Titel:
Pflicht zur dauerhaften Einhaltung einwandfreier Trinkwasserqualität
Normenketten:
BayVwZVG Art. 29, Art. 30 Abs. 1 S. 1, Art. 31, Art. 36
IfSG § 16 Abs. 8 § 37, § 38, § 39 Abs. 2 S. 2,
BayVwVfG Art. 44
Leitsätze:
1. Im Rahmen des Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG reicht eine rechtliche Unmöglichkeit nicht aus. Vielmehr ist nach dem Wortlaut erforderlich, dass die Durchführung der Anordnung objektiv tatsächlich unmöglich ist, also dass nach dem gegenwärtigen Stand der Technik, Wissenschaft und ähnlichem niemand den Verwaltungsakt ausführen kann. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Adressierung eines Bescheids wegen Verpflichtungen im Zusammenhang mit einer Wasserversorgungsanlage begründet keinen besonders schwerwiegenden Fehler iSd Art. 44 BayVwVfG, wenn der Adressat jedenfalls Eigentümer des Grundstücks und der sich in diesem befindenden Wasserversorgungsanlage ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Trinkwasserversorgungsanlage, Zwangsgeld zur Durchsetzung von Verpflichtungen nach der Trinkwasserverordnung, Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserqualität, Einhaltung, einwandfreie mikrobiologische Wasserqualität, Grundstück, Quellen, rechtliche Unmöglichkeit, Nichtigkeit, besonders schwerwiegender Fehler, Adressierung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.03.2021 – 20 ZB 20.2152
Fundstelle:
BeckRS 2020, 21552
Tenor
I. Das Verfahren wird hinsichtlich des Feststellungsantrags eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Mitteilung von Maßnahmen zur künftigen und dauerhaften Einhaltung einer einwandfreien mikrobiologischen Wasserqualität in der Wasserversorgungsanlage R* … durch das Landratsamt Deggendorf.
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Der Kläger ist Alleineigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Deggendorf für A* …, Bd. 11, Bl. 530 eingetragenen Grundstücks der Gemarkung A* …, Flurstücknummer …, G* … In diesem Grundstück befinden sich zwei gefasste Quellen und eine Trinkwasserversorgungsanlage. Aus dieser werden das Grundstück des Klägers und mehrere weitere Grundstücke mit Trinkwasser versorgt.
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Mit notarieller Urkunde vom 28.1.2000 bestellte der Kläger für weitere elf Eigentümer von Grundstücken der Gemarkung Grunddienstbarkeiten. Die Grunddienstbarkeiten wurden im Grundbuch eingetragen. Diese besagt, dass die jeweiligen Eigentümer der herrschenden Grundstücke berechtigt seien,
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das Wasser aus den im dienenden Grundstück Flst. Nr. … vorhandenen, bereits gefassten Quellen zu beziehen und abzuleiten,
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die im dienenden Grundstück bereits vorhandene Trinkwasserversorgungsanlage zu belassen, zu betreiben und zu unterhalten und
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im dienenden Grundstück alle zur Reparatur, Unterhaltung, Überwachung und Erneuerung der vorgenannten Anlagen erforderlichen Maßnahmen, insbesondere Aufgrabungsarbeiten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, wobei nach Durchführung jener Arbeiten unverzüglich der frühere Zustand der Erdoberfläche wiederherzustellen sei.
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Der Eigentümer des dienenden Grundstücks habe außerdem alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Beeinträchtigung des Quellwassers gefährden oder beeinträchtigen könnten (sic). Die Grunddienstbarkeiten würden erlöschen, wenn für die herrschenden Grundstücke (einzeln oder gesamt) eine Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Wasserversorgungsanlage bestehe.
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Mittels schuldrechtlicher Vereinbarung in der notariellen Urkunde verpflichteten sich die elf Eigentümer der herrschenden Grundstücke, die jährlich anfallenden Gebühren für die Wasseruntersuchung und Aufwendungen (Betreiben der Entsäuerungsanlage) anteilsmäßig zu entrichten und sich ebenfalls anteilsmäßig an den Reparaturen und Investitionen an der gesamten Anlage zu beteiligen. Im Übrigen wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen.
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Aufgrund der Bewilligung wurde in das Grundbuch für das Grundstück des Klägers jeweils ein Quellwasserbezugsrecht, ein Quellwasserableitungsrecht und ein Trinkwasserversorgungsanlagenrecht für die entsprechenden Eigentümer in Abteilung II eingetragen.
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Mit Bescheid des Landratsamtes Deggendorf vom 8.3.2010 wurde die wasserrechtliche Erlaubnis zur Ableitung von maximal 10.000 m³ Wasser erteilt.
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Am 11.5.2017 fand zwischen dem Landratsamt, dem Kläger sowie G2* … ein Gespräch statt, bei dem unter anderem festgestellt wurde, dass derzeit kein Betriebsbeauftragter festgelegt sei. Die baulichen Teile der Wasserversorgungsanlage befänden sich auf dem Grundstück des Klägers. Ein Ansprechpartner sei dem Gesundheitsamt mitzuteilen. Durch die Anlage würden 65 Personen mit Trinkwasser versorgt. Auch würden die Vorgaben der Trinkwasserverordnung nicht eingehalten. Mikrobiell belastetes Wasser - wie das in der Anlage - bedürfe einer Aufbereitung durch Filtration und Desinfektion. Ein Konzept zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität durch Einbau von Aufbereitungs- und/oder Desinfektionsanlagen sei zu erstellen und dem Gesundheitsamt vorzulegen. Die Anzeige eines Betriebsbeauftragten sei für den weiteren Betrieb der Wasserversorgungsanlage notwendig. Auch läge der Maßnahmenplan nur teilweise vor, die Ablaufbeschreibung entsprächen nicht den Vorgaben. Auf das Protokoll des Landratsamtes vom 11.5.2017 wird Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 4.2.2018 teilte der Kläger dem Gesundheitsamt des Landratsamtes Deggendorf mit, dass er als alleiniger Quellbesitzer die Wasserversorgung R* … in Zukunft betreiben und übernehmen werde. Eine Einigung sei nicht möglich.
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Am 29.10.2018 wurde aus der Wasserversorgungsanlage eine Wasserprobe zur mikrobiologische Untersuchung entnommen. Laut Befund des untersuchenden Labors war diese wegen des Nachweises coliformer Bakterien und Enterokokken zu beanstanden.
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Mit Bescheid des Landratsamtes Deggendorf vom 6.11.2018, dem Kläger zugestellt am 7.11.2018, wurde der Kläger als Vertreter der Wasserversorgung unter anderem verpflichtet, schriftlich mitzuteilen, durch welche Maßnahmen eine einwandfreie mikrobiologische Wasserqualität zukünftig und dauerhaft eingehalten werde (Ziffer 4). In Ziffer 10 wurde unter anderem ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig gestellt, wenn der Betreiber der Wasserversorgungsanlage die Maßnahmen unter Punkt 4 nicht bis spätestens 30.11.2018 durchführe.
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Zur Begründung führt das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass bei der Untersuchung einer Wasserprobe festgestellt worden sei, dass das Wasser Krankheitserreger (Coliforme Bakterien, Enterokokken) enthalte. Daher seien die angeordneten Maßnahmen durchzuführen. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
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Der Kläger bat daraufhin telefonisch darum, den Bescheid vom 6.11.2018 auch den Herren G2* …, F* … und F2* … zuzustellen. Das Landratsamt teilte mit Schreiben vom 16.11.2018 mit, dass dies nicht möglich sei, weil Adressat des Bescheides nur der Betreiber oder sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage sei. Da sich die Quelle auf dem Grundstück des Klägers befände, und nach dem vorliegenden Grundbuchauszug für die anderen Wasserabnehmer kein Unterhaltungs-, Betretungs- und Aufgrabungsrecht eingetragen sei, sei der Kläger als alleinig verantwortlicher Ansprechpartner für die Wasserversorgung R* … zuständig. Im Übrigen werde auf das Schreiben vom 4.2.2018 verwiesen, nach dem er die Quelle alleine betreibe.
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Auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 27.11.2018 wurde die Frist für die Durchführung der Ziffer 4 des Bescheides vom 6.11.2018 mit Schreiben des Landratsamtes vom 7.12.2018 bis 31.1.2019 unter der Maßgabe verlängert, dass ab dem 17.12.2018 eine wöchentliche Trinkwasseruntersuchung nach § 20 TrinkwV durchgeführt werde. Für den Fall der Nichtdurchführung wurde die Anordnung der Maßnahme mit kostenpflichtigem Bescheid beziehungsweise die Festsetzung des Zwangsgeldes in Ziffer 10 des Bescheides vom 6.11.2018 angedroht. Mit Schreiben vom 4.1.2019 korrigierte das Landratsamt, dass jeweils Wasserproben im Anwesen des Klägers und beim Zulauf der Entsäuerungsanlage entnommen werden müssten.
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Aufgrund des Nachweises coliformer Bakterien mit der Probenentnahme vom 7.1.2019 ordnete das Landratsamt mit Schreiben vom 10.1.2019 an, dass das Wasser nur noch im abgekochten Zustand verwendet werden dürfe. Die Nutzer des Wassers seien darüber zu informieren. Eine Reinigung, Spülung und/oder Desinfektion der gesamten Wasserversorgungsanlage sei durchzuführen. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 11.1.2019 mit, dass er die Nutzer entsprechend informiert habe.
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Mit Schreiben vom 7.2.2019 wurde der Kläger durch das Landratsamt darauf hingewiesen, dass bis dato keine wirksamen Maßnahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität für die Wasserversorgungsanlage mitgeteilt bzw. durchgeführt worden seien. Zur Stellungnahme wurde eine Frist bis 26.2.2019 gesetzt. Nach Anzeige der Vertretung durch den Klägervertreter wurde die Frist bis 8.3.2019 verlängert.
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Mit Bescheid vom 10.4.2019, dem Klägervertreter zugestellt am 12.4.2019 stellte das Landratsamt ein erneutes Zwangsgeld von 500,00 EUR zur Zahlung fällig, falls die in Ziffer 4 des Bescheides vom 6.11.2018 festgelegten Maßnahmen nicht bis spätestens 24.4.2019 erfüllt würden (Ziffer 1). Der Kläger habe die Kosten des Verfahrens zu tragen, die Gebühr werde auf 30,00 EUR festgesetzt, die Auslagen betrügen 1,45 EUR (Ziffer 2).
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Das Landratsamt begründet den Bescheid damit, dass die auferlegte Verpflichtung in Ziffer 4 des Bescheides vom 6.11.2018 nicht erfüllt sei. Es sei nicht mitgeteilt, bzw. Maßnahmen ergriffen worden, um eine einwandfreie mikrobiologische Wasserqualität künftig und dauerhaft einzuhalten. Es könnten nach Art. 37 Abs. 1 S. 2 VwZVG bis zur Erfüllung der Pflicht erneute Zwangsgelder angedroht werden.
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Der Kläger hat am 10.5.2019 Klage zum Verwaltungsgericht erheben lassen. Er beantragte zunächst die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 10.4.2019 sowie die Feststellung, dass der Kläger nicht Adressat des Bescheides vom 6.11.2018 ist.
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Er ist der Auffassung, dass er nicht der Betreiber der Wasserversorgungsanlage sei. Aufgrund der notariellen Dienstbarkeitsbestellung und der darin enthaltenen schuldrechtlichen Vereinbarungen sei eine BGB-Gesellschaft aus den Eigentümern der herrschenden Grundstücke entstanden, von der der Kläger selbst sein Wasser bezöge. Der Bescheid sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Entsprechende Maßnahmen seien gegenüber der BGB-Gesellschaft geltend zu machen. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten habe der Kläger in Feststellungsinteresse an der Tatsache, dass er nicht Betreiber der Wasserversorgungsanlage sei. Er habe auch keinen Besitz an der Quelle, er sei allenfalls Zustandsstörer.
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Dreh- und Angelpunkt der an der Quelle bestehenden Rechtsverhältnisse sei die Dienstbarkeitsbestellung. Durch die eingeräumten Rechte sei der Kläger als Eigentümer des dienenden Grundstücks von den Eigentümern der herrschenden Grundstücke von der Mitbenutzung der Anlage ausgeschlossen worden. Diese Eingriffsrechte gingen so weit, dass auch Grabungsarbeiten und Baumaßnahmen auf dem dienenden Grundstück von den Berechtigten, ohne entsprechend zu fragen, ausgeübt werden dürften. Der Eigentümer sei insofern auch vom Besitz der entsprechenden Quell- und Wasserversorgungsanlage ausgeschlossen. Die BGB-Gesellschaft sei nach neuerer Rechtsprechung auch per se rechtsfähig, sie stelle in sich die Wasserversorgung sicher und trete nach außen durch Verwaltungshandeln auf. Da der Kläger selbst nur schuldrechtliche Ansprüche bezüglich des Wassers habe, sei es rechtsfehlerhaft, den Kläger in seiner Eigentümerposition mit den streitgegenständlichen Bescheiden zu überlasten. Die Durchsetzung der Verwaltungsbescheide sei mangels Besitzes des Klägers nicht gesichert. Insofern seien die Bescheide rechtswidrig.
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Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters und seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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Der Bescheid des Landratsamtes Deggendorf vom 10.4.2019 wird aufgehoben.
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Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Der Beklagte beantragt
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Der Beklagte trägt vor, der Kläger habe bereits mit Schreiben vom 4.2.2018 mitgeteilt, dass er die Wasserversorgungsanlage in Zukunft betreiben und übernehmen werde.
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Er ist der Auffassung, der Kläger sei Eigentümer der Wasserversorgungsanlage. Diese befinde sich auf dessen Grundstück. Der Kläger sei rechtlich und tatsächlich in der Lage, die mit der Zwangsgeldandrohung verfolgte Umsetzung der Verpflichtung aus dem Ausgangsbescheid zu erfüllen. Ferner sei der Kläger auch richtiger Adressat der Maßnahmen. Es fehle an einem Gesellschaftsvertrag für die Gründung einer BGB-Gesellschaft. Durch die Dienstbarkeitsbestellung würden keine Beziehungen zwischen den einzelnen Berechtigten geregelt. Ferner sei der Kläger als alleiniger Eigentümer sonstiger Inhaber der Wasserversorgungsanlage. Die Verwaltungsbehörde habe in diesem Fall ein Auswahlermessen, wobei zu berücksichtigen sei, dass die BGB-Gesellschaft keinen Vertreter bestellt habe, also Anordnungen gegenüber jedem Gesellschafter getroffen werden müssten. Aus sicherheitsrechtlichen Gründen sei der Adressat zu wählen, der die Anordnung am effektivsten umsetzen könne. Auf die Schriftsätze des Beklagten und den Vortrag in der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter erklärt, dass er die Klage bezüglich des in Ziffer 2 des Klageschriftsatzes vom 10.5.2019 zurücknehme.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien, die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten, auch aus den Verfahren RN 5 K 19.1064, RN 5 K 19.1081, RN 5 K 19.1819 sowie RN 5 K 20.1 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Das Verfahren wird gem. § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO eingestellt, soweit der Klägervertreter die Klage in der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen hat.
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Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes Deggendorf vom 10.4.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Die isolierte Zwangsgeldandrohung ist formell und materiell rechtmäßig.
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Der Bescheid vom 10.4.2019 kann nur insoweit angefochten werden, als durch ihn selbst eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird, Art. 38 Abs. 1 S. 3 VwZVG. Der Kläger wendet sich in seinem Klageantrag ausdrücklich gegen den Bescheid vom 10.4.2019.
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a) Ermächtigungsgrundlage für die isolierte Zwangsgeldandrohung sind die Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 30 Abs. 1 S. 1, 31, 36 VwZVG.
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b) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Als anordnende Behörde ist das Landratsamt Deggendorf für die Vollstreckung des Grundbescheides vom 6.11.2018 zuständig, Art. 30 Abs. 1 S. 1 VwZVG. Eine Anhörung vor Erlass der Zwangsgeldandrohung war gem. Art. 28 Abs. 5 BayVwVfG entbehrlich. Der Bescheid wurde dem Klägervertreter am 12.4.2019 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, Art. 36 Abs. 7 S. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 4, Art. 8 VwZVG.
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c) Daneben ist der Bescheid auch materiell rechtmäßig.
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aa) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Der Bescheid ordnet die Vornahme einer Handlung an, ferner ist er wirksam und vollstreckbar. Vollstreckungshindernisse sind nicht ersichtlich.
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(1) Bei dem Grundbescheid vom 6.11.2018 handelt es sich in Ziffer 4 um einen Verwaltungsakt, der ein Handeln des Klägers anordnet, Art. 18, 29 Abs. 1 VwZVG. Er verpflichtet den Kläger dazu, schriftlich mitzuteilen, durch welche Maßnahmen eine einwandfreie mikrobiologische Wasserqualität zukünftig und dauerhaft eingehalten wird.
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(2) Der Verwaltungsakt ist insoweit auch nicht gem. Art. 44 BayVwVfG nichtig.
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(a) Die Nichtigkeit ergibt sich zum einen nicht aus Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG. Die Anordnung des Ausgangsbescheides kann nicht aus tatsächlichen Gründen von niemandem ausgeführt werden. Keine Rolle spielt hier, ob dem Kläger durch die Bestellung der Grunddienstbarkeit der Zugriff auf die Wasserversorgungsanlage entzogen wurde und ob er Besitzer der selbigen ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit ist im Rahmen des Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nicht ausreichend. Vielmehr ist nach dem Wortlaut erforderlich, dass die Durchführung der Anordnung objektiv tatsächlich unmöglich ist, also dass nach dem gegenwärtigen Stand der Technik, Wissenschaft und ähnlichem niemand den Verwaltungsakt ausführen kann (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 44 Rn. 39; Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 144 ff.). Eine mangelnde Alleinberechtigung des Adressaten hat nur Unvermögen, keine objektive Unmöglichkeit zur Folge (Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 147).
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(b) Daneben ergibt sich die Nichtigkeit des Ausgangsbescheides auch nicht daraus, dass er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
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Solche Fehler sind gegeben, wenn sie in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrundeliegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft stehen, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt die mit ihm intendierten Rechtswirkungen hätte (BVerwG, U. v. 22.2.1985 - 8 C 107/83, NJW 1985, 2658, 2658; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 44, Rn. 8). Der Fehler ist offenkundig, wenn sich die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich sein muss, sich geradezu aufdrängen muss (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 44 Rn. 12). Ein solcher ist bezüglich der Adressierung des Bescheides an den Kläger nicht gegeben. Die Unerträglichkeit - unabhängig davon, ob es sich bei dem Kläger um den Unternehmer oder den sonstigen Inhaber der Wasserversorgungsanlage handelt - kann schon deswegen ausgeschlossen werden, weil es sich bei dem Kläger um den Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstückes und der sich in diesem befindenden Wasserversorgungsanlage handelt. Des Weiteren fehlt es auch schon deshalb an einer Offenkundigkeit eines Fehlers, weil der Kläger gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 4.2.2018 mitgeteilt hatte, dass er die Wasserversorgung R* … in Zukunft betreiben und übernehmen werde.
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(3) Die Verpflichtung des Grundbescheides ist erfüllbar. Der Kläger ist objektiv in der Lage, die Verpflichtungen aus dem Bescheid zu erfüllen. Die Anordnung im streitgegenständlichen Grundbescheid richtet sich auf die Mitteilung von Maßnahmen, durch die sichergestellt werden soll, dass eine einwandfreie mikrobiologische Wasserqualität zukünftig und dauerhaft gewährleistet werden soll. Selbst wenn der Kläger aufgrund der Dienstbarkeitsbestellung an die herrschenden Grundstücke an seinem Grundstück mit Bezug auf die Wasserversorgungsanlage keinen Besitz mehr hätte, so wäre es ihm dennoch möglich, die beabsichtigten Maßnahmen mitzuteilen.
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(4) Der Kläger hat die ihm auferlegte Verhaltenspflicht nicht erfüllt. Ein entsprechende Mitteilung wurde bisher nicht vorgelegt.
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(5) Die Anordnung ist schließlich kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Gemäß §§ 39 Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 8 IfSG entfaltet die Anfechtungsklage gegen Maßnahmen zur Einhaltung der Trinkwasserverordnung keine aufschiebende Wirkung.
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bb) Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben.
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Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes war zulässig, Art. 36 Abs. 6 S. 2 VwZVG. Die Androhung des Zwangsgeldes durch den Grundbescheid vom 6.11.2018 ist erfolglos geblie-ben. Es ist nicht notwendig, dass das Zwangsmittel angewendet wird, also das Zwangsgeld beigetrieben wird (VG München, U. v. 20.1.2010 - M 7 K 9.4927, BeckRS 2010, 143944, Rn. 17). Gem. Art. 37 Abs. 1 S. 2 VwZVG kann ein Zwangsgeld so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist (VG München, U. v. 20.1.2010 - M 7 K 9.4927, BeckRS 2010, 143944, Rn. 18). Auch im Hinblick darauf, dass es sich erst um das zweite Zwangsgeld gegen den Kläger handelt, ist die erneute Festsetzung zulässig.
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cc) Ermessensfehler bezüglich der Höhe des Zwangsgeldes von 500,00 EUR sind nicht ersichtlich. Der zulässige Rahmen für die Festsetzung eines Zwangsgeldes beträgt mindestens 15,00 EUR und maximal 15.000,00 EUR, Art. 31 Abs. 2 S. 1 VwZVG. Insbesondere befindet sich das Zwangsgeld noch im unteren Bereich des Rahmens.
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3. Die Kostenentscheidung in Ziffer 2 des Bescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlagen sind die Art. 1, 2 Abs. 1 S. 1, 6 und 10 KG.
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Als Veranlasser des Zwangsgeldbescheides ist der Kläger der richtige Kostenschuldner, Art. 2 Abs. 1 S. 1 KG. Die Gebührenhöhe begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 KG in Verbindung mit Tarif-Nr. 1.I.8/1 der Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetzes beträgt der Gebührenrahmen für die Androhung von Zwangsmitteln nach Art. 36 VwZVG, die nicht mit dem Verwaltungsakt verbunden ist und durch die eine Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, 12,50 bis 150,00 EUR. Mit 30,00 EUR befindet sich diese noch im unteren Bereich des Gebührenrahmens. Die Auslagenhöhe von 1,45 EUR begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
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Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 154 Abs. 1 S. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.