Titel:
Vorausleistung für einen Erschließungsbeitrag
Normenketten:
BauGB § 11, § 129 Abs. 1 S. 1, § 133 Abs. 3 S. 1
KAG Art. 5a Abs. 9, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b
AO § 226 Abs. 3
Schlagworte:
Vorausleistungsbescheid, Erschließungsbeitrag, Aufrechnung, Rechtsschutzbedürfnis für allgemeine städtebaulicher Vertrag, Leistungsklage, Zahlungsanspruch
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.06.2021 – 6 ZB 20.2742
Fundstelle:
BeckRS 2020, 26556
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Beklagte kann gegen Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstrecken.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem sie zu Vorausleistungen für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „…“ herangezogen wurden und begehren eine Zahlung von der Beklagten.
2
Die Beklagte schloss am 21. November 1997 mit der … … … GmbH einen städtebaulichen Vertrag, wonach die Beklagte die Erschließungsanlage „Am …“ im Hinblick auf die von der … … … GmbH beabsichtigte Bebauung und Veräußerung der noch nicht erschlossenen Grundstücke Fl.Nr. …, …, …, …, …, … und … der Gemarkung … herstellen wird. Die Herstellung der Erschließungsanlage sollte demnach in Übereinstimmung mit den Festsetzungen des sich zum damaligen Zeitpunkt in Änderung befindlichen Bebauungsplanes … vorgenommen werden. Des Weiteren wird in § 5 des Vertrages geregelt, dass die … … … GmbH von den Erschließungskosten einen Anteil von 21,75%, d.h. 143.115,00 DM, trägt. In § 8 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die … … … GmbH den Entwässerungskanal zur baurechtlichen Erschließung der Grundstücke auf ihre Kosten verlängert. § 18 des Vertrages befasst sich mit Folgekosten für die durch die Baugebietsausweisung gestiegenen Anforderungen an die Infrastruktureinrichtungen, insbesondere im Bereich der Schulen und Kindergärten. Nach den vom Stadtrat aufgestellten Leitlinien für Neugebietsausweisungen sollen demnach pro Einfamilienhaus 12.100,00 DM und pro Geschosswohnung 6.700,00 DM bezahlt werden.
3
Auf den Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen. Die … … … GmbH bezahlte in der Folgezeit die in § 5 vereinbarte Summe. Die Beklagte erhielt von den jeweiligen Grundstückseigentümern zur Deckung der in § 18 bezeichneten Folgekosten insgesamt 36.300,00 DM.
4
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung …, welches mit einem Einfamilienhaus bebaut ist und im Bebauungsplan … vom 15. März 1996 als Allgemeines Wohngebiet festgesetzt ist. Sie erwarben das Grundstück sowie die Verkehrsfläche Fl.Nr. … (Gemarkung …*) mit notariellem Kaufvertrag vom 16. März 1998 von der … … … GmbH. In der Vertragsurkunde ist unter anderem Folgendes geregelt:
„Bezüglich der Erschließungskosten wird folgendes erklärt:
a) Der Verkäufer hat am 29.09.1997 bzw. 21.11.1997 mit der Stadt … einen Erschließungsvertrag für das Baugebiet … geschlossen. Dem Käufer ist der Erschließungsvertrag bekannt. Dieser Erschließungsvertrag ist der heutigen Urkunde zur Kenntnis beigefügt. Der Käufer tritt in den zwischen Verkäufer und der Stadt … abgeschlossenen Erschließungsvertrag ein.
b) Der Käufer übernimmt sämtliche für seinen Grundbesitz anteiligen Erschließungskosten und sonstige Kosten, die aufgrund des abzuschließenden Erschließungsvertrage anfallen werden.
c) Die Verkäuferin, Firma … … … GmbH, hat an die Stadt … in Hinblick auf den Erschließungsvertrag einen Betrag in Höhe von DM 143.115,-- bezahlt. Bei einer Gesamtgrundstücksfläche von 4.010 m² beträgt der Anteil des Verkäufers
a) für das Grundstück Fl.-Nr. … zu 409 m²
b) für den 1/6tel Anteil an dem Grundstück Fl.-Nr. … = rechnerisch 42,16 m² DM 15.989,11 = 451 x DM 35,44
In dem vorgenannten vorläufig überwiesenen Erschließungsbeitrag an die Stadt … ist auch der Anteil für den veräußerten Grundbesitz enthalten. Dieser Anteil beträgt DM 15.989,11 und ist dem Kaufpreis fällig. (…) Diesen Betrag erstattet der Käufer dem Verkäufer. Weiter verpflichtet sich der Käufer, direkt an die Stadt … auf deren Konto bei der (Kto.-Nr. wird noch bekanntgegeben) einen Betrag in Höhe von DM 12.100,-- zu bezahlen. Dies geschieht im Hinblick auf § 18 Folgekostenregelung des Erschließungsvertrages.“
5
In der Folgezeit bezahlten die Kläger den Betrag von 15.989,11 DM an die … … … GmbH sowie den Betrag von 12.100,00 DM an die Beklagte.
6
In den Jahren 2007 und 2008 befasste sich die Beklagte ausweislich eines internen Schreibens vom 10. Oktober 2007 mit dem Umstand, dass sich auf der Haushaltsstelle 4604.3500 ein Betrag von 73.173,54 EUR der … … GmbH befand, sowie der Tatsache, dass entgegen der vertraglichen Vereinbarung mit der … … GmbH bislang kein Kinderspielplatz hergestellt worden war (interne E-Mail vom 13. Mai 2008). Daraufhin setzte die Beklagte die prozentuale Beteiligung der … … GmbH für die Kosten des Kinderspielplatzes auf 25% statt auf die vertraglich vereinbarten 21,75% fest und entnahm der Haushaltsstelle 4604.3500 einen Betrag von 20.020,00 EUR.
7
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20. Juni 2018, am selben Tag zur Post gegeben, setzte die Beklagte für das klägerische Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … einen Vorausleistungsbetrag in Höhe von 12.057,94 EUR fest. Sie bezifferte die Herstellungskosten der Erschließungsanlage … mit 2.151.300,00 EUR, wobei die Beklagte 10% (215.130,00 EUR) trägt, mithin der umlagefähige Erschließungsaufwand mit 1.936.170,00 EUR bei einer Gesamtansatzfläche von 85.376,27 m² angegeben wurde. Die Grundstücksfläche der Kläger (409 m²) wurde wegen der zwei vorhandenen Vollgeschosse mit dem Nutzungsfaktor 1,3 multipliziert (= 531,70 m²).
8
Die Kläger ließen am 11. Juli 2018 Klage gegen den Vorausleistungsbescheid erheben (AN 3 K 18.01340) und erweiterten diese mit Schriftsatz vom 20. August 2018 um das Begehren, einen nach ihrer Rechtsauffassung unrechtmäßig geleisteten Folgekostenbeitrag von der Beklagten zu erhalten (AN 3 K 20.01839).
9
Die Klägerbevollmächtigte begründete die Klage mit Schriftsatz vom 20. August 2018 dahingehend, dass die Beklagte bei der Berechnung der Vorausleistung zu Unrecht einen Posten „Kanal“ mit 150.000,00 EUR beziffert habe. Wegen § 8 des zwischen der Beklagten und der … … … GmbH geschlossenen Vertrages habe diese die Kosten für die Verlängerung des Kanals zu tragen. Zudem lasse sich der Behördenakte nicht entnehmen, aus welchen einzelnen Positionen sich der Gesamtbetrag zusammensetze. Nach §§ 127 Abs. 2, 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB umfasse der Erschließungsaufwand nur die erstmalige endgültige Herstellung der Anlage einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung. Die erstmalige Herstellung der Entwässerungsanlagen sei jedoch bereits durch die … … … GmbH erfolgt und die Kosten seien von dieser auf die jeweiligen Grundstückseigentümer umgelegt worden, sodass die nachher vorgenommenen Verbesserungen und Erweiterungen nicht über das Erschließungsbeitragsrecht umlagefähig gewesen seien. Soweit die Beklagte beabsichtige, diese Kosten wiederholt zu erheben, könne dies jedenfalls nicht auf Art. 5a KAG gestützt werden, sondern allenfalls auf Art. 5 KAG. Ein Austausch der Rechtsgrundlagen komme nicht in Betracht.
10
Darüber hinaus sei der Bescheid rechtswidrig, weil der Aufwand der Beklagten für die Erschließungsanlagen bereits anderweitig gedeckt sei: Die … … … GmbH habe entsprechend der vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten einen Betrag in Höhe von 143.115,00 DM bzw. 73.173,65 EUR bezahlt. Dieser Betrag begleiche nicht nur den prozentualen Anteil (21,75%) an der Wertstoffsammelstelle, dem Kinderspielplatz und vier provisorischen Ausweichstellen, sondern auch an den im Bebauungsplan … vom 15. März 1996 als Bereich B und D, Quer straße und Plan straße C bezeichneten Flächen. Die Beklagte habe dies bei ihrer Berechnung nicht berücksichtigt. Es sei zudem anzunehmen, dass die Beklagte aus vergleichbaren städtebaulichen Verträgen weitere Einnahmen erwirtschaftet hat.
11
Eine nachvollziehbare Rechnungslegung über den Erwerb des Grundstücks für den Kinderspielplatz sei nicht erfolgt. Unklar sei auch, weshalb der Anteil der … … … GmbH hierfür auf 25% festgesetzt worden sei.
12
§ 18 des städtebaulichen Vertrages sei nichtig, weshalb den Klägern ein Erstattungsanspruch in Höhe von 6.186,61 EUR zustehe, der im Wege eines eigenständigen Klageantrages, hilfsweise für den Fall der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides im Wege einer Aufrechnung geltend gemacht wird.
13
Die Folgekostenvereinbarung beurteile sich nach § 11 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 3 BauGB-Maßnahmengesetz (1993). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 29.1.2009 - 4 C 15/07) bestehe im vorliegenden Fall kein hinreichender Bezug zwischen der Herstellung der Erschließungsanlage und den Folgekosten. Insbesondere seien der Behördenakte keine Pläne, Belege, Berechnungen o.ä. zu entnehmen, die einen erhöhten Bedarf an öffentlichen Einrichtungen aufzeigen.
- 1.
-
Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 20. Juni 2018 wird aufgehoben.
- 2.
-
Die Beklagte wird verpflichtet, an die Kläger einen Betrag von 6.186,91 EUR (Umrechnungskurs von 12.100,00 DM: 0,51129 EUR) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
15
Die Beklagte beantragt Klageabweisung und erwiderte mit Schriftsatz vom 5. Februar 2019 auf die Klage, dass die Kläger entgegen ihrer mit der … … … GmbH im notariellen Kaufvertrag vom 16. März 1998 getroffenen Vereinbarung nicht ohne die Zustimmung der Beklagten in den Erschließungsvertrag vom 21. November 1997 eintreten konnten. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Kläger diesem Vertrag beigetreten seien - wie nicht - begegne der Vorausleistungsbescheid keinen rechtlichen Bedenken. Die Straßenentwässerungsanlage sei im Zuge des Ausbaus der Erschließungsanlage „…“ erstmalig hergestellt worden. Ein Teilabschnitt hiervon sei entsprechend des städtebaulichen Erschließungsvertrages von der … … … GmbH hergestellt worden. Die anteiligen Kosten der Entwässerungsanlage (20%) seien nach § 17 des städtebaulichen Erschließungsvertrages in die Berechnung der Erschließungsbeiträge eingeflossen.
16
Der Aufwand sei auch nicht anderweitig gedeckt. Bei dem Betrag von 143.115,00 DM handle es sich nicht um eine Position für die Herstellung einer Erschließungsanlage, sondern um solche, die über einen Erschließungsbeitrag hinausgehen, wie sich § 3 Abs. 2 des städtebaulichen Vertrages entnehmen lasse. § 3 Abs. 1 des städtebaulichen Vertrages stelle deutlich heraus, dass eine Anrechnung dieses Betrages auf den zu erhebenden Erschließungsbeitrag nicht stattfinden wird.
17
Der Bedarf an öffentlichen Einrichtungen sei dem Beschluss des Stadtrates vom 24. November 1995 nachvollziehbar zu entnehmen. Der Kostenbetrag sei hier hinreichend detailliert berechnet worden.
18
In der mündlichen Verhandlung am 21. September 2020 führte die Klägerbevollmächtigte aus, den mit der Klage verfolgten Zahlungsanspruch im Hinblick auf die zwischen Klageerhebung und Klagebegründung bei einem Akteneinsichtstermin geäußerte ablehnende Haltung der Beklagten bei dieser nicht außergerichtlich geltend gemacht zu haben.
19
Mit Beschluss vom 21. September 2020 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 21. September 2020.
Entscheidungsgründe
20
Die Klagen haben den Vorausleistungsbescheid der Beklagten (Ziffer 1 des Klageantrags) sowie einen Zahlungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte (Ziffer 2 des Klageantrags) zum Gegenstand.
21
Weder die Anfechtungs- noch die allgemeine Leistungsklage haben Aussicht auf Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet (A.). Die allgemeine Leistungsklage, die mit dem unter Ziffer 2 formulierten Klageantrag verfolgt wird, ist bereits unzulässig (B.).
22
Die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten ist unbegründet, da dieser rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Vorausleistungsbescheid ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
23
1. Der Vorausleistungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5a KAG, §§ 127 ff. BauGB i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Stadt … vom 15. Dezember 1999 i.d.F. der 9. Änderungssatzung vom 9. August 2017 (im Folgenden: EBS).
24
Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Erschließungsbeitragssatzung sind weder klägerseits vorgetragen noch sonst ersichtlich, sodass von ihrer Gültigkeit auszugehen ist (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 4.6.1997 - 6 ZS 97.1305 - juris).
25
2. Die Beklagte kann gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB, Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 16 EBS Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen Erschließungsbeitrags für die Anlage … erheben.
26
a) Nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB können Vorausleistungen verlangt werden, wenn die Beitragspflicht für die erstmalig herzustellende, noch nicht endgültig festgestellte Erschließungsanlage zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht bereits entstanden ist. Darüber hinaus setzt die Erhebung einer Vorausleistung wegen ihres Charakters als eine Zahlung, die vor Entstehung der endgültigen sachlichen Beitragspflicht und zur Verrechnung mit der endgültigen Beitragsschuld (§ 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB) nach der Rechtsprechung des BayVGH (grundlegend: U.v. 01.06.2011 - 6 BV 10.2467 - juris) voraus, dass eine wirksame Beitragssatzung vorhanden ist und die Gemeinde alle weiteren ihr obliegenden rechtlich relevanten Entscheidungen getroffen hat, die für die Bestimmbarkeit der Höhe der zukünftigen (endgültigen) Beitragsforderung erforderlich sind.
27
b) Diese Voraussetzungen liegen vor und rechtfertigen die streitgegenständliche Vorausleistung dem Grunde und der Höhe nach. Die Erschließungsanlage …, die nach dem … an der Einmündung … beginnt und in Nord-Süd-Richtung bis zur … verläuft, wird durch die vorausleistungspflichtigen Baumaßnahmen erstmalig hergestellt. Es handelt sich um eine Anbau straße i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Die Beitragspflicht war zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung auch noch nicht entstanden, da eine endgültige Herstellung der inmitten stehenden Erschließungsanlage noch nicht vorlag.
28
3. Das Klägervorbringen, wonach der Erschließungsaufwand wegen von der … … … GmbH erbrachter Leistungen teilweise anderweitig gedeckt sei i.S.d. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB, geht fehl.
29
Die Beklagte vereinbarte zwar in § 3 des städtebaulichen Vertrages vom 21. November 1997 im Zusammenhang mit der geplanten Erschließung des … eine teilweise Kostenübernahme durch die … … … GmbH. Diese bezog sich jedoch sämtlich nicht auf Kosten, die im Wege des Erschließungsbeitrags umlagefähig wären (§§ 127 Abs. 1, 128 BauGB), sondern ausschließlich auf die in § 3 des städtebaulichen Vertrages genannten Baumaßnahmen und Anlagen (Kinderspielplatz, Wertstoffsammelstelle und vier provisorische Ausweichstellen) sowie den eigentlich von der Beklagten zu tragenden Gemeindeanteil am beitragsfähigen Erschließungsaufwand in Höhe von 10% (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB).
30
Dafür, dass die Beklagte voraussichtliche Kosten für die Kanalverlängerung von etwa 75 Metern in die Berechnung der Vorausleistung einbezogen hat, obwohl diese gemäß § 9 des städtebaulichen Vertrages die … … … GmbH auf eigene Kosten herzustellen hat, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. In der mündlichen Verhandlung am 21. September 2020 wurde seitens der Beklagten klargestellt, dass sie die Herstellungskosten für den 75 Meter langen Kanal in die hier streitgegenständliche Berechnung nicht mit einbezogen habe. Es bestehe allenfalls die Möglichkeit, dass Kosten für Rohre im fraglichen Kanalabschnitt in die Berechnung mit eingeflossen seien. Ausweislich des Abnahmeprotokolls des Tiefbauamtes habe die … … … GmbH jedoch statt 75 Metern nur 60 Meter des Kanalabschnitts hergestellt.
31
Selbst wenn also zu Unrecht Kosten für Rohre in 75 Metern Länge mit eingeflossen sind, so hat die Beklagte zugleich im Rahmen des Vorausleistungsverfahrens die Kosten für den 15 Meter langen Kanalabschnitt nicht umgelegt, den sie schließlich selbst herstellen musste. Die von den Klägern geforderte Vorausleistung ist daher im Ergebnis der Höhe nach nicht zu beanstanden und führt nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es ist einem Vorausleistungsbescheid zudem immanent, dass er sich nur auf voraussichtliche Kosten stützen kann, die nicht exakt berechnet werden können und müssen.
32
4. Die von der Klägervertreterin für den Fall der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides hilfsweise erklärte Aufrechnung ist unbehelflich. Da die Beklagte die Gegenforderung bestreitet, steht dem bereits Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 226 Abs. 3 AO entgegen, wonach eine Aufrechnung vorliegend nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig ist. Darüber hinaus würde eine Erfüllung durch Aufrechnung nicht zur Rechtswidrigkeit der Beitragsfestsetzung führen, sondern wäre allenfalls für die im Bescheid zu sehende Zahlungsaufforderung rechtlich relevant (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1983 - 8 C 43.81 - juris).
33
Die allgemeine Leistungsklage (Ziffer 2 des Klageantrags) ist bereits unzulässig (1), jedenfalls aber unbegründet (2) und daher vollumfänglich abzuweisen.
34
1. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Kläger unzulässig.
35
Vorliegend forderten die Kläger die Beklagte vor Klageerhebung nicht auf, die behauptete Forderung in Höhe von 6.186,91 EUR zu begleichen. Auch wenn grundsätzlich kein Erfordernis einer förmlichen Antragstellung bei der Behörde als besondere Sachurteilsvoraussetzung der allgemeinen Leistungsklage besteht, fehlt es den Klägern in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Behörde vor Klageerhebung nie mit dem Begehren befasst war, am Rechtsschutzbedürfnis (BVerwG, U.v. 28.06.2001 - 2 C 48/00 - NVwZ 2002, 97). Die Klägervertreterin begründete dies zwar damit, dass im Rahmen eines Akteneinsichtstermins bei der Behörde deren ablehnende Haltung zutage getreten sei. Jedoch fand dieser Termin bereits nach Klageerhebung statt. Selbst eine klar geäußerte Weigerung der Beklagten, den behaupteten Anspruch zu erfüllen, hätte der bereits anhängigen Klage nicht mehr zur Zulässigkeit verhelfen können. Umstände, die vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung eine vorherige Zahlungsaufforderung an die Behörde hätten entfallen lassen können, wurden weder dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich.
36
2. Darüber hinaus ist die Klage unbegründet, weil den Klägern der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Kondiktionsanspruch gegen die Beklagte entsprechend §§ 812 ff. BGB nicht zusteht.
37
Die Kläger leisteten die Zahlung von 12.100,00 DM in Erfüllung ihres Vertrages mit der … … … GmbH im abgekürzten Zahlungsweg (vgl. § 362 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die Beklagte in dem von den Klägern in der mündlichen Verhandlung erwähnten Schreiben die Erteilung der Baugenehmigung von der Zahlung dieses Betrages abhängig gemacht haben sollte, so wurde hierdurch kein Rechtsgrund zwischen den Beteiligten geschaffen, sondern gerade nur auf den bereits bestehenden Rechtsgrund, nämlich den Vertrag zwischen den Klägern und dem Bauträger, Bezug genommen. Die Kläger können folglich nur innerhalb dieser Leistungsbeziehung kondizieren. Dass die … … … GmbH zwischenzeitlich liquidiert wurde, ein Kondiktionsanspruch gegen sie - sollte er bestehen - mithin nicht mehr durchsetzbar ist, hat nicht zur Folge, dass ein Durchgriff auf die Beklagte rechtlich möglich wird. Die Kläger haben auch in Ansehung dieses Umstandes dem Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion vor der Nichtleistungskondiktion entsprechend innerhalb der Leistungsbeziehung rückabzuwickeln und können nicht aus Nichtleistungskondiktion gegen die Beklagte vorgehen.
38
Auch das weitere Vorbringen, die Kläger seien in den städtebaulichen Vertrag zwischen der Beklagten und dem Bauträger eingetreten, verfängt nicht. Eine solche vertragliche Beziehung, die einen Zahlungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte aus diesem Vertrag oder einen Anspruch aus Leistungskondiktion begründen könnte, besteht zwischen den Beteiligten nicht. Eine Vertragsübernahme durch die Kläger hätte der Zustimmung aller Beteiligter bedurft (st. Rspr., z.B. BGH, U.v. 20.04.2005 - XII ZR 29/02 - juris). Die Beklagte hat diese jedoch nicht erteilt. Auch eine Schuldübernahme durch die Kläger konnte nach § 11 BauGB, Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. § 415 BGB ohne die Mitwirkung der Beklagten nicht wirksam vorgenommen werden.
39
Folglich ist die Wirksamkeit des zwischen der Beklagten und der … … … GmbH geschlossenen städtebaulichen Vertrages insofern nicht entscheidungserheblich und bedarf keiner näheren Prüfung.
40
Nach alledem waren die Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
41
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostentenors ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.