediglich im Jahr 1986 habe sie erfolglos schriftliche Prüfungen im Erst- und Wiederholungsversuch der Ärztlichen Vorprüfung abgelegt. Sodann habe sie sich erst nach 13 Jahren zum zweiten Wiederholungsversuch betreffend die Ärztliche Vorprüfung angemeldet, sei jedoch von der Prüfung zurückgetreten. Seit dem Jahr 2000 habe sich die Klägerin nicht mehr zu ihrem zweiten Wiederholungsversuch der Prüfung angemeldet. Erst nach Aufforderung des Prüfungsamts mit Schreiben vom 2. April 2019 habe sie erklärt, sie plane ihren zweiten Wiederholungsversuch der Prüfung für das Wintersemester 2019/2020. Gründe, weshalb sich die Klägerin in den genannten Zeiträumen nicht zu der Prüfung betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung angemeldet habe, seien nicht dargelegt.
14
Die Klägerin habe die Regelstudienzeit ihres Studiums von sechs Jahren und drei Monaten bzw. von 13 Semestern bereits deutlich überschritten. Gleichwohl befinde sie sich noch relativ am Anfang ihres Studiums, da sie weiterhin die zweite Wiederholungsprüfung für den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ablegen müsse. Nach der Approbationsordnung erfolge die Prüfung betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einer Studienzeit von zwei Jahren, die Prüfung betreffend den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einer Studienzeit von weiteren drei Jahren und die Prüfung betreffend den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einem weiteren Studienjahr. Bei der Klägerin seien seit dem ersten Wiederholungsversuch des Ersten Teils der Ärztlichen Prüfung bis zur erneuten Anmeldung zum zweiten Wiederholungsversuch im Jahr 2000 unter Berücksichtigung der Studienunterbrechung deutlich mehr als zwei Jahre verstrichen. Seit dem Rücktritt von dem zweiten Wiederholungsversuch habe sich die Klägerin zu der fraglichen Prüfung nicht mehr angemeldet. Die Klägerin habe damit nicht nur den vorgesehenen Studienverlauf betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, sondern auch die Regelstudienzeit von 13 Semester mit insgesamt 72 Fachsemestern um ca. das Fünffache überschritten. Ein Studienfortschritt könne nicht festgestellt werden. Gründe, die diese massive Abweichung vom vorgesehenen Studienverlauf rechtfertigten, habe die Klägerin nicht dargelegt. Danach sei ein ordnungsgemäßes Studium nicht festzustellen, da dem Begriff auch eine zeitliche Limitierung immanent sei. Im Übrigen könne die Exmatrikulation auch darauf gestützt werden, dass die Regelstudienzeit um mindestens zwei Semester überschritten worden sei.
15
Die Exmatrikulation entspreche auch pflichtgemäßer Ermessensausübung. Die … prüfe, ob die Klägerin ihr Studium ordnungsgemäß betreibe und darauf aufbauend, ob eine Exmatrikulation in Erwägung zu ziehen sei. Denn bereits mit Schreiben vom 26. Mai 2011 sei die Klägerin aufgefordert worden, Stellung zu nehmen und sich für den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung anzumelden. Bis Anfang 2019 sei die Klägerin dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen. Ebenso wenig sei sie der weiteren Aufforderung des Prüfungsamts mit Schreiben vom 2. April 2019 nachgekommen und habe keine substantiierten und somit nachvollziehbaren Gründe dargelegt bzw. einen Plan vorgelegt, wie sie ihr weiteres Studium und einen erfolgreichen Studienabschluss plane. Auch entspreche die Exmatrikulation pflichtgemäßem Auswahlermessen. Sie stelle sich geeignet, erforderlich und angemessen dar und sei deswegen verhältnismäßig. Zweck der Regelung sei es, die begrenzte Ressource der Studienplätze in dem zulassungsbeschränkten Studiengang Medizin nur Studierenden zur Verfügung zu stellen, die ihr Studium ordnungsgemäß, ernsthaft und zielstrebig betrieben. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Exmatrikulation geeignet. Die Klägerin betreibe ihr Studium nicht ordnungsgemäß. Demgegenüber stünden viele Studierende, die die notwendige Ernsthaftigkeit im Rahmen ihres Studiums an den Tag legten. Durch die Exmatrikulation könnten der Studienplatz der Klägerin bzw. die Ressourcen für die Verwaltung ihres Studierendenstatus (wieder) einer bzw. einem neuen Studierenden zur Verfügung gestellt werden.
16
Es widerspreche dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, einer bzw. einem Studierenden für unbegrenzte Zeit einen Studienplatz zur Verfügung zu stellen. Das Studium sei grundsätzlich zielstrebig und zügig durchzuführen. In diesem Sinn seien auch die normierten Prüfungsfristen bzw. Pflichtwiederholungen zu verstehen. Mit einer wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwaltung sei eine andere Handhabung unvereinbar. Dies gelte besonders, soweit die Prognose für einen Studienerfolg negativ ausfalle. Wie bereits dargelegt, sei bei der Klägerin in den letzten 19 Jahren kein Studienfortschritt feststellbar. Vergleiche man dies mit den Regelungen zur Pflichtwiederholung von Prüfungen, so solle - nach der Vorstellung des Normgebers - bereits nach dem Erstversuch und zwei Wiederholungsversuchen - innerhalb der Regelstudienzeit von sechs Jahren und drei Monaten feststehen, ob Studierende mit Blick auf den Studien- bzw. Berufsabschluss geeignet seien oder aber den Studiengang endgültig nicht bestanden hätten. Ziehe man die Versäumnisfolge nach der Approbationsordnung mit heran, so sehe der Gesetzgeber bereits dann eine negative Prognose als gegeben an, wenn Studierende bei drei Prüfungstermine nicht angetreten seien. Haushaltsmittel für einen Zweck aufzuwenden, der höchstwahrscheinlich erfolglos sei, widerspreche den oben genannten Grundsätzen fundamental.
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Die Klägerin habe nach Kenntnisstand des Prüfungsamts an der … weder Studien- und Prüfungsleistungen erbracht noch sich in den letzten acht Jahren - mithin in insgesamt 16 Prüfungszeiträumen - für den schriftlichen oder mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im Zweitversuch angemeldet. Erst Recht habe die Klägerin keine solche Prüfungen bestanden. In der Konsequenz könne kein Studienfortschritt verzeichnet werden.
18
Zudem überschreite die Klägerin die Regelstudienzeit für den betroffenen Studienabschnitt deutlich. Durchschnittlich absolvierten Studierende den gesamten Ersten Studienabschnitt binnen zwei Jahren. Betrachte man allein diesen Abschnitt, habe sich die Klägerin erst nach 13 Jahren zum zweiten Wiederholungsversuch des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung angemeldet. Seit dem Rücktritt von dieser Prüfung seien nahezu weitere 19 Jahre vergangen, in denen sich die Klägerin nicht erneut zu der Wiederholungsprüfung angemeldet habe und somit weder in dieser Hinsicht noch anderweitig Fortschritte erkennbar seien. Im Übrigen habe die Klägerin nicht dargelegt, wie ihre weitere Planung des Studiums mit ihrer Tätigkeit am … vereinbar sein solle. Es zeichne sich daher keine positive Prognose im Hinblick auf einen erfolgreichen Studienabschluss ab, insbesondere nicht in absehbarer Zeit. Denn neben dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung müsse die Klägerin noch die Prüfungen betreffend den zweiten und dritten Studienabschnitt ablegen. Hier seien noch weitere acht Semester zu veranschlagen, womit die Klägerin die Regelstudienzeit um das Fünffache überschreiten würde. Eine derartige Überschreitung ohne Nachweis nicht zu vertretender Gründe für die Verzögerung sei vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Chancengleichheit aller Studierender unter Berücksichtigung der Notwendigkeit der Haushaltung mit den vorhandenen (personellen) Ressourcen einer durch Steuergelder finanzierten Universität nicht zu rechtfertigen.
19
Die Exmatrikulation sei zur Zweckerreichung auch erforderlich. Mildere Mittel, die die gleichen Erfolgschancen böten, stünden nicht zur Verfügung. Insgesamt sei die Klägerin mit Schreiben des Prüfungsamts vom 26. Mai 2011 und 2. April 2019 darauf aufmerksam gemacht worden, dass sie die Regelstudienzeit deutlich überschritten habe. Die Vermutung des nicht ordnungsgemäßen Betreibens des Studiums sei mehrfach mitgeteilt worden. Gleichfalls sei Gelegenheit gegeben worden, Stellung zu beziehen sowie sich zu den Prüfungen anzumelden. Die Schreiben des Prüfungsamts stellten Aufforderungen dar, das Studium aufgrund der bereits hohen Anzahl von Semestern und Überschreitung der Regelstudienzeit zügig fortzusetzen sowie einer Exmatrikulation als Sanktion zu entgehen. Gleichfalls sei auf die Möglichkeit der Studienberatung hingewiesen worden. Trotz der Bemühungen des Prüfungsamts habe die Klägerin von 2011 bis heute keine Bestrebungen gezeigt, die einen Fortschritt ihres Studiums glaubhaft darlegten.
20
Die Exmatrikulation sei auch angemessen und somit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die … habe alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um es der Klägerin zu ermöglichen, die Prüfung betreffend den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erfolgreich abzulegen. Von ihrem Prüfungsrücktritt im Jahr 2000 bis heute habe es der Klägerin in insgesamt 38 Semestern offen gestanden, sich erneut für die Prüfung anzumelden, um sodann - nach erfolgreicher Prüfungsablegung - auch die Prüfungen betreffend den zweiten und dritten Studienabschnitt abzulegen. Eine noch weitergehende Unterstützung der Klägerin verstieße auch gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit. Es sei der Beklagten nicht zumutbar, Studierenden zeitlich unbegrenzt das Ablegen von Prüfungen zu ermöglichen. Die Ressourcen der Hochschule sollten geschont und die mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungs- und Prüfungskapazitäten effizient, nämlich zugunsten von Studierenden genutzt werden, die ihr Studium ordnungsgemäß betrieben. Insofern müsse die Studien- und Berufsfreiheit der Klägerin hinter der Lehr- und Wissenschaftsfreiheit der … und insbesondere hinter die Studier- und Berufsfreiheit anderer Studienbewerberinnen bzw. Studienbewerber zurücktreten.
21
Im Rahmen der Ermessensausübung seien auch die Wertungen des Art. 49 Abs. 2 Nr. 5 BayHSchG zu berücksichtigen. Danach seien Studierende zu exmatrikulieren, wenn aufgrund von Tatsachen feststehe, dass die Immatrikulation oder Rückmeldung missbräuchlich erfolgt sei. Auch wenn der Klägerin kein Missbrauch nachweisbar sei, sei die überlange Studiendauer ohne Studien- und Prüfungsleistungen als gewichtiges Indiz zu werten. Grundsätzlich sei eine überlange Studiendauer, die sich auf weit mehr als das Doppelte der Regelstudienzeit belaufe, ein Indiz für einen Missbrauch des Studierendenstatus.
22
Im Rahmen der Interessenabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass das Interesse der Klägerin an einem kontinuierlichen und ununterbrochenen Studium nicht zuletzt mangels weitere Eingaben der Klägerin gering ausgeprägt sei. Die bei der Klägerin bereits eingetretenen Verzögerungen lägen in ihrer eigenen Sphäre. Seitens des Prüfungsamts sei die Klägerin mehrfach, über einen längeren Zeitraum hinweg aufgefordert worden, den zweiten Wiederholungsversuch wahrzunehmen, um ihr Studium fortzuführen. Dies habe die Klägerin weder getan noch substantiiert Gründe dargelegt, die nahelegen würden, dass sie die Verzögerung ihres Studiums nicht zu vertreten habe. Nach der anzustellenden Gesamtschau überwiege das öffentliche Interesse an der Exmatrikulation daher deutlich ein etwaiges Interesse der Klägerin an der Fortführung ihres Studiums an der … Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
23
Zur Begründung führt sie mit E-Mail vom 6. April 2020 sinngemäß im Wesentlichen aus, das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 2. April 2019 habe weder Namen, Telefonnummer noch Unterschrift des Urhebers enthalten, sodass sie keinen direkten Ansprechpartner gehabt habe. Auf das Schreiben vom 7. Mai 2019 habe sie mehrmals mit Frau … telefoniert, um sich beraten zu lassen. Sie habe deren spärliche Hinweise befolgt. Dennoch sei es zu dem angegriffenen Exmatrikulationsbescheid gekommen. Sie habe den Eindruck gehabt, Frau … habe wenig bis kein Interesse gehabt und sei voreingenommen gewesen. Wie sie heute wisse, sei auch ihre Hochzeit in diese Zeit gefallen.
24
Sie habe ihr Studium bisher nicht abschließen können, da ihr die Zwischenprüfung fehle. Sie gedenke, diese im Wintersemester 2019/2020 abzulegen. Eine Übersicht mit dem geplanten Datum der Prüfungsablegung erübrige sich, sollte sie die Zwischenprüfung nicht erfolgreich abschließen. Ministerpräsident Söder habe „in Bezug auf Corona“ erklärt, er gehe Schritt für Schritt vor. Diese Vorgehensweise solle auch ihr zustehen. Hinsichtlich der Studienberatung weise sie darauf hin, dass sich Frau … in Anwesenheit des Leiters des Prüfungsamts ungern zu dem Grund geäußert habe, warum sie - die Klägerin - die Studienberatung nicht in Anspruch genommen habe. Sie sei zweimal bei einer ähnlichen Beratung gewesen. Im Rahmen der ersten Beratung habe die Mitarbeiterin der Studienberatung auf ihre Vorstellungen - ohne Alternativen anzusprechen - geäußert, dies brauche sie sich nicht einzubilden. Im Rahmen der zweiten Beratung habe sie nach einem kurzen Gespräch gefragt, was die Mitarbeiterin der Studienberatung an ihrer Stelle tun würde, jedoch sei lediglich geäußert worden, die Mitarbeiterin sei nicht an ihrer Stelle. Damals habe sie sich geschworen, nie mehr eine Beratung dieser Art aufzusuchen.
25
Nachdem sie den streitgegenständlichen Bescheid erhalten habe, habe sie Frau … angerufen, die erklärt habe, nicht zuständig zu sein, da sie - die Klägerin - nicht mehr Studentin sei. Sie habe entgegnet, sie sei Studentin, woraufhin Frau … wörtlich geäußert habe: „Sie reden Shit, ich spreche mit einer ehemaligen Studentin“. Die Ausdrucksweise und vor allem auch ihre Unkenntnis hätten sie überrascht, da der von Frau … verfasste Bescheid immerhin neun Seiten umfasse. Daraufhin habe sie das persönliche Gespräch mit Frau … gesucht. Diese habe sie an Frau … verwiesen, die allerdings noch urlaubsabwesend gewesen sei. Daraufhin habe sie den Leiter des Prüfungsamts, Herrn …, aufgesucht. Dieser habe zu dem ihm unbekannten Sachverhalt nichts sagen wollen, bevor er nicht mit seiner Mitarbeiterin gesprochen habe, und auf den nächsten Tag verwiesen. Dann habe sie ein langes Gespräch mit Herrn … und Frau … gehabt. Herr … habe geäußert, er sei zuvor in der Rechtsabteilung der Beklagten gewesen, habe aber dort die vorausgegangene Entscheidung seiner Mitarbeiterin nicht mehr beeinflussen können. Sie - die Klägerin - habe es selbst versuchen wollen, jedoch habe Herr … ihr die fragliche Zimmernummer des Büros nicht mitgeteilt und stattdessen geäußert, sie solle keine Zeit verlieren und sich schnell einen Rechtsanwalt suchen. Auf ihre Frage, wo sie so schnell einen Rechtsanwalt bekäme, habe er geäußert, „unten in der und der Straße“ seien viele Kanzleien und sie solle dort von Haus zu Haus gehen und einen Anwalt suchen. Allerdings seien die Rechtsanwälte ausgelastet gewesen und eine Beratung sei nur nach Voranmeldung möglich gewesen. Seitens des Verwaltungsgerichts sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, sie brauche keinen Anwalt.
26
Auch habe sie mit Frau … aus der Rechtsabteilung der Beklagten telefoniert und wissen wollen, wie sie zu der fraglichen Beurteilung über sie komme. Frau … habe äußerst irritiert gewirkt, habe sich unsicher angehört und sei nicht mehr von ihrem Urteil über sie überzeugt gewesen.
27
Der gelbe Briefumschlag des angegriffenen Bescheids sei nicht korrekt verschlossen gewesen. Der Umschlag sei so leicht zu öffnen gewesen, dass jeder den Brief auf dem Postweg hätte lesen können, ohne dass sie dies hätte erkennen können. Vermutlich sei der Kleber uralt gewesen. Sie wohne ... Der Bescheid selbst sei vermutlich mit viel Energie zusammengelegt gewesen, so habe er jedenfalls ausgesehen. Er sei äußerst schief gefaltet gewesen. Sie habe so etwas noch nicht gesehen. Ihr dränge sich der Gedanke der fehlenden objektiven Betrachtung der Sachlage infolge von Voreingenommenheit seitens Frau … auf. Hinsichtlich des Anmeldezeitraums bis 13. Mai 2019 betreffend ihre zweite Wiederholungsprüfung sei auszuführen, dass sie kurz zuvor das Schreiben der … vom 7. Mai 2019 mit der Information erhalten habe, dass sie zum Wintersemester 2019/2020 nicht zurückgemeldet werde. So einen Brief könne man nicht einfach abschütteln, wenn einem der Boden unter den Füßen wegbreche. Im Jahr 2011 habe sie bei dem Prüfungsamt vorgesprochen. Die erforderlichen Scheine hätten vorgelegen. Das Ausbildungsziel erscheine ihr erreichbar.
28
Ihre Tätigkeit am ... übe sie aus finanziellen Gründen aus. Gleichzeitig bedeute dies ein Mehr an medizinischem Wissen. Andere Arbeitgeber würden sie wegen ihres Schwerbehindertenausweises nie beschäftigen. Wenn der streitgegenständliche Bescheid zurückgezogen werde, werde sie ihre Tätigkeit am ... beenden. Frau … spreche ihr ein ordnungsgemäßes Studium ab und spreche von Chancengleichheit. Gleichzeitig höre man im Radio, dass Studenten aus dem Ausland einen Studienplatz erhielten, ohne auch nur ein Wort Deutsch zu sprechen. Andere erzählten im Radio, sie seien mit gefälschten Papieren nach Deutschland gekommen und hätten hier einen Studienplatz erhalten. Einen Missbrauch ihres Studierendenstatus weise sie vehement zurück. Hinzufügen wolle sie, dass in die Zeit von … auch Krankheiten ihrer Mutter gefallen seien, nämlich … Sie habe den Eindruck, dass ihre Grundrechte eingeschränkt würden. Sie fühle sich nicht ordnungsgemäß angehört und behandelt, mit Ausnahme von Herrn … Frau … habe nicht gewusst, aus wie vielen Personen der Prüfungsausschuss bestehe und wer diesem neben Prof. Dr. … noch angehöre. Sollte ihr Widerspruch abgewiesen werden, lege sie Wert darauf, dass die Titel derer, die über sie das Urteil sprächen - der Prüfungsausschuss usw. - Plagiatsüberprüfungen standhielten. Man denke nur an ... Sie hoffe, der Bescheid werde zurückgenommen.
29
Schließlich machte die Klägerin mit E-Mail vom 6. Juli 2020 insbesondere auf ihren Schwerbehindertenstatus aufmerksam, der in der Gesellschaft oft übersehen werde.
30
Die Klägerin beantragt wörtlich, zu erkennen:
Der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2019 wird aufgehoben.
31
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
32
Die Beklagte macht unter Bezugnahme der Ausführung in dem angegriffenen Bescheid sinngemäß im Wesentlichen geltend, die … der … sehe ein Regelbeispiel eines Exmatrikulationsgrunds vor, wenn Studierende ihr Studium nicht ordnungsgemäß betrieben. Dies sei im Fall der Klägerin zu bejahen. Das notwendige Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 4. August 2020, und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

34
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
35
Die als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig erhobene Klage ist unbegründet, da der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 24. September 2019 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36
1. Der angegriffene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § … Die Vorschrift sieht vor, dass Studierende exmatrikuliert werden können, wenn sie durch ihr Verhalten fortgesetzt oder in erheblicher Art und Weise ihre Pflichten aus Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayHschG verletzen, insbesondere indem sie das Studium nicht aufnehmen bzw. nicht ordnungsgemäß betreiben. Hier liegt der Exmatrikulationsgrund des nicht ordnungsgemäßen Betreibens des Studiums vor.
37
a) Es bestehen keine Zweifel, dass § … als universitäres Satzungsrecht von der Ermächtigungsgrundlage nach Art. 51 Satz 3 BayHSchG (Bayerisches Hochschulgesetz vom 23. Mai 2006, GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-WK) umfasst ist. So bestimmt Art. 51 Satz 3 BayHschG, dass Hochschulen durch Satzung weitere Fälle bestimmen können, in denen die Immatrikulation versagt oder Studierende exmatrikuliert werden können, wenn Gründe vorliegen, die einem ordnungsgemäßen Studium entgegenstehen. Nichts anderes regelt § …
38
b) Auch liegen hier die Tatbestandsvoraussetzungen nach § … vor.
39
(1) Zunächst erfüllt das Regelbeispiel des nicht ordnungsgemäßen Studiums die allgemeineren Voraussetzungen nach § … Denn im Fall eines nicht ordnungsgemäßen Studiums handelt es sich, wie § … allgemein voraussetzt, um eine Pflichtverletzung in Bezug auf Pflichten der Studierenden aus Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayHschG. So haben sich nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG alle Mitglieder der Hochschule unbeschadet weitergehender Verpflichtungen so zu verhalten, dass die Hochschule ihre Aufgaben erfüllen kann und niemand an der Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten gehindert wird. Anerkannt ist, dass hierunter auch die Verpflichtung der Studierenden fällt, ein ordnungsgemäßes Studium zu absolvieren (vgl. Reich in BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 18 Rn. 2). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus Art. 48 Abs. 2 Satz 1 und Art. 51 Satz 3 BayHSchG. So sieht die erstgenannte Vorschrift vor, dass Studierende von der Hochschule auf Antrag aus wichtigem Grund von der Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Studium befreit werden können (Beurlaubung). Damit setzt die Vorschrift die Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Studium gerade voraus (vgl. Reich a.a.O.). Dasselbe gilt für die bereits erwähnte Satzungsermächtigung aus Art. 51 Satz 3 BayHSchG. Denn die Vorschrift ermächtigt die Hochschulen sinngemäß, gerade auf das pflichtwidrige, nicht ordnungsgemäße Betreiben des Studiums mit der Exmatrikulation zu reagieren.
40
(2) Hier liegt die Exmatrikulationsvoraussetzung des nicht ordnungsgemäßen Betreibens des Studiums vor, auch im Sinne einer fortgesetzten Pflichtverletzung sowie in Gestalt einer Pflichtverletzung in erheblicher Art und Weise.
41
(a) Zumindest setzt das Betreiben eines ordnungsgemäßen Studiums voraus, dass Studierende ihr Studium in einer Weise planen und durchführen, dass sie dieses jedenfalls in vertretbarer Zeit orientiert an der Regelstudienzeit abschließen können.
42
(b) Danach betreibt die Klägerin ihr Studium der Humanmedizin an der … nicht ordnungsgemäß, wobei eine fortgesetzte Pflichtverletzung sowie eine Pflichtverletzung in erheblicher Art und Weise vorliegt.
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Außer Streit steht, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Exmatrikulationsbescheids und bis heute ihr Studium der Humanmedizin an der … nicht abgeschlossen hat. Dabei streitet für die Annahme eines nicht ordnungsgemäßen Studiums die erhebliche Studiendauer von - nach der Berechnung der Kammer - 67 Fachsemestern im Sommersemester 2019. Hierbei handelt sich um eine außerordentliche Überschreitung der an sich vorgesehenen Regelstudienzeit von 13 Fachsemestern. Überdies lag die letzte Anmeldung der Klägerin zu dem schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Exmatrikulationsbescheids etwa 19 Jahre zurück. Insoweit konnte die Klägerin den Prüfungsversuch zwar wegen Krankheit nicht wahrnehmen. Jedoch ist seitdem - trotz eingehender Hinweise der Beklagten - keine weitere Prüfungsanmeldung erfolgt. Darüber hinaus datiert der letzte, tatsächlich wahrgenommene Prüfungsversuch betreffend die Ärztliche Vorprüfung vom Juni 1986, liegt also mehrere Jahrzehnte zurück. Außerdem hat die Klägerin jedenfalls bis 11. September 2019 in ihrem Studium an der … keine Prüfungsleistungen erbracht. Hinzu kommt, dass die fraglichen, weit zurückliegenden Prüfungsversuche den ersten Abschnitt des Studiums der Humanmedizin betreffen, die Klägerin also inhaltlich betrachtet vergleichsweise am Anfang ihres Humanmedizinstudiums steht, sich aber dennoch im Sommersemester 2019 jedenfalls in ihrem 67. Fachsemester befindet. Nach alldem hat die Klägerin ihr Studium in der Vergangenheit nicht in einer Weise durchgeführt, dass sie dieses in vertretbarer Zeit orientiert an der Regelstudienzeit hätte abschließen können. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Erkrankungen ihrer Mutter vorgebracht hat, kann dies die ganz erhebliche Überschreitung der Regelstudienzeit, weit zurückliegende Prüfungsversuche und seither fehlende Prüfungsanmeldungen nicht ausreichend erklären. Darüber hinaus hat die Klägerin keine konkreten Entschuldigungs- oder Hinderungsgründe geltend gemacht, so dass von einem nicht ordnungsgemäßen Betreiben des Studiums auszugehen ist. Auch das Ausmaß des Nichtbetreibens stellt sich zur Überzeugung der Kammer als fortgesetzte Pflichtverletzung sowie als Pflichtverletzung in erheblicher Art und Weise dar. Dies ergibt sich bereits aus der erheblichen Überschreitung der Regelstudiendauer um ein Vielfaches ohne ausreichende Bemühungen um den Abschluss des ersten Studienabschnitts jedenfalls seit Mai 2000, also aus den ganz erheblichen Zeiträumen ohne erkennbaren Studienfortschritt.
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Darüber hinaus ist die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin auch im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Exmatrikulationsbescheids am 24. September 2019 und bis heute ihr Studium im beschriebenen Ausmaß nicht ordnungsgemäß betrieben hat bzw. betreibt. Denn es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass mit Blick auf Planung und Durchführung des klägerischen Studiums in der Vergangenheit nunmehr hinreichende Änderungen eingetreten wären. Dies hat die Kammer daraus geschlossen, dass die Klägerin weder im Verwaltungsverfahren - auch nicht auf Aufforderung der Beklagten - noch im Gerichtsverfahren dargelegt hat, wie genau sie ihr Studium und insbesondere den Erwerb der ausstehenden Leistungsnachweise in Zukunft zu gestalten beabsichtigt, um ihr Studium in vertretbarer Zeit abzuschließen. Soweit die Klägerin ausgeführt hat, sie werde ihre Beschäftigung bei der … aufgeben, sofern der Exmatrikulationsbescheid aufgehoben werde, handelt es sich um eine bloße Absichtserklärung, zumal unklar geblieben ist, wie die Klägerin ohne die Einnahmen aus der Beschäftigung ihren Lebensunterhalt bestreiten würde. Entscheidend ist aber, dass die fragliche Ankündigung eine belastbare Planung, wie und bis wann das Studium abgeschlossen werden soll, nicht hinreichend ersetzen kann. Aus demselben Grund kann, ebenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände, kann zur Überzeugung der Kammer dahinstehen, ob die Klägerin - wie von ihr im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht - 2019 Vorlesungen besucht hat.
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c) Auch die Entscheidung der Beklagten, das ihr nach § … eingeräumte Ermessen dahingehend auszuüben, die Klägerin zu exmatrikulierem, ist nicht zu beanstanden. Denn vorliegend sind keine Ermessensfehler ersichtlich.
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(1) Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde etwaig eingeräumtes Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen ist nach § 114 Satz 1 VwGO lediglich auf die Prüfung etwaiger Ermessensfehler beschränkt. Dagegen kann das Gericht sich nicht an die Stelle der Behörde setzen und ggf. eigenes Ermessen ausüben (Decker in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 50. Edition Stand 1.7.2019, § 114 Rn. 26).
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(2) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Ermessensentscheidung vorliegend nicht zu beanstanden. So war sich die Beklagte ausweislich der Begründung des angegriffenen Bescheids des ihr eingeräumten Ermessens bewusst, sodass kein Ermessensausfall vorliegt. Des Weiteren sind weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensdefizit oder Ermessensfehlgebrauch ersichtlich. Vielmehr hat sich die Beklage in dem angegriffenen Bescheid ausführlich sowohl mit den Interessen der Klägerin am Fortbestand der Immatrikulation als auch mit der Interessenlage betreffend die Exmatrikulation der Klägerin auseinandergesetzt. Auch mit Blick auf die Schwerbehinderung der Klägerin liegt kein Ermessensdefizit vor. Denn die Schwerbehinderung hat die Klägerin nach eigenem Vortrag nicht daran gehindert, ihren Lebensunterhalt mit ihrer Tätigkeit am ... (mit-)zufinanzieren, sodass die Beklagte ermessensfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass die Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung nicht maßgeblich an einem ordnungsgemäßen Studium gehindert war bzw. ist. Im Übrigen hat die Klägerin dies auch nicht konkret geltend gemacht.
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d) Schließlich ist die Exmatrikulation der Klägerin auch verhältnismäßig im Einzelfall. Sie verfolgt das legitime Ziel, im Sinne einer effektiven Verwendung öffentlicher Mittel Ressourcen der Lehre und Verwaltung betreffend den Studienplatz der Klägerin für solche Studierende einzusetzen, die ihr Studium im Unterschied zur Klägerin ordnungsgemäß betreiben. Dabei ist die Exmatrikulation geeignet und erforderlich, dieses Ziel zu erreichen, da keine milderen und vergleichbar wirksame Mittel zur Zweckerreichung ersichtlich sind. Schließlich stehen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung die Interessen der Klägerin am Fortbestand der Immatrikulation gegenüber den genannten öffentlichen Interessen zurück, zumal der Klägerin durch die Exmatrikulation nicht die Teilnahme an der ausstehenden Prüfung verwehrt wird und der zuständige Prüfungsausschuss im Verwaltungsverfahren erklärt hat, er würde die Wiederaufnahme des klägerischen Studiums befürworten, wenn die Klägerin den erfolgreichen Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vorweisen könne. Soweit die Klägerin schließlich eine ggf. missbräuchliche Studienplatzvergabe an andere Studierende geltend macht, kann sie hieraus jedenfalls keinen Anspruch auf Fortbestand ihrer Immatrikulation herleiten, auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der allgemeine Gleichheitssatz durchbricht nicht die Bindung der Beklagten an Recht und Gesetz, so dass kein Anspruch auf Gleichheit im Unrecht besteht (vgl. Kischel in Beckscher Online-Kommentar GG, 43. Edition Stand 15.5.2020, Art. 3 Rn. 115).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.