Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 03.08.2020 – W 8 K 19.1582
Titel:

Keine Änderung der Auszahlungsmitteilung - Landwirtschaft

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5
VO (EU) Nr. 178/2002 Art. 14
VO (EU) Art. 91 Abs. 1
Schlagworte:
Teilverpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage, Kürzung landwirtschaftlicher Subventionen, CrossCompliance-Verstoß, Wartezeit nicht eingehalten, Rückstände von Penicillin G in Milch, Zurechnung des Handelns eines Mitarbeiters, Grundanforderungen an die Betriebsführung, GAB, Wartezeit, Mitarbeiter, Direktzahlungen, atypischer Fall, Betrieb, Landwirtschaft, Verstöße, Cross-Compliance Verpflichtungen
Fundstelle:
BeckRS 2020, 25101

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Änderung eines Bescheids und zweier Auszahlungsmitteilungen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 5. November 2019, in dem im Rahmen der Gewährung von Direktzahlungen und Zuwendungen wegen Verstößen gegen die Cross-Compliance (CC)-Verpflichtungen Kürzungen vorgenommen wurden, und die Gewährung der Zuwendungen in voller Höhe.
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1. Der Kläger beantragte mit Mehrfachantrag vom 14. Mai 2018 beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt die Auszahlung der Basisprämie durch Aktivierung der Zahlungsansprüche und Zahlung für den Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden (Greeningprämie), die Umverteilungsprämie für aktivierte Zahlungsansprüche, sowie die Auszahlung für das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) und das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA), jeweils für das Jahr 2018. Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle durch das Veterinäramt des Landratsamts Schweinfurt wurde festgestellt, dass das Melkgeschirr/Räume nicht so beschaffen sind, dass das Risiko einer Kontamination begrenzt ist (GAB 4 LM PK 05). Nach dem Ergebnisbericht des Milchprüfrings Bayern e.V. (MPR) vom 21. Februar 2018 waren in der vom Kläger produzierten untersuchten Kuhmilch die Wirkstoffe Penicillin G und Neomycin B nachweisbar.
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Mit Bescheid des AELF Schweinfurt vom 10. Dezember 2018 wurden dem Kläger Direktzahlungen in Höhe von 57.129,46 EUR gewährt. Bei der Gewährung wurde eine Kürzung in Höhe von 5% vorgenommen. Zur Begründung für die angewandten Kürzungen, Sanktionen und Ablehnungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei ein Verstoß oder mehrere Verstöße gegen die CC-Vorschriften festgestellt worden. Auf den entsprechenden Prüfbericht werde verwiesen. Im Falle eines CC-Verstoßes obliege es dem AELF, die förderrechtlichen Konsequenzen gemäß Art. 99 VO (EU) Nr. 1306/2013 zu bestimmen. Bei derartigen Fällen entspreche es der ständigen Verwaltungspraxis, die Beihilfezahlungen um 5,00% zu kürzen. Besondere Umstände, die ein Abweichen von dieser Regeleinstufung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich.
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Mit der 1. Auszahlungsmitteilung der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) des AELF Schweinfurt vom 10. Dezember 2018 wurde dem Kläger eine Förderung in Höhe von 22.459,04 EUR gewährt. Hierbei wurde eine Kürzung in Höhe von 5% aufgrund der Verstöße gegen die CC-Verpflichtung vorgenommen.
5
Mit der 2. Auszahlungsmitteilung der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) des AELF Schweinfurt vom 27. März 2019 wurde dem Kläger eine Förderung in Höhe von 5.570,90 EUR gewährt. Auch hierbei wurde die Kürzung in Höhe von 5% aufgrund der Verstöße gegen die CC-Verpflichtungen verrechnet. Diese Auszahlungsmitteilung ersetzt die Mitteilung vom 10. Dezember 2018.
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Mit Schreiben vom 15. Januar 2019 legte der Kläger gegen den Bescheid des AELF Schweinfurt vom 10. Dezember 2018, mit beim AELF Schweinfurt am 20. Februar 2019 eingegangenen Schreiben gegen die 1. Auszahlungsmitteilung, und mit beim AELF Schweinfurt am 3. Mai 2019 eingegangenen Schreiben gegen die 2. Auszahlungsmitteilung Widerspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Widerspruch nicht gegen die Sanktionierung an sich richte, sondern lediglich gegen die Höhe der Sanktion. Es sei am 15. Februar 2018 zu einem Zwischenfall in klägerischen Betrieb gekommen, der zu einer verunreinigten Milchablieferung geführt hätte. Der Verstoß werde insoweit eingeräumt. Die Sicherungssysteme der Molkerei hätten gut funktioniert und ein In-Verkehr-Bringen der betroffenen Milch habe nicht stattgefunden.
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Das AELF Schweinfurt half den Widersprüchen nicht ab und legte sie mit Schreiben vom 3. Mai 2019 der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2019 wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) den Widerspruch des Klägers zurück (Nr. 1). Dem Kläger wurden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt (Nr. 2). Es wurde eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Melkgeschirr und die Melkräume seien nicht so beschaffen gewesen, dass das Risiko einer Kontamination begrenzt sei (GAB 4 LM PK 05). Hierbei habe es sich um einen Verstoß gegen Art. 93 Abs. 1 i.V.m. GAB 4 des Anhangs II der Verordnung (VO) (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 14 VO (EU) Nr. 178/2002 i.V.m. Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Nr. II A.1) VO (EG) Nr. 853/2004 gehandelt, welcher als leichter fahrlässiger Verstoß mit einem Kürzungssatz von 1% bewertet worden sei. Laut dem Ergebnisbericht des Milchprüfrings Bayern e.V. vom 21. Februar 2018 seien in der vom Kläger produzierten Kuhmilch ein erhöhter Wert des Wirkstoffs Penicillin G (GAB 4 LM PK 33) festgestellt worden. Dies habe einen Verstoß gegen Art. 93 Abs. 1 i.V.m. GAB 4 des Anhangs II der VO (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 14 VO (EU) Nr. 178/2002 i.V.m. Tabelle 1 des Anhangs VO (EU) Nr. 37/2010 dargestellt und sei als schwerer, fahrlässiger Verstoß mit 5% bewertet worden. Grund dafür sei wiederum gewesen, dass die Wartezeit nach Verabreichung von Medikamenten bei der Rohmilch von Tieren nicht eingehalten worden sei (GAB 4 LM PK 25). Hierbei habe es sich um einen Verstoß gegen Art. 93 Abs. 1 i.V.m. GAB 4 des Anhangs II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 14 VO (EU) Nr. 178/2002 i.V.m. Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Nr. I. 1e) VO (EG) Nr. 853/2004 gehandelt, welcher als schwerer, fahrlässiger Verstoß mit einem Kürzungssatz vom 5% bewertet worden sei. Durch die Kombination der o.g. Verstöße habe sich ein Gesamtkürzungssatz von 5% ergeben. Die Gewährung von Direktzahlungen sei gemäß Art. 91 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Umweltschutz, Klimawandel, guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen, Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze, sowie Tierschutz geknüpft. Diese Verknüpfung werde als „Cross Compliance“ (CC) bezeichnet. Die CC-Regelungen würden sieben Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) und 13 Regelungen zu den Grundanforderungen an die Betriebsführungen (GAB) umfassen. Diese Fachrechtsregelungen würden auch unabhängig von CC bestehen. Wenn die GLÖZ oder die GAB in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt würden und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung und der Unterlassung sei, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten sei, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt habe, werde der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der diesem Betriebsinhaber gewährt worden oder zu gewähren sei, gekürzt oder gestrichen (vgl. Art. 99 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013). Lebensmittel, die nicht sicher seien, dürften nach Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 178/2002 nicht in den Verkehr gebracht werden. Gemäß Art. 14 Abs. 2 VO (EU) Nr. 178/2002 würden Lebensmittel als nicht sicher gelten, wenn sie gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet seien. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sei, sei nach Art. 14 Abs. 4 VO (EU) Nr. 178/2002 zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe bewirkten Kontamination von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden sei. Im vorliegenden Fall sei die produzierte Kuhmilch „als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ einzustufen gewesen, da die zulässigen Rückstandshöchstmengen gemäß der Tabelle 1 des Anhangs VO (EU) Nr. 37/2010 für den Wirkstoff Penicillin G überschritten gewesen seien. Gemäß Anhang III Abschnitt IX Kapitel I Nr. I. 1e) VO (EG) Nr. 853/2004 müsse Rohmilch von Tieren stammen, bei denen nach Verabreichung zugelassener Erzeugnisse oder Stoffe die vorgeschriebene Wartezeit eingehalten worden sei. Laut dem Ergebnisbericht des MPR vom 21. Februar 2018 sei in der Tankmilch vom 16. Februar 2018 ein positiver Hemmstoffbefund festgestellt worden. Daraus lasse sich schlussfolgern, dass die Wartezeit für den darin nachgewiesenen Wirkstoff Penicillin G nicht eingehalten worden sei. Die vorgenommene Bewertung der Verstöße sei hinsichtlich der Kriterien „Ausmaß“, „Schwere“, „Dauer“ und „Häufigkeit“ nicht zu beanstanden. Art. 38 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 enthalte Begriffsbestimmungen zu den Beurteilungskriterien für den Schweregrad des Verstoßes. Zur europarechtskonformen Anwendung dieser Vorgaben würden im Wege einer Bund-Länder-Abstimmung für jedes Kontrolljahr für die einzelnen Rechtsakte und Standards Bewertungsmatrizen beschlossen. In diesen Bewertungsmatrizen sei jeweils definiert, unter welchen Voraussetzungen die dazu bestimmte Regelbewertung Anwendung finden solle. Die dort beschriebenen Fallkonstellationen würden also antizipiert diejenigen darstellen, die nach Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit zur Regelbewertung führen sollten. Damit seien diese Kriterien bereits durch die Definition des Regelfalles berücksichtigt. So auch für das Kontrolljahr 2018. Die festgestellten und näher beschriebenen Verstöße seien durch den Kläger fahrlässig begangen worden. Auf die Grundanforderungen sei er in der CC-Broschüre hingewiesen worden. Da sich die begangenen Verstöße alle auf die GAB 4 bezögen, handle es sich um solchen innerhalb eines Rechtsakts. Mehrere fahrlässige Erstverstöße gegen Prüfkriterien innerhalb eines Rechtsaktes würden wie ein Verstoß sanktioniert. Da vom Prüfer innerhalb des Rechtsakts unterschiedliche Bewertungssätze für unterschiedliche Verstöße festgelegt worden seien, gelte gemäß Art. 73 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 die höchste Bewertung. Aus diesem Grund sei ein Gesamtkürzungssatz von 5% festgelegt worden. Anders als beispielsweise im Strafrecht werde bei Verstößen gegen die CC-Vorschriften nicht auf die Schuld des Einzelnen abgestellt. Der Betriebsinhaber alleine sei für seinen Betrieb und somit auch die Einhaltung der Vorschriften durch Dritte verantwortlich. Außerdem stelle die Kürzung der Direktzahlungen und der Zahlungen für Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen keine Doppelbestrafung dar. Die Schadensersatzzahlungen an die Molkerei und die Kürzung aufgrund des CC-Verstoßes seien strikt getrennt voneinander zu betrachten. Bei den Zahlungen an die Molkerei handle es sich Ersatzzahlungen privatrechtlicher Natur, wohingegen das Bewilligungsverfahren für die gewährten Zuwendungen öffentlich-rechtlich sei. Die Festsetzung der Gebührenhöhe liege im pflichtgemäßen Ermessen der Widerspruchsbehörde. Unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands und der Bedeutung der Angelegenheit sei eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR angemessen.
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2. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei Milchviehhalter und Landwirtschaftsmeister mit Ausbildungsbefugnis und beschäftige seit dem Neubau eines Aussiedlungsstalls im Jahr 2010 regelmäßig ein bis zwei Lehrlinge sowie weitere festangestellte Mitarbeiter in seinem Betrieb. Sämtliche Mitarbeiter würden von ihm für die einzelnen Arbeitsbereiche und Aufgabenfelder stets ordnungsgemäß eingearbeitet und regelmäßig geschult. Erstmalig sei es am 15. Februar 2018 zu einem Zwischenfall auf seinem Betrieb gekommen, der zu einer verunreinigten Milchablieferung an die Molkerei geführt habe. Konkret habe sich zugetragen, dass eine von ihm selbst mit einem Medikament behandelte Milchkuh an diesem Tag habe gemolken werden müssen und auch dürfen, deren Milch jedoch abgesondert und nicht mit der Milch der anderen Kühe vermischt und an die Molkerei hätte abgeliefert werden dürfen. Aus diesem Grund habe der Kläger - wie es auf seinem Betrieb üblich sei und mit entsprechenden Mitarbeitern vereinbart - die mit dem Medikament behandelte Milchkuh mit zwei roten Bändern an den beiden hinteren Fesseln gekennzeichnet, sodass diese leicht identifiziert habe werden können. Der rumänische Mitarbeiter habe es in diesem konkreten Fall offensichtlich übersehen, die von der betroffenen Milchkuh gemolkene Milch trotz der beiden roten Bänder zu separieren. Die mit Hemmstoffen belastete Milch dieser einen Kuh sei somit in den Milchtank und zur Molkerei gelangt. Erst dort sei die Belastung festgestellt worden. Der Kläger sei beim Melkvorgang gewöhnlich mit vor Ort, es sei denn, er werde wegen einer anderen dringenden Aufgabe an anderer Stelle benötigt. Der in diesem Fall rumänische Mitarbeiter allerdings sei instruiert und geschult gewesen und auch immer wieder kontrolliert worden, dass Milch von derart gekennzeichneten Milchkühen zu separieren sei. Es handle sich um ein einmaliges Ereignis. Der finanzielle Schaden bei der Molkerei sei nachfolgend vom Kläger anerkannt und ersetzt worden. Die Widersprüche des Klägers, ebenso wie die Klage, würden sich nicht gegen den festgestellten Verstoß an sich richten, sondern zum einen gegen die Zuordnung des durch einen ausländischen Mitarbeiter versehentlich begangenen Versäumnisses auf den Kläger als Betriebsleiter und zum anderen gegen die Einstufung des Versäumnisses als „schwerer Verstoß“ mit einer Sanktionierung mit 5%. Nach allen den Landwirten zugänglich gemachten Förderunterlagen (z.B. „CC-Broschüre“) sowie nach den hier bekannten rechtlichen Fördergrundlagen würden die dort vorgenommenen Abgrenzungskriterien eher für einen geringfügigen (1%) oder mittleren (3%) Verstoß sprechen. Es handle sich um einen erstmaligen und einmaligen Verstoß. Dieser Verstoß sei auch nicht durch den Kläger selbst, sondern durch einen von ihm in gebotener Weise ausreichend geschulten und kontrollierten Mitarbeiter erfolgt. Aus seiner Sicht als Betriebsinhaber sei der Betrieb stets so organisiert gewesen und sei es noch, dass eine ordnungsgemäße Betriebsführung gewährleistet sei. Ein für ihn einmaliger, plötzlicher und nicht vorhersehbarer Verstoß eines ansonsten ordnungsgemäß geschulten Mitarbeiters könne auch im Rahmen der CC-Vorschriften nicht zu einer derart hohen Sanktionierung führen. Die Sanktionierung mit 5% stehe außer Verhältnis zum Schaden bei der Molkerei (verworfene Milch ca. 2.000,00 EUR). Unstreitig handle es sich um vorliegend lediglich um einen fahrlässig begangenen Verstoß eines ausländischen Mitarbeiters. Man könne von einem Spontanversagen ausgehen. Der Vorgang des Verstoßes habe nicht lange gedauert, das Ausmaß sowie die Schwere seien überschaubar gewesen und es habe sich um einen einmaligen Verstoß gehandelt. Es werde davon ausgegangen, dass der dem Prüfer zur Verfügung stehende Bewertungsspielraum nicht ermessensgerecht ausgeübt worden sei.
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3. Die FüAk führte zur Klageerwiderung für den Beklagten im Wesentlichen aus: Es werde zur Begründung der Klageerwiderung vollumfänglich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 5. November 2019 Bezug genommen. Ergänzend werde erklärt, dass für keines der drei festgestellten Verstoßkriterien die Möglichkeit von der Regelbewertung abzuweichen bestehe. Zwei Verstöße (Nachweis von Substanzen und Rohmilch von Tieren, Wartezeit nicht eingehalten) seien als „schwere“ Verstöße eingestuft worden. Verstöße würden nach Art. 38 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 hinsichtlich der Kriterien „Schwere“, „Ausmaß“, „Dauer“ und „Häufigkeit“ bewertet. Welche Person den Verstoß begangen habe, sei für die Bewertung nicht relevant. Für beide Kriterien sei nach fachlicher Einschätzung des Veterinäramtes sowie nach rechtlicher Überprüfung durch die FüAk im Hinblick auf Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit keine Reduktion möglich. Für Penicillin G liege die zulässige Rückstandshöchstmenge für Milch bei 4 µg/l. Die belastete Milch des Betriebs des Klägers habe einen Gehalt von 16 µg/l Penicillin G aufgewiesen. Im Fall des Klägers werde davon ausgegangen, dass jede der 113 Milchkühe pro Tag ca. 20 l Milche gebe. Bei zweitägiger Abholung ergebe das eine Milchmenge von mehr als 4.500 l. Trotz des Verdünnungseffekts mit einer derart hohen Menge einwandfreier Milch sei eine viermal so hohe Belastung mit Penicillin G als eigentlich zulässig feststellbar gewesen. Die derart kontaminierte Rohmilch sei auf Grundlage der Überschreitung der zulässigen Rückstandshöchstmenge als nicht sicheres Lebensmittel nach Art. 14 Abs. 2 VO (EU) Nr. 179/2002, welches nach Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 178/2002 nicht in den Verkehr gebracht werden dürfe, zu beurteilen. Das „Ausmaß“ eines Verstoßes werde nach Art. 38 Abs. 2 Delegierte VO (EU) Nr. 640/ 2014 insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen habe oder auf den Betrieb selbst begrenzt sei. Die kontaminierte Rohmilch des Betriebs des Klägers sei von einem Tankwagen der Molkerei abgeholt worden und habe somit auch die restliche Milch von anderen Betrieben kontaminiert. Aufgrund der Sicherungssysteme der Molkerei sei zwar kein In-Verkehr-Bringen dieser Milch erfolgt. Die komplette Tankfüllung habe von der Molkerei vernichtet werden müssen, was dort wiederum zu einem finanziellen Schaden geführt habe. Der Verstoß sei somit nicht auf den Betrieb selbst begrenzt gewesen und habe zudem weitreichende Auswirkungen gehabt. Das Kriterium der Dauer sei bereits bei der Bewertung des Verstoßes als fahrlässiger Verstoß berücksichtigt worden. Wenn es, wie auf dem Betrieb des Klägers, zu einer Kontamination der Rohmilch komme, dann sei die Dauer eines solchen Verstoßes in der Regel immer gleich lang. Sobald die Milch bei der Molkerei angeliefert, kontrolliert und ein Verstoß festgestellt werde, erfolge eine Mitteilung an den Betrieb und dieser könne ihn daraufhin abstellen. Sollte dieser Verstoß darüber hinaus aber weiterhin andauern und nicht abgestellt werden, würde es sich um vorsätzliches Vergehen handeln. Bei einem vorsätzlich begangenen Verstoß betrage die Kürzung grundsätzlich nicht weniger als 20%. Bei den Verstößen des Betriebs des Klägers handle es sich um Erstverstöße. Nach Art. 39 Abs. 4 Unterabs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 wäre bei Wiederholungsverstoß der angewendete Kürzungssatz zu verdreifachen gewesen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Wenn der Betriebsinhaber bestimmte betriebliche Arbeiten auf einen Mitarbeiter übertrage und dieser den Verstoß begehe, sei in diesem Fall der Mitarbeiter der Verrichtungsgehilfe des Betriebsinhabers und dieser nicht von seiner Verantwortungspflicht entbunden. Nur im Einzelfall, wenn der Betriebsinhaber nachweisen könne, dass er seiner Auswahl und Überwachungspflicht nachgekommen sei, könne auf eine Sanktionierung verzichtet werden. Den Exkulpationsbeweis müsse der Betriebsinhaber erbringen. Der Kläger habe ausgeführt, dass die mit Penicillin G behandelte Kuh mit zwei Bändern gekennzeichnet gewesen sei und der Mitarbeiter ausreichend geschult worden sei. Über diese Behauptungen hinaus führe der Kläger jedoch keinerlei Beweis. Zudem sei Folgendes zu beachten: Nach den Angaben der Klägerseite führe der rumänische Mitarbeiter in der Regel zusammen mit dem Betriebsleiter die ihm zugewiesenen Aufgaben aus, außer der Betriebsleiter habe eine andere dringende Aufgabe zu erledigen. Dass der rumänische Mitarbeiter im Betrieb nicht eigenständig Aufgaben übernehme und eigenständig arbeite, zeige schon, dass er augenscheinlich einer besonderen Anleitung bedürfe. Der Betriebsleiter wisse, dass dringliche Arbeiten eintreten könnten und müsse, gerade, wenn ein Mitarbeiter ansonsten nicht eigenverantwortlich arbeite, diesen eigens auf solche Situationen vorbereiten, ihn besonders instruieren oder sicherstellen, dass sich ein weiterer Mitarbeiter um seinen Kollegen kümmere und diesen anweise. Nach dem Vortrag des Klägers sei der fragliche Mitarbeiter neben der behaupteten allgemeinen Instruktion offensichtlich nicht besonders auf derartige Situationen vorbereitet worden. Zusätzlich müsse ein Betriebsleiter sicherstellen, dass gerade ein ausländischer Mitarbeiter tatsächlich alles auch verstanden habe, was ihm erklärt worden sei. Andernfalls könnte sich ein Betriebsleiter mit Mitarbeitern ohne ausreichende Deutschkenntnisse ungerechtfertigt wesentlich leichter exkulpieren als ein Betrieb ohne ausländische Mitarbeiter. In den vorgelegten Bewertungsmatrizen würden die einzelnen Arten von Verstößen hinsichtlich der Bewertungskriterien des Art. 38 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 ganz grundsätzlich bewertet. Die Kontrolleure würden dann konkret bei jeder Kontrolle unter Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob sie von dieser Regelbewertung, unter Anbetracht der besonderen Umstände des Einzelfalls, abweichen.
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4. In der mündlichen Verhandlung am 3. August 2020 ließ der Kläger beantragen,
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 10. Dezember 2018 und der 1. Auszahlungsmitteilung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 10. Dezember 2018 in der Fassung der 2. Auszahlungsmitteilung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 27. März 2019 sowie des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 5. November 2019 verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2018 Direktzahlungen und Auszahlungen für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM-Maßnahmen) aus Mitteln der EU ohne Kürzung in voller Höhe zu gewähren.
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Die Beklagtenvertreterin beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) vom 10. Dezember 2018 und die Auszahlungsmitteilungen vom 10. Dezember 2018 und vom 27. März 2019 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides der staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) vom 5. November 2019, rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Der Kläger hat keinen über die gekürzten Beihilfen hinaus bestehenden Anspruch auf weitere Zahlungen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und 5 Satz 1 VwGO). Die streitgegenständlichen Kürzungen sind dem Grunde und der Höhe nach gerichtlich nicht zu beanstanden.
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Das Gericht nimmt auf die streitgegenständlichen Bescheide Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
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Das Vorbringen des Klägers richtet sich nicht gegen den festgestellten Verstoß an sich, sondern insbesondere gegen die Einstufung des Verstoßes als „schwer“ und die Höhe der vorgenommenen Kürzungen von 5%.
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Die vorgenommene Bewertung der Verstöße und die Festlegung eines Kürzungssatzes von 5% ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Gewährung von Direktzahlungen gemäß Titel III der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 vom 17. Dezember 2013 Haushaltsdisziplin des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft gemäß Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 169 der Verordnung (EU, EURATOM) Nr. 966/2012, die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten gemäß Art. 31 und 32 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie die Zuwendungen für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen sind an die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (sog. „Cross-Compliance“) geknüpft.
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Dies ergibt sich aus Art. 91 und 92 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, wonach bei Direktzahlungen gemäß der Verordnung Nr. 1307/2013 und Zahlungen gemäß Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 die Cross-Compliance Vorschriften gemäß Art. 93 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 zu beachten sind, welche im Einzelnen in Anhang II der Verordnung aufgeführt sind und die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischem Zustand (GLÖZ) umfassen. Nach Art. 91 Abs. 2 Halbsatz 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 findet die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist.
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Vorliegend wurden die Verstöße gegen die Standards GAB 4 LM PK 05 (Beschaffenheit von Melkgeschirr und Räumen), GAB 4 LM PK 33 (Nachweis von Substanzen gemäß VO (EG) Nr. 178/2002) und GAB 4 LM PK 25 (Rohmilch von Tieren, Wartezeit nicht eingehalten) vom Kläger eingeräumt. Ein Inverkehrbringen der Milch i.S.v. Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Nr. 8 VO (EU) Nr. 178/2002 ist zu bejahen, da sie vom Hof des Klägers abgegeben und dann auch mit der Milch anderer Betriebe vermischt wurde.
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Die mangelnde Separierung der von der mit einem Medikament behandelten Milchkuh gemolkenen Milch erfolgte durch einen Mitarbeiter des Klägers. Dessen Handeln ist jedoch dem Kläger als Betriebsinhaber zuzurechnen. Gemäß Art. 3 Nr. 3 VO (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelunternehmer“ die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sorgen die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen dafür, dass die Lebensmittel oder Futtermittel die Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen, die für ihre Tätigkeit gelten, und überprüfen die Einhaltung dieser Anforderungen. Der Betriebsinhaber eines Unternehmens kann die ihn insbesondere hinsichtlich der Sorgfaltspflichten treffenden Aufgaben sowohl an Mitarbeiter als auch an Externe (Berater) delegieren (Meyer/Streinz, LFGB - BasisVO, 2. Auflage 2012, Art. 17 Rn. 10 m.w.N.). Der Betriebsinhaber ist im Fall der Delegation jedoch nicht schlechthin entlastet, denn er haftet (weiterhin) u.a. für eine eingehende und ausreichende Belehrung sowie die Überwachung der Aufsichtspersonen und ist für Organisationsmängel, die in einer unzureichenden Kontrolle die Ursache haben, verantwortlich (Meyer/Streinz, a.a.O. Rn. 14, 17; VG Würzburg, U.v. 22.10.2018 - W 8 K 17.502). Insofern ist ein eigener vorwerfbarer Verursachungsbeitrag des Betriebsinhabers zum Verstoß des Dritten für eine Zurechnung erforderlich (vgl. VG Halle, U.v. 16.2.2011 - 7 A 159/09 - juris Rn. 33).
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Ein solcher Verursachungsbeitrag des Klägers ist hier gegeben. Laut der Klagebegründung vom 19. März 2020 war es Aufgabe des rumänischen Mitarbeiters, im Melkstand den Kühen den Melkbecher anzulegen. Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung hatte der Mitarbeiter jedoch nicht die Berechtigung, das Melkzeug anzuhängen. Der Kläger war nach eigenen Angaben höchstens für zehn Minuten wegen der Geburt eines Kalbes weggewesen, so dass ihm zeitnah eine Überprüfung möglich gewesen wäre, ob die Separation ordnungsgemäß erfolgte. Soweit der Mitarbeiter keine Befugnis zum Anhängen des Melkzeugs hatte, fehlte es offensichtlich insoweit an einer ausreichenden Instruktion und entsprechenden Kontrolle des Mitarbeiters durch den Kläger. Aber auch bei Annahme einer Berechtigung des Mitarbeiters zum Melken wurde die ordnungsgemäße Separierung der Milch der betroffenen Kuh nicht kontrolliert bzw. beim Mitarbeiter eine entsprechende Bestätigung eingeholt. Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, dass er alles Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um sicherzustellen, dass sein weisungsgebundener Mitarbeiter seine Vorgaben beachtet. Der Vortrag, der Kläger liefere hochwertige und sichere Lebensmittel, es habe im Vorfeld keinerlei Anlastungen oder Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit gegeben und ein derartiger Vorfall sei im Nachgang kein weiteres Mal vorgekommen, genügt insoweit nicht. Denn in beiden Fällen hat der Kläger nicht alles Mögliche und Zumutbare, wie z.B. eine zeitnahe Überprüfung der Separation der Milch, unternommen, um sicherzustellen, dass die Milch der betroffenen Kuh separiert wird.
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Folglich ist die angegriffene Sanktion dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Des Weiteren ist die Einstufung des Verstoßes als „schwer“ nicht zu beanstanden.
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Nach Art. 99 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 wird zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen. Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt. Nach Abs. 2 der Vorschrift beträgt bei einem Verstoß - wie hier - aufgrund von Fahrlässigkeit die Kürzung höchstens 5%, im Wiederholungsfall höchstens 15%.
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Hinsichtlich der Beurteilung des Verstoßes als „schwer“, „mittel“ oder „leicht“ und der damit verbundenen Höhe des Kürzungssatzes kommt der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Augsburg, U.v. 3.6.2020 - Au 8 K 19.1968 - juris Rn. 38; VG Würzburg, U.v. 5.2.2018 - W 8 K 16.1197 - juris). Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte sich hinsichtlich der Höhe des Kürzungsprozentsatzes auf die in einer Bund-Länder-Abstimmung beschlossenen Bewertungsmatrix für den Bereich Lebens- und Futtermittelsicherheit - GAB 4 Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 für das jeweilige Kontrolljahr (hier 2018) bedient hat (vgl. auch VG Regensburg, U.v. 21.3.2019 - RN 5 K 17.1365 - juris Rn. 35). Eine gleichförmige Ermessensausübung in vergleichbaren Fällen ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In den streitgegenständlichen Bescheiden wird zwar knapp, aber dennoch hinreichend deutlich, dass es sich hinsichtlich der Höhe der jeweiligen Verwaltungssanktion um eine Ermessensentscheidung handelt und dass hier gerade kein Fall vorliegt, der eine Abweichung der Regelbewertung rechtfertigen würde. Zudem hat der Beklagte seine Ermessenserwägungen im Schriftsatz vom 21. April 2020 und in der mündlichen Verhandlung nach § 114 Satz 2 VwGO zulässigerweise noch ergänzt, soweit diese unvollständig gewesen sein könnten. Ein Ermessensausfall liegt nicht vor, sonstige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
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Gemäß der einschlägigen Bewertungsmatrix für das Kontrolljahr 2018 stellt ein Verstoß gegen den Standard GAB 4 LM PK 05 (Beschaffenheit von Melkgeschirr und Räumen) einen leichten Verstoß dar, Verstöße gegen den Standard GAB 4 LM PK 33 (Nachweis von Substanzen gemäß VO (EG) Nr. 178/2002) und den Standard GAB 4 LM PK 25 (Rohmilch von Tieren, Wartezeit nicht eingehalten) jeweils einen schweren Verstoß.
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Wurde wie hier mehr als ein Verstoß in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder desselben Bereichs der Cross-Compliance festgestellt, so gelten diese Fälle nach Art. 73 Abs. 2 Durchführungs-VO (EU) Nr. 809/2014 zum Zweck der Festsetzung der Kürzung gemäß Artikel 39 Absatz 1 und Artikel 40 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 als ein einziger Verstoß.
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Die Einordnung der Verstöße als schwerer Verstoß unter Berücksichtigung der vorgelegten Bewertungsmatrix für den Bereich Lebens- und Futtermittelsicherheit ist rechtmäßig und insbesondere ermessensfehlerfrei erfolgt. Gründe für die Abweichung von der Regelbewertung als schwerer Verstoß liegen im konkreten Einzelfall nicht vor.
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Nach Art. 38 Abs. 3 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 hängt die „Schwere“ eines Verstoßes insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist. Die zulässige Rückstandshöchstmenge für Penicillin G liegt für Milch bei 4 µg/l (vgl. Tabelle 1 der Anlage zu VO (EU) Nr. 37/2010). Die belastete Milch des Betriebs des Klägers wies mit 16 µg/l Penicillin G einen Gehalt auf, der den maximal zulässigen Wert weit überschreitet. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass nach den plausiblen und unbestrittenen Ausführungen der Beklagten davon auszugehen ist, dass dieser Gehalt trotz Vermischung und Verdünnung in einer Milchmenge von ca. 4.500 Litern festgestellt wurde. Unerheblich ist, dass - wie vom Klägerbevollmächtigten vorgetragen - eine Sanktionierung mit 5%, welche für das Förderjahr 2018 rund 5.000,00 EUR entspricht, den bei der Molkerei entstandenen Schaden in Höhe von ca. 2.000,00 EUR übersteigt. Denn die Sanktionierung stellt keinen Schadensersatz dar und kann höher als der entstandene Schaden ausfallen.
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Auch hinsichtlich des Ausmaßes des Verstoßes, welches nach Art. 38 Abs. 2 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt wird, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist, ergibt sich keine andere Beurteilung. Durch die Abholung der Milch in einem Tankwagen wurde auch die darin befindliche Milch von anderen Betrieben kontaminiert, so dass die komplette Tankfüllung vernichtet werden musste. Der Verstoß hatte damit auch Auswirkungen auf andere Betriebe. Unerheblich ist insoweit, dass die Milch nicht in den Einzelhandel gelangt ist und der finanzielle Schaden bei der Molkerei nachfolgend vom Kläger anerkannt und ersetzt wurde.
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Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich nach Art. 38 Abs. 4 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen. Dass der Verstoß durch den Kläger abgestellt wurde und nicht andauert, wurde bereits bei Einstufung des Verstoßes als fahrlässig berücksichtigt. Ebenso wurde bereits berücksichtigt, dass es sich um Erstverstöße handelt und nicht um „wiederholtes Auftreten“ i.S.d. Art. 38 Abs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014, bei dem der angewandte Kürzungssatz nach Art. 39 Abs. 4 Unterabs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 zu verdreifachen gewesen wäre.
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Auch dass die fehlende Separierung der betroffenen Milch auf dem Handeln eines Mitarbeiters des Klägers beruht, führt nicht dazu, dass hier ein atypischer Fall vorliegt, sondern ist vielmehr eine Frage der unmittelbaren Anlastung der Verstöße an den Beklagten i.S.v. Art. 91 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 und damit des Vorliegens eines Verstoßes des Beklagten. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
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Die Bescheide vom 10. Dezember 2018 und vom 27. März 2019 in Form des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2019 sind auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden. Insbesondere ist die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid nicht zu beanstanden. Insoweit sind Einwände weder von Klägerseite vorgebracht, noch besteht sonst Anlass zu rechtlichen Bedenken. Infolgedessen kann insoweit auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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3. Gemäß vorstehender Erwägungen war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.