Titel:
Auseinandersetzungsrechnung über eine Treuhandkommanditistenbeteiligung
Normenketten:
ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 93, § 307 S. 2
HGB § 154, § 155
BGB § 733, § 735
Leitsätze:
1. Die Einforderung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern erfordert die Vorlage eines Auseinandersetzungsplans, der einen Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters ausweist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Liquidator hat im Rahmen der Rechnungslegung (§§ 154, 155 HGB) die Kapitalkonten für die Gesellschafter für die Auseinandersetzung zu errechnen und die für die Schlussabwicklung nach § 735 BGB erforderlichen Beträge einzuziehen, wenn und soweit sich im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung ein Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters ergibt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Unter besonderen Umstanden kann es nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gerechtfertigt sein, Vorschüsse an die ausgleichsberechtigten Gesellschafter zu zahlen und dementsprechend rückständige Einlagen einzufordern. Auch dies setzt nach der hochstrichterlichen Rechtsprechung aber in jedem Fall die Feststellung voraus, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter im Ergebnis noch etwas einzuzahlen hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auseinandersetzungsplan, Auseinandersetzungsrechnung, Klageerhebung, Anerkenntnisurteil, Treuhandkommanditist, Vorschuss, Zeichnungssumme, Ausschüttung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 14.09.2020 – 7 W 1129/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 24338
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass 10.353,23 € als Passivsaldo zugunsten der Klägerin in die endgültige Auseinandersetzungsrechnung über die streitgegenständliche Beteiligung der Beklagtenpartei mir der Nummer 1403357 einzustellen sind.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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I. Die Beklagten sind als Treuhandkommanditisten an der Klägerin mit einer Beteiligungssumme von 50.000 € beteiligt Vereinbarungsgemäß zahlten die Beklagten am 02.09.2005, 5 % der Zeichnungssumme (2.500 €) und eine Abwicklungsgebühr in Höhe von 5 % der Zeichnungssumme (2.500 €) und anschließend von Oktober 2006 bis November 2017 monatliche Raten in Höhe von jeweils 200 € (entsprechend 0,4 % der Zeichnungssumme), weiter wurden den Beklagten interne Ausschüttungen gutgeschrieben. Insgesamt belaufen sich Zahlungen und Gutschriften bis einschließlich November 2017 auf 37.381,88 €.
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Am 13.12.2016 beschloss die Gesellschaft die Liquidation
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Im März 2019 erstellte die Klägerin eine vorläufige Auseinandersetzungsrechnung. Diese ergab einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagten in Höhe von 4.764,89 €.
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Mit Schreiben vom 14.10.2019 forderte die Klägerin die Beklagten auf, den aufgelaufenen Ratenrückstand bis 31.10.2019 auszugleichen und auch die künftig weiter fällig werdenden Raten zu bedienen, um einen Innenausgleich zwischen den Gesellschaftern durchzuführen.
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Die Beklagtenvertreter teilten mit Schreiben vom 07.12.2019 mit, dass ein Anspruch auf Zahlung ausstehender Einlagen nach Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Liquidation nicht bestehe.
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Die Antragstellerin beantragte am 10.12.2019 einen Mahnbescheid über „rückständige Raten auf die Beteiligung Nr. 1403357 vom 11.08.05“ über 4.600 € nebst Zinsen und Kosten. Nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid wurde das Verfahren an das Amtsgericht München abgegeben.
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Die Klägerin begründete den Anspruch und beantragte nun
I. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klägerin 4.764,89 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids und aus 164,89 € seit Zustellung der Anspruchsbegründung zu bezahlen.
II. Es wird festgestellt, dass weitere 10.353,23 € als Passivsaldo zugunsten der Klägerin in die endgültige Auseinandersetzungsrechnung über die streitgegenständliche Beteiligung der Beklagtenpartei mit der Nummer 1403357 einzustellen ist
Es wird festgestellt, dass in die Auseinandersetzungsrechnung über die streitgegenständliche Beteiligung der Beklagtenpartei ein Betrag von 15.118,12 € als Passivsaldo zu Gunsten der Klägerin einzustellen ist.
Sowie die Verweisung des Verfahrens an das Landgericht München I.
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Das Amtsgericht hörte die Beklagten zum Verweisungsantrag an. Die Beklagten erklärten innerhalb der Stellungnahmefrist zum Verweisungsantrag, die Klage in den Hauptanträgen anzuerkennen, zahlten sodann den mit Klageantrag I geltend gemachten Betrag Zugleich beantragten sie der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen Nach der Rechtsprechung des BGH könnten ausstehende Einlagen im Rahmen der Liquidation nur gefordert werden, wenn und soweit eine Auseinandersetzungsrechnung einen Negativsaldo zu Lasten des Anlegers ergebe. Zur Zahlung auf Grundlage einer Auseinandersetzungsrechnung seien die Bekalgten außergerichtlich nicht aufgefordert worden.
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Die Parteien erklärten sodann Klageantrag I unter Verwahrung gegen die Kosten für erledigt.
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Die Beklagtenpartei habe ihre Zahlung nicht von einer vorläufigen Auseinandersetzungsrechnung abhängig gemacht, sondern den Anspruch generell mit der Begründung abgelehnt, ein solcher Anspruch bestehe in der Liquidation nicht mehr. Der geltend gemachte Anspruch sei mit der geforderten Ratenzahlung identisch Die Raten seien bereits zuvor durch Zeitablauf fällig geworden.
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Soweit mit Klageantrag I ein über den Mahnbescheid hinausgehender Betrag angefordert worden sei, sei dieser geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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Mit Beschluss vom 26.06.2020, Gz.: 142 C 5723/20, verwies das Amtsgericht München den Rechtsstreit an das Landgericht München I.
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II. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Klagepartei aufzuerlegen, § 93 ZPO. Die Beklagten haben durch ihr Verhalten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben und die in der Hauptsache geltend gemachten Ansprüche sofort anerkannt.
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1. Die Einforderung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern erfordert die Vorlage eines Auseinandersetzungsplans, der einen Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters ausweist Die Klagepartei hat die Beklagten außergerichtlich nicht darauf hingewiesen, dass und mit welchem Ergebnis ein Auseinandersetzungsplan bereits erstellt wurde. Im Hinblick auf die Höhe der bereits geleisteten Einlage und den zu erwartenden Auseinandersetzungserlos war für die Beklagten auch nicht offensichtlich, dass voraussichtlich ein Passivsaldo zu ihren Lasten besteht, der weitere Zahlungen rechtfertigt.
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1.1. Der Bundesgerichtshof hat zwar für die Liquidation einer Publikums-KG entschieden, dass Liquidatoren auch ohne zumindest indirekte Ermächtigung durch die Gesellschafter sowohl zur Einforderung von rückstandigen Einlagen als auch von Nachschüssen zum Zweck des internen Gesellschafterausgleichs befugt sind Denn andernfalls wäre der Ausgleich unter den Gesellschaftern bei der für Massengesellschaften typischen Vielzahl von Gesellschaftern, die untereinander nicht persönlich verbunden sind, nicht gewahrleistet, zumindest aber in unzumutbarer Weise erschwert (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16 -, BGHZ 217, 237-263 m.w.N., BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 34)
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1.2. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Gesellschafter im Rahmen der Liquidation ohne Kenntnis einer vorläufigen Auseinandersetzungsrechnung verpflichtet sind, weiterhin Raten zur Ermoglichung eines Innenausgleichs zu leisten.
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1.2.1 Nach der hochstrichterlichen Rechtsprechung erfordert Einforderung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern die Vorlage eines Auseinandersetzungsplans, der einen Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters ausweist (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16 -, a.a.O.; BGH, Urteil vom 14 November 1977 - II ZR 183/75, NJW 1978, 424, Urteil vom 3 Juli 1978 - II ZR 54/77, WM 1978, 898, 899; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 53).
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Der Liquidator hat im Rahmen der Rechnungslegung (§§ 154, 155 HGB) die Kapitalkonten für die Gesellschafter für die Auseinandersetzung zu errechnen und die für die Schlussabwicklung nach § 735 BGB erforderlichen Beträge einzuziehen, wenn und soweit sich im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung ein Passivsaldo zu Lasten des in Anspruch genommenen Gesellschafters ergibt Die Fuhrung der Kapitalkonten dient in erster Linie dazu, die Endabrechnung zwischen den Gesellschaftern vorzubereiten; die Vorschrift des § 155 HGB sei mit Hilfe des technischen Mittels der Kapitalanteile sozusagen eine Kurzfassung der §§ 733 bis 735 BGB (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16 -, a a.O.).
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1.2.2 Unter besonderen Umstanden kann es nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gerechtfertigt sein, Vorschüsse an die ausgleichsberechtigten Gesellschafter zu zahlen und dementsprechend rückständige Einlagen einzufordern. Auch dies setzt nach der hochstrichterlichen Rechtsprechung aber in jedem Fall die Feststellung voraus, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter im Ergebnis noch etwas einzuzahlen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14 November 1977 - II ZR 183/75, NJW 1978, 424 f.; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 53 f). Der Liquidator ist für den geltend gemachten Ausgleichsanspruch darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 54, BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16 -, a.a.O.).
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1.3. Vorliegend war für den Beklagten im Zeitpunkt der Beantragung des Mahnbescheids nicht bekannt, dass eine vorläufige Auseinandersetzungsberechnung durchgeführt wurde. Die Klagepartei hat den Beklagten vorgerichtlich auch nicht auf andere Weise nachvollziehbar dargelegt, dass die Beklagten auf jeden Fall im Ergebnis noch etwas einzuzahlen haben. Im Hinblick auf die immerhin in Höhe von 37.381,88 € geleisteten Zahlungen und des noch zu erwartenden Liquidationserlöses war auch nicht offensichtlich, dass die Beklagten im Ergebnis noch eine Zahlung an die Beklagte zu leisten haben
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2. Die Forderung, einen Passivsaldo in Höhe von 10.353,23 € zugunsten der Klägerin in die Auseinandersetzungsbilanz in die endgültige Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, war außergerichtlich nicht streitig. Auch insoweit haben die Beklagten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben.