Titel:
Straßenausbaubeitrag, Vorauszahlung, Verbesserung, Fußgängerbereich, Fußgängergeschäftsstraße, Straßenbahn, Beitragssatzung, Satzungsmäßige Eigenbeteiligung, Gemeindeanteil, Vorteilsausgleich, Differenzierungsgebot
Normenketten:
KAG a.F. Art. 5 Abs. 5, Abs. 1 S. 3
KAG a.F. Art. 5 Abs. 3 S. 3
Schlagworte:
Straßenausbaubeitrag, Vorauszahlung, Verbesserung, Fußgängerbereich, Fußgängergeschäftsstraße, Straßenbahn, Beitragssatzung, Satzungsmäßige Eigenbeteiligung, Gemeindeanteil, Vorteilsausgleich, Differenzierungsgebot
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 20.09.2018 – W 3 K 17.1166
Fundstelle:
BeckRS 2020, 27138
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. September 2018 – W 3 K 17.1166 – geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung und Verbesserung der K* …straße durch die beklagte Stadt.
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Die etwa 310 m lange K* …straße liegt im Altstadtbereich der Beklagten und verläuft vom B* …platz nach Nordosten bis zum Straßenzug R* …ring/ H* …ring, hinter dem sich der Bahnhofsvorplatz und der Hauptbahnhof anschließen. Sie wurde im Rahmen des Wiederaufbaus nach 1945 erneut hergestellt und 1992 als Fußgängerbereich gewidmet, ohne dass entsprechende bauliche Anpassungen erfolgten. Auf ihr sind über die gesamte Länge Straßenbahnschienen verlegt, die von fast allen Straßenbahnlinien benutzt werden. Die Beklagte führt an der K* …straße seit Juli 2016 Baumaßnahmen zur Erneuerung und bauliche Umgestaltung zu einem barrierefreien Fußgängerbereich unter Beibehaltung der Straßenbahntrasse durch.
3
Die Klägerin ist Eigentümerin von vier aneinander grenzenden Buchgrundstücken FlNr. … (421 qm), … (42 qm), … (1.200 qm) und FlNr. … (205 qm), die mit einem Geschäftshaus bebaut sind. Die drei erstgenannten Grundstücke liegen unmittelbar an der K* …straße, das letztgenannte an der vom B* …platz abzweigenden K* …straße.
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Mit Bescheid vom 29. August 2017 forderte die Beklagte von der Klägerin für das Grundstück FlNr. …eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 130.496,73 €, das sind 80 v.H. auf den voraussichtlich zukünftigen Straßenausbaubeitrag. Die entsprechenden Vorauszahlungsbescheide für die anderen Grundstücke der Klägerin sind Gegenstand der Parallelverfahren 6 B 19.1258 und 6 B 19.1260. Bei der Berechnung der Vorauszahlungen legte die Beklagte ihre Ausbaubeitragssatzung – ABS – vom 10. Juli 2007 zugrunde, die zuletzt durch Satzung vom 5. August 2016 geändert worden war. Bei dieser Satzungsänderung waren die Anteile, mit denen sich die Stadt am beitragsfähigen Aufwand beteiligt, für die einzelnen, weiter ausdifferenzierten Straßenkategorien erhöht worden. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 ABS sind nunmehr für Fußgängerbereiche drei Unterkategorien gebildet, wobei der städtische Anteil bei einer Fußgängergeschäfts straße 55 v.H. beträgt, bei einer Fußgängergeschäfts straße mit Schienenverkehr 60 v.H. und bei einem sonstigen Fußgängerbereich 40 v.H. Fußgängerbereiche sind nach § 7 Abs. 4 Nr. 5 ABS definiert als Straßen, die in ihrer ganzen Breite dem Fußgängerverkehr dienen, auch wenn eine (zeitweise) Nutzung mit Kraftfahrzeugen zugelassen ist. Eine Fußgängergerschäfts straße ist gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 6 ABS ein Fußgängerbereich, in dem die Frontlänge der Grundstücke mit Ladengeschäften im Erdgeschoß überwiegt. Auf dieser satzungsmäßigen Grundlage stufte die Beklagte die K* …straße als Fußgängergeschäfts straße mit Schienenverkehr ein und zog dementsprechend vor Verteilung des beitragsfähigen Aufwands auf die bevorteilten Grundstücke einen Eigenanteil von 60 v.H. ab.
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Die Klägerin hat gegen den Vorauszahlungsbescheid Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und geltend gemacht, die Straßenbaumaßnahme sei nicht beitragsfähig, weil eine verkehrstechnische Verbesserung gegenüber dem früheren Zustand nicht erkennbar sei. Die K* …straße werde auch nach dem Ausbau ihrer Funktion als Fußgängerzone nicht besser genügen, zumal sich der Fußgängerverkehr die Straße weiterhin mit dem Schienenverkehr teilen müsse. Es fehle zudem an einem maßnahmebedingten Vorteil. Sie, die Klägerin, habe keine leichtere oder gefahrlosere Inanspruchnahmemöglichkeit, keine Laufkundschaft und der Wegfall der Parkplätze auf der K* …straße sei nachteilhaft. Die Beklagte habe keine Kostenersparnisse eingestellt, die aus der gemeinsamen Durchführung der Straßenbaumaßnahme mit Maßnahmen anderer Versorgungsträger resultieren würden.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. September 2018 stattgegeben und den Vorauszahlungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vorauszahlungsbescheide seien rechtswidrig, weil die Eigenbeteiligungsregelung in § 7 Abs. 2 Nr. 5 ABS für Fußgängerbereiche rechtsfehlerhaft und nichtig sei. Bei der Bemessung der Anteilssätze habe der Satzungsgeber zumindest für die Unterkategorien Fußgängergeschäftsstraßen und für Fußgängergeschäftsstraßen mit Schienenverkehr den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. Denn Fußgängerzonen dienten prinzipiell überwiegend dem Anliegerverkehr. Sie seien darauf angelegt, den motorisierten Durchgangsverkehr auszuschließen und für Fußgänger eine unbehelligte Aufenthaltsqualität zu schaffen, die dazu animieren solle, die im Fußgängerbereich gelegenen Gewerbebetriebe zu nutzen. Dementsprechend müsse der Anliegeranteil, um das Vorteilsprinzip zu wahren, den Gemeindeanteil deutlich übersteigen. Damit seien die von der Beklagten in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Eigenbeteiligungssätze von 55 v.H. und 60 v.H. nicht vereinbar. Das führe jedenfalls zur Teilnichtigkeit des § 7 Abs. 2 Nr. 5 ABS und zur Rechtswidrigkeit des Vorauszahlungsbescheids. Vor diesem Hintergrund könne offenbleiben, ob die Ausbaubeitragssatzung unabhängig davon auch in ihrer Gesamtheit wegen Verstoßes gegen das Vorteilsprinzip nichtig sei, weil der Satzungsgeber mit der Änderungssatzung die Eigenbeteiligungssätze für sämtliche Straßenkategorien deutlich heraufgesetzt und die dadurch entstehenden Beitragsausfälle durch eine gleichzeitig beschlossene Erhöhung der Grundsteuer B kompensiert habe.
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Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass die Eigenbeteiligungsregelung für Fußgängerbereiche in ihrer Ausbaubeitragssatzung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten den gesetzlichen Anforderungen entspreche und entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wirksam sei. Die Fußgängergeschäftsstraßen seien überwiegend vom Durchgangsverkehr geprägt. Sie hätten im innerstädtischen Verkehrsnetz eine zentrale und hohe Verbindungsfunktion und seien in der Regel deutlich breiter als die sonstigen Fußgängerbereiche, damit sie den erhöhten Fußgängerverkehr aufnehmen könnten und ein schnelles Durchqueren ermöglichten. Die überwiegend in Nord-Süd-Richtung und Ost-West-Richtung ausgerichteten Fußgängergeschäftsstraßen würden fußläufig wichtige zentrale, öffentliche und touristische Einrichtungen verbinden. Dieser Verkehr könne nicht als Anliegerverkehr aus dem kleinräumigen Umfeld gewertet werden. Bei den Fußgängergeschäftsstraßen mit Schienenverkehr trete im Vergleich zu den reinen Fußgängergeschäftsstraßen weiterer Allgemeinverkehr hinzu. Diese Straßen bildeten die Haupteinkaufsachse und hätten die Wirkung von Sammelstraßen für den Fußgängerverkehr. Der Straßenbahnverkehr könne ebenfalls nicht alleine dem Anliegerverkehr zugerechnet werden. Die Mehrzahl der Fahrgäste nutze die Straßenbahn um von einem Stadtteil in den anderen zu gelangen. Dies rechtfertige die Erhöhung des Eigenanteils auf 60 v.H. Die Abstimmung der Eigenanteile sowohl innerhalb der unterschiedlichen Kategorien des Fußgängerbereichs als auch gegenüber den übrigen Einrichtungen und Straßenkategorien sei stimmig und regelkonform.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. September 2018 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie wiederholt ihre erstinstanzlichen Einwände gegen das Vorauszahlungsverlangen und trägt weiter vor, die satzungsmäßige Festlegung des Gemeindeanteils für Fußgängerbereiche unter gleichzeitiger Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B verfehle die rechtlichen Maßstäbe.
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Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vorgelegten Behördenakten und auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
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Der angefochtene Vorauszahlungsbescheid vom 29. August 2017 ist dem Grunde wie der Höhe nach rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage ist daher unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
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1. Durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 26. Juni 2018 (GVBl S. 449) wurde rückwirkend zum 1. Januar 2018 die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verboten (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG n.F.). Allerdings verbleibt es für Beiträge und für Vorauszahlungen, die – wie hier – bis zum 31. Dezember 2017 durch Bescheid festgesetzt worden sind, nach Maßgabe der Übergangsvorschriften in Art. 19 Abs. 7 und 8 KAG bei der früheren, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Rechtslage (KAG a.F.), die sich aus dem Kommunalabgabengesetz selbst und dem auf seiner Grundlage wirksam erlassenen gemeindlichen Satzungsrecht ergibt.
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2. Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 29. August 2017 dem Grunde wie der Höhe nach rechtmäßig zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag nach Art. 5 Abs. 5, Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. für die im Juli 2016 begonnene Erneuerung und Verbesserung der K* …straße herangezogen.
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Die Straßenbaumaßnahme ist nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 3 KAG a.F. beitragsfähig (a). Die Ausbaubeitragsatzung – ABS – der Beklagten vom 10. Juli 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 5. August 2016, bildet eine wirksame Rechtsgrundlage für den Vorauszahlungsanspruch; insbesondere enthält sie – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts – in § 7 Abs. 2 Nr. 5 eine Eigenbeteiligungsregelung für Fußgängerbereiche, die den gesetzlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 KAG a.F. genügt (b). Das Grundstück der Klägerin unterliegt der Beitrags- und damit zugleich der Vorauszahlungspflicht (c). Die Vorauszahlung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (d). Ob die Beklagte sie endgültig behalten darf, bestimmt sich nach der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 8 KAG und ist nicht Prüfungsgegenstand in diesem Verfahren.
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a) Die Straßenbaumaßnahme, mit der die K* …straße seit Juli 2016 verkehrsberuhigt ausgebaut wird, ist beitragsfähig.
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Bei der K* …straße handelt es sich seit ihrer Umstufung zum Fußgängerbereich im Jahr 1992 um einen beschränkt-öffentlichen Weg (vgl. Art. 53 Nr. 2 BayStrWG). Für dessen Erneuerung und Verbesserung durfte (und musste) die Beklagte auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG a.F. in Verbindung mit ihrer Ausbaubeitragssatzung Beiträge von denjenigen Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieses Fußgängerbereichs besondere Vorteile bietet (zur Beitragserhebungspflicht nach früherer Rechtslage BayVGH, U.v. 9.11.2016 – 6 B 15.2732 – BayVBl 2017, 200).
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Eine Erneuerung stellt die Baumaßnahme dar, soweit sie die in der Nachkriegszeit (wieder-)hergestellte K* …straße in einzelnen Teileinrichtungen in einen Zustand versetzt, der mit dem ursprünglichen im Wesentlichen vergleichbar ist. Insoweit sind die Voraussetzungen für ihre Beitragsfähigkeit erfüllt (dazu BayVGH, U.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – BayVBl 2018, 29 Rn. 15). Die übliche Nutzungsdauer von Straßen einschließlich der Teileinrichtung Gehweg, die nach ständiger Rechtsprechung 20 bis 25 Jahre beträgt, war – bei weitem – abgelaufen. Ferner war die K* …straße ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen tatsächlich abgenutzt und erneuerungsbedürftig.
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Soweit die Baumaßnahme auf eine Veränderung des bisherigen Zustands vor allem durch Umgestaltung in einen barrierefreien Fußgängerbereich über die gesamte Breite der Straße gerichtet ist, handelt es sich um eine beitragsfähige Verbesserung. Denn die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche, die ursprünglich in Fahrbahn, Parkbuchten und höherliegende Gehwege gegliedert war, wird durch den Ausbau in verkehrstechnischer Hinsicht vorteilhaft verändert (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 13). Diese vorteilhafte Veränderung wird entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch geschmälert oder gar entwertet, dass in der K* …straße weiterhin Schienen verlegt sind und diese in durchaus erheblichem Umfang durch Straßenbahnen für den öffentlichen Personennahverkehr genutzt werden. Das hat der Senat bereits für die sich anschließende, ebenfalls als Fußgängerbereich gewidmete J* …promenade entschieden (BayVGH, U.v. 5.2.2007 – 6 BV 05.2153 – BayVBl 2007, 597); für die K* …straße gilt nichts anderes.
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b) Die Ausbaubeitragsatzung der Beklagten vom 10. Juli 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 5. August 2016, bildet eine wirksame Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung und das Vorauszahlungsverlangen (zum Erfordernis einer wirksamen Beitragssatzung für die Erhebung von Vorauszahlungen etwa BayVGH, U.v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl 2012, 206 Rn. 31); insbesondere enthält sie in § 7 Abs. 2 Nr. 5 eine Eigenbeteiligungsregelung für Fußgängerbereiche, die den gesetzlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 KAG a.F. genügt.
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aa) Nach Art. 5 Abs. 3 KAG a.F. ist in der Abgabesatzung eine Eigenbeteiligung der Gemeinde vorzusehen, wenn die Einrichtung neben den Beitragspflichtigen nicht nur unbedeutend auch der Allgemeinheit zugutekommt (Satz 1). Die Eigenbeteiligung muss die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigen (Satz 2). Satzungen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F., also solche der in Rede stehenden Art zur Erhebung eines Straßenausbaubeitrags, haben eine vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet vorzusehen (Satz 3).
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Aus der gesetzlichen Vorgabe, den öffentlichen Nutzen „angemessen“ in die Eigenbeteiligung einzustellen, sowie der Erkenntnis, dass sich aus Straßenbaumaßnahmen erwachsende Vorteile einer rechnerisch exakten Bemessung von vornherein entziehen, weshalb nur nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab vorgegangen werden kann, folgt zwangsläufig, dass der Gemeinde bei der Entscheidung über die Eigenbeteiligungssätze im Einzelnen ein weiter Gestaltungs- und Bewertungsspielraum zuzubilligen ist, der nicht voll der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BVerwG, B.v. 3.9.2014 – 9 B 47.14 – juris Rn. 4). Die Ermächtigung des Satzungsgebers, diesen Spielraum auszuschöpfen, findet ihre rechtliche Grenze erst in den allgemeinen abgaberechtlichen Grundsätzen, nämlich dem Prinzip, dass der Beitrag einen Ausgleich für einen Vorteil darstellen muss, der Verhältnismäßigkeit und dem Willkürverbot. Innerhalb dieser Grenzen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Gemeinde typische Fallgruppen in einer vereinheitlichenden Weise erfasst, die das Heranziehungsverfahren praktikabel, überschaubar und effizient gestaltet (BayVGH, U.v. 27.9.2018 – 6 BV 17.1320 – juris Rn. 18; U.v. 27.6.2019 – 6 BV 19.81 – juris Rn. 22).
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Ausgehend hiervon ist die gemeindliche Selbstbeteiligung so abzustufen, dass der Vorteil, der der Allgemeinheit im Verhältnis zu den Anliegern zuwächst, ausreichend differenziert berücksichtigt wird. Der Satzungsgeber hat daher bei seiner Wertung zu berücksichtigen, ob und inwieweit den Anliegern durch ihre räumliche Beziehung zu der Straße und deren Inanspruchnahme ein Vorteil zuwächst und in welchem Umfang der Vorteil der Allgemeinheit sich hierdurch gegebenenfalls verringert. Entscheidendes Kriterium ist dabei das Maß der zu erwartenden Inanspruchnahme der ausgebauten Straße durch die Anlieger einerseits und die Allgemeinheit andererseits (BayVGH, U.v. 29.10.1984 – 6 B 82 A.2893 – BayVBl 1985, 117 ff.; U.v. 27.9.2018 – 6 BV 17.1320 – juris Rn. 19; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 366 ff.). Bei der Abwägung zwischen dem individuellen Vorteil des Anliegers und dem Vorteil der Allgemeinheit ist die Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straße das wichtigste Kriterium. Es ist notwendig, zumindest drei Straßenkategorien (einschließlich ihrer Teileinrichtungen) entsprechend der Verkehrsfunktion aufzustellen, nämlich Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen, wobei für die konkrete Einordnung die in der Satzung notwendigerweise enthaltene Definition des jeweiligen Straßentyps heranzuziehen ist. Der Satzungsgeber ist nicht gehindert, unter Umständen sogar gehalten, weitere Straßenkategorien vorzusehen, etwa für verkehrsberuhigte Straßen oder Fußgängerbereiche (vgl. Arndt, Straßenbaubeiträge, 2017, § 9 Rn. 7 ff.). Je mehr die ausgebaute Einrichtung erfahrungsgemäß von der Allgemeinheit benutzt wird, desto höher ist der Wert des durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der Allgemeinheit vermittelten Vorteils zu bemessen und desto höher muss dementsprechend der Gemeindeanteil sein. Umgekehrt muss der Anliegeranteil umso höher sein, je mehr die ausgebaute Einrichtung erfahrungsgemäß von den anliegenden Grundstücken aus benutzt wird. Dabei ist auch nach den einzelnen Teileinrichtungen der Ortsstraßen zu differenzieren (BayVGH, U.v. 16.8.2001 – 6 B 97.111 – juris). In einer Anliegerstraße können die Vorteile für die Anlieger im Verhältnis zur Allgemeinheit für alle Teileinrichtungen gleich bemessen werden; entsprechendes gilt für Fußgängerbereiche, zumal bei diesen die Unterscheidung zwischen den Teileinrichtungen Fahrbahn und Gehweg definitionsgemäß entfällt. Bei Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen hingegen unterscheiden sich die von unterschiedlichen Teileinrichtungen ausgehenden Vorteile so stark voneinander, dass ein einheitlicher Gemeindeanteil zu pauschal wäre, um dem Vorteilsprinzip noch zu genügen. Schließlich darf der gemeindliche Anteil nicht so hoch bemessen sein, dass die Gemeinde der gesetzlichen Beitragserhebungspflicht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. nicht mehr nachkommt. Abgesehen von diesen gesetzlichen Vorgaben sowie von den durch das Vorteilsprinzip gesetzten Grenzen ist es Sache des Satzungsgebers, den Gemeindeanteil in der Satzung zu bestimmen. Die satzungsmäßige Festlegung von Gemeindeanteil und Anliegeranteil ist nur dann rechtswidrig, wenn der jeweils gewählte Anteil unter Vorteilsgesichtspunkten schlechterdings nicht mehr vertretbar ist, d.h. die Überschreitung des höchstzulässigen oder die Unterschreitung des mindestens Gebotenen völlig eindeutig ist und außer Frage steht (BayVGH, U.v. 27.9.2018 – 6 BV 17.1320 – juris Rn. 19; U.v. 27.6.2019 – 6 BV 19.81 – juris Rn. 23).
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bb) Gemessen an diesem Maßstab begegnet die Eigenbeteiligungsregelung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 ABS für Fußgängerbereiche keinen rechtlichen Bedenken.
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Die Satzung der Beklagten sieht in § 7 ABS neben den – zwingend erforderlichen -Kategorien für Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen mit ihren Teileinrichtungen (Abs. 2 Nr. 1.1 bis 3) unter anderem eine weitere Kategorie für Fußgängerbereiche vor (Abs. 2 Nr. 5), die sie untergliedert in Fußgängergeschäftsstraßen (Nr. 5 a), Fußgängergeschäftsstraßen mit Schienenverkehr (Nr. 5 b) und sonstige Fußgängerbereiche (Nr. 5 c). Für die (Haupt-)Kategorien Anliegerstraße, Haupterschließungsstraße und Hauptverkehrs straße liegt der Eigenanteil der Beklagten jeweils für die Teileinrichtung Fahrbahn bei 40 v.H., 60 v.H. und 80 v.H. Mit dieser Staffelung und mit den Anteilssätzen für die übrigen Teileinrichtungen dieser Straßenkategorien hält sich der Satzungsgeber – unstrittig – in den Grenzen des ihm gesetzlich eröffneten Gestaltungs- und Bewertungsspielraums (vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2018 – 6 BV 17.1320 – juris Rn. 22).
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Ebenso wenig sind entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die gemeindlichen Eigenanteile bei Fußgängerbereichen zu beanstanden, die der Satzungsgeber für Fußgängergeschäftsstraßen auf 55 v.H., für Fußgängergeschäftsstraßen mit Schienenverkehr auf 60 v.H. und für sonstige Fußgängerbereiche auf 40 v.H. festgelegt hat. Sie sind unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten bei typisierender Betrachtung sowohl für sich betrachtet als auch im Vergleich zueinander und zu den Eigenanteilen bei den anderen Straßenkategorien vorteilsgerecht bestimmt.
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Der Satzungsgeber ist mit dieser Staffelung typisierend davon ausgegangen, dass die im Stadtgebiet vorhandenen Fußgängerbereiche eine deutlich unterschiedliche Verkehrsbedeutung haben, wobei die Fußgängergeschäftsstraßen, vor allem diejenigen mit Schienenverkehr, mehr dem Durchgangsverkehr und damit der Allgemeinheit dienen als die sonstigen Fußgängerbereiche, die – wie Anliegerstraßen – ganz überwiegend von den anliegenden Grundstücken aus benutzt werden. Diese differenzierte Bemessung der Vorteile für die Allgemeinheit einerseits und für die Anlieger andererseits ist, zumal mit Blick auf die örtlichen Gegebenheiten, ohne weiteres nachvollziehbar und hält sich im gesetzlich eröffneten Gestaltungs- und Bewertungsspielraum.
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Zwar ist der Verkehr, der in Fußgängerbereichen durch die anliegenden Geschäfte ausgelöst wird, allein dem Anliegerverkehr zuzuordnen. Dieser umfasst alle Verkehrsteilnehmer, die sich zu den anliegenden Grundstücken hin- oder von ihnen wegbegeben (Ziel- und Quellverkehr). Dem Anliegerverkehr ist darüber hinaus auch der kleinräumige Ziel- und Quellverkehr aus dem betreffenden Bauquartier zuzuordnen; denn bei diesem handelt es sich nicht um „durchgehenden innerörtlichen Verkehr“, wie er zur Einstufung als Haupterschließungsstraße erforderlich wäre (BayVGH, U.v. 9.2.2012 – 6 B 10.865 – juris Rn. 20; B.v. 27.7.2012 – 6 ZB 12.796 – juris Rn. 11). Der vom Anliegerverkehr zu unterscheidende und dem Vorteil für die Allgemeinheit zuzuordnende inner- oder überörtliche Durchgangsverkehr ist demgegenüber jeder Verkehr, der die ausgebaute Orts straße lediglich im Rahmen des Gemeingebrauchs durchschreitet oder durchfährt, ohne mit einer qualifizierten Beziehung zwischen Straße und anliegenden Grundstücken verbunden zu sein, also die abzurechnende Straße lediglich als Verbindungsweg zwischen zwei anderen Straßen benutzt und weder von einem durch die Straße erschlossenen Grundstück ausgeht noch ein solches Grundstück zum Ziel hat (BayVGH, U.v. 27.6.2019 – 6 BV19.81 – juris Rn. 27).
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Vor diesem Hintergrund dienen Fußgängerbereiche in Innenstadtlagen und vor allem Fußgängergeschäftsstraßen, bei denen die Frontlänge der Grundstücke mit Ladengeschäften im Erdgeschoss überwiegt, zwar regelmäßig in durchaus erheblichem Umfang dem Anliegerverkehr. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit gleichwohl eine Erhöhung des gemeindlichen Eigenanteils gegenüber „bloßen“ Anliegerstraßen schon wegen der typischerweise besonderen Aufenthalts- und Kommunikationsfunktion von Fußgängerbereichen zur Erhöhung der Attraktivität von Innenstädten im Allgemeininteresse gerechtfertigt ist (vgl. Driehaus in ders., Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 376; Arndt, Straßenausbaubeiträge, 2017, § 9 Rn. 8 mit Beispielen aus der Rechtsprechung). Im Innenstadtbereich der Beklagten, einer Stadt mit etwa 130.000 Einwohnern, haben Fußgängergeschäftsstraßen jedoch unabhängig davon schon aufgrund ihrer Lage, Größe und Ausgestaltung eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung für den (Fußgänger-)Durchgangsverkehr, welche die satzungsmäßige Staffelung und Bemessung des Eigenanteils mit 55 v.H. rechtfertigt. Diese Verbindungsfunktion ist umso gewichtiger, als der Innenstadtbereich aufgrund seiner Größe – anders als in dem mit Senatsurteil vom 27. Juni 2019 (6 BV 19.81 – juris Rn. 27, 31) entschiedenen Fall – nicht mehr als ein einziges Bauquartier angesehen werden kann, innerhalb dessen insgesamt lediglich Anliegerverkehr stattfindet. Zum innerörtlichen Durchgangsverkehr zählen deshalb nicht nur solche Fußgänger, die den Innenstadtbereich auf den Achsen der Fußgängergeschäftsstraßen vollständig durchqueren, sondern auch solche, die ein Geschäft am gegenüberliegenden Ende der Fußgängerzone aufsuchen.
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Ebenfalls vorteilsgerecht bemessen ist der städtische Eigenanteil für Fußgängergeschäftsstraßen mit Schienenverkehr, der mit 60 v.H. dem Wert für die Fahrbahn von Haupterschließungsstraßen entspricht. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Fußgängerbereiche mit der Straßenbahntrasse, die – auf der Achse vom Hauptbahnhof über die K* …straße, J* …promenade, S* … … und A* …straße – die Innenstadt durchquert und auf der nahezu alle Straßenbahnlinien verlaufen. Bei diesem öffentlichen Personennahverkehr handelt es sich zu einem beachtlichen Teil nicht um – kleinräumigen – Anliegerverkehr, sondern um stadtviertelübergreifenden Durchgangsverkehr.
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Auch im Übrigen begegnet die satzungsmäßige Eigenbeteiligungsregelung keinen rechtlichen Bedenken. Welche Motive den Satzungsgeber zu der Erhöhung der gemeindlichen Eigenanteile bewogen haben und wie er die Einnahmeausfälle kompensieren will, ist unerheblich; denn für die Gültigkeit untergesetzlicher Normen ist, soweit – wie hier – keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, allein das Ergebnis des Rechtsetzungsaktes maßgeblich (BayVGH, U.v. 15.10.2009 – 6 B 08.1431 – juris Rn. 25; U.v. 27.9.2018 – 6 BV 17.1320 – juris Rn. 23). Dieses muss im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften stehen, was hier angesichts der sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums haltenden Bewertung des Anlieger- und Allgemeinvorteils der Fall ist. Es ist daher auch mit Blick auf die in Art. 62 Abs. 2 und 3 GO geregelten Grundsätze der Einnahmebeschaffung unschädlich, dass der Stadtrat der Beklagten die Erhöhung der gemeindlichen Eigenbeteiligungssätze zeitgleich mit der Erhöhung der Grundsteuer B beschlossen hat.
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Schließlich begegnet es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Zweifeln im Hinblick auf das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot, dass § 7 Abs. 4 ABS zwar die Straßenkategorien „Fußgängerbereiche“ (Nr. 5) und „Fußgängergeschäfts straße“ (Nr. 6) definiert, nicht aber die Kategorie Fußgängergeschäfts straße „mit Schienenverkehr“. Dieser Zusatz ist nach den herkömmlichen Auslegungsmethoden ohne weiteres bestimmbar und bedarf keiner ausdrücklichen Erläuterung in der Satzung.
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c) Das Grundstück der Klägerin unterliegt der Beitrags- und damit zugleich der Vorauszahlungspflicht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG a.F.
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Der besondere Vorteil, der die Auferlegung eines Straßenausbaubeitrags rechtfertigt, liegt in der qualifizierten Möglichkeit, die erneuerte und verbesserte Straße in Anspruch zu nehmen (zum Maßstab etwa BayVGH, U.v. 29.11.2018 – 6 B 18.248 – juris Rn. 25 m.w.N.). Ein solcher Sondervorteil kommt ohne Zweifel auch dem Grundstück der Klägerin zu, weil es unmittelbar an der K* …straße anliegt und bebaubar ist. Ob die Klägerin den Straßenausbau subjektiv als vorteilhaft empfindet, ist beitragsrechtlich ohne Belang.
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d) Die Vorauszahlung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
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Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe die Kostenersparnis aus der gemeinsamen Durchführung der Straßenbaumaßnahme mit Maßnahmen anderer Versorgungsträger nicht eingestellt, greift nicht durch. Die Beklagte hat substantiiert und unbestritten ausgeführt, dass sie bei der Zusammenstellung des voraussichtlichen beitragsfähigen Aufwands nur die auf die Straßenbaumaßnahme entfallenden Anteile berücksichtigt habe. Zwei Netzbetreiber hätten ihre Leitungsarbeiten bereits vor Beginn der Straßenausbaumaßnahme auf eigene Kosten durchgeführt und die Straße anschließend wiederhergestellt. Die Neuverlegung der Strom- und Telekommunikationsleitungen sei zwar als Gemeinschaftsmaßnahme mit der Straßenbaumaßnahme erfolgt; die Kostenanteile dieser Träger seien aber direkt mit der Baufirma ausgeglichen worden und nicht im Straßenbauaufwand enthalten. Für die Erneuerung der Straßenbahngleise und des Gleispflasters sei mit dem Verkehrsunternehmen eine Baudurchführungsvereinbarung geschlossen worden, nach der der Rückbau sowie die Pflastererneuerung auf Kosten der Beklagten und der Gleisneubau auf Kosten des Verkehrsunternehmens vorgenommen werde. Das lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beitragspflichtigen erkennen. Im Übrigen hat die Beklagte bei der Berechnung der Vorausleistungen nicht den vollständigen (prognostizierten) Aufwand angesetzt, sondern sich auf einen Anteil von 80 v.H. des voraussichtlichen Beitrags beschränkt.
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Den Eigenanteil am beitragsfähigen Aufwand hat die Beklagte ebenfalls zutreffend bestimmt. Bei der K* …straße handelt es sich um eine Fußgängergeschäfts straße mit Schienenverkehr, für die die Beklagte nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 b) ABS einen Anteil von 60 v.H. selbst zu übernehmen hat.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über deren vorläufig Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.