Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 03.03.2020 – B 1 K 18.224
Titel:

Erfolglose Klage auf Herstellung einer zweiten Zufahrt zu einem Grundstück

Normenketten:
VwGO § 91 Abs. 1, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 5
GG Art. 3, Art. 12, Art. 14 Abs. 1 S. 1, S. 2
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1
BayStrWG Art. 9 Abs. 1 S. 1, S. 2, Art. 17
BauGB § 123 Abs. 2
Leitsätze:
1. Art. 9 Abs. 1 S. 1 und 2 BayStrWG verleihen keinen subjektiven Anspruch auf die Herstellung einer zweiten Zufahrt für den einzelnen Benutzer oder Anlieger einer Straße und daher auch keine subjektive Rechtsposition. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der erlaubnisfreie Anliegergebrauch ist nur in seinem Kern geschützt und reicht grundsätzlich nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten eine Benutzung der Straße erfordert. Nicht gewährleistet ist die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs unter Aufrechterhaltung vorteilhafter Verkehrspositionen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kein Anspruch auf Herstellung einer 2. Zufahrt aus dem Anliegergebrauch, Verpflichtungsklage, Herstellung weiterer Zufahrt, Zusicherung, Schriftform, Anliegergebrauch, Kern des Anliegergebrauchs, drittschützende Wirkung, Unzumutbarkeit, Gleichbehandlungsgrundsatz, Eigentumsverletzung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.10.2020 – 8 ZB 20.896
Fundstelle:
BeckRS 2020, 26794

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Kläger sind Eigentümer des unbebauten Grundstückes Fl.Nr. … in …, …, welches sie im Jahr 2012 von der Bundesrepublik Deutschland erworben haben. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ vom 13. März 2017. Der Bebauungsplan weist eine Zufahrt zum Grundstück der Kläger über das Nachbargrundstück Fl.Nr. … aus.
2
Die Kläger ließen im Namen der …(GbR) (deren Gesellschafter sie sind) durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19. Dezember 2017 bei der Beklagten die Herstellung einer ordnungsgemäßen Zufahrt zum Grundstück Fl.Nr. … auf direktem Wege vom davorliegenden Knotenpunkt Kreuzung … beantragen. Im Verkehrsgutachten … vom 24. Mai 2016 werde eine höhere Leistungsfähigkeit für diese Zuwegung ausgewiesen.
3
Mit Schreiben vom 2. März 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 5. März 2018, ließ die …GbR durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag,
die Beklagte zu verpflichten, eine öffentliche Zufahrtsstraße vom Knotenpunkt Ecke „… in … zum angrenzenden Grundstück der Klägerin (…) auf direktem Wege zu erstellen durch die öffentliche Hand.
4
Die … zahle die Grundsteuer für ein Gewerbegrundstück, obwohl ihr die Nutzung als solches von der Beklagten verweigert werde. Die Beklagte habe der … die allein mögliche direkte Zufahrt vom davorliegenden Knotenpunkt Kreuzung … verweigert. Im Bebauungsplan habe sich die Beklagte dazu verpflichtet, eine öffentliche Straße über das hinter dem Gelände der Klägerin angrenzende Baumarktgrundstück des Nachbarn als Erschließung und Zufahrt zum Grundstück der GbR zu erstellen. Statt dass der Knotenpunkt direkt an die … angeschlossen wurde, müsse die GbR nun einen weitreichenden Umweg in Kauf nehmen, was den Verkehrswert des Grundstücks erheblich einschränke. Es werde gegen Art. 3 GG verstoßen, da alle Anlieger sich auf direktem Weg an die Hauptstraße anschließen dürften.
5
Die Regierung von Oberfranken habe vor 30 Jahren geplant, einen Straßenanschluss zu errichten, so wie die GbR ihn begehre. Dies könne man auf dem vorgelegten Luftbild erkennen, da zu dem Grundstück eine Linksabbiegespur führe.
6
Es werde auf einen Vorbescheid vom 14. April 2014 verwiesen, der an die …GmbH gerichtet war. Das Vorhaben sei in der Bauvoranfrage abgelehnt worden, da laut der Beklagten nur eine öffentliche Zufahrtsstraße genehmigungsfähig sei. Das Staatliche Bauamt habe keine Hindernisse für die beantragte Zufahrt gesehen (Schreiben vom 13. März und 27. Juni 2014). Die Beklagte habe der GbR verboten, selbst eine private Erschließungsstraße anzuschließen. Dass eine direkte Anschließung des Grundstücks möglich sei, beweise die Stellungnahme des Staatlichen Bauamts vom 13. März 2014. Die Erschließung über das Nachbargrundstück bedeute einen Umweg von einem halben Kilometer. Dies wirke sich schädlich auf die Attraktivität des Gewerbes aus. Die geplante Zufahrt sei zudem teurer und die Beklagte sei zur Wirtschaftlichkeit und zur sparsamen Haushaltsplanung verpflichtet. Es werde auf das Recht zur Ausübung des Gewerbebetriebs hingewiesen.
7
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 3. April 2018 mit, dass die Klage auf Erteilung des Vorbescheids mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2017 abgewiesen worden sei (2 B 16.2144). Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht … hätten die Kläger und die GbR Schadensersatz für die zu Unrecht nicht gewährte Ein- und Ausfahrt verlangt. Ein Verhandlungstermin sei dort für den 23. April 2018 vorgesehen.
8
Mit Schreiben vom 27. April 2018 beantragte die Beklagte
Klageabweisung.
9
Die Klage sei bereits unzulässig, da die …GbR nicht Eigentümerin des Grundstücks sei. In der Klagebegründung sei ein Anspruch nicht dargelegt worden. Auf Grund des Bebauungsplans, der eine andere Zufahrt vorsehe, bestehe auch kein Anspruch.
10
Der Klägerbevollmächtigte beantragte
mit Schreiben vom 13. Juni 2018, dass das Rubrum zu ändern sei. Kläger seien nunmehr … Hilfsweise werde Klageänderung beantragt.
11
Die Beklagte stimmte der Klageänderung nicht zu. Seit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2016 im Verfahren 2 ZB 15.801 sei klar gewesen, dass die Klägerin nicht Eigentümerin des Grundstücks sei. Es bestehe auch keine Sachdienlichkeit, da für das vorliegende Verfahren bislang ausschließlich die …GbR außergerichtlich aufgetreten sei. Aus dem Schreiben des Staatlichen Bauamts lasse sich kein Anspruch ableiten. Dies habe auch das Oberlandesgericht … im Teilurteil vom 23. April 2018 …*) festgestellt (Seite 8 letzter Absatz).
12
Der Klägerbevollmächtigte vertrat die Ansicht, dass die Beklagte mit Schreiben vom 14. April 2014 und 9. September 2014 eine öffentliche Zufahrt am Knotenpunkt zugesagt habe. Eine Zusage ergebe sich auch aus den Ausführungen der Regierungsbeamten … im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth (Verfahren auf Erteilung eines Vorbescheids an die … (B …*)). Diese hätten ausgeführt, dass eine Zufahrt zum begehrten Knotenpunkt möglich sei.
13
Hierauf erwiderte die Beklagte, dass aus dem Vorbescheid vom 14. April 2014 für die …GmbH keine Zusage hergleitet werden könne. Die Klägerin sei in diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen. Auch im gerichtlichen Verfahren (B …) sei keine Zusage getätigt worden. Der ablehnende Baugenehmigungsbescheid vom 9. September 2014 (Anlage K 10, Blatt 28 der Gerichtsakte) sei gegenüber der … erteilt worden.
14
Die Klägerin ließ weiter ausführen (Blatt 150 der Gerichtsakte), dass das Grundstück von der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die Zufahrt zum Kreuzungspunkt gekauft worden sei. Aus diesem Grund sei auch die Linksabbiegespur gebaut worden (Anlage K 2). Im Verfahren mit der …GmbH sei erklärt worden, dass nur öffentliche Straßen mit der … verknüpft werden könnten und somit lediglich eine Anbindung über eine öffentliche Zufahrtsstraße erfolgen könne. Dies stelle eine verbindliche Grundsatzaussage dar, die nicht nur für die … GmbH gelte. Es werde auf die Zeugenaussagen und das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth Bezug genommen. Die Zeugen … hätten bestätigt, dass es sich bei der geplanten Zufahrt um nichts Einmaliges handele, sondern dies öfters vorkomme. Das Staatliche Bauamt habe auf die Verträglichkeit des Vorhabens hingewiesen (Schreiben vom 27. Juni 2014) und habe um eine entsprechende Einreichung der Planung gebeten. Es sei deshalb davon auszugehen, dass eine Genehmigung für die Zufahrt zu erteilen gewesen wäre. Die Beklagte sei von einer Zuständigkeit des Straßenbauamts ausgegangen und habe deshalb im Bescheid vom 14. April 2014 darauf hingewiesen, dass die geplante Zufahrt in einem von der Regierung von Oberfranken festgesetzten Verknüpfungsbereich der … liege, der sich über die gesamte Front des Anwesens erstrecke. Ferner sei festgelegt worden, dass eine Zufahrt nur über eine öffentliche Zufahrtsstraße erfolgen könne. Im Bescheid vom 9. September 2014 sei betont worden, dass die Erschließung wie von der Klagepartei geplant, in einem Verknüpfungspunkt außerhalb der Ortschaft liege. Das Straßenbauamt hätte nichts dagegen gehabt. Eine Zufahrt über den Knotenpunkt sei somit möglich gewesen. Dass die Zufahrt nach Jahren durch einen später aufgestellten Bebauungsplan anders mit deutlich höheren Kosten und Standortnachteilen für die Klagepartei hergestellt worden sei, sei weder verhältnismäßig noch ermessensfehlerfrei.
15
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 10. Januar 2020 darauf hin, dass die öffentliche Erschließungsstraße für die Zufahrt zum klägerischen Grundstück errichtet worden sei. Die Erschließungsstraße sei als Bestandteil der … gewidmet worden. Auf die Eintragungsverfügung vom 15. November 2019 werde Bezug genommen (Anlage B 8). Das streitgegenständliche Grundstück sei über die Erschließungsstraße erschlossen. Für die von den Klägern begehrte Zufahrt sei ein Bereich ohne Ein- und Ausfahrt im Bebauungsplan vorgesehen sowie eine öffentliche Grünfläche festgesetzt worden. Eine Zufahrt an dieser Stelle sei nicht möglich.
16
Mit Schreiben vom 21. Januar 2020 ließ die Klagepartei ausführen, dass sich der Anspruch aus der Zusage ergebe, die im Bauvorbescheid vom 14. April 2014 erteilt worden sei. In diesem Verfahren sei bestätigt worden, dass hinsichtlich der beantragten Zufahrt keine Einwendungen bestünden, mit anderen Worten die Zufahrt möglich sei. Zwar sei man hierbei davon ausgegangen, dass dies über eine öffentliche Zufahrt zu erfolgen habe. Die Beklagte habe aber eine Grundstückszufahrt an dieser Stelle grundsätzlich für möglich gehalten. Da rechtlich kein Unterschied zwischen einer privaten und einer öffentlichen Zufahrt bestehe, habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt zugesichert, dass eine Zufahrt wie die, die von der Klagepartei begehrt wird, möglich sei. Das Staatliche Bauamt habe mit Schreiben vom 27. Juni 2014 somit auch dargestellt, dass dem Bauvorbescheid nichts im Wege stehe. In der Gerichtsverhandlung habe dann Baurat … vom Staatlichen Bauamt die grundsätzliche Zufahrt bestätigt. Aus diesem Grund habe das Verwaltungsgericht Bayreuth der damaligen Klage stattgegeben. Das Urteil sei nur deshalb vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wieder aufgehoben worden, weil eine Veränderungssperre erlassen worden sei. Der von der Stadt aufgestellte Bebauungsplan spreche nicht dagegen, da er aus den dargestellten Gründen formell und materiell rechtswidrig sei. Im Übrigen sei eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen, die ausdrücklich beantragt werde. Es folgen Ausführungen zu § 31 Abs. 2 BauGB. Das Grundstück der Kläger habe an Wert verloren. Eine Tankstelle, ein Lebensmittelmarkt und ein Sportmarkt hätten ihre Erwerbs- und Pachtabsicht aufgegeben, da die Zufahrt über das Nachbargrundstück realisiert werden müsse. Die Wirksamkeit des Bebauungsplans müsse vom Verwaltungsgericht inzident geprüft werden. Bei der gesamten Planung handele es sich um eine Verhinderungsplanung. Der Grünstreifen stehe dem nicht entgegen, da er auch überfahren werden dürfe. In der Abwägung seien die Interessen der Kläger nicht ausreichend berücksichtigt worden. Zwischen dem klägerischen Grundstück und dem Zufahrtsgrundstück liege eine Höhendifferenz von 1,30 m, die laut Architekt schwer zu überbrücken sei. Es entstehe immer der Eindruck, das klägerische Grundstück liege im Tal. Es seien erhebliche kostenintensive Aufwendungen erforderlich, um die Höhendifferenz zu überbrücken. Fraglich sei, ob eine Zufahrt über ein Privatgrundstück überhaupt eine ausreichende Erschließung sei. Die Umsetzung der Zuwegung über den …-Markt sei problematisch, da viele Kunden ihre Autos direkt an der Straße parken würden, sodass diese in ihrer Breite erheblich eingeschränkt sei und nicht einmal 2 Pkw aneinander vorbeifahren könnten. Es liege ein Verstoß gegen Art. 3 und Art. 12 GG vor, da alle anderen Firmen einen direkten Straßenanschluss hätten.
17
Mit Schreiben vom 30. Januar 2020 vertrat die Klagepartei die Ansicht, dass ihr Grundstück nicht erschlossen sei. Das Nachbargrundstück liege 80 cm über ihrem Grundstück. Zur Herstellung der Bebauung auf ihrem Grundstück müsse eine Schicht von 50 bis 80 cm abgetragen werden, sodass ein Anschluss in einer Höhe von 1,30 m bis 1,60 m erfolgen müsse. Es müsse eine Rampe gebaut werden. Würde das Grundstück von drei Betreibern genutzt, so seien drei Rampen zu den tiefer gelegenen Grundstücksteilen notwendig. Selbst wenn die Erschließung so umgesetzt würde, wie die Beklagte dies geplant habe, so bestünde ein Schadensersatz- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch auf Wiederherstellung des gleichen Grundstückniveaus, was mit erheblichen Kosten verbunden wäre.
18
Hierauf legte die Beklagte einen Auszug aus dem Geoinformationssystem vor (Anlage B 10). In diesem sind verschiedene Höhenpunkte des Grundstücks der Kläger eingetragen.
19
Am 11. Februar 2020 fand eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Beklagte der Klageänderung zustimmte, dem Bevollmächtigten der Kläger Schriftsatzfrist bis zum 18. Februar 2020 eingeräumt wurde und alle Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichteten. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
20
Mit Schreiben vom 17. Februar 2020 ließen die Kläger ausführen, dass sich ein Anspruch aus der mündlichen Zusage der Beklagten aus dem Jahr 2013 ergebe, als auf dem Grundstück der Kläger ein … Supermarkt geplant gewesen sei. Es habe ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister … und dem Kläger zu 2) gegeben. Dabei sei eine Skizze vorgelegt worden, in welcher eine Zufahrt über den Knotenpunkt ausgestaltet gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt habe auch keine andere Zufahrtsmöglichkeit bestanden. Die Schreiben des Staatlichen Bauamts vom 13. März 2014 und vom 26. Juni 2014 seien den Klägern direkt ohne Briefkopf übersandt worden (E-Mail von Herrn … vom 27. Juni 2014). In einer E-Mail vom 16. Dezember 2014 habe Herr … bestätigt, dass das Staatliche Bauamt zuständig sei. Auf Grund dessen hätten die Kläger das Verkehrsgutachten eingeholt. Im Bauvorbescheid vom 14. April 2014 und im Schreiben vom 27. Mai 2014 sei die Zufahrt bestätigt worden. Die jetzige Zufahrt sei den Klägern unzumutbar, weshalb keine ordnungsgemäße Erschließung vorliege. Die Kläger müssten eine kostenintensive Rampe errichten, alternativ müsste das gesamte Grundstück der Kläger angehoben werden. Abschreckend auf die Besucher des Grundstücks wirke, dass sie das Grundstück von oben über den …-Markt anfahren müssten, wo doch die Grundstücke ursprünglich ebenerdig gewesen seien. Zu der ästhetischen Unzumutbarkeit (dass das Grundstück in einer Senke liege) komme noch die Tatsache hinzu, dass ein weiter Umweg gefahren werden müsse. Kunden würden dann einfachere Ziele in der Umgebung aufsuchen, vor allem wenn der …-Markt seine Nutzung aufgebe.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag der Parteien sowie auf den Inhalt der Behördenakte und Gerichtsakte (auch im Verfahren B …*) Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

I.
22
Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden.
II.
23
Kläger der Klage sollen nach dem Antrag des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 13. Juni 2018 nicht mehr die …GbR, sondern ihre Gesellschafter sein. Hierbei handelt es sich um eine zulässige Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO, da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zugestimmt hat und das Gericht die Klageänderung zudem als sachdienlich ansieht, da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert.
24
Die geänderte Klage ist zulässig. Zwar wurde ein Vorverfahren nur hinsichtlich der …GbR durchgeführt. Da das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält, ist ein Vorverfahren jedoch entbehrlich (Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 19. Auflage 2013, § 68 Rn. 23a).
III.
25
Die Klage ist unbegründet, da die Kläger keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten dazu haben, dass eine öffentliche Zufahrtsstraße vom Knotenpunkt Ecke „… zum angrenzenden Grundstück der Kläger (Fl.Nr. …) erstellt wird (§ 113 Abs. 5 VwGO).
26
1. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus der Erteilung einer Zusicherung durch die Beklagte. Eine Zusicherung liegt nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG nur im Fall einer von der zuständigen Behörde erteilten Zusage vor, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen. Dies bedarf nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG der Schriftform.
27
a) Die von den Klägern behaupteten Zusicherungen durch das Staatliche Bauamt (Schreiben vom 13. April 2014 und 27. Juni 2014) stellen deshalb keine Zusicherungen im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG dar, da es sich hierbei schon nicht um die zuständige Behörde für die Errichtung der von den Klägern begehrten Zufahrt handelt. Zudem ist den Schreiben inhaltlich schon keine Zusicherung zu entnehmen. Bei dem Schreiben vom 13. März 2014 handelt es sich nur um eine Stellungnahme des Staatlichen Bauamts zum beantragten Vorbescheid der …GmbH. Zur Zulässigkeit der Zufahrt wurden keine Ausführungen gemacht, da noch eine Leistungsfähigkeitsberechnung für den Knotenpunkt verlangt wurde. Im Schreiben vom 26. Juni 2014 wurde lediglich ausgeführt, dass nach Ansicht des Straßenbauamts auf Grund des vorgelegten Gutachtens eine Leistungsfähigkeit für den Knotenpunkt gegeben sei. Dass die Zufahrt aber so erfolgen wird, wird in dem Schreiben nicht ausgeführt. Das Staatliche Bauamt vertrat hierbei die Ansicht, dass es sich nicht an den Kosten einer Umgestaltung beteiligen werde und eine Lichtzeichenanlage zu fordern wäre, wenn sich die Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts entgegen den Ausführungen des Gutachtens doch nicht bestätigen sollte. Dies sei aber von der Straßenverkehrsbehörde in Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Staatlichen Bauamt noch festzustellen. Eine konkrete Zusage enthält das Schreiben somit gerade nicht.
28
Die Ausführungen der Beamten … und … im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth erfüllen schon deshalb die Voraussetzungen einer Zusicherung nicht, da sie ebenfalls vom Staatlichen Bauamt als unzuständiger Behörde stammen und zudem mündlich erfolgten. Angemerkt wird insofern, dass selbst im Schadensersatzprozess, den die Kläger im Rahmen eines Zivilprozesses durchzusetzen versuchten, kein Anspruch festgestellt werden konnte. Das OLG …führt hierzu im Teilurteil vom 14. Mai 2018 (…) auf Seite 8 aus, dass die Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen aus den Schreiben nicht ableiten können, da die Schreiben nicht an sie, sondern an die Beklagte gerichtet waren.
29
b) Dem Vorbescheid vom 14. April 2014 an die …GmbH kann ebenfalls keine Zusicherung entnommen werden. Zum einen wurde die Bauvoranfrage durch die Beklagte abgelehnt, weshalb die Konstruktion einer Zusicherung ohnehin künstlich erscheint. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Verfahren die Klage auf Erteilung eines Vorbescheids abgewiesen (Beschluss vom 9. März 2017 - …*), ohne auf die Problematik einer Zusicherung einzugehen. Schon in diesem frühen Verfahrensstadium wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die direkte Zufahrt zur … den beabsichtigten Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs widerspreche. Die am 26. März 2015 erlassene Veränderungssperre stehe der Erteilung eines Vorbescheids mit dem Inhalt, dass die Erschließung des Baugrundstücks in Bezug auf die in dem Vorbescheid vom 14. April 2014 festgestellte Tankstellennutzung über die … verkehrstechnisch möglich sei, entgegen. Hätte in diesem Verfahren eine Zusicherung vorgelegen, so hätte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Klage nicht abgewiesen. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre wurden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geäußert.
30
Zum anderen lässt sich aus dem Inhalt des Bescheids vom 14. April 2014 dem Wortlaut nach keine Zusicherung entnehmen. Die Beklagte führte aus, dass eine Erschließung nur über eine öffentliche Erschließungsstraße erfolgen könne (Nr. 3 des Bescheids vom 14. April 2014), dass das Baugrundstück an den von der Regierung von Oberfranken festgesetzten Verknüpfungsbereich anschließe und dass in diesem Bereich keine direkten Anbindungen an Grundstücke (Grundstückszufahrten) zulässig seien. Es wurde somit nur der damalige Sachstand des Verfahrens wiedergegeben, ohne dass rechtsverbindlich formuliert wurde, dass die Kläger auch einen Anspruch auf Herstellung einer solchen Zufahrt durch die Beklagte hätten. Die damalige Sachlage hat sich durch die tatsächliche Entwicklung und den Erlass des Bebauungsplans überholt. Es wurde eine öffentliche Erschließungsstraße über das Grundstück Fl.Nr. … (ebenfalls …*) geschaffen. Zu Recht beruft sich die Beklagte auf diese geänderten Verhältnisse (vgl. Ausführungen unter III.2.).
31
c) Die Ablehnung des Vorbescheidantrags der Firma … vom 9. September 2014 durch die Beklagte stellt nach ihrem Wortlaut ebenfalls keine Zusicherung dar. Im Bescheid wurde ausgeführt, dass eine Sondernutzungserlaubnis nicht erteilt werden könne, da die … als Hauptverkehrsstraße stark belastet sei und die Leistungsgrenze der Kreuzung … zu den Abendspitzenstunden rechnerisch überschritten sei. Die Zufahrt zu einer Tankstelle würde die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen.
32
2. Eine weitere Anspruchsgrundlage für die Herstellung einer Zufahrt, wie sie die Kläger begehren, ist nicht ersichtlich. Das Grundstück der Kläger ist durch die von der Beklagten angelegte Stichstraße, die ebenfalls den Namen … trägt, erschlossen. Die Stichstraße steht im Eigentum der Beklagten und wurde im Bestandsverzeichnis eingetragen.
33
a) Ein Anspruch auf die Herstellung einer zweiten Zufahrt durch die Beklagte besteht nicht. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayStrWG verleihen keinen subjektiven Anspruch für den einzelnen Benutzer oder Anlieger einer Straße und daher auch keine subjektive Rechtsposition. Die Vorschrift über die Straßenbaulast begründet grundsätzlich nur eine im öffentlichen Interesse bestehende Verpflichtung zum Bau und Unterhalt von Straßen (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2010 - 8 CE 09.2582 - BayVBl 2010, 509 = juris Rn. 11 m.w.N.). Die in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG begründete Pflicht zum Bau und Ausbau von Straßen besteht im Übrigen nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Baulastträger. Auch daraus lässt sich schließen, dass mit Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG keine subjektive Rechtsposition zugunsten Dritter begründet werden sollte (vgl. BayVGH, B.v.12.1.2010 a.a.O.).
34
b) § 123 Abs. 2 BauGB bestimmt, dass die Erschließungsanlagen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden sollen und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein sollen. Dieser allgemeinen Pflicht der Gemeinde steht, wie das Gesetz in § 123 Abs. 3 BauGB ausdrücklich klarstellt, kein Anspruch gegenüber (BayVGH, B.v. 24.10.2019 - 8 ZB 19.805 - juris Rn. 10 f.).
35
c) Auch der Anliegergebrauch begründet keine drittschützende Wirkung der Regelungen über die Straßenbaulast. Im Übrigen umfasst der grundgesetzlich gewährleistete Kern des Anliegergebrauchs immer nur die Verbindung des Anliegergrundstücks zu dem davor liegenden Straßenteil und die Anbindung dieses Straßenteils an das allgemeine Straßenverkehrsnetz und schützt nicht vor Erschwernissen für den Zugang zum Anliegergrundstück, die sich aus der konkreten verkehrlichen Situation ergeben (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.1985 – 7 B 229/84 – Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 15 = juris Rn. 3; OVG Bremen, B.v. 15.1.2018 – 1 LA 265/16 – juris Rn. 16). Art. 17 BayStrWG gewährt dem Straßenanlieger nur in sehr eingeschränktem Ausmaß eine einklagbare Rechtsposition (BayVGH B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – juris Rn. 7). Die Herstellung einer weiteren Zufahrt zu einem verkehrsmäßig bereits hinreichend erschlossenen Grundstück stellt grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Auch wenn der Anschluss eines Grundstücks an eine Gemeindestraße zum Anliegergebrauch zählt, folgt daraus nicht, dass von einem Grundstückseigentümer jedwede Zuwegung angelegt werden kann. Der erlaubnisfreie Anliegergebrauch ist nur in seinem Kern geschützt und reicht grundsätzlich nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten eine Benutzung der Straße erfordert. Nicht gewährleistet ist die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs unter Aufrechterhaltung vorteilhafter Verkehrspositionen. Der grundstücksbezogenen Garantie des Anliegergebrauchs ist deshalb regelmäßig bereits durch das Vorhandensein einer Zufahrt Genüge getan (OVG Schleswig, B.v. 30.09.2019 – 4 LA 29/19 – juris und U.v. 14.11.2016 – 2 LB 4/16 – juris).
36
Ausgehend hiervon könnte einer zweiten Zufahrt nur durch den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis Rechnung getragen werden. Eine solche Sondernutzungserlaubnis wurde von den Klägern nicht beantragt, da nur eine Herstellung durch die öffentliche Hand verlangt wurde. Zudem wäre auch für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis erforderlich, dass eine Angewiesenheit auf eine zweite Zufahrt vorliegen würde. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Zufahrt so wie sie besteht, den Klägern unzumutbar wäre.
37
d) Eine Unzumutbarkeit der Nutzung der vorhandenen Grundstückszufahrt für die Kläger ist nicht ersichtlich.
38
Die Kläger haben sich im Verfahren darauf berufen, dass eine Unzumutbarkeit deshalb anzunehmen sei, da durch die Erschließungsstraße eine Höhendifferenz zu überwinden sei. Die Beklagte hat den Klägern ausdrücklich angeboten, die Zufahrt so herzustellen, dass ein direkter Anschluss des Grundstücks der Kläger an die Zufahrtstraße möglich ist (Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2020). Dies wurde von den Klägern abgelehnt. Im Übrigen müsste auch für die Erschließung über die begehrte zweite Zufahrt eine Höhendifferenz hingenommen werden. Der Vertreter des Staatlichen Bauamts hat an dieser Stelle in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die beantragte Zufahrt über die … einen erheblichen Eingriff in das Grundstück bedeute. Auch in diesem Fall müssten die Kläger eine Rampe errichten. Für die Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit muss hierbei nicht auf die genauen Höhenverhältnisse eingegangen werden, da die Kläger nicht beanspruchen können, dass die von ihnen begehrte Zufahrt besser als die tatsächlich errichtete Zufahrt ist. Abzustellen ist vielmehr allein auf das Kriterium der Unzumutbarkeit. Dass die Überwindung einer von den Klägern geschilderten Höhendifferenz nicht zumutbar ist, ist nicht ersichtlich.
39
Die neu errichtete Zufahrtstraße hat nach der Abmessung im Bebauungsplan eine Breite, die eine gewerbliche Nutzung ermöglicht. Dies zeigt bereits die Nutzung durch den …-Baumarkt. Soweit vorgetragen wird, dass durch parkende Autos die Zufahrt verstellt sei, kann die Beklagte dem durch Anbringen von Halteverbotsschildern begegnen, wenn sich dies später als problematisch herausstellen sollte. Der Umweg, der von den Verkehrsteilnehmern hinzunehmen ist, ist in Anbetracht dessen, dass das Grundstück mit dem Auto angefahren werden wird, als nicht erheblich anzusehen. Zudem handelt es sich um eine Frage der Bequemlichkeit oder Leichtigkeit vorteilhafter Verkehrspositionen, die, wie erörtert, nicht schutzwürdig sind.
40
3. Der weitere Vortrag der Kläger führt nicht zu einem Anspruch der Kläger. Dennoch hält das Gericht an dieser Stelle für erwähnenswert, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ersichtlich ist, da auch der …-Baumarkt über die neu errichtete Stichstraße erschlossen ist, sodass der Vortrag der Kläger, alle anderen Gewerbetreibende hätten eine direkte Zufahrt über die …e, nicht zutrifft.
41
Eine behauptete Verletzung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG wird der Anliegergebrauch weder gewährleistet noch geschützt. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich nur nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst, d.h. hier namentlich nach Art. 17 BayStrWG. Der Gesetzgeber hat insoweit in Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt (BayVGH, B.v. 24.11.2003 - 8 CS 03.2279 -juris).
42
Der im Schreiben der Kläger vom 21. Januar 2020 gestellte Antrag auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans ist für das Verfahren auf Herstellung einer Zufahrt durch die Beklagte nicht entscheidungserheblich. Nicht relevant ist auch die Frage der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans. Die Beklagte hat eine öffentliche Zufahrt geschaffen, die in das Bestandsverzeichnis eingetragen ist. Damit ist tatsächlich eine öffentliche Zufahrt vorhanden, welche für die Kläger nicht unzumutbar ist. Die Kläger hätten es selbst in der Hand gehabt, gegen den Bebauungsplan im Wege der Normenkontrolle vorzugehen. Dadurch, dass sie diesen Weg nicht ergriffen haben, war es der Beklagten möglich, die Zufahrtsstraße so zu errichten, wie es nun geschehen ist.
IV.
43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Als unterliegende Beteiligte haben die Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
V.
44
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.