Inhalt

OLG München, Beschluss v. 30.09.2020 – 34 Sch 13/18
Titel:

Wirksamkeit der Bekanntgabe eines Schiedsspruchs

Normenkette:
ZPO § 315 Abs. 2, § 547 Nr. 6, § 1038, 1039, § 1054 Abs. 4, § 1063 Abs. 2
Leitsätze:
Zur Frage der wirksamen Bekanntgabe eines Schiedsspruchs an die Parteien. (Rn. 25 – 31)
1. Um gegenüber den Parteien Rechtskraft zu entwickeln, muss jeder Partei ein dem § 1054 Abs. 1 ZPO entsprechender Schiedsspruch übermittelt werden. Erst mit ordnungsgemäßem Zugang hat der Schiedsspruch Außenwirkung, kann also auch durch einstimmige Entscheidung der Schiedsrichter nicht mehr zurückgenommen werden. Solange eine formgemäße Zusendung nicht erfolgt ist, ist das Schiedsverfahren nicht abgeschlossen.  (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es reicht es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des $ 1054 ZPO aus, um die Verantwortlichkeit der Schiedsrichter für das Ergebnis des Schiedsspruchs durch deren Unterschrift zu bezeugen, wenn der Originalschiedsspruch mit den Unterschriften kopiert und diese Kopien den Parteien zugeleitet werden. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Übersendung nur einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs - ohne Unterschriften - genügt nicht. Der Umstand, dass ein vollständig unterzeichneter Schiedsspruch sich lediglich in den Akten des Schiedsgerichts befindet, führt nicht zur Außenwirkung.   (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schiedsverfahren, Schiedsspruch, Unterzeichnung, Beisitzer, Bekanntgabe, beglaubigte Abschrift, Schiedsrichtervertrag, Teilschiedsspruch, Vollstreckbarkeit
Fundstellen:
EWiR 2021, 317
BeckRS 2020, 25424
LSK 2020, 25424

Tenor

1. Der Antrag, den im Schiedsverfahren zwischen den Antragstellern als Schiedskläger und den Antragsgegnern als Schiedsbeklagte durch die Schiedsrichter … als Vorsitzender sowie … und … als Beisitzer in München (Bundesrepublik Deutschland) ergangenen Teil-Schiedsspruch vom 21. August 2013 für vollstreckbar zu erklären, wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
3. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 17.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller (= Schiedskläger) begehren die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Teil-Schiedsspruchs vom 21.8.2013.
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1. Die Antragsteller und die Antragsgegner waren durch einen Praxisgemeinschaftsvertrag vom 2.8.2004 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden. Diese wurde am 3.11.2006 faktisch beendet. In § 21 Nr. 1 des Praxisgemeinschaftsvertrages ist geregelt, dass für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart wird. Nach § 21 Nr. 2 sind die Einzelheiten über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und des Verfahrens in einem als Anlage beigefügten Schiedsvertrag vom 4.3.1997 geregelt, der Bestandteil des Praxisgemeinschaftsvertrages ist. Die Parteien streiten um die Erstellung der Abfindungsbilanz und verschiedene Feststellungen hierzu anlässlich des Ausscheidens der Antragsteller. Das Schiedsgericht hat mit Teil-Schiedsspruch vom 21.8.2013 in Ziff. I. die Antragsgegner verurteilt, an der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vormals bestehend aus den Schiedsklägern und den Schiedsbeklagten, zum 3.11.2006 mitzuwirken und in den Ziffern II. bis IV. verschiedene Feststellungen getroffen.
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2. Mit Schriftsatz vom 30.5.2018 haben die Antragsteller um Vollstreckbarerklärung des Teilschiedsspruchs ersucht.
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Der Teil-Schiedsspruch vom 21.8.2013 wurde von dem Vorsitzenden …. und den Beisitzern … und … erlassen. Der Beisitzer … ist im September 2015 verstorben. Am 18.4.2017 erging ein Berichtigungsschiedsspruch, der von dem Vorsitzenden … und dem Beisitzer … sowie dem im Januar 2017 für … nachgerückten Beisitzer … unterschrieben ist.
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Der auf Aufforderung des Senats vom 13.6.2018 in anwaltlich beglaubigter Fotokopie vorgelegte Teil-Schiedsspruchs vom 21.8.2013, der den Parteien im August 2013 übermittelt wurde, trägt am Ende den Vermerk:
Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift ….
Vorsitzender des Schiedsgerichts
München, 23.8.2013
Unterschriften der einzelnen Schiedsrichter fehlen, lediglich der Vermerk ist vom Vorsitzenden unterschrieben.
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3. Die Antragsgegner widersetzen sich der Vollstreckbarerklärung insbesondere mit folgenden Argumenten: Der Antrag sei zu unbestimmt, da nicht hinreichend genau bezeichnet sei, was genau für vollstreckbar erklärt werden solle. Der Tenor bestehe im Wesentlichen aus Feststellungen, die einer Vollstreckbarerklärung nicht zugänglich seien. Außerdem liege kein den Voraussetzungen des § 1054 ZPO genügender Schiedsspruch vor. Nach dessen Abs. 1 sei der Schiedsspruch schriftlich abzufassen und durch alle bzw. zumindest durch die Mehrheit der Schiedsrichter zu unterschreiben. Daran fehle es, da lediglich der Vermerk durch den Vorsitzenden unterschrieben worden sei. Zudem sei der Schiedsspruch gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO durch Übersendung eines dem Abs. 1 entsprechenden Exemplars bekannt zu machen. Auch dies sei nicht erfolgt, da den Parteien lediglich eine Ausfertigung mit dem Vermerk des Vorsitzenden ohne die Unterschriften der Schiedsrichter zugeleitet worden sei. Der Teil-Schiedsspruch vom 21.8.2013 sei folglich nicht wirksam und das Schiedsverfahren hinsichtlich dieses vermeintlich entschiedenen Teils noch nicht beendet.
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4. Auf Veranlassung der Antragstellerseite übersandte der Vorsitzende des Schiedsgerichts daraufhin mit Schreiben vom 26.2.2019 an die Parteien jeweils eine Kopie des Originals des Teil-Schiedsspruchs vom 21.8 2013 mit den Unterschriften der Schiedsrichter …, … und …. In diesen am 27.2. bzw. 4.3.2019 zugestellten Exemplaren ist auf der ersten Seite das Erlassdatum handschriftlich von 22.8.2013 auf 21.8.2013 korrigiert. Auf Seite 27 am Rand ist, ebenfalls handschriftlich, eingefügt:
Vermerk: 2000,- € statt 1000 € (vgl. Tenor Ziff. 3) 2000 € auch beschlossen. ….
Geändert auf 2.000,- € durch Beschluss vom 18.7.2017. ….
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Auf der letzten Seite haben der Vorsitzende selbst sowie der Beisitzer …. über ihren jeweiligen früheren Unterschriften nochmals unterschrieben. Darunter findet sich ein handschriftlicher und vom Vorsitzenden …. unterschriebener Vermerk, dass der Schiedsspruch am 21.8.2013 beschlossen wurde. Des Weiteren ist vermerkt:
„Der Teilschiedsspruch vom 21.8.2013 wurde am 21.8.2013 in meinem Dienstzimmer in München von den Schiedsrichtern …., …. und … beschlossen und von allen Schiedsrichtern auf einem Original-Teil-Schiedsspruch unterzeichnet. Dr. O. ist am 17.9.2015 verstorben und kann dieses Exemplar des Teil-Schiedsspruchs vom 21.8.2013 nicht mehr eigenhändig unterschreiben. …., 25.2.2019“.
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5. Während die Antragsteller davon ausgehen, dass nunmehr ein wirksamer, den Parteien ordnungsgemäß bekannt gemachter Schiedsspruch vorliege, vertreten die Antragsgegner weiterhin die gegenteilige Ansicht. Zu der insoweit maßgeblichen Frage, ob der Schiedsspruch den Anforderungen des § 1054 ZPO genügt, führen die Parteien wie folgt aus.
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a) Die Antragsteller sind der Ansicht, dass den Antragsgegnern durch den Vorsitzenden des Schiedsgerichts nochmals mit Schreiben vom 26.2.2019 zugestellte Exemplar des Schiedsspruchs entspreche § 1054 Abs. 1 ZPO, da es die Original-Unterschriften der Mehrheit der Schiedsrichter trage.
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Die Antragsgegner rügen diesbezüglich, es fehle die Unterschrift des zwischenzeitlich verstorbenen Schiedsrichters …. § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO helfe hier nicht weiter, denn der Beisitzer … sei nicht zwischen Erlass und schriftlicher Abfassung verstorben, sondern erst danach im Jahr 2015, sodass eine Verhinderung nicht vorgelegen hätte. Zudem seien die Vorschriften über die Verhinderung eines Schiedsrichters hier nicht anwendbar, da nach § 315 Abs. 2 ZPO, der zumindest analog bzw. im Rahmen des ordre public anwendbar sei, eine Unterschriftsleistung nur bis 21.1.2014 hätte nachgeholt werden können. Denn die Unterschrift des (mit-)erkennenden Schiedsrichters sei maximal in der Frist von fünf Monaten nach „Verkündung des Urteils“ nachholbar. Dass eine Unterschrift unter einem Schiedsspruch nach fast sechs Jahren nicht mehr nachgeholt werden könne, erschließe sich aus der ZPO, zumindest aber dem ordre public, von selbst. Wie der BGH zur Unterschriftsleistung bei Urteilen zu Recht ausführe, könne schon nach Ablauf von fünf Monaten nicht mehr mit Gewissheit gesagt werden, dass sich ein Richter an die Entscheidung erinnern könne. Die Unterschrift solle die Richtigkeit der schiedsrichterlichen Entscheidung bestätigen. Zudem läge bei Nachholung der Unterschrift nach fünf Jahren ein Verstoß gegen die sogenannte Absetzungsfrist des schriftlichen Schiedsspruchs vor, was einen „absoluten Revisionsgrund“ i.S.d. § 547 Nr. 6 ZPO begründe. Zu bedenken sei, dass dem ursprünglich unwirksamen Teil-Schiedsspruch die Wirksamkeit in jedem Fall bis zur Nachholung fehle. Eine Heilung des Formmangels hätte keine Rückwirkung auf die Vergangenheit. Der Schiedsspruch wäre dann erst ab dem 25.2.2019 wirksam. Zu diesem Zeitpunkt habe das Schiedsgericht aus den Schiedsrichtern …., … und … bestanden. Mithin wäre das Schiedsgericht in dieser Besetzung zuständig gewesen und es fehle die Unterschrift des neuen Schiedsrichters ….
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Hiergegen wenden die Antragsteller ein, § 315 ZPO sei weder direkt noch analog anwendbar, da § 1054 ZPO als lex specialis Vorrang habe und auch keine Regelungslücke bestehe. Es liege auch kein Verstoß gegen den ordre public gemäß § 1059 Abs. 2 lit. 2 ZPO vor. Einmal führe die Regelung lediglich zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs; zum anderen setze die Anwendung der Regelung einen existenten und formell wirksamen Schiedsspruch voraus. Die Antragsgegner müssten sich daher schon für eine Argumentation entscheiden, nämlich entweder die - wenngleich ohnehin fehlgehende - Behauptung, der existente Schiedsspruch sei lediglich nicht korrekt zugestellt worden, oder aber die Behauptung, er sei gar nicht existent. Darauf komme es aber nicht an, da weder § 1059 ZPO noch § 315 ZPO eine Nachholung der Unterschriften auf den für die Parteien bestimmten Exemplaren verhindern würden. Die Vorschriften über die Verkündung staatlicher Urteile würden sich grundlegend von den Vorschriften für die Verkündung von Schiedssprüchen unterscheiden. Auch wenn mündlich verhandelt werde, müsse der Schiedsspruch nicht in mündlicher Verhandlung verkündet werden, sondern könne - wie hier - im schriftlichen Verfahren erlassen werden. Im Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung im schriftlichen Verfahren hätten sämtliche damaligen Schiedsrichter den Schiedsspruch im Original unterschrieben. Er sei daher zweifellos existent. Die Unterschriften der Mehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts auf dem am 26.2.2019 zugesandten Exemplar sei ausreichend, sofern der Grund der fehlenden Unterschrift (wie hier) angegeben sei. Zum anderen lasse § 1054 ZPO nicht erkennen, dass etwa eine Frist von fünf Monaten für die Nachholung einer bei mündlicher Verkündung unterlassenen Unterschrift einzuhalten wäre. Vielmehr würde, wenn ein Schiedsrichter zur Unterschrift, in diesem Fall durch Tod, nicht mehr in der Lage sei, das Verfahren zur Ersetzung nach §§ 1038, 1039 ZPO Anwendung finden. Für die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters wiederum werde keine Frist vorgeschrieben und ein solcher sei sogar zeitnah bestimmt worden. Auf seine Unterschrift komme es jedoch, wie § 1054 Abs. 1 ZPO bestimme, bei einer Besetzung durch drei Schiedsrichter nicht an.
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b) Weiter tragen die Antragsgegner vor, es fehle die Angabe des Ortes des schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1054 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Unklar bleibe auch, wer das ursprünglich maschinengeschriebene Datum handschriftlich abgeändert hat. Wenn der Schiedsspruch erst mit der nachgeholten Unterzeichnung wirksam geworden wäre, fehle auch hier die Datums- und Ortsangabe, wann im Jahr 2019 dies erfolgte. § 1054 ZPO diene der Wahrung der Rechtssicherheit, so dass die Form des Schiedsspruchs nicht unnötige Formsache wäre.
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Die Antragsteller wenden hiergegen ein, in der gesonderten Schiedsvereinbarung vom 4.3.1997, die in den Praxisgemeinschaftsvertrag vom 2.4.2008 unverändert übernommen worden sei, sei in Ziff. 3 als Gerichtsstand München vereinbart. Außerdem ergebe der Schiedsrichtervertrag, dass der Gerichtsort München sei. Die fehlende Ortsangabe mache den Schiedsspruch nicht unwirksam, wie auch der erkennende Senat schon früher entschieden habe. Auch die Neuunterzeichnung sei in München erfolgt. Das Datum der Originale mit der ergänzenden Unterschriften sei der 25.2.2019, wie dort angegeben. Es sei nicht üblich, dass jeder Richter zusätzlich einen individuellen Datumsvermerk anbringe.
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c) Die Antragsgegner sind des Weiteren der Meinung, ein durch alle drei Schiedsrichter unterzeichneter Teil-Schiedsspruch vom 21.8.2013 sei im Original den Schiedsbeklagten bisher nicht zugegangen. Es verbleibe nicht das Original des Schiedsspruchs beim Schiedsgericht oder seinem Vorsitzenden, sondern es seien von dem Schiedsspruch entsprechend der Anzahl der beteiligten Parteien gleiche Schiedssprüche im Original zu unterschreiben und zu übermitteln. Das sei unstreitig nicht erfolgt. Die im Schiedsverfahren geltenden Formvorschriften seien besonders strikt auszulegen, da es sich um ein Verfahren handle, das weitestgehend den Parteien überlassen sei und demnach keine Überprüfung durch staatlich berufenen Gerichte erfahre.
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Dem halten die Antragsteller entgegen, dass es nach § 1054 Abs. 1 und Abs. 4 ZPO ausreiche, wenn die den Antragsgegnern zugestellten Urkunden die Originalunterschriften der Mehrheit der Schiedsrichter enthalten. Tatsache sei, dass sämtliche Schiedsrichter die Urschrift des Schiedsspruchs bzw. des Ergänzungsbeschlusses unterschrieben hätten. Zudem sei § 1054 Abs. 4 ZPO auch dann eingehalten, wenn, wie hier, weitere Originale erst nach dem Versterben eines Schiedsrichters ausgefertigt würden.
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6. Unabhängig von der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1054 ZPO vertreten die Antragsteller die Ansicht, die Einwendungen der Antragsgegner seien allesamt verspätet und im Übrigen rechtsmissbräuchlich, zumal die Antragsgegner sie nach der Zustellung des Schiedsspruchs seit 2013 niemals moniert hätten.
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Die Antragsgegner halten den durch die Antragsteller erhobenen Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit für schlichtweg unlogisch und falsch. Das Gesetz sehe zwingend vor, dass eine Zustellung bei fehlenden Unterschriften wirkungslos zu bleiben habe. Auch könne es nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, sich erst in dem Zeitpunkt auf die Unwirksamkeit des Teilschiedsspruchs zu berufen, in dem dessen Vollstreckung beantragt werde. Die Antragsteller selbst hätten erst Jahre nach Erlass des Schiedsspruchs seine Vollstreckung gefordert. Den Antragstellern sei ebenfalls kein wirksamer Schiedsspruch zugestellt worden. Es handle sich daher nicht um einen Umstand, der allein den Antragsgegnern zugänglich war bzw. allein diese betraf. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Schiedsspruchs sei als neutraler, von Amts wegen zu prüfender Umstand einzustufen. Es handle sich nicht um ein Recht der Antragsgegner, welches diese missbräuchlich ausüben würden.
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7. Schließlich verweisen die Antragsteller auf § 1027 ZPO. Danach seien, wenn man davon ausgehe, dass eine vom Gesetz abweichende Zustellung erfolgt sei, die Antragsgegner mit ihren Einwendungen nach so langer Zeit ausgeschlossen. Zudem wäre, wenn nach dem Tod eines Schiedsrichters sein Name auf dem weiteren Original nicht mehr ersetzt werden könne, die Schiedsvereinbarung undurchführbar, was zwangsläufig zum Wiederaufleben der Zuständigkeit des staatlichen Gerichts führe.
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Die Antragsgegner wenden hiergegen ein, § 1027 ZPO gelte nur für das schiedsrichterliche Verfahren, nicht aber für § 1054 ZPO.
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8. Der Senat hat am 11.9.2019 die mündliche Verhandlung angeordnet (§ 1063 Abs. 2 ZPO) und diese am 22.6.2020 durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 123/127) wird verwiesen. Zum Parteivorbringen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung hat das Schiedsgericht auf Veranlassung der Antragsteller mit Schreiben vom 13.7.2020 den Parteien Kopien des Originalschiedsspruchs vom 21.8.2013 mit dem handschriftlich geänderten Datum übermittelt. Diese Exemplare enthalten die nachträglich vom Vorsitzenden eingefügten handschriftlichen Korrekturen auf Seite 27.
II.
23
Der Antrag ist unzulässig. Der Teil-Schiedsspruch stellt in keiner der den Parteien übermittelten Fassungen einen der Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO zugänglichen Schiedsspruch dar.
24
1. Das Oberlandesgericht München ist gemäß § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1, § 1054 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (GVBl S. 295) zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung.
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2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung sind nicht erfüllt, da es an einer dem § 1054 Abs. 4 ZPO entsprechenden Übermittlung des Schiedsspruchs vom 21.8.2013 an die Parteien und damit an einem Schiedsspruch mit Außenwirkung fehlt.
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a) Gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Schiedsspruch schriftlich zu erlassen und durch den oder die Schiedsrichter höchstpersönlich und eigenhändig zu unterschreiben. Mit der Unterzeichnung übernimmt der Schiedsrichter die Verantwortung, dass der Schiedsspruch dem Ergebnis der Beratungen in der Sache entspricht (Senat vom 25.2.2013, 34 Sch 12/12 = SchiedsVZ 2013, 230). Der am 21.8.2013 beschlossene und von allen damals bestellten Schiedsrichtern (…. als Vorsitzender sowie … und …. als Beisitzer) im Dienstzimmer des Vorsitzenden in …. eigenhändig unterschriebene und mit dem handschriftlich korrigierten Datum versehene Teil-Schiedsspruch erfüllt diese Voraussetzung.
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b) Dass der Teil-Schiedsspruch entgegen § 1054 Abs. 3 ZPO nur den Tag, an dem er erlassen wurde, nicht hingegen die ausdrückliche Angabe über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens enthält, macht ihn weder unwirksam noch zwingend ergänzungsbedürftig, wenn der Schiedsort aus den Umständen hergeleitet werden kann (vgl. Senat vom 22.11.2016, 34 Sch 22/16 = BeckRS 2016, 20091 m.w.N.; OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 1438; Zöller/Geimer ZPO 33. Aufl. § 1054 Rn. 10; Seiler in Thomas/Putzo ZPO 41. Aufl. § 1054 Rn. 8; Saenger in Saenger ZPO 8. Aufl. § 1054 Rn. 6; Wilske/Markert in BeckOK ZPO 37. Edition § 1054 Rn. 17; a.A. MüKo/Münch ZPO 4. Aufl. § 1054 Rn. 35; Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 4. Aufl. Rn. 1756 ff.). Dies ist vorliegend der Fall. Denn zum einen ist in der gesonderten Schiedsvereinbarung vom 4.3.1997, die in den Praxisgemeinschaftsvertrag vom 2.4.2008 unverändert übernommen wurde, in Ziff. 3 als Gerichtsstand München vereinbart. Zudem ergibt der Schiedsrichtervertrag, dass der Gerichtsort München ist.
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c) Allerdings fehlt es an der gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO notwendigen ordnungsgemäßen Übermittlung des Teil-Schiedsspruchs vom 21.8.2013 an die Parteien. Die Einhaltung der Formalia des § 1054 ZPO ist von Amts wegen zu prüfen (zum alten Recht: BGH BeckRS 1979, 31115011; Wilske/Markert § 1054 Rn. 5; Zöller/Gmeiner § 1054 Rn. 4), weshalb der Einwand der Antragsteller, das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgegner sei verspätet und im Übrigen rechtsmissbräuchlich, ins Leere geht.
29
§ 1054 ZPO regelt die formalen Mindestvoraussetzungen, die an einen wirksamen Schiedsspruch zu stellen sind, und dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (Prütting in Prütting/Gehrlein ZPO 7. Aufl. § 1054 Rn. 1). Da § 1055 ZPO dem Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zuweist, müssen besondere Anforderungen an die Form erfüllt sein (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 77. Aufl. § 1054 Rn. 1; Wilske/Markert § 1054 Rn. 1). Um gegenüber den Parteien Rechtskraft zu entwickeln, muss jeder Partei ein dem § 1054 Abs. 1 ZPO entsprechender Schiedsspruch übermittelt werden (Gal in BeckOK VVG 2. Aufl. Kapitel 130 Rn. 147). Erst mit ordnungsgemäßem Zugang hat der Schiedsspruch Außenwirkung, kann also auch durch einstimmige Entscheidung der Schiedsrichter nicht mehr zurückgenommen werden. Solange eine formgemäße Zusendung nicht erfolgt ist, ist das Schiedsverfahren nicht abgeschlossen.
30
aa) Nach einer vereinzelt vertretenen Meinung müssen so viele Originale, wie Parteien an dem Schiedsverfahren teilgenommen haben, erstellt, unterschrieben und an die Schiedsparteien übermittelt werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 1054 Rn. 6; Schlosser in Stein/Jonas ZPO 23. Aufl. § 1054 Rn. 25). Nach anderer Ansicht, der auch der Senat folgt, genügt die Übermittlung einer Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des originalen Schiedsspruchs, jedoch zwingend versehen mit den Originalunterschriften (OLG Düsseldorf BeckRS 2007, 16701; Zöller/Geimer ZPO 33. Aufl. § 1054 Rn. 11; Lachmann Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 1777; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kapitel 20 Rn. 9; MüKo/ Münch § 1052 Rn. 41), da als Schiedsspruch i.S.d. § 1054 Abs. 3 ZPO auch die Zweitschrift anzusehen ist. Dafür spricht auch die Begründung zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts 1997, wonach die Bezeichnung „Schiedsspruch“ in § 1054 Abs. 4 ZPO sowohl das Original als auch die Abschrift erfasst; entscheidend ist, dass jedes Exemplar des Schiedsspruchs die Unterschrift der Schiedsrichter trägt (BT-Drs. 13/5274 vom 12.7.1996, Seite 56). Dabei reicht es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Verantwortlichkeit der Schiedsrichter für das Ergebnis des Schiedsspruchs durch deren Unterschrift zu bezeugen, aus, wenn der Originalschiedsspruch mit den Unterschriften kopiert und diese Kopien den Parteien zugeleitet werden.
31
Die Übersendung nur einer beglaubigten Abschrift - ohne Unterschriften - genügt nicht (Senat vom 14.8.2007, 34 Sch 2/06 = BeckRS 2007, 16701; Zöller/Geimer § 1054 Rn. 11; Schwab/Walter Kapitel 20 Rn. 9; Wilske/Markert § 1054 Rn. 23). Der Umstand, dass ein vollständig unterzeichneter Schiedsspruch sich lediglich in den Akten des Schiedsgerichts befindet, führt nicht zur Außenwirkung (Lachmann Rn. 1781).
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bb) Obwohl den Parteien vom Schiedsgericht 2013 und 2019 jeweils Kopien des Teil-Schiedsspruchs zugeleitet wurden, ist eine wirksame, dem § 1054 Abs. 4 ZPO entsprechende, Übermittlung vorliegend nicht feststellbar.
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(1) Der den Parteien vom Vorsitzenden im August 2013 übermittelte Teil-Schiedsspruch trägt nur den Beglaubigungsvermerk des Vorsitzenden und keine Unterschriften der Schiedsrichter, genügt also nicht den Vorgaben des § 1054 Abs. 4 ZPO.
34
Die mit Schreiben vom 26.2.2019 an die Parteien vom Vorsitzenden des Schiedsgerichts übersandten Kopien sind, abweichend von dem gemäß § 1054 Abs. 1 ZPO am 21.8.2013 erlassenen Originalschiedsspruch, versehen mit schriftlichen Vermerken des Vorsitzenden auf Seite 27 und der letzten Seite. Da die Einhaltung der Förmlichkeiten des § 1054 ZPO zwingend ist (Seiler in Thomas/Putzo ZPO § 1054 Rn. 10), stellt die Zuleitung eines (nachträglich) veränderten Schiedsspruchs nicht die gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO notwendige Übermittlung des erlassenen Schiedsspruchs dar und bewirkt nicht dessen Außenwirkung. Es kann dabei dahinstehen, ob offensichtlich nachträglich angebrachte Bemerkungen oder der Vermerk über eine Berichtigung nach § 319 Abs. 2 ZPO auch dazu führen müssen, dem Schiedsspruch die Außenwirkung zu versagen. Vorliegend wurden auf Seite 27 nach den vorliegenden Kopien zwei verschiedene Vermerke angebracht sowie drei Unterschriften des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, wobei nur bei dem zweiten handschriftlichen Vermerk feststeht, dass dieser nachträglich in Anbetracht einer Änderung des Schiedsspruchs angebracht wurde. Bei dem nicht datierten Vermerk: „2000,- € statt 1000 € (vgl. Tenor Ziff. 3) 2000 € auch beschlossen ….“ ist nicht ersichtlich, dass diese Bemerkung schon im Original enthalten war. Dagegen spricht nämlich, dass die handschriftliche Bemerkung als „Vermerk“ bezeichnet ist und nur von dem Vorsitzenden unterschrieben ist. Die Bemerkung, dass 2.000 € auch beschlossen seien, erscheint zudem nur erklärbar, wenn dies nicht schon am Tag der Unterschrift im Original durch erneuten Ausdruck der Seite 27 mit dem nun korrekten Betrag berichtigt werden konnte. Die beiden Vermerke widersprechen sich zudem, denn zum einen wird behauptet, der Betrag von 2.000 € sei von Anfang an so beschlossen, wogegen der zweite Vermerk nicht von einer Berichtigung eines Schreibversehens, sondern davor spricht, der Schiedsspruch sei insofern durch Beschluss vom 18.4.2017 „geändert“ worden. Mithin lässt die vorliegende Kopie nicht erkennen, was Inhalt der ursprünglichen Entscheidung war. Damit kann durch Zustellung dieser Kopie den formellen Voraussetzungen des § 1054 ZPO nicht mehr Genüge getan werden.
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(2) Gleiches gilt für die mit Schriftsatz vom 13.7.2020 übersandten Kopien, da auch darin auf Seite 27 die handschriftlichen Vermerke angebracht sind.
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3. Die formellen Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung sind auch nicht durch Zuleitung eines gegebenenfalls am 25.2.2019 neu erlassenen Teil-Schiedsspruchs erfüllt.
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Die erneute Unterschriftsleistung durch den Vorsitzenden … und den Beisitzer … mit dem Vermerk über die Verhinderung des verstorbenen Schiedsrichters Dr. O. am 25.2.2019 stellt keinen i.S.d. § 1054 Abs. 1 ZPO ordnungsgemäßen Erlass des Teil-Schiedsspruchs dar. Zwar können die erforderlichen Formalia jederzeit nachgeholt werden (Seiler in Thomas/Putzo § 1054 Rn. 10; Wilske/Markert § 1054 Rn. 1.1). Am 25.2.2019 bestand das Schiedsgericht jedoch aus dem Vorsitzenden … und den Beisitzern … und …. Zuständig für den Erlass eines Schiedsspruchs sind die im Zeitpunkt seines Erlasses bestellten Schiedsrichter. Auf die Frage unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welches Zeitraums die Ersetzung einer Unterschrift möglich ist, kommt es daher nicht an.
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Die übrigen Ausführungen der Antragsteller hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 1027 ZPO bzw. der §§ 1038, 1039 ZPO liegen derart neben der Sache, dass sich ein Eingehen hierauf erübrigt. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der Streitwert für einen Vollstreckbarerklärungsantrag bemisst sich grundsätzlich nach dem geschätzten Wert der Hauptsacheforderung (Wendtland in BeckOK ZPO 37. Edition § 3 Rn. 31). In dem vorliegenden Teil-Schiedsspruch wurde ein Anspruch auf Bilanzerstellung zugesprochen. Ein solcher ist als bloßer Vorbereitungsanspruch lediglich mit einem Bruchteil von 1/4 des auf den Leistungsantrag entfallenden Streitwerts zu bemessen (OLG Saarbrücken BeckRS 2016, 19947). Den Streitwert der ursprünglichen Schiedsklage haben die Antragsteller im Schriftsatz vom 9.7.2018 mit 68.279,91 € angegeben, weshalb hiervon 1/4, also aufgerundet 17.500 € anzusetzen sind. Da die in den Ziff. II. bis IV. des Teil-Schiedsspruchs genannten Beträge lediglich Rechnungsposten für die Auseinandersetzungsbilanz sein sollen, sind sie für die Streitwertfestsetzung nicht heranzuziehen.