Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.09.2020 – 23 CS 20.1931
Titel:

Fortnahme- und Unterbringungsanordnung von Rüden

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5 S. 1, § 146
TierSchG § 2, § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Nr. 3, § 17
Leitsätze:
1. Die von einem beamteten Tierarzt, dem eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu kommt, getroffenen Feststellungen zu einer erheblichen Vernachlässigung können nur durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten substantiiert in Frage gestellt werden; schlichtes Bestreiten vermag die Aussagekraft jedoch nicht zu entkräften. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf Tatbestandsseite reicht bereits ein Verstoß im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gegen die Grundpflichten der artgerechten Tierhaltung aus. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auflagen stellen im Verhältnis zur Fortnahme- und Unterbringungsanordnung kein milderes Mittel dar, wenn der Tierhalter nicht willens und in der Lage ist, eine ordnungsgemäße Haltung zu gewährleiste. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die wiederholte und grobe Zuwiderhandlung gegen § 2 TierSchG kann sowohl durch ein Handeln als auch ein Unterlassen verwirklicht werden. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sofortvollzug, Fortnahme- und Unterbringungsanordnung, Veräußerungsanordnung, Hundehaltungsverbot, Hunde, Unterbringungsanordnung, Krankheit, aufschiebende Wirkung, Auslauf, Vernachlässigung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 27.07.2020 – RN 4 S 20.1141
Fundstelle:
BeckRS 2020, 24770

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- € festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - unter Beiordnung von Rechtsanwältin A. B., BR Anwälte, Postfach ..., ... R. - wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt im Wesentlichen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Fortnahme- und Unterbringungsanordnung von drei Rüden sowie gegen ein nachträglich erlassenes Hundehaltungsverbot und eine Veräußerungsanordnung bezüglich der drei Rüden.
2
Am 9. März 2020 ging bei dem Veterinäramt des zuständigen Landratsamtes hinsichtlich der Hundehaltung der Antragstellerseite eine Anzeige ein, wonach im ersten Obergeschoss des Wohnhauses auf dem Anwesen Z …,  M … mindestens sechszehn Hunde leben würden und dieses verschmutzt sei. Daraufhin führte das Veterinäramt noch am selben Tag eine Ortseinsicht durch. Nach den Feststellungen befanden sich in jenem Obergeschoss des Wohnhauses, das von einem Paar, das eine „Hobbyhundezucht“ betreibt (im Folgenden: Antragsteller in dem Verfahren 23 CS 20.1935 u. Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928), und der Antragstellerin als Untermieterin (1-Zimmer-Appartment) bewohnt wird, insgesamt 19 Hunde, wovon nach den Angaben der Antragstellerseite die Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928 Halterin von fünf Hündinnen, der Antragsteller in dem Verfahren CS 20.1935 Halter von elf Rüden und die Antragstellerin Halterin von drei weiteren Rüden ist.
3
Die beamtete Tierärztin fasste die Ergebnisse der Ortseinsicht mit behördeninternem Schreiben vom 17. März 2020 wie folgt zusammen: Der gesamte Hundebestand sei erheblich vernachlässigt. Im Wohnzimmer und im angrenzenden Schlafzimmer der Antragsteller in den Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 habe es stark nach Ausscheidungen gerochen, der Bodenbelag sei an mehreren Stellen aufgrund einer Flüssigkeit, vermutlich Urin, aufgequollen gewesen. Im Wohnzimmer habe ein, im angrenzenden Schlafzimmer hätten mehrere Hundekothaufen gelegen. In dem bis auf ein Metallfedergestell einer Matratze unmöblierten sogenannten „Speisezimmer“ der Hunde sei ein Boden mit Schaumstofffetzen übersät gewesen. Auch dieser Raum habe beißend nach Ausscheidungen gerochen, der Boden sei erschienen, als würde er aus bereits getrocknetem und festgetretenem Kot bestehen. Im Verlauf der Ortskontrolle hätten sich zwei dieser Rüden so ineinander verbissen, dass sie nur schwer und nach einiger Zeit durch die Tierhalter wieder hätten getrennt werden können. Der Rüde „R.“ habe einen dünnen Ernährungszustand sowie Hautveränderungen aufgewiesen. Der Antragsteller in dem Verfahren 23 CS 20.1935 habe angegeben, die Hunde würden auf dem Balkon Freilauf erhalten, bei gutem Wetter, wenn das Wetter wieder passe, auch in dem nicht eingezäunten Hof. Der Balkon sei mit einer Kotschicht versehen gewesen, es hätten alte und frischere Kothaufen herumgelegen. Die Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928 habe im Verlauf der Ortseinsicht angegeben, dass in der Küche keine Hunde seien. Dort habe aber eine Box mit einer Grundfläche von 0,64 m2 gestanden, in der insgesamt fünf Hündinnen gewesen seien. Sie hätten gerade in die Box hineingepasst. Die Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928 habe hierzu angegeben, dass dies „die Hündinnen des Rudels“ seien, die wegen Läufigkeit weggesperrt würden. Welche Hündin gerade läufig sei, habe sie nicht sagen können. Dazu sei angegeben worden, dass sich drei weitere Hunde im Zimmer der Antragstellerin befänden. Diese gab an, diese Hunde seien Nachkommen aus der Zucht des Antragstellers in dem Verfahren 23 CS 20.1935 und gehörten ihr. Die Hunde würden mit ihr im Zimmer leben. Sie gehe dreimal täglich mit ihnen Gassi. Die Antragstellerin halte in dem Zimmer noch zwei Zimmerkatzen, das Katzenklo sei verdreckt gewesen. Die Hündin „B.“ habe eine säuglingskopfgroße Umfangsvermehrung (bei erster Verdachtsdiagnose Gesäugetumor) aufgewiesen. Daneben habe unter anderem der der Antragstellerin gehörende Hund J. einen großen, bereits am Boden baumelnden Hodentumor gehabt.
4
Sodann stellte die beamtete Tierärztin fest, dass aufgrund der hohen Zahl der gehaltenen Hunde sowie weiterer mindestens sechs eigener Katzen und angefütterter Fremdkatzen die Mindestanforderungen an Hygiene, Pflege und ausreichend Bewegung nicht sichergestellt seien. Es handele sich um eine Form des Animal Hoarding. Die Hunde seien nicht verhaltensgerecht untergebracht, weil sie keinen ausreichenden Auslauf beziehungsweise Gassigang zur Befriedigung ihrer Bewegungsbedürfnisse und ihres Erkundungsverhaltens erhielten. Der Antragsteller in dem Verfahren 23 CS 20.1935 habe bestätigt, dass sie mindestens in den Übergangs- und Wintermonaten sowie grundsätzlich bei schlechtem Wetter keinen ausreichenden Auslauf erhielten. Da der Hof nicht eingezäunt sei, müsse bezweifelt werden, dass den Hunden bei trockenem beziehungsweise gutem Wetter Freilauf gewährt werde. Die Hunde würden in absolut unhygienischen Zuständen und in inakzeptabel verdreckten Aufenthaltsbereichen gehalten und könnten ihr Ausscheidungsverhalten nicht artgemäß ausleben. Soweit die Möglichkeit bestünde, koteten und urinierten Hunde üblicherweise nicht in ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsbereich. Die mit Kot und Urin verschmutzten Böden im Aufenthaltsbereich der Hunde sowie der starke Geruch nach Ausscheidungen stellten unakzeptable Haltungsbedingungen dar, die dem hundetypischen Verhalten absolut entgegenstünden. Die Hunde würden durch ihre Halter auch nicht angemessen gepflegt. Gesundheitsvor- und fürsorgliche Maßnahmen seien durch die Tierhalter nicht getroffen worden. So seien Hunde mit deutlich erkennbaren beziehungsweise gesundheitlichen Problemen (Umfangsvermehrung, haarlose Stellen mit starkem Ekzem und Geruch, offensichtlicher Hodentumor) durch die Tierhalter nicht weiter beachtet worden. Impfungen und Entwurmungen seien nicht durchgeführt worden. Die Vermutung liege nahe, dass weitere Hunde des Bestandes krank seien. Die Antragstellerin habe Kenntnis von der Haltung der Hunde durch den Antragsteller in den Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928. Sie habe die Namen der Hunde gekannt und bei der Beißerei anlässlich der ersten Ortseinsicht eingegriffen. Die im Anschluss an die erste Ortseinsicht erfolgten Behandlungen bei der niedergelassenen Tierärztin seien auf ihren Namen durchgeführt worden. Die niedergelassene Tierärztin habe ausgeführt, dass die ihr vorgestellten Hunde nicht, wie von Antragstellerseite behauptet, 18 bis 20 Jahre alt seien und dass es ein Fall von Betriebsblindheit sei, eine Erkrankung wie den Hodentumor nicht zu bemerken. Die Antragstellerin sei als Mitbetreuerin der übrigen Hunde anzusehen. Die Antragstellerin habe sich zudem nicht um die Gesundheit ihrer eigenen Hunde gesorgt und ihnen die tierärztliche Versorgung versagt (unter Verweis auf den unbehandelten Hodentumor des Hundes J.).
5
Bei der nachfolgenden Ortseinsicht am 19. Mai 2020 wurde festgestellt, dass sich im Vergleich zu der ersten Ortseinsicht nur unwesentlich etwas geändert habe. Die Hündinnen der Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928 würden nun in einem Zimmer im Erdgeschoss gehalten („Hündinnenzimmer“), das als Abstell- oder Wirtschaftsraum möbliert gewesen sei. Am Boden hätten sich zahlreiche Hundekothaufen befunden, und es habe stark nach Ausscheidungen gerochen. Nach Auskunft der Antragstellerseite würden die Hunde seit März dort gehalten. Die drei Rüden der Antragstellerin seien auf dem Balkon gewesen, in dem sich Kothaufen und Kotreste befunden hätten. Die Antragstellerin habe bestätigt, dass sie dort ihren Auslauf erhielten und ihr Geschäft verrichten könnten.
6
Daraufhin sprach der Antragsgegner eine Fortnahme- und Unterbringungsanordnung bezüglich aller Hunde aus, darunter auch bezüglich der drei Rüden der Antragstellerin, ließ sich diese herausgeben und nahm sie in einem Tierheim in Obhut, wo eine Übersichtsuntersuchung stattfand.
7
Mit streitbefangenem Bescheid vom 28. Mai 2020 bestätigte der Antragsgegner die ausgesprochene Fortnahme- und Unterbringungsanordnung gestützt auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG bezüglich der drei Rüden (Nr. 1 des Bescheidtenors) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nr. 1 an (Nr. 2). Dabei führte er unter anderem aus, dass die Übersichtsuntersuchung ergeben habe, dass die meisten Hunde, darunter auch zwei Hunde der Antragstellerin, mangels Abnutzung und damit Gassigang, mithin Auslaufs, sehr lange bis sehr, sehr lange, in einem Fall eines Hundes der Antragstellerin, sogar bereits sich aufbiegende Krallen aufwiesen. Auch sei das Laufen an einer Leine in einem normalen Gang nicht möglich gewesen, auch bei den Hunden der Antragstellerin nicht. Die Hunde seien an das Laufen an der Leine nicht gewöhnt gewesen.
8
Mit streitbefangenem Bescheid vom 5. Juni 2020 erließ der Antragsgegner zudem gegenüber der Antragstellerin ein Hundehaltungsverbot gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG (Nr. 1 des Bescheidtenors) und ordnete gestützt auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG die Veräußerung der drei fortgenommenen Rüden (Nr. 2) sowie die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 an (Nr. 3).
9
Am 2. Juli 2020 hat die Antragstellerin Klage erhoben und der Sache nach den Antrag gestellt (i.d.F.v. 19.7.2020), die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 28. Mai 2020 und vom 5. Juni 2020 wiederherzustellen und ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
10
Mit Beschluss vom 27. Juli 2020, auf den Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag der Antragstellerseite abgelehnt (RN 4 S 20.1141).
11
Am 12. August 2020 hat die Antragstellerseite hiergegen Beschwerde eingelegt, der Sache nach mit dem Antrag,
12
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Juli 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 28. Mai 2020 und vom 5. Juni 2020 wiederherzustellen und ihr - unter Beiordnung der Bevollmächtigten - Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
13
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genüge nicht den Anforderungen an eine schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei jeweils nur formularmäßig und völlig allgemein gehalten damit erklärt worden, dass durch eine fortgesetzte Haltung der Hunde durch die Antragstellerin weitere Tierschutzverstöße zu erwarten seien, was es zu verhindern gelte. Angesichts der vielfältigen Fallkonstellationen, die einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zugrunde liegen könnten, entspreche die formularmäßige Begründung dem Begründungserfordernis des Gesetzes nicht. Dies gelte umso mehr, als die Anordnung des Sofortvollzugs in den gegenüber den Antragstellern in dem Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 erlassenen Parallelbescheiden mit exakt demselben Wortlaut nur unter Austausch des jeweiligen Namens erfolgt sei.
14
Im Übrigen seien die Fortnahme- und die Unterbringungsanordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 TierSchG rechtswidrig und verletzten die Antragstellerseite in ihren Rechten aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit sich bei der tierärztlichen Kontrolle auf Lichtbildern sichtbar Exkremente im Hof und im Wohnhaus ergäben, sei dies kein Indiz für eine generell tierschutzwidrige Haltung. Diese dokumentierten nur - ebenso wie die von Antragstellerseite im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Lichtbilder -, dass an den genannten Stellen zu ebendiesem einen Zeitpunkt der Begehung Exkremente auffindbar gewesen seien. Sie seien kein Beleg dafür, dass diese nicht ordnungsgemäß und regelmäßig entfernt würden. Insbesondere sei festzuhalten, dass sich in den Bereichen regelmäßig 19 Hunde (inklusive der drei Hunde der Antragstellerin) aufhielten. Es sei nachvollziehbar, dass sich nicht vermeiden lasse, dass sich zu keinem Zeitpunkt Kot und Exkremente im Hof / auf dem Balkon befänden. Das Augenmerk sollte darauf liegen, ob diese regelmäßig entfernt würden. Dies sei täglich der Fall. Die anwesende Amtstierärztin sei darauf hingewiesen worden, dass sämtliche Hunde von der niedergelassenen Tierärztin Frau Dr. P* … (im Folgenden: niedergelassene Tierärztin) grundversorgt würden und diese zur Haltung und zum Versorgungszustand der Tiere über einen längeren, repräsentativen Zeitraum hinweg Auskunft geben könne. Dennoch habe der Antragsgegner bei dieser keine Auskunft eingeholt, sondern sich auf die Momentaufnahme der Begehung gestützt. Die Amtstierärztin habe eine vermeintliche Krankheit bei drei der 19 Tiere vor Ort, einmal bei einem Hund der Untermieterin der Antragstellerin, festgestellt. Zwei davon seien der Antragstellerin und dem Antragsteller in dem Verfahren 23 CS 20.1935 und der Antragstellerin in dem Verfahren 23 CS 20.1928 bekannt und bereits tierärztlich abgeklärt gewesen. Trotz Hinweises sei auch hier versäumt worden, die tierärztlichen Befunde der niedergelassenen Tierärztin einzuholen, welche die Tiere seit längerer Zeit betreue. Es liege ein Ermessensfehler in Form unzureichender Sachverhaltsaufklärung vor, da der Antragsgegner trotz entsprechenden Hinweises keine weiteren Unterlagen zur Beurteilung eingeholt habe. Weiterhin sei ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt worden, dass der Hund Lumpi der Therapiehund der Antragstellerin sei und sie ihn dringend aus psychotherapeutischen Zwecken in ihrer Nähe benötige.
15
Die Voraussetzungen für das Hundehaltungs- und Betreuungsverbot lägen ebenfalls nicht vor. Wie das Verwaltungsgericht festgestellt habe, habe es keine Anhaltspunkte für Mangelernährung oder eine anderweitige aktive Misshandlung der Hunde durch die Antragstellerin gegeben. Die Amtstierärztin habe lediglich festgestellt, dass der Hund J. an einem Hodentumor gelitten habe. Dies habe die Antragstellerin mit der niedergelassenen Tierärztin abgeklärt, die aufgrund des hohen Alters des Tieres (20 Jahre) von einer Operation abgeraten habe. Bei den weiteren zwei Hunden der Antragstellerin seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Die Tiere der Antragstellerin seien angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht im Sinne von § 2 Nr. 1 TierSchG untergebracht. Die dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beigefügten Lichtbilder belegten, dass sich diese in einem guten Allgemeinzustand befinden würden. Die Antragstellerin sei erwerbsunfähig und den ganzen Tag zu Hause. Sie gehe drei Mal täglich mit ihnen an der Leine spazieren. Weiteren Auslauf erhielten sie auf dem Balkon und dem großen Hof. Die Antragstellerin sei nicht Betreuerin der übrigen Hunde. Sie sei Mieterin und gut mit ihnen befreundet. Selbstverständlich unterstütze sie diese hin und wieder bei Tierarztgängen, sei aber nie für die Hunde verantwortlich gewesen. Mangels Betreuung und Verantwortung habe sie auch keine Abhilfe schaffen können. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte, dass die Hunde ihr Ausscheidungsverhalten aufgrund der Hygienebedingungen nicht artgemäß hätten ausleben oder ihre Bewegungsbedürfnisse nicht hätten erfüllen können. Die Hygienebedingungen in der Wohnung der Antragstellerin seien nicht zu beanstanden. Die Amtstierärztin habe hinsichtlich des Auslaufs gar keine gutachterliche Würdigung vornehmen können, da hier lediglich zwei kurze Begutachtungstermine stattgefunden hätten. Wie der Auslauf gestaltet werde, sei ihr von der Antragstellerin und den Antragstellern in dem Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 mitgeteilt worden. Der gewährte Auslauf sei für die Bedürfnisse der Hunde absolut ausreichend. Es lägen keine groben und wiederholten Verstöße in Bezug auf die eigenen Hunde der Antragstellerin vor. Die behördliche Beurteilung stütze sich lediglich auf die Annahme der Mitbetreuung. Die Veräußerung der Hunde sei rechtswidrig, weil die Hunde aufgrund der rechtswidrigen Fortnahmeanordnung bei der Antragstellerin hätten verbleiben können, so dass eine Fristsetzung nicht entbehrlich gewesen sei. Die sofort vollziehbare Veräußerung sei jedenfalls nicht verhältnismäßig, weil sie bei einem für die Antragstellerin günstigen Ausgang im Hauptsacheverfahren nicht revidierbar sei.
16
Der Antragsgegner hat am 18. September 2020 beantragt,
17
die Beschwerde zurückzuweisen.
18
Zur Begründung trägt er vor, dass die Antragstellerseite ihr Vorbringen wiederhole, ohne sich mit dem angegriffenen Beschluss auseinanderzusetzen. Die Beschwerdebegründung berücksichtige nicht die Rechtsprechung zum Begründungserfordernis des Sofortvollzugs in Tierschutzsachen sowie zu der Bedeutung des Gutachtens des beamteten Tierarztes. Ferner verweist der Antragsgegner bezüglich des Vorbringens der Antragstellerseite, wonach vor Erlass der Bescheide die niedergelassene Tierärztin nicht konsultiert worden sei, auf eine beigefügte Stellungnahme des zuständigen Landratsamtes.
19
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakten in dem gegenständlichen Verfahren sowie die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten.
II.
20
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
21
Die von der Antragstellerseite innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe‚ auf die der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat‚ rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
22
a) Nicht durchdringen kann die Antragstellerseite mit dem Vorbringen, der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fortnahme- und Unterbringungsanordnung sowie des Hundehaltungsverbots und der Veräußerungsanordnung liege keine hinreichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zugrunde.
23
Ein Begründungsmangel ist bereits nicht hinreichend dargelegt. Eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens, ohne auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts einzugehen, genügt den Darlegungsanforderungen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2020 - 23 CS 19.2486 - juris Rn. 20 m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerseite ist insoweit identisch mit ihrem Vorbringen gegenüber dem Verwaltungsgericht (vgl. BA S. 6; VG Regensburg, Gerichtsakte, Bl. 16 ff.). Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. BA S. 9: „typische Interessenlage“ u. S. 11: „weitere Tierschutzverstöße zu erwarten seien“ u. „Diese sollten so kurz wie nötig in einer vorübergehenden anderweitigen pfleglichen Unterbringung gehalten werden“) beschäftigt sich die Antragstellerseite nicht.
24
Abgesehen davon ist die Begründung auch als den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend anzusehen. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass die Abwägung zwischen dem Vollzugsinteresse des Tierschutzes und dem Suspensivinteresse des Tierhalters im Rahmen der Prüfung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 3 TierSchG, bei der es um die Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG sowie Schmerzen, Leiden und Schäden eines Tieres geht, eine typische Interessenlage beschreibt. Der Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang auch erkennbar auf den konkret-individuellen Fall abgestellt („Hunde“) und hierbei an die jeweils in den Bescheiden vorgehend ausführlich geschilderten fortgesetzten Verstöße der Antragstellerseite gegen § 2 TierSchG angeknüpft (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 12 u. Bescheid v. 5.6.2020, S. 12: „Aufgrund der Tierschutzverstöße“). Die Antragstellerseite kann nichts aus dem Umstand herleiten, dass die Formulierungen in den Bescheiden an die Antragstellerin sowie die Antragsteller in den Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 gleich sind, da augenscheinlich alle Hunde in dem genannten Obergeschoss des Wohnhauses gehalten wurden und die Mehrzahl der Verstöße die Hunde gleichermaßen betrifft. Angesichts der Vielzahl von festgestellten und auch fortgesetzten Verstößen gegen die Anforderungen des § 2 TierSchG sind weitere Ausführungen, die über die Feststellung hinausgehen, dass weitere Zuwiderhandlungen der Antragstellerseite hiergegen zu erwarten sind, nicht veranlasst gewesen.
25
b) Die in Nr. 1 des Bescheides vom 28. Mai 2020 bestätigte Fortnahme- und Unterbringungsanordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ist bei summarischer Prüfung - im Rahmen des Beschwerdevorbringens der Antragstellerseite - nicht zu beanstanden.
26
aa) Nicht durchdringen kann die Antragstellerseite mit dem Vorbringen, dass es an einer erheblichen Vernachlässigung im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 TierSchG fehle.
27
(1) Bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, insbesondere auch ob im Rahmen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 TierSchG eine erhebliche Vernachlässigung vorliegt, kommt dem beamteten Tierarzt eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2019 - 23 CS 19.754 - juris Rn. 7 = AuR 2020, 270 <271>; B.v. 9.11.2018 - 9 CS 18.1002 - juris Rn. 7; B.v. 31.1.2017 - 9 CS 16.2021 - juris Rn. 15; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 15 Rn. 19 u. § 16a Rn. 41). Ein solches Gutachten ist grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 - 3 B 62.13 - juris Rn. 10). Es ist zwar möglich, die von dem beamteten Tierarzt getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten in Frage zu stellen (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 39). Schlichtes Bestreiten des Halters vermag die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung jedoch nicht zu entkräften (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.6.2010 - OVG 5 S 10.10 - juris Rn. 9). Anderes gilt nur, wenn das Gutachten selbst von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unauflösbare Widersprüche aufweist, Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit aufwirft und im Hinblick auf die gutachterlich zu treffenden Feststellungen und deren Herleitung und Begründung unvollständig ist (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 15 Rn. 18).
28
(2) Gemessen daran ist die Einschätzung des Antragsgegners nicht zu beanstanden, dass eine erhebliche Vernachlässigung im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 TierSchG vorliegt.
29
Insbesondere war es zulässig und auch geboten, dass der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht die Feststellungen der beamteten Tierärztin herangezogen haben. Diese ist die maßgebliche Sachverständige in dem Verfahren (s.o.). Dass die Feststellungen im vorgenannten Sinne für sich nicht tragfähig wären, kann der Senat nicht erkennen. Das Vorbringen der Antragstellerseite ist auch nicht geeignet, die Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Die Antragstellerin ist keine Veterinärin, die eine der vorgenannten Institutionen repräsentiert. Dazu ist das Vorbringen der Antragstellerseite - angesichts der getroffenen Feststellungen, aber auch für sich genommen - pauschal, unsubstantiiert und widersprüchlich.
30
Nicht durchdringen kann die Antragstellerseite mit dem Vorbringen, dass die bei den Ortseinsichten angefertigten Lichtbilder kein Beleg dafür seien, dass Exkremente nicht ordnungsgemäß und regelmäßig entfernt worden seien. Die Antragstellerseite blendet dabei die anlässlich der Ortseinsichten dokumentierten Feststellungen zu den visuellen und übrigen Sinneseindrücken aus (vgl. Bescheid v. 28.5.2020: „roch es bereits im Untergeschoss nach Ausscheidungen“, „Hier roch es stark nach Ausscheidungen. Der Bodenbelag war an mehreren Stellen durch Flüssigkeit - vermutlich Urin - aufgequollen“ u. „Im Wohnzimmer lag ein, im angrenzenden Schlafzimmer lagen mehrere Hundekothaufen“, „Der Balkon war mit einer Kotschicht versehen“), die sie im Übrigen nicht angreift. Die Feststellungen bezüglich der visuellen und übrigen Sinneseindrücke sowie die Lichtbilder des Antragsgegners (vgl. Behördenakte, Bl. 11 ff. u. Bl. 41 ff.) zeigen deutlich, dass es sich bei den Exkrementen nicht um vereinzelte Malheurs, sondern um einen über einen langen Zeitraum akkumulierten Dauerzustand gehandelt hat, da die Exkremente in den wesentlichen Teilen der Wohnung, im Inneren und auf dem Balkon, zu sehen sind und getrocknet erscheinen. Letztendlich gibt dies die Antragstellerseite der Sache nach selbst zu, indem sie vorträgt, dass bei 19 Hunden der Hof und der Balkon nicht exkrementefrei sein könnten, wobei sie die Wohnung der Antragsteller in den Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 als Ort des Aufenthalts der Hunde gerade - geflissentlich - trotz der genannten Feststellungen ausspart. Dass die Exkremente täglich entfernt würden, ist angesichts der vorgenannten Umstände und Erwägungen als eine haltlose Behauptung der Antragstellerseite zu qualifizieren. Nichts anderes ergibt sich aus den wenigen, nachträglich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten - undatierten und schwarz-weiß ausgedruckten - Lichtbildern der Antragstellerseite. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat (vgl. BA S. 9), können diese allenfalls dokumentieren, dass an den genannten Stellen zu einem unbestimmten, mutmaßlich späteren Zeitpunkt, kein Hundekot zu sehen ist.
31
Ins Leere geht der Hinweis der Antragstellerseite, dass die niedergelassene Tierärztin sämtliche Hunde grundversorge und zur Haltung und zum Versorgungszustand über einen längeren Zeitpunkt hätte Auskunft geben können und dass diese Auskunft auch hätte eingeholt werden müssen. Die Antragstellerseite setzt sich nicht mit der Feststellung in dem streitbefangenen Bescheid auseinander, wonach eine Rückfrage bei dieser Person ergeben hatte, dass dieser die Hunde nicht weiter aus der Vergangenheit bekannt waren, dass ihr erst am 11. März 2020, also zwei Tage nach der ersten Ortseinsicht, drei Hunde vorgestellt wurden und dass ihr weitere Hunde nicht bekannt waren (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 10). Des Weiteren ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass und inwieweit diese Person über die Art und Weise der Haltung vor Ort überhaupt eine Aussage hätte treffen können, zumal sie dies auch tatsächlich nicht getan hat (s.o.).
32
Von vermeintlichen Krankheiten der Hunde, wie die Antragstellerseite vorträgt, kann keine Rede sein. Die drei in dem streitbefangenen Bescheid im Einzelnen angeführten Hunde wiesen sämtlich auch nach außen hin erkennbare pathologische Zustände auf (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 10: „B.“: „große bereits seit Monaten ggf. sogar Jahren bestehenden Inguinalkhernie (Leistenbruch) mit deutlichem Darmvorfall“ u. „aufgrund der langen Vorerkrankung“; „R.“: „Herzinsuffizienz, starker Flohbefall, deutliche sichtbares Flohekzem mit starker Entzündung und extremer Geruchsbildung“ sowie „J.“: „Herzinsuffizienz, großer bereits auf dem Boden baumelnder Hodentumor“). Das Vorbringen der Antragstellerseite hinsichtlich einer vorherigen tierärztlichen Abklärung, einer längeren tierärztlichen Betreuung und weiterer tierärztlicher Befunde hat sich sämtlich nicht bestätigt. Dass einer der sichtbaren pathologischen Zustände zwischenzeitlich aufgrund einer ersten Verdachtsdiagnose als ein unbehandelter Tumor angesehen und später erst als ein unbehandelter Leistenbruch diagnostiziert worden sein mag, fällt nicht ins Gewicht, zumal dies vor der zweiten Ortseinsicht korrigiert wurde und eine eingehende Untersuchung bei der Ortseinsicht gar nicht möglich war (vgl. Behördenakte, Bl. 4 f. u. Bescheid v. 28.5.2020, S. 10). Im Übrigen reicht auf Tatbestandsseite bereits ein Verstoß im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gegen die Grundpflichten der artgerechten Tierhaltung aus (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 16a Rn. 41). Der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht haben nicht nur einen einzelnen, sondern eine Vielzahl von noch dazu nicht jeweils einmaligen, sondern fortgesetzten Verstößen gegen § 2 TierSchG verwertet und zur Grundlage der Entscheidung gemacht. Die Antragstellerseite blendet aus, dass der Hund J. nach dem Befund der niedergelassenen Tierärztin beim Laufen deutlich eingeschränkt ist und Probleme hat, wegknickt und daher sogar eine Euthanasie in den Raum gestellt wurde (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 10).
33
bb) Das Vorbringen der Antragstellerseite zu der Ermessensfehlerhaftigkeit der Fortnahme- und Unterbringungsanordnung in Form einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung ist ebenfalls unsubstantiiert. Die Antragstellerseite berücksichtigt nicht, dass § 16 Abs. 1 Satz 2 TierSchG bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auf der Rechtsfolgenseite Ermessen nicht hinsichtlich des behördlichen Einschreitens als solchen, sondern nur hinsichtlich der Auswahl und der Ausgestaltung der Mittel vorsieht. Die Antragstellerin hat zu alternativen Mitteln nichts vorgetragen. Nicht substantiiert und geradezu beliebig erscheint das Vorbringen zu der Therapiehundeigenschaft des Hundes Lumpi. Das Vorbringen ist als nachträgliche Schutzbehauptung einzustufen. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass nicht dokumentiert ist, dass die Antragstellerin sich hierauf - weder auf den konkreten Hund noch auf eine etwaige Therapieeigenschaft - anlässlich der zweiten Ortseinsicht berufen hat, was bei lebensnaher Betrachtung indes hätte geschehen müssen (vgl. Behördenakte, Bl. 38: „J. - zeitnah zurückhaben wollen“; Bescheid v. 28.5.2020, S. 6: „J. - zeitnah zurückhaben wollen“ u. BA S. 3: „J. zeitnah zurückhaben wolle“). Diese Auffassung stützt letztendlich auch das vage und pauschal gehaltene fachärztliche Attest vom 10. Juni 2020 („die Haltung eines Hundes“ u. „Insbesondere die Rückkehr eines bestimmten Hundes“ „wäre für die psychische Gesundheit … sehr wichtig“). In der Antragsbegründung vom 19. Juli 2020 war noch von dem Hund J. die Rede gewesen. In der Beschwerdebegründung vom 31. August 2020 hingegen wird die Therapiehundeigenschaft des Hundes Lumpi vorgetragen. Die vorgetragene Erklärung („von der Unterfertigten darin versehentlich falsch dargestellt“) ist dürr. Zudem erscheint lebensfremd, dass ein derartiger Irrtum in Bezug auf, wie von Antragstellerseite geltend gemacht wird, therapeutisch essentielles Bezugswesen, überhaupt auftritt geschweige denn erst nach sechs Wochen korrigiert wird. Der Antragsgegner hat nicht nur einen einzelnen, sondern eine Vielzahl von noch dazu nicht jeweils einmaligen, sondern fortgesetzten Verstößen gegen § 2 TierSchG verwertet und zur Grundlage der Entscheidung gemacht (s.o.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Auflagen kein milderes Mittel darstellen, wenn der Tierhalter nicht willens und in der Lage ist, eine ordnungsgemäße Haltung zu gewährleisten (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 16a Rn. 9 u. Rn. 24). Davon ist angesichts aller Umstände im vorliegenden Fall auszugehen. Überdies gelten die angestellten Erwägungen zu dem Vorliegen einer erheblichen Vernachlässigung entsprechend (s.o.).
34
cc) Im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen in dem streitbefangenen Bescheid und in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts.
35
c) Des Weiteren erweist sich auch das in Nr. 1 des Bescheides vom 5. Juni 2020 angeordnete Hundehaltungs- und Betreuungsverbot gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG bei summarischer Prüfung im Rahmen des Beschwerdevorbringens als rechtmäßig.
36
Die Einschätzung des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerseite § 2 TierSchG wiederholt und grob zuwidergehandelt hat, dies für die Hunde zu erheblichen oder länger anhaltenden Leiden geführt hat und dass weitere derartige Zuwiderhandlungen durch die Antragstellerseite zu prognostizieren sind, ist nicht zu beanstanden. Die Antragstellerseite ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Das Beschwerdevorbringen ist auch insoweit weiterhin von fehlender Einsicht in die Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG geprägt.
37
Der Einwand der Antragstellerseite bezüglich der Ernährung der Hunde geht ins Leere, da der Antragsgegner die Maßnahmen ausdrücklich nicht auf einen Mangel der Grundversorgung mit Futter und Wasser gestützt hat (vgl. Bescheid v. 5.6.2020, S. 8; ebenso: Bescheid v. 28.5.2020, S. 6).
38
Soweit die Antragstellerseite mit dem Einwand bezüglich einer fehlenden aktiven Misshandlung meinen sollte, dass sie sich nicht nach § 17 TierSchG strafbar gemacht hat, ist dies nicht von Bedeutung, weil die Strafnorm in dem hiesigen Eilverfahren nicht Maßstab ist, wobei der Senat darauf hinweist, dass § 17 TierSchG auch durch Unterlassen verwirklicht werden kann. Soweit die Antragstellerseite damit meinen sollte, dass sie mangels aktiven Tuns nicht wiederholt und grob und unter Hinzufügung von erheblichen oder länger anhaltenden Leiden § 2 TierSchG zuwidergehandelt haben kann, ist dies ebenfalls unzutreffend, weil auch diese Tatbestände sowohl durch ein Handeln als auch ein Unterlassen verwirklicht werden können (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2017 - 9 CS 17.456 - juris Rn. 16; vgl. ebenfalls zur erheblichen Vernachlässigung: Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl., 2019, § 16a Rn. 20). Soweit die Antragstellerseite damit (schlicht) bestreitet, dass eine derartige Zuwiderhandlung vorliegt, steht dieser Standpunkt in offensichtlichem Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen und den gezogenen Schlussfolgerungen (s.o.). Auch hier blendet die Antragstellerseite aus, dass der Antragsgegner in Bezug auf sämtliche Hunde eine Vielzahl von fortgesetzten Verstößen gegen die Anforderungen des § 2 TierSchG festgestellt hat.
39
Nicht durchdringen kann die Antragstellerseite mit ihren Einwänden bezüglich des Hundes J.. Das Vorbringen der Antragstellerseite hinsichtlich einer vorherigen tierärztlichen Abklärung hat sich nicht bestätigt, die niedergelassene Tierärztin hat zudem das von der Antragstellerseite angegebene Alter bezweifelt - welches der Antragstellerseite als Grund für die Nichtbehandlung des Hodentumors diente - und die Nichtbehandlung als Betriebsblindheit bezeichnet (s.o.). Mehr als ein Hund der Antragstellerin war auch in Bezug auf Krallenpflege und Leinenverhalten auffällig (s.o.).
40
Nicht durchdringen kann die Antragstellerseite mit ihrem Vorbringen, dass die im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eingereichten Lichtbilder belegten, dass sich die Hunde in einem guten Allgemeinzustand befinden würden. Die durch Zuwiderhandlung verursachten Leiden im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG müssen sich nicht in äußerlich sichtbaren Schäden niedergeschlagen haben. Abgesehen davon sind die Lichtbilder auch für sich gesehen nicht aussagekräftig. Im Übrigen zeigen die von der Antragstellerseite vorgelegten Lichtbilder auch Teile der Wohnung der Antragsteller in dem Verfahren 23 CS 20.1935 und 23 CS 20.1928 und den Balkon. Dies legt nahe, dass die Hunde der Antragstellerin maßgeblich an jenen (unhygienischen) Orten gehalten wurden. Dies ergibt sich auch aus der Beschwerdeschrift selbst (vgl. Beschwerdeschrift v. 31.8.2020, S. 4: „festzuhalten, dass sich in den Bereichen regelmäßig 19 Hunde <inklusive der drei Hunde der Antragstellerin aufhalten>“). Aus den genannten Gründen fällt daher nicht entscheidend ins Gewicht, das das Zimmer der Antragstellerin selbst nicht diesen Verschmutzungsgrad aufwies.
41
Dass der Antragsgegner das Vorbringen der Antragstellerseite zu dem dreimaligen Gassigehen pro Tag keinen Glauben geschenkt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 5: „eindeutiger Hinweis auf mangelnden Gassigang“, S. 11: „belegt mangelnden Auslauf der Tiere“ u. „nicht regelmäßig Gassi geführt“ S. 12: „die drei Hunde … zum Kontrollzeitpunkt ihren Auslauf auf dem Balkon“). Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang mit dem Hinweis auf ihre Erwerbslosigkeit meinen sollte, dass sie über die Zeit verfüge, für eine ordnungsgemäße Haltung der Hunde zu sorgen, kann sie nicht durchdringen. Dass ein Tierhalter theoretisch die Zeit zur Verfügung hätte, um für eine ordnungsgemäße Haltung zu sorgen, bedeutet nicht, dass er die Zeit hierfür praktisch nutzt. Im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen in dem streitbefangenen Bescheid.
42
Fehl geht der erneut im Beschwerdeverfahren vorgetragene Einwand der Antragstellerseite, dass die Hunde täglich auf dem Balkon und dem Hof Auslauf gehabt hätten. Auch ein Balkon von einer Länge von 35 m vermag das Bewegungsbedürfnis der Hunde nicht zu befriedigen. Einem Hund ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Tierschutz-Hundeverordnung (im Folgenden: TierSchHundeV), welche die artgerechte Haltung von Hunden konkretisiert, ausreichend Auslauf im Freien zu gewähren. Der Auslauf dient dazu, das Bedürfnis des Hundes nach Bewegung und sensorischen Reizen zu befriedigen sowie die Gesundheit des Hundes insgesamt zu fördern. Das Hinauslassen auf einen Balkon genügt dem auf keinen Fall (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, TierSchHundeV, § 2 Rn. 3). In Bezug auf den Hof als Auslaufsmöglichkeit hat sich die Antragstellerseite nicht mit dem Hinweis der beamteten Tierärztin auseinandergesetzt, dass dieser nicht eingezäunt ist. Damit ist gemeint, dass dieser Umstand es nicht plausibel erscheinen lässt, die Antragstellerseite habe die Hunde dort laufen lassen, zumal diese augenscheinlich nicht gehorchten (vgl. Bescheid v. 5.6.2020, S. 8 u. Bescheid v. 28.5.2020, S. 9: „Das Rudel zeigte sich im Verlauf der Kontrolle vollständig unkontrollierbar durch die Tierhalter“ u. „Es erscheint daher fast unmöglich, die Hunde auf einem uneingezäunten Gelände frei laufen zu lassen, ohne dass diese auf die Straße rennen“). Entgegen der Antragstellerseite ist Grundlage des streitbefangenen Bescheides und des Beschlusses des Verwaltungsgerichts insoweit nicht „die Momentaufnahme der Begehung“, sondern erstens zwei aufeinander folgende Ortseinsichten, zweitens die hierbei ausführlich dokumentierten Verhältnisse sowie drittens die hierbei aufgenommenen Aussagen der Antragstellerseite. Das Vorbringen zu dem Auslauf zeugt von fehlender Einsicht hinsichtlich der Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG.
43
Entgegen der Antragstellerseite hat der Antragsgegner nicht allein auf die Mitbetreuung der Antragstellerin abgestellt. Zwar hat er in dem Bescheid vom 28. Mai 2020 ausgeführt, dass es sich bei allen 19 Hunden um einen gemeinsamen Tierbestand handele, weil unter anderem das gekaufte Futter von jedem der Tierhalter verwendet werde, der Balkon gemeinsam zum Auslauf genutzt werde und beim Wiedereinfangen eines Hundes jeder Tierhalter zugreife, so dass die Antragstellerin auch als Betreuerin der übrigen Hunde anzusehen sei. Der Antragsgegner hat indes auch selbständig tragend an die Eigenschaft der Antragstellerin als Halterin ihrer Hunde angeknüpft. Die Haltereigenschaft der Antragstellerin für ihre drei Rüden kommt bereits an verschiedenen Stellen des Bescheides vom 28. Mai 2020 zum Ausdruck (vgl. Bescheid v. 28.5.2020, S. 1. „Rüden, die im Zimmer von … gehalten wurden“, S. 4: „grob tierschutzwidrig gehalten“ u. „Tierhalter“, S. 5: „den Tierhaltern“, S. 6: „für alle drei Tierhalter“, S. 10: Gesundheitsvor- und fürsorgliche Maßnahmen wurden durch all drei Tierhalter nicht getroffen“), insbesondere in den Passagen zu den einzelnen Hunden, darunter J.. Gleiches gilt darauf aufbauend auch für den Bescheid vom 5. Juni 2020 (vgl. Bescheid v. 5.6.2020, S. 11: „Gleichzeitig besitzt Frau … mindestens drei eigene Hunde. Hier liegen Anhaltspunkte vor, dass auch die Hunde von… nicht tierschutzgerecht gehalten und v.a. nicht angemessen gepflegt wurden“). Dies ist aus den genannten Gründen nicht zu beanstanden (s.o.). Keinen Einwänden begegnet auch, dass der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht aufgrund der festgestellten besonderen Wohn- und Lebensverhältnisse an die Eigenschaft der Antragstellerin als Betreuerin der übrigen Hunde abgestellt haben (vgl. Bescheid v. 5.6.2020, S. 8; BA S. 11). Die Antragstellerseite bestreitet insofern im Wesentlichen schlicht die gezogene Schlussfolgerung, ohne sich substantiiert im Einzelnen mit den zugrunde gelegten Feststellungen (s.o.) auseinanderzusetzen, wobei anzumerken ist, dass überhaupt nur ein Tierarztbesuch dokumentiert ist, bei dem die Antragstellerin maßgeblich in Erscheinung getreten ist (s.o.). Insgesamt ist das Vorbringen der Antragstellerseite widersprüchlich. Denn einerseits soll keine Abhilfe möglich gewesen sei, was das Bestehen von Missständen voraussetzt, andererseits bestreitet die Antragstellerseite gerade, dass Missstände vorlagen.
44
d) Schließlich ist auch die in Nr. 2 des Bescheides vom 5. Juni 2020 verfügte Veräußerungsanordnung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 TierSchG bei summarischer Prüfung - im Rahmen des Beschwerdevorbringens - ebenfalls nicht zu beanstanden.
45
Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 TierSchG kann die zuständige Behörde ein fortgenommenes Tier insbesondere dann veräußern, wenn nach Fristsetzung eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Aus dem Vortrag der Antragstellerseite ergeben sich keine Umstände, die annehmen lassen könnten, dass inzwischen eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung sichergestellt wäre (s.o., vgl. Bescheid v. 5.6.2020, S. 11: „zumal die bisherigen Anordnungen keinen Erfolg und keine Einsicht brachten“).
46
Die Fristsetzung war entbehrlich. Dies ist der Fall, wenn ein zeitnahes ordnungsgemäßes Verhalten des Tierhalters nicht zu erwarten ist (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 33) oder, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat (vgl. BA S. 13), wenn ein für sofort vollziehbar erklärtes Tierhaltungsverbot erlassen wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2004 - 25 CS 04.2360 - juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 17.3.2005 - 1 S 381/05 - juris Rn. 14). Beide Voraussetzungen sind hier gegeben.
47
Dadurch, dass die Antragstellerseite auf die Irreversibilität der Veräußerung hinweist, hat sie angesichts des Rechtsgutes des Tierschutzes sowie der hierfür bestehenden Gefahren (s.o.) Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Maßnahme nicht aufgezeigt. Im Übrigen verweist der Senat auch hier auf die Ausführungen in dem streitbefangenen Bescheid und in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts.
48
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
49
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
50
4. Aus genannten Gründen ist mangels Erfolgsaussichten auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten abzulehnen.
51
5. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.