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VG München, Urteil v. 23.07.2020 – M 10 K 18.6036
Titel:

Erfolglose Klage gegen eine Ausweisung wegen bestehender Wiederholungsgefahr

Normenketten:
AufenthG § 53 Abs. 1, 2
VwGO § 117 Abs. 3 S. 2, Abs. 5
Leitsatz:
Dass es in den letzten Jahren während der Haft zu keinen Auseinandersetzungen mit anderen Mithäftlingen gekommen ist, stellt noch kein tragfähiges Indiz für eine nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr dar. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung, Bezugnahme auf Bescheid und Prozesskostenhilfebeschluss, Wiederholungsgefahr, Widerruf, Asylberechtigung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 31.03.2021 – 10 ZB 20.2091
Fundstelle:
BeckRS 2020, 21824

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland durch den Beklagten.
2
Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt das Gericht zunächst Bezug auf die Feststellungen des angefochtenen Bescheids des Beklagten vom 22. November 2018, denen es folgt, sowie auf die Gründe des ablehnenden Prozesskostenhilfebeschlusses vom 27. April 2020 (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Ergänzend wird ausgeführt:
3
Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2018 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2018 aufzuheben (Nr. 1) und den Beklagten dazu zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (Nr. 2).
4
Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2020 teilte der Beklagte mit, dass das Klageverfahren hinsichtlich des Widerrufs der Asylberechtigung des Klägers noch anhängig sei.
5
In der mündlichen Verhandlung am 23. Juli 2020 legte der Klägerbevollmächtigte ein forensisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. … …, Fachärztin für Psychiatrie, vom 24. Juni 2020 vor, das vom Landgericht Regensburg im Hinblick auf eine mögliche Aussetzung des Rests der Freiheitsstrafe zur Bewährung in Auftrag gegeben worden ist. Die Verfasserin führt dabei aus, dass der Kläger ihr gegenüber angegeben habe, nicht eifersüchtig gewesen zu sein, sondern es allein um die Verletzung seines Ehrgefühls gegangen sei (nach Auffassung des Gerichts bezieht sich auch diese Äußerung auf die Tat am 7. Juli 2013), woraus sie auf eine deliktrelevante Problematik schließt, die bisher therapeutisch unbearbeitet und dem Kläger möglicherweise nicht bewusst sei (S. 28). Daraus, dass sich der Kläger vor der Tat am 7. Juli 2013 schon seit längerem über die Blicke des Geschädigten geärgert habe, gehe hervor, dass die Motivation zur Tat nicht einer plötzlichen und außergewöhnlichen Situation geschuldet gewesen sei, sondern auf bereits über einen längeren Zeitraum bestehende Ideen des Klägers in Bezug auf die seinerseits in Frage gestellte Treue seiner Ehefrau zurückzuführen sei. Dies erhöhe einerseits die Wiederauftretenswahrscheinlichkeit, andererseits könne eine bestimmte Strategie in Zukunft in einem gut konstellierten sozialen Empfangsraum zu einem frühzeitigen Erkennen und Auflösen eines Konflikts führen (S. 30). Die leichte Kränkbarkeit des Klägers, sein Besitzanspruch der Partnerin und nicht ausschließbar anderen Familienangehörigen wie z.B. den heranwachsenden Kindern gegenüber und eine übergebührliche Reizbarkeit sowie Beeinträchtigung der Impulskontrolle stellten charakteristische Spielarten der Persönlichkeit des Klägers dar, was aufgrund der Persistenz als Gefahrenquelle prognostisch ungünstig zu bewerten sei. Diese deliktrelevanten Persönlichkeitsakzentuierungen seien allerdings nicht im Rahmen einer Persönlichkeitsstörung zu verstehen (S. 30). Es ließen sich folgende delinquenzbedingende Faktoren ableiten: Eifersucht aus gekränktem Ehrgefühl heraus, eine leichte Kränkbarkeit im Allgemeinen, die Existenz eines sehr anfälligen und fragilen Ehrgefühls, eine Insuffizienz der Problemlösestrategien in Bezug auf zwischenmenschliche Konflikte und eine Überidentifikation der männlichen Rolle mit sexueller Potenz. Mit Blick auf die Vordelinquenz werde deutlich, dass die Gewaltbereitschaft des Klägers auch dann zunehme, wenn ihm unvermeidlicher oder selbst-provozierter Verlust drohe (S. 32). Der Kläger werde nach wie vor von seiner Familie unterstützt und regelmäßig besucht. Er nehme intensiv an der Entwicklung seiner Kinder teil. Die Beobachtung des Jugendamts, dass die Kinder zu Beginn der Haftzeit nach Besuchen des Vaters im Verhalten auffällig, traurig oder teilweise aggressiv gewesen seien, könne nicht als negatives Merkmal für die Bindung zwischen Vater und Kindern angeführt werden, wahrscheinlicher sei, dass es sich um eine Reaktion auf die durch die Haftsituation gestörte Bindungsmöglichkeit gehandelt habe. Ein möglicher Risikofaktor für die Zeit nach der Entlassung würde sich aus der hohen und sehr spezifischen und eingeengten Erwartungshaltung gegenüber der Tochter ergeben. Der Kläger erwarte, dass sie Profifußballerin werde. Die Option, dass sich diese Vorstellung nicht realisieren lassen könnte, beziehe der Kläger für seine eigene Zukunftsplanung nicht mit ein (S. 37). Obwohl es ihn Überwindung koste, sei der Kläger dazu bereit, sich mit seiner Selbstwertproblematik auseinanderzusetzen. Dass der Kläger die Behandlung trotzdem fortgesetzt hat, spiegele eine außerordentliche Veränderungsmotivation wieder (S. 40). Ein Verbleib des Klägers in … entspräche einem eigenständigen Risikofaktor für zukünftige Gewaltdelikte, da sich dort nach wie vor Personen aufhielten, mit denen ungelöste Konflikte bestünden (z.B. auch der Geschädigte). Kurzfristig würde auch dieser Risikofaktor mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch den Kläger kontrolliert werden können; der Aufenthalt dort solle sich aber nicht über ein halbes Jahr hinaus erstrecken. Die Verfasserin geht davon aus, dass der Kläger nach der Entlassung alsbald Arbeit finden würde. Eine Arbeitstätigkeit sei von großer Bedeutung für die Selbstwertstabilisierung des Klägers (S. 41).
6
Statistisch bestehe für den Kläger eine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit, während der Haftzeit seien beim Kläger aber entscheidende Verbesserungen eingetreten, die sich auf individuelle deliktrelevante Faktoren beziehen würden. Dass für den Kläger noch „Copingstrategien“ entwickelt werden müssten, stelle kein Entlasshindernis dar, weil der Kläger kein situationsbezogener Augenblickstäter sei, sondern für eine Tat eine längere Entwicklung mit anhaltender Kränkung und Demütigung vorausgehen müsse, die im Rahmen der vom Kläger geplanten weiteren Therapie rechtzeitig erkannt werden könne, sodass der Situation angemessene Strategien entwickelt werden könnten (S. 47). Zusammenfassend sei festzustellen, dass es dem Kläger im Haftverlauf unter Nutzung eines Antiaggressionstrainings, einer Einzeltherapie und der persönlichen Selbstreflexion gelungen sei, seine delinquenzbedingenden Faktoren zu identifizieren und durch Veränderungen im Umgang mit deliktrelevanten Belastungsfaktoren und deutlich verbesserter Selbstkontrolle zu kompensieren. Um in zukünftigen persönlichkeitsgebundenen Konfliktsituationen die erlernten Strategien zur Selbstreflexion und Selbstkontrolle gezielt und effektiv abrufen zu können, benötige er psychotherapeutische Unterstützung, die er durch Fortsetzung der in der Haft begonnenen Einzeltherapie erhalten könne. Die damit verbundene Behandlungskontinuität würde es der Therapeutin erlauben, Risikoverhalten frühzeitig zu erkennen und im Sinne eines effektiven Risikomanagements reagieren zu können (S. 48).
7
Zudem wurde in der mündlichen Verhandlung ein Abschlussbericht zur psychotherapeutischen Einzeltherapie des Klägers von … …, Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin, vom 21. Juni 2020 vorgelegt. Laut diesem Bericht habe der Kläger im Rahmen der Deliktbearbeitung eine damals angespannte finanzielle Situation der Familie aufgrund der damals noch andauernden Unterhaltszahlungen an seine älteren Kinder und den damit einhergehenden Eheproblemen als Ursache für die eigene innere Angespanntheit identifiziert. Der Kläger habe seine Haltung gegenüber seiner Frau geändert und beschreibe diese nun als gleichberechtigt, was auf die Verfasserin ehrlich und nachhaltig wirke. Die Therapieziele seien erreicht und die Therapie habe vorzeitig erfolgreich beendet werden können.
8
Zudem wiederholte der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Absicht, nach seiner Haftentlassung mit seiner Familie aus … wegziehen zu wollen. Er würde gerne nach Ingolstadt oder Regensburg ziehen, damit die Tochter bei einem der dort ansässigen Vereine Fußball spielen könne. Die Firma …, bei der er bis zu seiner Inhaftierung tätig gewesen sei, würde ihn nach seiner Entlassung wiedereinstellen, jedoch käme dies aufgrund des geplanten Umzugs nicht in Betracht. Auf Nachfrage des Gerichts gab der Kläger an, dass seine drei älteren Kinder die kroatische, seine beiden jüngeren Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen.
9
In der mündlichen Verhandlung nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage hinsichtlich seines Antrags in Nr. 2 der Klageschrift zurück und beantragt zuletzt,
10
Der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2018 wird aufgehoben.
11
Der Beklagte beantragt,
12
Die Klage wird abgewiesen.
13
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
14
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
B.
15
Im Übrigen bleibt die zulässige Klage in der Sache ohne Erfolg.
16
Der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17
Das Gericht sieht weitgehend von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des angefochtenen Bescheids folgt und zudem Bezug auf die Ausführungen im Prozesskostenhilfebeschluss vom 27. April 2020 nimmt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Auch der Vortrag des Klägers nach Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses führt nicht zu einer anderen Einschätzung des Gerichts.
18
1. Der Kläger stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 53 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) dar.
19
Das Gericht geht auch nach der mündlichen Verhandlung und insbesondere nach Durchsicht des dort vorgelegten forensisch-psychiatrischen Gutachtens von einer bestehenden Wiederholungsgefahr aus.
20
So erkennt das Gericht zwar an, dass der Kläger während der Haft und gerade während der bisher erfolgten Therapie beträchtliche Fortschritte im Hinblick auf seine Selbstkontrolle und den Umgang mit Konflikten gemacht hat. Gleichwohl ist die Therapie des Klägers noch nicht abgeschlossen. Dass die Diplom-Psychologin … … in ihrem Abschlussbericht vom 21. Juni 2020 geäußert hat, dass die Therapieziele erreicht seien und die Therapie vorzeitig beendet werden habe können, versteht das Gericht auch aufgrund der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass ein Abschnitt einer längeren Therapie beendet wurde, die Therapie jedoch nicht vollständig abgeschlossen ist. Gerade aus dem vorliegenden forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 24. Juni 2020 ergibt sich, dass der Kläger auch weiterhin von einem Therapeuten betreut werden muss. So geht auch Frau Dr. … davon aus, dass der Kläger bei zukünftigen Konflikten Kontakt zu seiner Therapeutin suchen werde und so gemeinsam mit dieser Strategien zum Umgang mit der jeweiligen Situation entwickelt werden können. Daraus folgt jedoch im Umkehrschluss auch, dass bisher nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger in der Lage ist, alle Konflikte selbständig gewaltfrei zu lösen.
21
Der Verweis auf eine auch in Zukunft stattfindende Betreuung durch seine Therapeutin führt ebenfalls nicht zu der Annahme, dass vom Kläger keine Gefahr hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten mehr ausgeht. Voraussetzung für die Bewältigung von Konflikten zusammen mit seiner Therapeutin ist nämlich, dass der Kläger den Kontakt zu seiner Therapeutin auch nach der Haftentlassung aufrechterhält und mit dieser sowohl generell, als auch im Einzelfall tatsächlich wirksame Strategien zur Gewaltvermeidung findet. Damit hängt der Erfolg dieses Mechanismus von mehreren Faktoren ab, was eine enorme Ungewissheit mit sich bringt.
22
Gegen ein Entfallen der Wiederholungsgefahr spricht auch, dass Frau Dr. … ein Rückfallrisiko hinsichtlich weiterer Straftaten nur dann als gering ansieht, wenn es dem Kläger gelingt, alle potentiellen Risikofaktoren auszuschließen. Das Gericht sieht es jedoch als unrealistisch an, dass sich die Vorstellungen des Klägers hinsichtlich seiner Zukunft nach der Haftentlassung vollständig erfüllen werden. So ist schon ungewiss, ob sich ein Wegzug der Familie aus … realisieren lässt. Es ist damit zu rechnen, dass der Kläger nicht auf Anhieb eine neue Arbeitsstelle außerhalb … finden wird, da sich seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch seine Vorstrafe verschlechtert haben und sich das Angebot an offenen Stellen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen weiter verringern dürfte. Weil ein Umzug mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, ließe sich ein solcher jedoch nur mit einer neuen Beschäftigung des Klägers realisierten. Frau Dr. … stellt selbst klar, dass der Aufenthalt in … innerhalb eines halben Jahres beendet werden sollte. Weil das Gericht einen Umzug der Familie innerhalb dieser Zeit aufgrund der genannten Umstände als nicht wahrscheinlich erachtet, besteht insoweit ein beträchtliches Risiko für zukünftige Gewalttaten.
23
Gegen die Annahme eines Entfallens der Wiederholungsgefahr spricht zudem, dass sich der Kläger bisher nicht außerhalb der Haft im Alltag bewähren musste. Mit denjenigen Konflikten, auf die er in der Vergangenheit mit der Begehung von Gewaltdelikten reagiert hat, wurde er bisher nicht in Freiheit konfrontiert. Dass es jedenfalls in den letzten Jahren während der Haft zu keinen Auseinandersetzungen mit anderen Mithäftlingen gekommen ist, stellt noch kein tragfähiges Indiz für eine nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr dar. Immerhin droht bei Auseinandersetzungen dort immer das Eingreifen von Justizbeamten sowie die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen.
24
Damit hält das Gericht auch aufgrund der nach der Entscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren gewonnenen Erkenntnisse an seiner Einschätzung fest und geht nach wie vor von einer bestehenden Wiederholungsgefahr hinsichtlich weiterer Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit aus.
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2. Auch die Voraussetzung des § 53 Abs. 3a AufenthG ist erfüllt.
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Anders als bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag steht nun fest, dass das Klageverfahren des Klägers gegen den Widerruf seiner Asylberechtigung derzeit noch anhängig ist. Da das Gericht bereits in seinem Beschluss vom 27. April 2020 zu Gunsten des Klägers von einer fehlenden Bestandskraft des Widerrufsbescheids ausging und das Vorliegen der Voraussetzung des § 53 Abs. 3a AufenthG feststellte, kann auch insoweit auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.
27
3. Die nach § 53 Abs. 1, 2 AufenthG vorzunehmende Interessenabwägung fällt nach wie vor zu Lasten des Klägers aus.
28
Auch insoweit ändern die seit Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses erlangten Erkenntnisse nichts am Ergebnis der Abwägung. Da auch nach derzeitigem Sach- und Streitstand von einer Wiederholungsgefahr auszugehen ist, bestehen unverändert besonders schwerwiegende Ausweisungsinteressen des Beklagten nach § 54 Abs. 1 Nrn. 1 und 1a AufenthG. Auch am Vorliegen der besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen des Klägers nach § 55 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG hat sich seit der Entscheidung vom 27. April 2020 nichts geändert, wobei aufgrund der Angaben des Klägers über die Staatsangehörigkeit seiner Kinder in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen ist, dass § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nur im Hinblick auf seine beiden jüngsten Kinder erfüllt ist. Aus Sicht des Gerichts überwiegt das Ausweisungsinteresse des Beklagten trotz der positiven Entwicklung des Klägers. Bisher hat der Kläger nicht im Alltag bewiesen, dass er seine Einstellung gegenüber Gewaltanwendung und Ehrgefühl tatsächlich und nachhaltig geändert hat. Dem steht nach wie vor gegenüber, dass das Leben und die körperliche Unversehrtheit Schutzgüter von besonderem Verfassungsrang darstellen und ihr Schutz oberstes Interesse der Gesellschaft ist. Das Gericht hält daher an seinen Erwägungen im Beschluss vom 27. April 2020 fest und verweist erneut auf die dortigen Ausführungen.
C.
29
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des abgewiesenen Teils der Klage folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage sind dem Kläger gem. § 155 Abs. 2 VwGO aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.