Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 10.09.2020 – W 5 K 19.490
Titel:

Anordnung auf Durchführung einer Baukontrolle gegen Grundstückseigentümer

Normenketten:
VwGO § 43 Abs. 1 Alt. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 3, Art. 43, Art. 44
BayBO Art. 54 Abs. 2 S. 4, Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c
Leitsatz:
Richtiger Adressat einer bauordnungsrechtlichen Betretensanordnung nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und damit des Hausrechts an dem Objekt. Hierzu gehört grundsätzlich der Eigentümer. Der Eigentümer muss eine behauptete Verpachtung nachweisen und darlegen, dass er trotz seiner Eigentümerstellung nicht mehr Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist; dies umso mehr, als sich der Eigentümer durch eine Verpachtung nicht jeglicher tatsächlicher Gewalt begibt - er wird dadurch zum mittelbaren Besitzer und behält in der Regel Schlüssel für das Objekt.  (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nichtigkeitsfeststellungsklage, Aufforderung zur Zugänglichmachung eines Grundstücks und zur Duldung einer Baukontrolle, bauordnungsrechtliches Betretungsrecht, Adressatenstellung der Grundstückseigentümer, Verpachtung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 25097

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Die Klage richtet sich gegen eine bauaufsichtliche Anordnung im Rahmen der beabsichtigten Durchführung einer Baukontrolle.
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1. Die Kläger sind Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …21 der Gemarkung E … (Baugrundstück). Im November 2017 wurden auf dem Grundstück zwei Holzbauten errichtet, die vom Landratsamt W. als gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei beurteilt wurden. Aufgrund eines Hinweises auf bauliche Veränderungen auf dem Grundstück wurde der Baukontrolleur des Landratsamts W. beauftragt, eine Baukontrolle durchzuführen. Am 7. November 2018 fand eine Baukontrolle durch den Baukontrolleur in Begleitung von zwei Polizeibeamten der Polizeiinspektion W. Land/O. statt, bei der auch der Kläger zu 1) und sein Sohn anwesend waren. Der Kläger zu 1) verweigerte den Zutritt auf das Baugrundstück, so dass die Gebäude nicht gesichtet und gemessen werden konnten. Der Baukontrolleur stellte fest, dass auf dem Baugrundstück eine dritte Halle errichtet worden war.
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Mit Schreiben vom 22. Januar 2019 wies das Landratsamt W. die Kläger darauf hin, dass die mit dem Vollzug der Bayerischen Bauordnung - BayBO - beauftragten Personen (wozu der Baukontrolleur der Bauaufsichtsbehörde gehöre) berechtigt seien, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten (Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO). Den Klägern wurde mitgeteilt, dass der Baukontrolleur des Landratsamts am Dienstag, den 5. Februar 2019, um 10:00 Uhr nochmals eine Baukontrolle auf dem Baugrundstück durchführen werde. Die Kläger wurden aufgefordert, zu diesem Termin das Grundstück und die darauf befindlichen baulichen Anlagen für die Durchführung der Baukontrolle zugänglich zu machen. Andernfalls beabsichtige das Landratsamt, die Duldung der Baukontrolle mittels zwangsgeldbewehrten Bescheids anzuordnen. In Schreiben vom 26. Januar 2019 und vom 1. Februar 2019 führten die Kläger unter anderem aus, dass sie mit einem nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtigen Verwaltungsakt angeschrieben worden seien, da Eigentümer und Besitzer des Grundstücks für 99 Jahre die „F … R … L …“ sei.
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Bei der Ortseinsicht am 5. Februar 2019 waren der Kläger zu 1), sein Sohn, zwei Baukontrolleure des Landratsamts W. sowie zwei Beamte der Polizeiinspektion W. Land/O. anwesend. Der Kläger zu 1) verweigerte wiederum den Zutritt auf das Baugrundstück und übergab den Baukontrolleuren ein Schreiben der „F … R … L …“ vom 5. Februar 2019, mit welchem die „F … R … L …“ dem Landratsamt W. und seinen Mitarbeitern ein Haus- und Grundstücksverbot auf ihrem gesamten Territorium erteilte.
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Mit Bescheid des Landratsamts W. vom 29. März 2019 wurden der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) verpflichtet, das Grundstück Fl.Nr. …21 der Gemarkung E … sowie die darauf befindlichen baulichen Anlagen am Dienstag, 30. April 2019, in der Zeit von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr zum Zwecke der Durchführung einer Baukontrolle durch den Baukontrolleur des Landratsamts W. zugänglich zu machen und die Baukontrolle zu dulden (Ziffer 1.). Für den Fall, dass die Kläger der in Nr. 1 festgelegten Pflicht nicht nachkommen, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht, welches 14 Tage nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheids zur Zahlung fällig werden sollte (Ziffer 2.). Zur Begründung verwies das Landratsamt auf Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO. Nachdem bei der Bauaufsichtsbehörde ein Sachverhalt zur Anzeige gebracht worden sei, der die auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen betreffe, sei eine bauaufsichtliche Überprüfung erforderlich geworden. Der Erlass einer Anordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde. Die Ausübung dieses Ermessens werde durch die Aufgabenstellung gebunden. Die Herstellung baurechtlich ordnungsgemäßer Zustände liege im besonderen Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten baulichen Entwicklung. Jeder Verstoß gegen das Bau- und sonstige öffentliche Recht stelle eine Störung der öffentlichen Ordnung dar. Die Bauaufsichtsbehörde sei daher gehalten, für die Beseitigung rechtswidriger Zustände Sorge zu tragen.
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2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 28. April 2019, eingegangen bei Gericht am 29. April 2019, Klage gegen den Freistaat Bayern zur „Feststellung der Nichtigkeit des eingeleiteten Verwaltungsakts rsp. des Bescheids des Landratsamts W. vom 29. März 2019 (zugestellt am 3. April 2019) nach Art. 43 Abs. 3 und 44 Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 2, 4, 5, 6 BayVwVfG“. Es werde beantragt festzustellen, dass hier Art. 43 und 44 BayVwVfG mehrfach verletzt worden seien.
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Hierzu wird ausgeführt:
1. Der Bescheid gemäß dieser Klage richte sich gegen Dritte (Kläger zu 1) und Klägerin zu 2)), die kein Haus- oder Besitzrecht am Flurstück Nr. …21 in der Gemarkung E … hätten.
2. Das Flurstück unter 1. sei für 99 Jahre an die „F … R … L …“ verpachtet, und diese übe hierüber das Haus- und Besitzrecht aus.
3. Die Dritten lebten nach den strengen Regeln der Religionsgemeinschaft und dürften aufgrund ihres Religionsgelübdes keiner sog. BRDweltlichen Grundstücksnutzung nachgehen.
4. Das Landratsamt W. habe sich an die „F … R … L …“ zu wenden, wenn es Zugang zu dem Flurstück unter 1. begehre.
5. Das Landratsamt W. werde verpflichtet, sich nicht mehr in nötigender Weise gemäß seines Bescheids unter 1. an die Dritten zu wenden und deren ungestörte Religionsausübung künftig zu wahren.
6. Der Bescheid des Landratsamts W. sei mit einer nichtigen Unterschrift unterschrieben, so dass dieser auch danach keine Rechtskraft entfaltet habe.
7. Das Handeln des Landratsamts W. mit zwangsgeldbedrohten Bescheiden gegen die Dritten stelle nach den Aufklärungsschreiben derselben über die Besitzverhältnisse und das Hausrecht eine Nötigung gegen die Dritten dar. Außerdem würden diese dadurch zu der Straftat angestiftet, das Hausrecht gegen den Besitzer zu verletzen.
8. Das Landratsamt W. behaupte in seinem Bescheid in nachhaltig beleidigender Weise, dass am 7. November 2018 Polizeibeamte am Flurstück gemäß 1. gewesen seien, was eine Unwahrheit sei. Die hartnäckige Nachhaltigkeit dieser Lüge verletze sowohl die Würde der Dritten als auch deren religiöse Lebensweise.
9. Das Landratsamt W. erkläre in seinem Bescheid weiterhin unwahr und somit beleidigend und entwürdigend, dass am 2. Mai 2019 (also auch erst in der Zukunft) ein Schreiben an die Baukontrolleure übergeben worden sei, das eine „Friedenserklärung des Freistaats L … für das Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich in den Grenzen vom 31.12.1937 und 31.08.1939“ zum Inhalt gehabt hätte.
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Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 28. April 2019 und vom 9. Juli 2019 Bezug genommen.
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3. Das Landratsamt W. beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass schon hinsichtlich der Zulässigkeit bzw. der Antragstellung und des Rechtsschutzbedürfnisses Bedenken bestünden. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet, da die streitgegenständliche Duldungsanordnung gegenüber den Klägern formell und materiell rechtmäßig sei. Nach der Vorschrift des Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO könnten die mit dem Vollzug der Bayerischen Bauordnung beauftragten Personen in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen betreten. Insofern sei das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt. Unter Berücksichtigung des Art. 13 Abs. 7 GG sei es jedoch Voraussetzung, dass eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe, die das Betreten erforderlich mache. Eine solche Gefahr liege regelmäßig vor, wenn ohne Einschreiten der Bauaufsichtsbehörden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wichtiges Rechtsgut geschädigt werde. In aller Regel stelle die Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts ein derartiges Rechtsgut dar. Es müssten aber die allgemeinen Grundsätze des Sicherheitsrechts gewahrt sein; insbesondere müsse das Betreten des Grundstücks und der baulichen Anlagen geeignet, notwendig und verhältnismäßig sein. Sofern man die Notwendigkeit einer dringenden Gefahr im gegebenen Fall für erforderlich erachte, ergebe sich diese schon daraus, dass festzustellen sei, ob die baulichen Anlagen verfahrensfrei im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO seien oder ob sie einer Baugenehmigung bedürften. Hierfür sei eine Messung der baulichen Anlagen erforderlich. Eine Ortsbesichtigung von außerhalb des Grundstücks habe ergeben, dass statt wie ursprünglich zwei geplante bauliche Anlagen nun eine dritte errichtet worden sei. Somit stehe die Frage der Genehmigungspflichtigkeit erneut im Raum. Die angeordnete Duldung bzw. Zulassung der Grundstücksbesichtigung durch die Bediensteten des Landratsamts sei auch geeignet, erforderlich und angemessen, um die erforderlichen bauaufsichtlichen Maßnahmen vorzubereiten. Die Besichtigung sei geeignet, um festzustellen, welche Maße die Gebäude aufwiesen und um was für ein Vorhaben es sich handele. Die Anordnung sei darüber hinaus auch erforderlich, da das alleinige Vorlegen von Skizzen oder Bildern nicht reiche, um die Maße zu bestimmen und so die Genehmigungspflichtigkeit zu ermitteln. Ein Betreten des Grundstücks sei hierfür unerlässlich. Bei dieser Sachlage sei es sachgerecht, dass sich die Behörde durch eine Begehung genaue Kenntnisse über die auf dem Grundstück der Kläger vorhandenen baulichen und sonstigen Anlagen verschaffe. Dies diene letztlich auch dem Schutz der Betroffenen vor möglicherweise ungerechtfertigten behördlichen Maßnahmen. Auf eine Einsicht von außen müsse sich die Behörde regelmäßig nicht verweisen lassen. Letztlich sei die Anordnung auch angemessen. Das Grundstück solle ausschließlich zur Dokumentation und zur Überprüfung der baulichen Anlagen betreten werden. Der Eingriff werde sich auf maximal zwei Stunden beschränken, was den Klägern zuzumuten sei. Daneben seien mehrfache Terminfestsetzungen fruchtlos geblieben. Die Anordnung des Betretens und der Duldung der Besichtigung durch das Landratsamt richte sich gegen die Kläger als richtige Adressaten. Richtiger Adressat einer Betretensanordnung nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO sei der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und damit des Hausrechts an dem Objekt. Hierzu gehöre grundsätzlich auch der Eigentümer. Aus dem in den Akten befindlichen Grundbuchauszug gehe hervor, dass die Kläger alleinige Eigentümer des Grundstücks seien. Für eine Herauslösung eines Privatgrundstücks aus dem Staatsgebiet und der Hoheitsgewalt der Bundesrepublik und eine Überführung in den „Freistaat L …“ gebe es keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen seien - neben der angeblichen eigenen Angehörigkeit zum „Freistaat L …“ - seitens der Kläger keine substantiierten Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung vorgebracht worden. Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 36 i.V.m. Art. 29 ff. VwZVG.
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4. Mit Schreiben vom 3. September 2020 machten die Kläger unter anderem geltend, aus gesundheitlichen und religiösen Gründen am Tragen einer Maske während des Aufenthalts im Gerichtsgebäude gehindert zu sein. Mit gerichtlichem Schreiben vom 9. September 2020 wurden die Kläger daraufhin auf die vom Gerichtspräsidenten auf Grundlage seines Hausrechts zur Reduzierung des mit dem Corona-Virus 2019-nCoV (SARS-CoV-2) verbundenen Ansteckungsrisikos vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen bei Sitzungen ab dem 11. Mai 2020 hingewiesen. Diese Sicherheitsmaßnahmen sähen u.a. eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im öffentlich zugänglichen Bereich des Gerichtsgebäudes für alle Besucher vor. Im Übrigen sei aufgrund des Vortrags der Kläger nicht nachzuvollziehen, weshalb es ihnen aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen unmöglich oder unzumutbar sei, der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nachzukommen.
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Ferner beantragten die Kläger in einem Schreiben vom 9. September 2020 die „Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit zu W 5 K 19.490 und Ablehnung des Gerichts insgesamt wegen Ausübung einer Sondergerichtsbarkeit“. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Richter/die Richterin von den Klägern aufgefordert worden sei, die für das Landratsamt handelnde Person ihren Dienst- und Personalausweis vorlegen zu lassen, um „abgleichen zu können, dass deren täuschend im Rechtsverkehr benutzte Paraphe in diesem Fall identisch sei mit ihrer Unterschrift auf deren Dienst- und Personalausweis“. Dieser Aufforderung sei nicht gefolgt worden. Es sei zu vermuten, dass die für das Landratsamt handelnde Amtsperson mit einer nichtigen Unterschrift ihren Diensteid gebrochen habe und täuschend im Rechtsverkehr gehandelt habe. Diese Dienstvergehen ignoriere der handelnde Richter und sei dadurch bereit, den Richtereid zu brechen bzw. vollziehe dies sogar selbst. Dies alles spreche für eine ausgeprägte Befangenheit eines Richters, wenn dieser zu einem Richtereidbruch sowie zur Deckung von Straftaten bereit sei und durch diese Missachtung seiner BRD-Gesetze den BRD-Rechtskreis verlasse. Es werde dann eine verbotene Sondergerichtsbarkeit ausgeübt.
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In der mündlichen Verhandlung am 10. September 2020 lehnte das Gericht den Antrag auf „Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit (…) und Ablehnung des Gerichts insgesamt wegen Ausübung einer Sondergerichtsbarkeit“ als rechtsmissbräuchlich ab und verwarf ihn als unzulässig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Trotz Ausbleiben der Kläger in der mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch ohne sie verhandelt und entschieden werden. Denn die Kläger waren gemäß § 102 Abs. 1 VwGO ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden.
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Der Hinweis der Geschäftsstelle auf die Verpflichtung, im öffentlich zugänglichen Bereich des Gerichtsgebäudes eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, steht dem nicht entgegen. Diese Regelung, gegen die sich die Kläger im Vorfeld der mündlichen Verhandlung ausgesprochen haben, beruht auf dem Hausrecht des Gerichtspräsidenten. Dieses ist gewohnheitsrechtliche Rechtsgrundlage für alle Maßnahmen im Gerichtsgebäude, die außerhalb der Sitzungsgewalt erfolgen. Das Hausrecht befugt den Gerichtspräsidenten dazu, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.2012 - 2 BvR 2405/11 - juris Rn. 24; BVerwG, B.v. 17.5.2011 - 7 B 17.11 - juris Rn. 8).
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2. Des Weiteren konnte die Kammer trotz des schriftsätzlichen Antrags der Kläger vom 9. September 2020 auf Ablehnung wegen Befangenheit abschließend durch Urteil entscheiden.
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Denn das Ablehnungsgesuch der Kläger (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 ZPO) wurde durch unanfechtbaren Beschluss in der mündlichen Verhandlung am 10. September 2020, abweichend von § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung der Kammer unter Mitwirkung der abgelehnten Richter, als rechtsmissbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig abgelehnt.
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Als rechtsmissbräuchlich ist das Ablehnungsgesuch dann zu qualifizieren, wenn alle Richter eines Spruchkörpers oder des Gerichts abgelehnt werden, das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können, oder wenn gegen den Richter unqualifizierte Angriffe wegen seiner angeblich rechtsstaatswidrigen Rechtsfindung erhoben werden.
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Vorliegend haben die Kläger ihr im Wesentlichen auf eine angebliche „Ausübung einer verbotenen Sondergerichtsbarkeit“ gestütztes Ablehnungsgesuch nicht gegen einen einzelnen Richter, sondern gegen alle zur Entscheidung berufenen Richter der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg gerichtet. Da mithin keine individuellen Gründe für die Ablehnung der einzelnen Richter geltend gemacht wurden und auch nicht eine Kollegialentscheidung den Grund für die Ablehnung darstellt, ergibt sich bereits hieraus eine Rechtsmissbräuchlichkeit. Offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist aber auch die Begründung der Ablehnung wegen der Aufforderung an das Gericht, den Mitarbeitern des Landratsamts aufzugeben, sich in der mündlichen Verhandlung auszuweisen. Das Gericht hat den Klägern vor dem Termin der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 9. September 2020 mitgeteilt, dass es in der Entscheidung des Vorsitzenden liegt, die Verfahrensbeteiligten zur Vorlage von Ausweisen aufzufordern. Die Kläger gehen daher fehl, wenn sie die Befangenheit der Richter mit einer angeblich ablehnenden Entscheidung begründen. Die weitere Begründung, das von den Klägern angerufene Gericht „sei nicht zuständig“, „übe eine Sondergerichtsbarkeit aus“ und die Richter würden einen „Richtereidbruch“ begehen, wenn sie entscheiden würden, stellt einen offensichtlich unqualifizierten Angriff gegen die Richter wegen ihrer angeblich rechtsstaatswidrigen Rechtsfindung dar. Insofern verhalten sich die Kläger zudem widersprüchlich, was auch ihr Rechtsschutzbedürfnis in Frage stellt. Denn die Kläger haben einerseits das erkennende Gericht um Rechtsschutz ersucht, andererseits dem Gericht die Legitimität abgesprochen, indem generell die Zuständigkeit des Gerichts verneint wird, eine Verhandlung zu führen, die „FreiBürger des souveränen Religionsstaats L …“ betrifft. Insofern verhält sich eklatant widersprüchlich, wer ein Gericht anruft, das er nicht anerkennt. Rechtsschutz durch die Justiz kann nur auf Basis des Grundgesetzes und im Rahmen der geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder erlangt werden (VG Köln, U.v. 10.5.2019 - 6 K 693/17 - juris Rn. 37 f. m.w.N.).
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Darüber hinaus haben die Kläger keine objektiven Gründe dargelegt oder glaubhaft gemacht, die wenigstens im Ansatz geeignet wären, die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen.
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3. Das Klagebegehren der Kläger ergibt sich auf der Grundlage des § 88 VwGO allein aus ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, da sie aufgrund ihrer Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung hierzu keine Stellung genommen haben.
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3.1. Soweit die Kläger im Klageschriftsatz die Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheids des Landratsamts W. vom 29. März 2019 nach Art. 43 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 2, 4, 5 und 6 BayVwVfG beantragen, handelt es sich um eine Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Der Subsidiaritätsgrundsatz nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird, § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Das Vorliegen des Feststellungsinteresses ist bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage durch den Streit um die Nichtigkeit des Verwaltungsakts indiziert (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 38). Die Einhaltung einer Klagefrist ist nicht Voraussetzung (Eyermann, a.a.O., Rn. 26).
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Erhebliche Bedenken bestehen jedoch an der Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses. Die Kläger stellen - wie bereits dargelegt - die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Würzburg für Angelegenheiten der „FreiBürger des souveränen Religionsstaats L …“ grundsätzlich in Frage und legen damit ein widersprüchliches Verhalten an den Tag, indem sie dieses Gericht um Rechtsschutz anrufen. Das Verwaltungsgericht Köln führt hierzu in einem ähnlichen Fall umfassend und u.a. mit Verweis auf bereits im römischen Recht entwickelte Grundsätze (wie das Verbot widersprüchlichen Verhaltens: „venire contra factum proprium nemini licet“; vgl. Ulpian, Dig., 1, 7, 25 pr.) zutreffend aus: „Wer die gesamte Rechtsordnung der Bundesrepublik und damit die Existenz bzw. Legitimation der von ihm angerufenen Justiz in Zweifel zieht, verhält sich widersprüchlich und verletzt seine Pflicht zu redlicher Prozessführung nach Treu und Glauben. Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf die Missachtung ihrer selbst nicht ignorieren oder gar fördern. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt dadurch die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit […]“ (VG Köln, U.v. 10.5.2019 - 6 K 693/17 - juris Rn. 37).
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Letztlich bedarf es hierüber aber keiner abschließenden Entscheidung und kann dahinstehen, da die Klage unabhängig davon unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben kann.
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3.2. Die Klage ist nämlich jedenfalls unbegründet.
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Aus der Systematik der Art. 43 bis Art. 52 BayVwVfG folgt, dass Rechtsverstöße eines Verwaltungsaktes zwar zur Rechtswidrigkeit führen, seine Wirksamkeit aber grundsätzlich unberührt lassen. Erst wenn der Verstoß nach den Regelungen des Art. 44 BayVwVfG zur Nichtigkeit führt, entfällt nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG die Wirksamkeit und zwar von Anfang an (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 44 Rn. 3).
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Art. 44 BayVwVfG trifft in seinem Absatz 2 zunächst für spezielle Fallgestaltungen eine Regelung, nach der die dort genannten Rechtsverstöße unabhängig von den Voraussetzungen des Absatz 1 zur Nichtigkeit führen. Liegen die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG nicht vor, so sind die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zu prüfen. Hiernach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
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Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht deshalb nichtig, weil er nicht ordnungsgemäß unterschrieben ist. Nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt, der schriftlich erlassen worden ist, dann nichtig, wenn er die erlassende Behörde nicht erkennen lässt. Aus dem Umkehrschluss hieraus ergibt sich, dass ein Verwaltungsakt nicht schon deshalb nichtig sein kann, weil die Unterschrift oder die Namenswiedergabe auf dem Schriftstück fehlt (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 106 m.w.N. und § 44 Rn. 135). Auch im Übrigen ist kein Verstoß gegen Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG zu erkennen, der einen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG begründen könnte. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Als Unterschrift im Sinne des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG wird in der Regel die eigenhändige Namens-Unterschrift verstanden, die sich in einem individuellen Schriftzug verkörpert. Auf der Grundlage von Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG sind die für das Zivil- und Prozessrecht entwickelten Unterschriftsanforderungen nicht auf die Unterschriftsanforderungen im Rahmen der Unterzeichnung von Bescheiden zu übertragen. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG anstelle der Unterschrift auch die Namenswiedergabe zulässt. Schriftzug und Behördenangabe geben genügend Anhaltspunkte, um den Unterzeichner zu identifizieren, auch wenn keine einzelnen Buchstaben in der Unterschrift erkennbar sind. Dies setzt lediglich eine Individualität des Schriftzuges voraus, die es ausschließt, dass er einem anderen Bediensteten zugerechnet wird (Stelkens, a.a.O., § 37 Rn. 101 m.w.N.). Im vorliegenden Fall erfüllt die Unterschrift unter dem angefochtenen Bescheid diese Voraussetzung.
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Der Bescheid vom 29. März 2019 verlangt von den Klägern des Weiteren nicht die Begehung einer rechtswidrigen Tat im Sinne des Art. 44 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG, soweit ein Hausfriedensbruch im Raum steht. Das Vorbringen der Kläger, das Hausrecht liege nicht bei ihnen, sondern der „F … R … L …“, an die das Baugrundstück für 99 Jahre verpachtet ist und deren Rechte im Umsetzung des Bescheids verletzt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Unabhängig davon, dass schon eine Verpachtung an die „F … R … “, deren Eigenschaft als geschäftsfähiges Rechtssubjekt nicht dargetan ist und auch sonst nicht erkennbar ist, wohl schon nicht möglich ist, wurde die Behauptung der Kläger nicht durch nachvollziehbare Nachweise belegt. Die Kläger legen diesbezüglich lediglich eine schriftliche Erklärung vom 28. April 2019 vor, in der sie selbst erklären, dass das Flurstück Nr. …21 der Gemarkung E … für 99 Jahre an die F … R … L … verpachtet sei (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz der Kläger vom 28.4.2019). Darüber hinaus ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen falschen Adressaten richtet, von vornherein nicht nichtig, sondern allenfalls rechtswidrig, da zumindest eine „Offensichtlichkeit“ des Fehlers im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nicht erkannt werden kann.
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Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die guten Sitten nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG vor. Eine Verletzung der Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, da mit dem streitgegenständlichen Bescheid gegen die Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität in keinster Weise verstoßen wird. Auch im Übrigen enthält der Bescheid keine beleidigenden oder entwürdigenden Inhalte. Soweit in den Gründen des Bescheids die Anwesenheit von Polizeibeamten am 7. November 2018 und die Übergabe eines Schreibens vom 5. Februar 2019 einschließlich eines Haus- und Grundstücksverbots geschildert werden, handelt es sich ausschließlich um eine Wiedergabe des tatsächlichen Ablaufs, der auch in der Behördenakte so dokumentiert ist (vgl. Bl. 74 und 98 ff.). Es ist nicht ersichtlich, dass damit die Kläger bewusst herabgewürdigt werden sollen und können.
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Weitere Argumente für eine Nichtigkeit des Bescheids haben die Kläger nicht vorgetragen; sie sind auch anderweitig nicht ersichtlich, so dass die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids keinen Erfolg hat.
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4. Da die Kläger aufgrund ihrer Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung den Klageantrag, der ausdrücklich nur auf eine Feststellungsklage abzielt, nicht präzisiert haben, erscheint es fraglich, ob die Klage - auch hier unabhängig von der Frage des Rechtsschutzinteresses (vgl. oben unter 3.1.) - im Sinne des § 88 VwGO zudem als Anfechtungsklage bzw., soweit durch Ablauf des im Bescheid genannten Termins „Dienstag, 30.04.2019“ Erledigung eingetreten ist, als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog interpretiert werden kann. Dies kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, da der streitgegenständliche Bescheid vollumfänglich rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§§ 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Eine solche Klage ist daher jedenfalls unbegründet.
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4.1. Rechtsgrundlage für die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheids vom 29. März 2019 ist Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO, wonach die mit dem Vollzug der BayBO beauftragten Personen berechtigt sind, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG, Art. 106 Abs. 3 BV) wird insoweit eingeschränkt. Die Ausübung des Betretungsrechts setzt dabei voraus, dass für die Überprüfung des Areals ein hinreichender sachlicher Grund besteht und die Maßnahme im Übrigen geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 135).
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Für die Anordnung des Landratsamts W. besteht ein hinreichender sachlicher Grund, da es um die Überprüfung der Einhaltung baurechtlicher Vorschriften geht. Das Landratsamt hat hierbei zu Recht geltend gemacht, dass aufgrund einer dritten, auf dem Grundstück der Kläger Fl.Nr. …21 errichteten baulichen Anlage die Frage der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO zu klären ist. Die genannte Vorschrift setzt voraus, dass es sich um ein freistehendes Gebäude ohne Feuerungsanlagen, das einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinn der § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 201 BauGB dient, nur eingeschossig und nicht unterkellert ist, höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche und höchstens 140 m² überdachte Fläche hat und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist. Mithin wird das Landratsamt als gemäß Art. 53 Abs. 1 und 54 Abs. 1 BayBO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LKrO zuständige Bauaufsichtsbehörde in Wahrnehmung seiner ihm nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO zugewiesenen Aufgaben der Überwachung der Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften tätig.
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Die Betretens- und Duldungsanordnung ist auch verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen. Die Baukontrolle auf dem Grundstück der Kläger ist geeignet, um festzustellen, welche Maße die baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück aufweisen, welchen Zwecken sie dienen und wie sie im Einzelnen ausgestaltet sind. Ein Betreten des Grundstücks ist dabei erforderlich, da eine mildere Maßnahme wie etwa die Auswertung von Bildmaterial und Luftbildern keine Aufklärung im gleichen Maße verspricht. Insbesondere zur Art der Nutzung und der Ausgestaltung der Hallen sowie ihrer Verbindung zueinander lassen sich aus der Ferne keine abschließenden Erkenntnisse erzielen, die eine eindeutige Aussage zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO erlauben. Schließlich ist die Maßnahme auch angemessen, da in Rechte der Kläger nicht unverhältnismäßig eingegriffen wird.
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Die Duldungsanordnung ist auch unter Berücksichtigung des Art. 13 GG und der Tatsache rechtmäßig, dass mit ihr das Betreten einer privat genutzten Hoffläche sowie von Scheunen durchgesetzt werden soll. Der Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG ist umfassend zu verstehen. Hierzu gehören auch Schuppen, Ställe und Scheunen sowie Freiflächen, die einer privaten Nutzung zugeordnet sind und bei denen ein Mindestmaß an räumlicher Abschottung gegeben ist, wie z.B. bei Hausgärten (vgl. Simon/ Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 139). Allerdings ist das Schutzbedürfnis bei diesen Flächen im Vergleich zu Wohnräumen gemindert (BVerwG, U.v. 21.2.1995 - 1 C 36/92 - juris = BauR 1997, 111; Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 139). Die hier gebotene Abwägung der rechtsstaatlichen Bedeutung der Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten sowie von Freiflächen, die einer privaten Nutzung zugeordnet sind, mit dem Interesse des Staates an der Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts ergibt vorliegend, dass der mit dem Betreten des Grundstücks und der darauf befindlichen Anlagen verbundene Eingriff in die Rechte der Kläger weniger schwer wiegt als ein Absehen von der Überprüfung und Durchsetzung der Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts durch die Kläger. Die Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts stellt in der Regel ein wichtiges Rechtsgut dar, wie es die dringende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG voraussetzt. Eine dringende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG liegt vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten ohne Einschreiten der Behörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wichtiges Rechtsgut schädigen würde (Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 138 m.w.N.).
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Die Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids richtet sich auch gegen die richtigen Adressaten. Richtiger Adressat einer Betretensanordnung nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und damit des Hausrechts an dem Objekt. Hierzu gehört grundsätzlich der Eigentümer. Eine etwaige Verpachtung des Objekts - wie dies laut Klagevortrag der Fall sei - ist auszuschließen und wurde zudem nicht belegt (vgl. oben unter 3.2.). Die Kläger hätten einen Pachtvertrag vorlegen und dessen Inhalt etwa durch Vorlage von Nachweisen über geleistete Pachtzahlungen glaubhaft machen und somit selbst darlegen müssen, dass sie trotz ihrer Eigentümerstellung nicht mehr Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind (BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 1 ZB 14.1937 - juris); dies umso mehr, als sich der Eigentümer durch eine Verpachtung nicht jeglicher tatsächlicher Gewalt begibt - er wird dadurch zum mittelbaren Besitzer und behält in der Regel Schlüssel für das Objekt. Auch das Verhalten der Kläger im Verwaltungsverfahren, insbesondere des Klägers zu 1), der vor Ort als Inhaber des Hausrechts aufgetreten ist, stützt diese Einschätzung. Das Landratsamt konnte daher den Bescheid vom 29. März 2019 an die Kläger als Miteigentümer des Baugrundstücks adressieren.
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4.2. Die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 2) beruht auf Art. 36 i.V.m. Art. 29 ff. VwZVG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insofern führt die Behauptung, das Objekt sei verpachtet, nicht zum Erfolg des Rechtsbehelfs. Selbst eine erforderliche Duldungsanordnung wäre keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Zwangsgeldandrohung, sondern nur eine Bedingung für das Entstehen und Fälligwerden der Geldforderung (BayVGH, B.v. 24.2.2005 - 1 ZB 04.276 - juris; B.v. 11.7.2001 - 1 ZB 01.1255 - juris; VG München, U.v. 8.3.2017 - M 9 K 16.2327 - juris).
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4.3. Die mit Bescheid vom 29. März 2019 in Ziffer 3 erhobenen Kosten beruhen auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 KG und, soweit es die Höhe der festgesetzten Gebühr betrifft, auf Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 i.V.m. Tarif-Nr. 2.I.1/1.45 des Kostenverzeichnisses. Im Übrigen ist Art. 16 Abs. 5 KG, wonach Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben werden, vorliegend nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung sind - wie oben dargelegt - nicht ersichtlich.
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5. Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.