Titel:
Entlassung von Probezeitbeamten vor Ablauf der Probezeit
Normenketten:
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
LlBG Art. 12 Abs. 1 S. 4, Art. 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Maßgebend für die Entlassungsverfügung ist allein das objektive (materiell-rechtliche) Fehlen hinreichender Bewährung. (Rn. 174 – 177) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Dienstherr muss den Ablauf der (verlängerten) Probezeit jedoch dann nicht abwarten, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt unumstößlich feststeht, dass sich der Beamte nicht bewährt hat. Hier gebietet es auch der Grundsatz der Fürsorgepflicht, den Betroffenen nicht länger als erforderlich über sein weiteres berufliches Schicksal im Unklaren zu lassen, um diesen frühzeitig eine berufliche Neuorientierung zu ermöglichen. (Rn. 188) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entlassung einer Probezeitbeamtin wegen Nichtbewährung, Entlassung, Beamtenverhältnis auf Probe, auf Lebenszeit, Leistungsbericht, Beurteilungszeitraum, Bewährung, kein Ermessen, Ablauf Probezeit, Fürsorgepflicht
Fundstelle:
BeckRS 2020, 21319
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die … 1980 geborene Klägerin stand als Regierungsinspektorin (BesGr. A 9) in einem Beamtenverhältnis auf Probe. Im vorliegenden Verfahren wendet sie sich gegen den Bescheid der Regierung … vom 14. August 2019, mit welchem die Klägerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Ablauf des 30. September 2019 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen wurde.
2
Die Klägerin schloss das Studium der Biologie im August 2004 mit dem Erwerb des Diploms ab.
3
Von 2004 bis 2005 studierte die Klägerin politische Wissenschaften, Philosophie und Volkskunde an der Universität … Von Oktober 2005 bis Januar 2012 studierte die Klägerin Rechtswissenschaft an der Universität … Sie bestand die 1. Juristische Staatsprüfung endgültig nicht.
4
Im Oktober 2012 nahm die Klägerin ein Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Fernuniversität in … auf.
5
Nach erfolgreicher Teilnahme am Auswahlverfahren für die Einstellung von Nachwuchskräften für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene im nichttechnischen Verwaltungsdienst wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Regierungsinspektoranwärterin ernannt. Sie wurde dem Landratsamt … zur Ableistung des dreijährigen Vorbereitungsdienstes zugewiesen.
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Am 30. September 2016 schloss die Klägerin die Qualifikationsprüfung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst 2016/1 mit dem Gesamtprüfungsergebnis ausreichend (6,47 Punkte) ab.
7
Das Landratsamt … teilte der Regierung … mit Schreiben vom 6. Mai 2016 mit, dass die Klägerin für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe geeignet sei. Der zusammenfassende Leistungsbericht werde in den nächsten Tagen mit einem gesonderten Schreiben übersandt. Gesundheitliche Probleme seien während des gesamten Vorbereitungsdienstes nicht in Erscheinung getreten.
8
In dem zusammenfassenden Leistungsbericht vom 27. Juni 2016 ist ausgeführt, man habe die Klägerin als stets interessierte und engagierte Anwärterin kennengelernt. Die ihr übertragenen Aufgaben habe sie stets zuverlässig, sorgfältig und immer mit guten Ergebnissen erledigt. Sie besitze eine sehr gute Auffassungsgabe und nehme sich auch komplizierten Aufgaben konzentriert an und bearbeite diese detailliert.
9
Besonders hervorzuheben sei, dass es ihr gelinge, sich in die unterschiedlichen Rechtsgebiete und auch in die für sie unbekannten Rechtsgebiete äußerst selbstständig einzuarbeiten. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen sei stets freundlich und zuvorkommend gewesen. Sie habe sich immer hilfsbereit verhalten.
10
Mit Schreiben vom 21. Juli 2016 wies die Regierung … die Klägerin ab dem 8. August 2016 dem Sachgebiet …, Dienstort … (* …*), zu.
11
Mit Wirkung … 2016 wurde die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Regierungsinspektorin ernannt.
12
Mit Schreiben der Regierung … vom 17. Februar 2017 wurde die Klägerin als zusätzliche Dienstaufgabe im Rahmen des Katastrophenschutzes dem Arbeitsbereich EPSweb-Service für das Sachgebiet … (* …*) zugeteilt.
13
Im Juli 2017 erstellte die Regierung … eine Einschätzung während der Probezeit für den Zeitraum vom 10. Oktober 2016 bis 9. Oktober 2017.
14
Unter „Gesamtwürdigung“ ist ausgeführt, die Verwaltungstätigkeit der Klägerin baue auf einem profunden Wissensstand und umfangreichen Grundkenntnissen auf.
15
Zusätzliches Fachwissen im Bereich der Luftsicherheit habe sich die Klägerin rasch angeeignet. Sie sei neuen Aufgabengebieten gegenüber aufgeschlossen eingestellt und finde geeignete Mittel der Bewältigung.
16
Die Klägerin könne sich mündlich und schriftlich gewählt ausdrücken. Ihre Arbeitsleistungen seien wertvoll. Die Entscheidungsfindung nach Sachverhaltsermittlung sei noch optimierbar.
17
An der gesundheitlichen Eignung bestünden keine Zweifel. Die Anforderungen des Schichtdienstes würden von der Klägerin mitgetragen. Sozial füge sie sich gut in ihr Umfeld ein. Vereinzelte Anliegen könnten konstruktiv besprochen werden.
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Die Gesamtwürdigung von Eignung, Befähigung und Leistung ergebe ein positives Bild.
19
Die Klägerin sei für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit voraussichtlich geeignet. Die Mindestanforderungen im Sinne des Art. 30 Abs. 3 Satz 1 BayBesG würden erfüllt.
20
Die Einschätzung während der Probezeit wurde durch Herrn Regierungsvizepräsidenten … ohne Datumsangabe unterzeichnet. Der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin, Herr Regierungsdirektor … …, erhob unter dem 25. Juli 2017 gegen die Einschätzung keine Einwendungen.
21
Mit Schreiben vom 12. Juli 2018 teilte die Regierung … dem Sachgebietsleiter … mit, die regelmäßige Probezeit der Klägerin von zwei Jahren ende mit Ablauf des 9. Oktober 2018. Es werde deshalb gebeten, bis zum 31. Juli 2018 in freier Beschreibung der Gesamtpersönlichkeit der Klägerin eine Probezeitbeurteilung nach anliegendem Vordruck für die Zeit vom 10. Oktober 2016 bis zum 9. Oktober 2018 zu erstellen.
22
In der daraufhin erstellten und am 27. August 2018 durch Herrn Regierungsvizepräsidenten … unterzeichneten Probezeitbeurteilung für den Zeitraum vom 10. Oktober 2016 bis 9. Oktober 2018 wurde die Klägerin für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als noch nicht geeignet angesehen. Sie erfülle die Mindestanforderungen im Sinne des Art. 30 Abs. 3 Satz 1 BayBesG.
23
In der Beurteilung wird ausgeführt, im Hinblick auf die besonderen Anforderungen der von der Klägerin besetzten Stelle könne die Eignung nicht zuerkannt werden.
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Wesensmerkmal der im Beurteilungszeitraum auszufüllenden Stelle innerhalb der … des … sei eine ständige Bereitschaft (einschließlich an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, im Schichtdienst) auf Ereignisse im Bereich der Sicherheit des Luftverkehrs mit der Anordnung von Maßnahmen unverzüglich zu reagieren. Es liege ein Grad überaus hoher Verantwortung vor, da über die Sicherheit hunderter Flugpassagiere entschieden werden müsse. Die Bereitschaft der Klägerin zu dieser anspruchsvollen Tätigkeit habe vorgelegen, allerdings habe diese keinen Raum geboten, die Stärken der Klägerin in Form ihres detailreichen Fachwissens und ihrer Fähigkeit zur facettenreichen, aber zeitlich aufwendigen Abwägung zu zeigen. Die Tätigkeit in einem regelmäßig spannungsgeladenen Umfeld aus Flughafenunternehmern, Luftfahrtunternehmen und Polizei habe dem Wesen der Klägerin nicht entsprochen. Auf Grund ihrer zurückhaltenden Art sei die Klägerin nicht in der Lage, in Alarmfällen die notwendigen Impulse zu geben. In Betracht der besonderen Aufgabenstellung in der Luftsicherheit habe sich die Eignung nicht bestätigt.
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Die Eignung für die Bewältigung allgemeiner Aufgaben der inneren Verwaltung vermöge der Klägerin auf Grund der zweijährigen Erfahrungen im Sachgebiet … nicht abgesprochen werden. Diese Aufgaben habe die Klägerin, soweit sie angefallen seien, entsprechend erledigt. Allerdings reiche dies noch nicht für eine abschließende Beurteilung der Eignung als Beamtin auf Lebenszeit aus, es werde daher empfohlen die Probezeit zu verlängern.
26
Die Klägerin sei stets freundlich und hilfsbereit aufgetreten. Auch gesundheitlich seien keine Einschränkungen an einer Eignung feststellbar gewesen.
27
Der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin, Regierungsdirektor … …, erhob unter dem 5. September 2018 keine Einwendungen gegen die Probezeitbeurteilung.
28
Die Probezeitbeurteilung wurde der Klägerin am 13. September 2018 eröffnet.
29
Die Regierung … teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. September 2018 mit, im Hinblick auf die Feststellungen in der Probezeitbeurteilung sei beabsichtigt, die Probezeit um ein Jahr zu verlängern. Die Klägerin erhalte Gelegenheit, sich hierzu bis zum 28. September 2018 zu äußern. Die Klägerin könne gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 3 BayPVG die Mitwirkung des Personalrats beantragen.
30
Mit Schreiben der Regierung … vom 20. September 2018 wurde die Klägerin dem Sachgebiet … - … - zur Dienstleistung zugewiesen.
31
Mit E-Mail vom 28. September 2018 beantragte die Klägerin die Mitwirkung des Personalrats.
32
Ansonsten wolle sie „kein großes Fass aufmachen“. Sie sei froh, von der Regierung noch eine Bewährungschance erhalten zu haben und werde alles daran setzen, sich schnell in die für sie komplett neue Rechtsmaterie einzuarbeiten, gute Arbeit zu leisten und zu beweisen, dass sie die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sehr wohl erfülle.
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Was sie ein bisschen schade finde sei, dass im Rahmen der Probezeitbeurteilung hinsichtlich der Beschreibung der Aufgabengebiete ein Tätigkeitskomplex keinerlei Erwähnung gefunden habe, der mit einem hohen Zeitanteil zu Buche geschlagen habe und auch ca. 97% der Überstunden ausmache und demnach ihres Erachtens nach eine Kernaufgabe dargestellt habe. Sie habe im Rahmen eines Technikprojekts umfangreiche (Kontroll-, Vergleichs-, Referenz-) Messdaten teilweise selbst erhoben, aufbereitet und mit statistischen Methoden (deskriptive Statistik, Inferenzstatistik) unter Rückgriff auf ihre Kenntnisse aus ihrem Biologiestudium fundiert und profunde ausgewertet. Nun sei auf dem Bogen (Tabelle, rechte Spalte) kein Raum mehr für eine entsprechende Eintragung. Es werde gebeten, dass der Sachverhalt trotzdem irgendwie Eingang in die Personaldokumentation finde. Ansonsten sei der Beurteilung (Punkt 2) aus ihrer Sicht zuzustimmen.
34
Die Regierung … erwiderte unter dem 28. September 2018, die Beteiligung des Personalrats werde veranlasst. Die Anmerkungen zu den Ausführungen zum „Tätigkeitsgebiet und Aufgaben in der Probezeit“ würden mit Herrn … besprochen.
35
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 1. Oktober 2018 seien nach einer Rücksprache mit Herrn … die Ergänzungen eingepflegt worden. Der Sachverhalt sei erledigt.
36
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 beteiligte die Regierung … den Personalrat zu der beabsichtigten Verlängerung der Probezeit der Klägerin.
37
Einem Aktenvermerk ist zu entnehmen, dass der Personalratsvorsitzende am 9. Oktober 2018 mündlich mitgeteilt habe, dass keine schriftliche Stellungnahme des Personalrates erfolgen werde. Er habe ein Gespräch mit der Klägerin geführt.
38
Mit Schreiben der Regierung … vom 9. Oktober 2018 wurde die Probezeit der Klägerin zunächst bis zum Ablauf des 9. Oktober 2019 verlängert.
39
Im Zeitraum vom 17. September 2018 bis zum 25. Juni 2019 war die Klägerin an 67 Tagen dienstunfähig erkrankt.
40
Mit Schreiben der Regierung … vom 8. Juli 2019 wurde die Klägerin auf Grund der wiederholten Häufigkeit ihrer kurzfristigen Dienstunfähigkeiten wegen Krankheit ohne ärztliches Attest verpflichtet, ab sofort für jeden Tag ihrer Dienstunfähigkeit wegen Krankheit ein ärztliches Attest vorzulegen.
41
Unter dem 9. Juli 2019 wurde für die Klägerin eine weitere Probezeitbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 10. Oktober 2018 bis zum 9. Juli 2019 für die Tätigkeit als Sachbearbeiterin bei der Zentralen Ausländerbehörde ... erstellt.
42
Die Klägerin sei für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet. Die Mindestanforderungen im Sinne des Art. 30 Abs. 3 Satz 1 BayBesG würden nicht erfüllt.
43
In der Beurteilung wird ausgeführt, der Klägerin könne die Eignung für eine Tätigkeit in der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit dem fachlichen Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst nicht zugesprochen werden.
44
Das Aufgabengebiet der … … erfordere eine strukturierte und gut organisierte Arbeitsweise. In eigenverantwortlicher Zuständigkeit müsse über den Verbleib von Asylbewerbern im Bundesgebiet entschieden werden. Diese schwerwiegenden Entscheidungen seien sicher und überzeugend nach außen zu vertreten. Der tägliche Arbeitsanfall sei meistens an Fristen und Termine anderer Behörden gebunden.
45
Die Klägerin habe durch ihre Arbeitsweise nicht die an sie gesetzten Anforderungen erfüllen können. Die wesentlichen Rechtsgrundlagen der Tätigkeiten der … … seien der Klägerin geläufig gewesen. Sie sei auch in der Lage gewesen, sich eigenständig Wissen anzueignen. Die Arbeitsergebnisse seien jedoch nur zum Teil verwertbar gewesen. Der tägliche Arbeitsanfall habe von ihr nicht bewältigt werden können. Ihre schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit habe nicht überzeugen können. Die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, Aufgaben zu priorisieren und ihre Tätigkeit an Terminen und Fristen auszurichten. Die erforderliche Entscheidungsfreude sei nicht gegeben gewesen. Das Verhalten der Klägerin gegenüber Dritten sei von Unsicherheit und fehlendem Durchsetzungsvermögen geprägt gewesen. Ihr persönliches Erscheinungsbild sei dem einer Behörde nicht angemessen gewesen.
46
Konstruktive Kritikgespräche hätten nicht zu einer Verhaltensänderung beigetragen. Trotz einer engmaschigen Einarbeitung und Betreuung habe bei der Klägerin keine Verbesserung im täglichen Arbeitsverhalten und keine nachhaltige Verbesserung ihrer Arbeitsergebnisse festgestellt werden können.
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Kollegen und Vorgesetzten gegenüber habe die Klägerin ein freundliches und hilfsbereites Auftreten gezeigt.
48
Sie hätte im Beurteilungszeitraum erhebliche krankheitsbedingte Fehltage vorzuweisen. An der physischen Belastbarkeit bestünden daher Zweifel. Insgesamt habe die Klägerin die Verlängerung ihrer Probezeit nicht nutzen können, um von ihrer Eignung, Befähigung und Leistung für die Aufgaben der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit dem fachlichen Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst zu überzeugen.
49
Die Probezeitbeurteilung wurde durch die Regierungsvizepräsidentin, Leitende Regierungsdirektorin …, unterzeichnet. Die unmittelbare Vorgesetzte, Frau Regierungsrätin …, erhob unter dem 9. Juli 2019 keine Einwendungen.
50
Die Beurteilung wurde der Klägerin am 17. Juli 2019 eröffnet.
51
Mit Schreiben vom 16. Juli 2019 wurde die Klägerin zu der beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum 30. September 2019 angehört. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sie die Beteiligung des Personalrats und der Gleichstellungsbeauftragten beantragen könne (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 3 BayPVG).
52
Mit Schreiben vom 29. Juli 2019 zeigten sich die Bevollmächtigten der Klägerin an und äußerten sich im Rahmen der Anhörung.
53
Könne die Bewährung oder Nichtbewährung noch nicht abschließend beurteilt werden, weil vorhandene Mängel grundsätzlich behebbar seien, sei die Probezeit zu verlängern. Dies gelte auch dann, wenn diese bereits verlängert worden sei, aber nochmals verlängert werden könne.
54
Das Anhörungsschreiben werde so verstanden, dass die mangelnde Bewährung auf die fehlende Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Klägerin gestützt werde. Eine charakterliche Nichtbewährung werde ebenso wenig behauptet wie eine fehlende gesundheitliche Eignung.
55
Soweit die Entlassung auf die Probezeitbeurteilung vom 13. September 2018 gestützt werde, stelle sich nicht die Frage, ob die Klägerin für die konkret besetzte Stelle geeignet sei, sondern ob sie für die Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit dem fachlichen Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst geeignet sei. Diese Unterscheidung sei vor allem dann von Bedeutung, wenn die übliche Durchschnittsstelle in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen von der konkret besetzten Stelle hinsichtlich ihrer Anforderungen abweiche. Genau dies sei vorliegend der Fall. Die konkret besetzte Stelle innerhalb der … des … … stelle an einen Beamten ganz andere und höhere Anforderungen als eine gewöhnliche Stelle im Bereich Verwaltung und Finanzen. Dies dürfte unstreitig sein. Der Beklagte trage selbst vor, dass eine ständige Bereitschaft einschließlich an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen erforderlich gewesen und Schichtdienst geleistet worden sei. Auf Ereignisse im Bereich der Sicherheit des Luftverkehrs habe mit der Anordnung von Maßnahmen unverzüglich reagiert werden müssen. Es habe ein Grad überaus hoher Verantwortung vorgelegen, da über die Sicherheit von Hunderten Flugpassagieren zu entscheiden sei.
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Es stelle sich die Frage, ob eine solche Stelle für einen Beamten auf Probe überhaupt geeignet sei. Jedenfalls könne aus einer fehlenden Eignung für diese Stelle nicht auf eine fehlende Eignung für die Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen geschlossen werden. Es werde sehr wahrscheinlich viele diensterfahrene Beamte auf Lebenszeit in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen geben, die nicht in der Lage wären, eine solche Stelle zu besetzen, bei der es in diesem Ausmaß auf schnelle Reaktion, selbstsicheres Auftreten, Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit ankomme, Verantwortung für viele Menschenleben zu übernehmen.
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Gleichwohl würde auch die Aussage „die Tätigkeit in einem regelmäßig spannungsgeladenen Umfeld aus Flughafenunternehmer, Luftfahrtunternehmen und Polizei habe ihrem Wesen nicht entsprochen“ für falsch gehalten. Die Klägerin sei auch explizit für diese anspruchsvolle Tätigkeit geeignet.
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Bei seiner Schlussfolgerung beachte der bewertende Vorgesetzte nämlich nicht, dass es sehr wahrscheinlich nicht nur eine Art gebe, die Aufgaben der betreffenden Stellen zu erfüllen. Er stelle sich wohl eine sehr extrovertierte Person vor, die mit lauter Stimme gegenüber Flughafenunternehmen, Flugunternehmen und Sicherheitsorganen Anweisungen erteile und keinen Widerspruch zulasse.
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Die Klägerin habe die betreffenden Aufgaben vollumfänglich erfüllt, auch wenn sie vielleicht nicht mit lautem Befehlston gesprochen habe. Die Klägerin habe sich stets zunächst einen genauen Überblick über die Lage verschafft, um dann aber schnell die zutreffende Entscheidung zu treffen und diese nach außen hartnäckig und überzeugend zu vertreten.
60
Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Stelle beim … mit einer durchschnittlichen Stelle der allgemeinen inneren Verwaltung sei auch der folgende Passus aus dem Schreiben vom 16. Juli 2019 aufschlussreich:
„Inwiefern Sie für „klassische“ Tätigkeiten der allgemeinen inneren Verwaltung, insbesondere die Erstellung von eigenen Bescheiden, geeignet sind, konnte nicht beurteilt werden, da solche Aufgaben in Ihrem Aufgabenbereich im Sachgebiet … sehr selten anfielen. Auf Grund der speziellen Aufgabenstellung im … kann noch keine verlässliche Aussage zu der Qualität ihrer Arbeitsleistung und ihrem Arbeitstempo gemacht werden. Auffallend war jedoch ihre extrem gründliche Arbeitsweise.“
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Dieser Passus bestätige eindrucksvoll das oben Ausgeführte. Es habe sich um keine „klassische“ Stelle der allgemeinen inneren Verwaltung gehandelt, so dass dort auch keine „klassischen“ Aufgaben der allgemeinen inneren Verwaltung angefallen seien. Sei ein Beamter auf Probe für eine solche Stelle nicht geeignet, sage dies aber eben auch nichts darüber aus, ob der Beamte für die „klassische“ allgemeine innere Verwaltung geeignet sei. Dies zeige sich auch daran, dass der bewertende Vorgesetzte der Klägerin vorhalte, ihre extrem gründliche Arbeitsweise sei auffallend. Eine solche Aussage stelle ja gerade für einen Verwaltungsbeamten ein Lob dar, da eine gründliche Arbeitsweise das A und O der Tätigkeit eines Verwaltungsbeamten sei. Dass gründliches Arbeiten bei dieser Stelle beim Luftamt offensichtlich einen Makel darstelle, zeige schon, dass es sich hier wohl um eine völlig atypische Stelle der allgemeinen Verwaltung handele, für die keine üblichen Maßstäbe gelten würden. Dann gelte aber umso mehr, dass eine solche Stelle nicht mit einem Beamten auf Probe der allgemeinen inneren Verwaltung besetzt werden könne.
62
Diese atypischen Begebenheiten hätten in die Überzeugungsbildung bezüglich der Bewährung der Klägerin einbezogen werden müssen.
63
Zum anderen seien der Klägerin zwei Jahre ihrer Probezeit genommen worden. Eine Probezeit könne und dürfe schon vom Wortsinn her nur bei einer Behörde oder Stelle erfolgen, wo die Leistungen und Fähigkeiten erprobt werden könnten, die von einem Beamten auf Lebenszeit bei Besetzung einer üblichen Stelle der allgemeinen inneren Verwaltung erwartet würden. Dies sei in der Zeit vom 10. Oktober 2016 bis zum 30. September 2018 nicht geschehen. Dies stelle für die Klägerin einen ganz erheblichen Nachteil dar. Vielleicht hätte sie sich in ihrer zweijährigen Probezeit schon bewährt, wenn sie eine übliche Stelle hätte besetzen dürfen.
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Schon der Umstand, dass diese Gesichtspunkte nicht in die Entscheidung, die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen, Eingang gefunden hätten, führe zu einem Beurteilungsfehler.
65
Nur der Vollständigkeit halber sei ausgeführt, dass die Behauptung, die Klägerin habe sich bei einem Vorfall unter Beteiligung der Polizei völlig zurückgezogen und nicht geäußert, völlig falsch sei. Im Rahmen dieses Vorfalles habe die Klägerin die angezeigten Entscheidungen schnell getroffen und auch klar kommuniziert.
66
Die Aussage, dass die schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit zu wünschen übrig ließe, habe keinen Informationsgehalt. Nachdem die Klägerin erfahren habe, dass sie ausschließlich sachlich kommunizieren solle, habe sie diese Aufforderung auch umgesetzt. Definitiv sicher und unbestreitbar sei die Tatsache, dass die Klägerin in einem Umfang schriftlich und mündlich kommunizieren könne, der der Beamtenlaufbahn der allgemeinen inneren Verwaltung genüge. Wäre das nämlich nicht der Fall, dann hätte die Klägerin nicht den für die Laufbahn erforderlichen Schulabschluss erreicht und sie hätte ihr Studium an der Verwaltungshochschule nicht erfolgreich abgeschlossen.
67
Was mit der Formulierung gemeint sei, dass sich die Situation kurz vor Ablauf der regulären Probezeit zugespitzt habe, bleibe völlig unklar. Der Klägerin sei keine Zuspitzung in irgendeiner Form bekannt.
68
In der Verlängerung der Probezeit sei die Klägerin bei der … … eingesetzt worden. Da die vorherigen zwei Jahre probezeituntauglich gewesen seien, habe diese quasi erst mit dem Einsatz bei der … begonnen.
69
Es sei nicht richtig, dass die Klägerin den täglichen Arbeitsanfall nicht habe bewältigen können. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin während der Dauer der verlängerten Probezeit über einen längeren Zeitraum erkrankt gewesen sei. Die Fehlzeiten hätten sich natürlich auf das Arbeitspensum ausgewirkt. Die gesundheitlichen Probleme, die zu den Ausfallzeiten geführt hätten, seien allerdings fast vollständig behoben und ausgeheilt. Schon in den letzten vier Wochen, in denen die Klägerin gearbeitet habe, habe sie mit dem Arbeitsanfall keinerlei Probleme gehabt. In den nächsten Wochen werde die Erkrankung völlig geheilt und die vollständige Leistungsfähigkeit wiederhergestellt sein.
70
Dass die erforderliche Entscheidungsfreude fehle, sei ebenfalls nicht richtig. Die Klägerin treffe die erforderlichen und zutreffenden Entscheidungen. Allerdings habe sie eben auch noch nachfragen müssen, wenn sie sich unsicher gewesen sei. Dies sei völlig normal und besser, als Fehler zu begehen. Hier sei zu berücksichtigen, dass sie klassische Verwaltungsarbeit erst seit Herbst 2018 ausgeführt habe und in diesem Zeitraum bis heute auch noch im erheblichen Umfang krankheitsbedingte Fehlzeiten gehabt habe. Man könne nicht erwarten, dass ein Beamter auf Probe nach einem halben Jahr, während dem er auch noch in erheblichem zeitlichen Umfang krank gewesen sei, in der Weise eingearbeitet sei, dass er völlig selbstständig zutreffende Entscheidungen „aus dem ff“ treffe. Obwohl die Klägerin die Stelle bei der … erst seit so kurzer Zeit besetze, trete sie nach außen selbstbewusst, sicher und überzeugend auf.
71
Die Aussage, dass Zweifel an der psychischen Belastbarkeit der Klägerin bestünden, deute ebenfalls auf einen Beurteilungsfehler hin. Die gesundheitliche Eignung sei entweder vorhanden oder nicht vorhanden. Nur wenn sie nachweislich nicht vorhanden sei, berechtige dies zur Entlassung, wobei es auf eine Prognoseentscheidung ankomme. Auf Grund eines längeren Krankheitsverlaufs auf Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zu schließen, führe genauso zu einer rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung wie auf Grund von Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung zum Ergebnis zu kommen, dass sich der Beamte auf Probe nicht bewährt habe.
72
Gleiches gelte für die Aussage, dass das persönliche Erscheinungsbild der Klägerin dem einer Behörde nicht angemessen gewesen sei. Auch hier handele es sich um eine sachfremde Erwägung. Es stelle sich die Frage, wie das angemessene Erscheinungsbild eines Beamten der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen beschaffen sein müsse. Die Beklagte gebe nicht an, welche Kleiderordnung bestehe und in welcher Weise die Klägerin gegen diese verstoßen habe.
73
Soweit der Beklagte eine unzureichende Quantität in der Fallbearbeitung rüge, führe der Beklagte selbst aus, dass der Klägerin jedenfalls seit Ende Mai 90 Fälle zur eigenverantwortlichen Bearbeitung übertragen worden seien. Die durchschnittliche Fallzahl liege bei Beamten mit vergleichbarer Tätigkeit bei 90 oder 100. Damit werde belegt, dass sich die Beklagte bewährt habe. Es sei eine kontinuierliche Steigerung der bearbeiteten Fälle von zunächst nur 45 auf 90 Fälle erkennbar.
74
Die Beklagte räume auch ein, dass die Klägerin die rechtlichen Grundlagen erfasst habe und in der Regel zum rechtlich richtigen Ergebnis komme.
75
Der Hinweis auf den Arbeitsvorrat im DMS sei nicht korrekt bzw. seien die falschen Schlussfolgerungen gezogen worden. Zum Zeitpunkt der damaligen Bewertung sei der Klägerin nicht bekannt gewesen, dass das Computersystem eine Funktion für „Vorgang erledigt“ habe. Es seien deshalb im System Vorgänge als unbearbeitet vorhanden gewesen, die in Wahrheit bearbeitet und erledigt gewesen seien. Mittlerweile verwende die Klägerin dieses System, so dass sich dieser Punkt erledigt haben dürfte.
76
Zusammenfassend sei deshalb festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nicht vorlägen.
77
Die Klägerin wünsche die Beteiligung des Personalrats, nicht aber der Gleichstellungsbeauftragten.
78
Mit Schreiben vom 30. Juli 2019 wurde der Personalrat bei der Regierung … beteiligt.
79
Der Personalrat erwiderte unter dem 8. August 2019, er empfehle statt einer Entlassung eine nochmalige Verlängerung der Probezeit in einem angemessenen Zeitrahmen. Aus Sicht des Personalrats könne die Bewährung nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
80
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. August 2019 wurde die Klägerin mit Ablauf des 30. September 2019 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen, weil sie sich während der Probezeit nicht bewährt habe (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG). Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde angeordnet.
81
Nach Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG könnten Beamte oder Beamtinnen auf Probe, die sich in der Probezeit nicht bewährt hätten, entlassen werden.
82
Mangelnde Bewährung liege bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestünden, dass der Beamte die Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, erfüllen kann (vgl. BayVGH v. 13.12.2018 - 3 ZB 16.935 -).
83
Dies sei hier der Fall, da die für eine Bewährung erforderlichen Anforderungen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nicht vorlägen.
84
Auf Grund des gezeigten Verhaltens bestünden begründete Zweifel daran, dass bei der Klägerin die für ihr Amt erforderliche Eignung, insbesondere die Entscheidungsfreude, Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft, gegeben seien.
85
Eignung beinhalte sowohl die geistigen Anlagewerte und die körperlichen und gesundheitlichen Verhältnisse als auch Charakter und Persönlichkeitswerte. Dazu zählten neben der Entscheidungsfreude, Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft auch das Führungspotenzial. Sowohl in der regulären als auch in der verlängerten Probezeit habe sich gezeigt, dass die für das Amt erforderliche Entscheidungsfreude und Verantwortungsbereitschaft nicht gegeben sei. Aus der Probezeitbeurteilung vom 28. August 2018 ergebe sich, dass die Klägerin auf Grund ihrer zurückhaltenden Art nicht in der Lage gewesen sei, den notwendigen Impuls zu geben. Zur Untermauerung dieser Einschätzung sei seitens ihrer Vorgesetzten im … beispielhaft auf einen Vorfall unter Beteiligung der Polizei und des SGN, bei welchem die Klägerin die Entscheidungsträgerin gewesen sei und sich komplett zurückgezogen und nicht geäußert habe, verwiesen.
86
Auch die Vorgesetzten in der … … seien der Auffassung, dass es der Klägerin schwerfalle, Entscheidungen zu treffen und diese nach außen überzeugend zu vertreten. Dies zeige sich auch in dem Verhalten der Klägerin gegenüber Dritten, das von Unsicherheit und fehlendem Durchsetzungsvermögen geprägt sei. Beamte ihrer Fachlaufbahn und ihres Statusamtes müssten jedoch in der Lage und gewillt sein, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und nach außen überzeugend zu vertreten. Auf Grund des gezeigten Verhaltens bestünden erhebliche Zweifel, dass insbesondere die für das Amt erforderliche Entscheidungsfreude, Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft gegeben seien.
87
Darüber hinaus bestünden Zweifel, ob die Klägerin das für das Statusamt notwendige Führungspotenzial besitze. Auf dieses könne insbesondere aus der gezeigten Organisationsfähigkeit, der sozialen Kompetenz, Kooperationsbereitschaft, Entschlusskraft, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Motivationsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Belastbarkeit, sowie dem Verhandlungsgeschick geschlossen werden (Abschnitt 3, Ziffer 6.2.1.4 VV-BeamtR). Die mangelnde Organisationsfähigkeit, Entscheidungsfreude, Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft sowie das unsichere Auftreten und die zurückhaltende Art ließen vorliegend den Schluss zu, dass es auch an Führungspotenzial fehle.
88
Auf Grund des gezeigten Verhaltens bestünden jedenfalls begründete Zweifel daran, dass bei der Klägerin die für das Amt erforderliche Befähigung, insbesondere die mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit, gegeben ist.
89
Die Befähigung umfasse die für die dienstliche Verwendung wesentlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften des Beamten (Baßlsberger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 9 Rn. 46). Die Befähigung erstrecke sich auf Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung bedeutsam seien, wie Fachkompetenz, Methodenkompetenz oder Sozialkompetenz. Dazu zählten auch die mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit.
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Sowohl in der regulären als auch in der verlängerten Probezeit hätten sich Defizite bei der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit der Klägerin gezeigt. Defizite in der mündlichen Ausdrucksfähigkeit zeigten sich insbesondere daran, dass sie sich häufig kompliziert, unter Verwendung zahlreicher Fremdwörter, ausgedrückt habe. In den schriftlichen Arbeitsergebnissen würden immer wieder der blumige, nicht verwaltungskonforme Schreibstil und unangemessene und unsachliche Äußerungen auffallen, die zum Teil dazu führten, dass Schreiben vollständig zurückgehalten und neu gefasst hätten werden müssen. Hierzu sei seitens des … beispielsweise ein gefertigter Aktenvermerk vorgelegt worden. Dieser und weitere, zum Ende der Probezeit auftretende Vorfälle, hätten es aus Sicht des damaligen Vorgesetzten erforderlich gemacht, die Klägerin anderweitig einzusetzen.
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Auch seitens der jeweiligen Vorgesetzten in der Zentralen Ausländerbehörde sei von unsachlichen und unangemessenen Äußerungen berichtet und auf den nicht verwaltungskonformen Schreibstil hingewiesen worden. Dies habe in mehreren Fällen dazu geführt, dass Schreiben vor Auslauf zurückgehalten und neu gefasst bzw. umformuliert hätten werden müssen.
92
Darüber hinaus bestünden begründete Zweifel daran, dass bei der Klägerin die für das Amt erforderliche fachliche Leistung, insbesondere die Quantität und Qualität der Arbeitsergebnisse bzw. Organisationsfähigkeit vorhanden sei.
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Aus den oben genannten Probezeitbeurteilungen und Konkretisierungen ergebe sich, dass die Klägerin den täglichen Arbeitsanfall nicht in dem für das Amt erforderlichen Umfang habe bewältigen können. Ursächlich hierfür seien insbesondere die fehlende Arbeitseffizienz bzw. das Arbeitstempo der Klägerin.
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Sie investiere in unverhältnismäßig großen und unangemessenen Umfang Arbeit in eher belanglose Aspekte der Sachbearbeitung. Gerade gegen Ende der regulären Probezeit im Luftamt sei auffallend gewesen, dass die Klägerin häufig zu sehr ins Detail gegangen sei und Fragestellungen zu tiefgehend behandelt habe.
95
Auch während der verlängerten Probezeit in der … … sei es aus den gleichen Gründen zu erheblichen Arbeitsrückständen gekommen. Der durchschnittliche Arbeitsumfang habe trotz intensiver Einarbeitung und überdurchschnittlicher Betreuung durch Kolleginnen und Kollegen bzw. Vorgesetzte nicht bewältigt werden können.
96
Begründete Zweifel bestünden auch an der Qualität der Arbeitsergebnisse.
97
Aus den Probezeitbeurteilungen und den Konkretisierungen der Vorgesetzten in der Probezeit ergebe sich, dass die Arbeitsergebnisse nur zum Teil verwertbar gewesen seien. Insbesondere fänden sich in den Ausführungen immer wieder unsachliche und unangemessene Äußerungen.
98
Von den Vorgesetzten in der … … sei von Ausführungen mit unsachlichen und unangemessenen Äußerungen berichtet worden, die dazu geführt hätten, dass einzelne Schreiben vollständig zurückgehalten und neu gefasst hätten werden müssen. Es habe sich gezeigt, dass der Schreibstil nicht verwaltungskonform sei und die schriftlichen Leistungen nicht praxistauglich gewesen seien. Es hätten immer wieder Bescheide vor Auslauf korrigiert werden müssen. Ein Vergleich mit anderen Bediensteten zeige, dass spätestens nach Abschluss einer dreimonatigen Einarbeitungszeit eine fachliche Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen in der Regel nicht erforderlich sei. Insoweit lägen die gezeigten Leistungen unter dem Durchschnitt.
99
Begründete Zweifel bestünden auch an der Organisationsfähigkeit der Klägerin.
100
Insbesondere in der verlängerten Probezeit habe es sich gezeigt, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, Aufgaben zu priorisieren und ihre Tätigkeit an Terminen und Fristen auszurichten. Trotz außergewöhnlich intensiver Einarbeitung und engmaschiger Betreuung sei es der Klägerin nicht gelungen, ihren Arbeitsbereich ausreichend zu organisieren.
101
Im Zeitraum Mitte Dezember 2018 bis Ende Februar 2019 sei die Klägerin über einen längeren Zeitraum dienstunfähig gewesen. Seit dieser Zeit sei sie immer wieder einzelne Tage krankheitsbedingt ausgefallen. Die oben dargelegten Leistungsdefizite und Mängel hätten sich jedoch bereits in der regulären Probezeit gezeigt, in denen keine auffälligen Krankheitszeiten zu verzeichnen seien. Insbesondere seien die fehlende Arbeitseffizienz und das damit einhergehend geringe Arbeitstempo bereits vorher zu Tage getreten. Auch ihr unsicheres Auftreten und die fehlende Entscheidungsfreude hätten sich bereits vor diesem Zeitpunkt gezeigt. Der Klägerin sei es auch bereits vor dieser Zeit nicht gelungen, durchgehend verwertbare und praxistaugliche Leistungen zu liefern. Defizite in der schriftlichen und mündlichen Ausdruckfähigkeit hätten sich während des gesamten Verlaufs der Probezeit gezeigt. Zudem sei sie bereits seit Beginn ihrer Tätigkeit in der Zentralen Ausländerbehörde sehr intensiv und langdauernd eingearbeitet worden. Auch wenn zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werde, dass auch auf Grund ihrer Ausfallzeiten möglicherweise erhöhte Arbeitsrückstände vorlägen, könne ein Zusammenhang mit den weiteren Leistungsdefiziten und Mängeln nicht erkannt werden.
102
Auch der Einwand, die Tätigkeit in der regulären Probezeit im … könne auf Grund der speziellen Aufgaben nicht berücksichtigt werden, vermöge an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Zum einen sei maßgeblich für die Feststellung der mangelnden Bewährung das Statusamt, nicht hingegen der konkret von ihr ausgeführte Dienstposten. Zum anderen sei die Tatsache, dass an die Tätigkeit im Sachgebiet … zum Teil andere Anforderungen gestellt würden als dies bei anderen Stellen in der dritten Qualifikationsebene der Fall sei, bei der Bewertung und auch dadurch ausreichend berücksichtigt, dass die Klägerin in der verlängerten Probezeit in einem anderen Einsatzbereich eingesetzt worden sei. Eine zuverlässige Prognose über ihre Eignung und Befähigung sowie ihre fachlichen Leistungen auch für andere Dienstposten der Laufbahn sei auf Grund der (regulären und verlängerten) Probezeit möglich.
103
Auch während ihres Einsatzes bei der … … hätten sich keine nachhaltigen Verbesserungen eingestellt. Es werde daher keine Möglichkeit für eine nochmalige Verlängerung der Probezeit gesehen. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass sich die Leistungen der Klägerin bei einer weiteren Verlängerung der Probezeit oder in einem anderen Einsatzgebiet steigern könnten. Eine derart intensive Einarbeitung, wie sie die Klägerin bei der … … erhalten habe, sei in keinem anderen Einsatzbereich denkbar. Da sie den Anforderungen noch nicht gerecht geworden sei und unterdurchschnittliche Leistungen gezeigt habe und auch keine nachhaltige Verbesserung der Leistungen aufgetreten seien, sei davon auszugehen, dass auch eine weitere Tätigkeit zu keiner anderen Einschätzung ihrer Bewährung führen würde. Unter Berücksichtigung der Entlassungsfrist des Art. 56 Abs. 5 Satz 1 BayBG ende das Beamtenverhältnis zum 30. September 2019.
104
Der Bescheid wurde der Klägerin am 16. August 2019 ausgehändigt.
105
Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. September 2019, eingegangen am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
den Bescheid vom 14. August 2019 aufzuheben.
106
Zur Begründung der Klage wurde der Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.
107
Zum Beweis, dass die Klägerin in einem Umfang schriftlich und mündlich kommunizieren könne, der der Beamtenlaufbahn der allgemeinen inneren Verwaltung genüge, werde Frau … … als Zeugin benannt.
108
Wie schon im Schreiben vom 29. Juli 2019 dargelegt, sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin während der Dauer der verlängerten Probezeit über einen längeren Zeitraum erkrankt gewesen sei. Die Fehlzeiten hätten sich natürlich auf das Arbeitspensum der Klägerin ausgewirkt.
109
Zum Beweis, dass die Klägerin schon in den letzten Monaten, in denen sie ihren Dienst verrichtet habe, mit dem Arbeitsanfall keinerlei Probleme gehabt habe, werde ebenfalls Frau … als Zeugin benannt.
110
Diese könne auch bezeugen, dass der Klägerin nicht die erforderliche Entscheidungsfreude gefehlt und diese die erforderlichen und zutreffenden Entscheidungen getroffen habe.
111
Zum Beweis, dass die Klägerin bei der … mittlerweile nach außen selbstbewusst, sicher und überzeugend auftrete, würden Frau …und Frau … … als Zeugen benannt.
112
Seit Ende Mai 2019 seien der Klägerin 90 Fälle zur eigenverantwortlichen Bearbeitung übertragen worden. Sie bearbeite damit die durchschnittliche Fallzahl von Beamten mit vergleichbarer Tätigkeit, die bei 90 oder 100 liege.
113
Die Klägerin vertrete die Auffassung, sie habe sich unter Berücksichtigung der erschwerten Bedingungen bewährt. Jedenfalls hätte man im Fall der Klägerin zwingend die Probezeit verlängern müssen.
114
Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2019, bei der von der Klägerin während der regulären Probezeit innegehabten Stelle handele es sich um eine Stelle für einen Beamten oder eine Beamtin der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit dem fachlichen Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst, die auch gewöhnlich mit einem Beamten oder einer Beamtin derselben Fachlaufbahn und desselben fachlichen Schwerpunkts besetzt sei. Es erschließe sich nicht, weshalb diese Stelle für einen Beamten oder eine Beamtin auf Probe daher nicht geeignet sein solle. Dass diese konkrete Stelle auf Grund ihres Anforderungsprofils möglicherweise nicht der Persönlichkeit der Klägerin entsprochen habe, sei durch eine Verlängerung der Probezeit und einem Einsatz in einem anderen Tätigkeitsbereich während der verlängerten Probezeit ausreichend berücksichtigt worden und führe nicht dazu, dass die in der regulären Probezeit gewonnenen Erkenntnisse nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.
115
Auch wenn in der Probezeitbeurteilung vom 27. August 2018 ausgeführt sei, dass der Klägerin im Hinblick auf die besonderen Anforderungen der besetzten Stelle die Eignung nicht zuerkannt werden könne, sei dies nicht der Maßstab für die Feststellung der fehlenden Bewährung. Maßgeblich hierfür sei allein, ob ein Beamter oder eine Beamtin den Anforderungen der Ämter seiner bzw. ihrer Fachlaufbahn voraussichtlich genügen werde, und nicht, ob der Beamte oder die Beamtin für die konkret innegehabte Stelle geeignet sei. Allein dies sei auch beurteilt worden.
116
Die Grundlage für die Beurteilung, ob sich ein Beamter oder eine Beamtin während der Probezeit bewährt habe, sei das Verhalten des Beamten in der gesamten Probezeit (Weiß/Nieder-maier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Rn. 142 zu § 23 BeamtStG). Es seien die Arbeitsergebnisse und die über die Leistung, Eignung und Befähigung der Klägerin in der regulären Probezeit gewonnenen Erkenntnisse bei der Feststellung der mangelnden Bewährung berücksichtigt worden. Insgesamt habe sich dabei gezeigt, dass die in der regulären Probezeit zu Tage getretenen Defizite auch in der verlängerten Zeit festgestellt worden seien. So sei bereits während der regulären Probezeit deutlich geworden, dass die Klägerin zu zum Teil übertrieben genauem Arbeiten und ausufernden Schreibstil neige, ihre schriftliche und mündliche Ausdrucksweise Mängel ausgewiesen habe, die erforderliche Entscheidungsfreude nicht und auch die Organisationsfähigkeit nur bedingt gegeben gewesen seien. Diese Einschätzung ihrer damaligen Vorgesetzten habe sie später bestätigt.
117
Da sich die Mängel in beiden Tätigkeitsbereichen der Klägerin gezeigt hätten, sei auch nicht davon auszugehen, dass ein anderweitiger Einsatz der Klägerin in der regulären Probezeit zu einer anderen Einschätzung der Bewährung geführt hätte.
118
Hinsichtlich des in der … … von der Klägerin zu erledigenden Arbeitsumfangs werde darauf hingewiesen, dass der Klägerin die Fallzahl, die üblicherweise von einem Sachbearbeiter in dem Tätigkeitsbereich der Klägerin habe übernommen werden müssen, erst nach acht Monaten und daher später als anderen neuen Mitarbeitern hätte übertragen werden können, wobei eine regelmäßige Durchsicht der der Klägerin übertragenen Fälle gezeigt habe, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die ihr übertragenen Aufgaben entsprechend zu bearbeiten. Dass der Klägerin 90 Fälle zur eigenverantwortlichen Sachbearbeitung übertragen wurden, heiße daher nicht, dass sie auch in der Lage gewesen sei, alle Fälle entsprechend abzuarbeiten.
119
Die gezeigten Mängel in ihrer schriftlichen Ausdrucksweise hätten dazu geführt, dass Schreiben vor Auslauf kontrolliert und zum Teil zurückgehalten und neu gefasst hätten werden müssen, da diese unsachliche oder unangemessene Äußerungen enthalten hätten, die aus Sicht ihrer Vorgesetzten in dieser Form nicht in den Rechtsverkehr hätten gelangen sollen. Es habe sich dabei gerade nicht lediglich um einen individuellen Schreibstil oder um ein „nicht schweres Defizit“ gehandelt.
120
Die Mängel ihrer mündlichen Ausdrucksweise hätten beispielsweise dazu geführt, dass Gespräche oftmals nur im Beisein weiterer Mitarbeiter der Regierung … möglich gewesen seien, weil sich gezeigt habe, dass Gespräche unter der Gesprächsführung der Klägerin zu eskalieren gedroht hätten und dem vermittelten Einschreiten weiterer Mitarbeiter bedurft hätten. Aber auch bei weiteren Terminen (z.B. vor dem Verwaltungsgericht) sei eine Begleitung bis zum Ausscheiden der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis erforderlich gewesen. Die Klägerin verfüge damit gerade nicht über eine schriftliche und mündliche Ausdrucksweise, die den Anforderungen der Ämter ihrer Fachlaufbahn genüge. Beamte der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen müssten Aufgaben und Termine eigenverantwortlich wahrnehmen. Arbeitsergebnisse könnten nur in Ausnahmefällen vom Vorgesetzten kontrolliert und korrigiert werden. Ebenso sei eine Begleitung zu Terminen im Rahmen der Sachbearbeitung nur in Ausnahmefällen möglich.
121
In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass die … … über eine Vielzahl von Mitarbeitern mit gleichartigem Aufgabenzuschnitt verfüge. Insoweit bestehe seitens der Beklagten ausreichend Erfahrung im Umgang mit neuen Mitarbeitern. Die Klägerin habe hier vergleichsweise unterdurchschnittliche Leistungen gezeigt, obwohl andere neue Mitarbeiter im Tätigkeitsbereich der Klägerin teilweise über keine Aus- oder Vorbildung im Bereich der öffentlichen Verwaltung verfügten.
122
Weiter werde darauf hingewiesen, dass das äußere Erscheinungsbild der Entlassung nicht zu Grunde liege, aber dieses die interne Zusammenarbeit erschwert habe und auch von Außenstehenden wahrgenommen und angesprochen worden sei, insbesondere für die tägliche Arbeit und das Ansehen der Regierung … daher durchaus problematisch gewesen sei.
123
Tragende Gründe für die mangelnde Bewährung seien vielmehr vor allem die vorhandenen Defizite in der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit, die zum Teil fehlende Verwertbarkeit ihrer Arbeitsergebnisse, die fehlende Entscheidungsfreude, die mangelnde Organisationsfähigkeit, die fehlende Arbeitseffizienz und die damit einhergehende geringe Arbeitsleistung.
124
Da sich diese sowohl in der regulären als auch in der verlängerten Probezeit gezeigt hätten, ohne dass sich trotz mehrfacher Gespräche und Hinweise ihrer Vorgesetzten eine nachhaltige Verbesserung eingestellt habe, habe es auch keine Veranlassung für eine weitere Verlängerung der Probezeit gegeben.
125
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass es sich bei der von der Klägerin benannten Zeugin … um eine bei der Regierung … beschäftigte Befragerin und Dolmetscherin ohne Verwaltungsausbildung handele. Es sei deshalb fraglich, inwieweit diese in der Lage sei, eine Aussage zur Eignung, Leistung und Befähigung der Klägerin zu treffen. Es werde daher angeregt, im Falle einer erforderlichen Beweisaufnahme auf Herrn Regierungsdirektor … als Sachgebietsleiter des … bzw. Frau Regierungsrätin … als Leiterin der … … zurückzugreifen.
126
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. April 2020 wurde der Beklagte gebeten, die im Anhörungsschreiben vom 16. Juli 2019 und im Bescheid vom 14. August 2019 zitierten ergänzenden Berichte der Vorgesetzten der Klägerin in den Sachgebieten … und … vorzulegen.
127
Art. 12 Abs. 1 Satz LlbG bestimme, dass während der Probezeit der Einsatz auf verschiedenen Dienstposten erfolgen solle, soweit keine dienstlichen Gründe entgegenstünden. Es wurde Mitteilung gebeten, weshalb während der regelmäßigen Probezeit von zwei Jahren die Klägerin nur im Sachgebiet … (* …*) eingesetzt wurde.
128
Zudem wurde um Mitteilung gebeten, wie viele Beamtinnen und Beamte des nichttechnischen Verwaltungsdienstes in der dritten Qualifikationsebene beim … tätig sind und ob bereits zuvor Beamtinnen und Beamte auf Probe dieser Qualifikationsebene beim … eingesetzt wurden.
129
Es wurde vorsorglich darauf hingewiesen, dass es der Zweck des Probebeamtenverhältnisses gebiete, die Eignung des Beamten auf Probe für sämtliche in dem entsprechenden Amt eines Beamten auf Lebenszeit anfallenden Tätigkeiten unter im Wesentlichen für die Beamten dieser Laufbahn gleichen Bedingungen feststellen zu können. Der Dienstherr habe deshalb sicherzustellen, dass Einschränkungen oder besondere Erschwerungen in der Erprobung unterblieben (BVerwG, U.v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - juris Rn. 29).
130
Hierzu möge Stellung genommen werden, ebenso zu der Einhaltung der Vorgaben aus Ziffer 3.1.1 der Beurteilungsbekanntmachung StMI vom 3. August 2011 bzw. 8. September 2017.
131
Der Beklagte übersandte mit Schriftsatz vom 4. Mai 2020 u.a. zwei Aktenkonvulate, denen einzelne Vorfälle bzw. Leistungsmitteilungen entnommen werden könnten, die durch die Vorgesetzten der Klägerin, Herrn Leitenden Regierungsdirektor … und Frau Regierungsrätin … mündlich erläutert und ergänzt worden seien.
132
Weiter wurde seitens der Beklagten vorgetragen, der Einsatz während der Probezeit erfolge, sofern von keiner Seite der Wunsch nach einer anderweitigen Verwendung oder dessen Notwendigkeit geäußert werde, bei der Regierung … in der Regel nur auf einem Dienstposten. Zum einen sei nach erfolgreichem Abschluss der Probezeit stets ein dauerhafter Verbleib der Beamtinnen und Beamten auf dem Dienstposten geplant, zum anderen wäre ein regelmäßiger Wechsel der Dienstposten innerhalb der Probezeit bei der Vielzahl von Probebeamten und -beamtinnen bei der Regierung … mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Gerade in Zeiten knapper Personalressourcen sei die Regierung … gezwungen, den mit der Einarbeitung verbundenen Aufwand möglichst gering zu halten.
133
Ein Wechsel der Dienstposten in der Probezeit finde daher regelmäßig nur dann statt, wenn eine Einschätzung, ob der oder die Beamtin für die Ämter seiner oder ihrer Fachlaufbahn geeignet ist, auf dem Dienstposten nicht möglich sei, Zweifel am Bestehen der Probezeit aufträten, während der Probezeit Probleme aufträten oder der Wunsch nach einem anderweitigen Einsatz an die Personalstelle herangetragen werde.
134
Da bei der Klägerin die Einschätzung der Probezeit positiv gewesen und zunächst auch kein Wechselwunsch bekannt gewesen sei, sei der Einsatz der Klägerin daher - wie auch sonst üblich - vorläufig weiterhin im … erfolgt.
135
Den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 4 LlBG sei durch eine Umsetzung der Klägerin in den Bereich der … … … aus Sicht des Beklagten ausreichend Rechnung getragen worden.
136
Der Klägerin sei seitens ihrer Vorgesetzten in der … … mehrfach auf die (immer noch) bestehenden Mängel und Defizite und den erforderlichen Besserungsbedarf hingewiesen worden. Zu den genauen Gesprächsinhalten könne Frau Regierungsrätin … Auskunft geben.
137
Derzeit seien im … zwölf Beamtinnen und Beamte des nichttechnischen Dienstes in der dritten Qualifikationsebene, eine Beamtin des nichttechnischen Dienstes in der zweiten Qualifikationsebene und drei Beamtinnen bzw. Beamte des nichttechnischen Dienstes in der vierten Qualifikationsebene beschäftigt. Insgesamt gehörten lediglich fünf Mitarbeiter des … nicht zum Verwaltungspersonal. Dies zeige, dass auch im Sachgebiet … - trotz der Bezeichnung als … - im Wesentlichen Verwaltungstätigkeiten ausgeführt würden (wobei sich die personelle Zusammensetzung in den letzten Jahren auch nicht wesentlich geändert habe).
138
Von den zwölf Beamtinnen bzw. Beamten der dritten Qualifikationsebene befänden sich derzeit zwei Beamte noch in der Probezeit.
139
Ergänzend werde hierzu der derzeit geltende Arbeitsverteilungsplan des … (Stand: 01.10.2018) vorgelegt.
140
Die Klägerin sei weder während ihres Einsatzes im … noch während ihrer Tätigkeit in der … … besonderen Erschwerungen ausgesetzt gewesen. Bei beiden Stellen handle es sich um Dienstposten von Beamten des nichttechnischen Verwaltungsdienstes der dritten Qualifikationsebene, die bereits vorher und auch nachher mit einem Beamten dieser Fachlaufbahn und dieses fachlichen Schwerpunkts besetzt gewesen seien bzw. noch werden. Auch gegenwärtig und in der Vergangenheit seien im … Beamtinnen und Beamte, die sich noch in der Probezeit befänden bzw. befunden hätten, eingesetzt worden. Weitere Fälle des Nichtbestehens der Probezeit bzw. von Zweifeln am Bestehen der Probezeit seien nicht bekannt. Im Gegenteil hätten in den letzten Jahren alle während der Probezeit im … eingesetzten Beamtinnen und Beamte die Probezeit erfolgreich absolviert. Auch dies zeige, dass Leistung, Eignung und Befähigung der Klägerin im Vergleich zu den übrigen bisher dort eingesetzten Beamten schlechter zu beurteilen seien und ein Zusammenhang zwischen dem Einsatzbereich und den zutage getretenen Zweifeln am Bestehen der Probezeit nicht bestehe. Zudem spreche auch bereits der Umstand, dass sich die in der regulären Probezeit zutage getretenen Mängel und Defizite in der verlängerten Probezeit bestätigt hätten, gegen einen Zusammenhang zwischen dem Dienstposten und den Zweifeln an der Bewährung.
141
Ergänzend werde mitgeteilt, dass zwischenzeitlich auch das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung vorliege. Aufgrund dieser Feststellungen sei die Klägerin nach Auffassung des Beklagten aus gesundheitlicher Hinsicht für die Übernahme das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet. Das Gesundheitszeugnis der Stadt … vom 24. Oktober 2019 sei beigefügt.
142
Abschließend werde mitgeteilt, dass eine Teilnahme von Frau Regierungsrätin … an der mündlichen Verhandlung leider nicht möglich sei, da diese sich aktuell in Mutterschutz befinde.
143
Dem genannten amtsärztlichen Zeugnis ist zu entnehmen, dass bei der Klägerin zum Untersuchungszeitpunkt am 24. Juli 2019 diverse körperliche Beschwerden bestanden hätten, welche sich im Verlauf bis jetzt nicht deutlich gebessert hätten. Eine umfangreiche Abklärung habe keine wegweisende, ursächliche, behandelbare Diagnose ergeben. Zusammenfassend könne aktuell nicht die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ausgesprochen werden. Es werde empfohlen gegebenenfalls eine weitere Verlängerung der Probezeit und Nachuntersuchung im Verlauf.
144
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
145
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
146
Der Bescheid der Regierung … vom 14. August 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
147
Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
148
Die Regierung … ist gemäß Art. 56 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayBG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZustV-IM vom 2. März 2007 (GVBl 2007, 216), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4.7.2019, GVBl S. 514, für den Erlass der auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gestützten Entlassungsverfügung zuständig.
149
Die Klägerin wurde im Verwaltungsverfahren zu dem der Entlassung zu Grunde liegenden Sachverhalt ordnungsgemäß angehört (Art. 28 BayVwVfG, vgl. BVerwG, U.v. 29.5.1990 - 2 C 35.88, ZBR 1990, 348; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Erl. 166 ff. zu § 23 BeamtStG).
150
Der Personalrat wurde antragsgemäß gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 76 Abs. 1 Satz 3 BayPVG beteiligt.
151
Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterblieb auf Wunsch der Klägerin.
152
Die Entlassungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig, wobei für die Beurteilung auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (BVerwG, U.v. 28.11.1980 - 2 C 24.78 - ZBR 1981. 251).
153
Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben.
154
Die Begriffe „Bewährung“ und „mangelnde Bewährung“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Bewährung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung kann nicht nach allgemeinen, hergebrachten, für das Berufsbeamtentum schlechthin geltenden Wertmaßstäben beurteilt werden. Die Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung hängt sowohl von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebietes (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.1960 - II C 79.59 - BVerwGE 11, 139) als auch von der Beurteilung der Persönlichkeit ab. Dabei ist nicht nur auf die Eignung für ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn, sondern auf die vorgesehene Laufbahn als Ganzes abzustellen (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Erl. 135 zu § 23 BeamtStG m.w.N.).
155
Die mangelnde Bewährung kann gleichzeitig auf mehreren unterschiedlichen Aspekten beruhen, zum Beispiel auf einer fehlenden fachlichen und charakterlichen Eignung (BayVGH, B.v. 19.7.2010 - 3 CS 10.887 -).
156
Der Feststellung der Bewährung eines Beamten während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens und sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird (BVerwG, U.v. 7.5.2019 - 2 A 15/17 - juris; Weiss/Niedermaier/Summer/ Zängl, a.a.O., Erl. 136 zu § 23 BeamtStG m.w.N.).
157
Den auf die Person des Beamten bezogenen Entlassungsgründen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BeamtStG liegt nämlich der Gedanke zu Grunde, dass nur ein in jeder Hinsicht geeigneter Beamter (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG) in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden soll (§ 10 BeamtStG; vgl. BVerwG, U.v. 28.11.1980 - 2 C 24/78 - BVerwGE 61, 200).
158
Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, nämlich um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. Letztlich kann nur die Dienstbehörde sachverständig und zuverlässig beurteilen, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob ein Beamter diesen Anforderungen gewachsen ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - BVerwGE 106, 263; U.v. 7.5.2019 - 2 A 15/17 - juris).
159
Der teils wertende, teils prognostische Charakter der Feststellung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, lässt eine uneingeschränkte verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht zu. Diese spezifischen Einschätzungen sind ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und können durch die Verwaltungsgerichte - ggf. auch unter Inanspruchnahme von Sachverständigen - nicht ersetzt werden. Soweit es um spezifische Werturteile und Prognosen geht, ist nur der Dienstherr in der Lage, den Gleichbehandlungsanspruch im Hinblick auf den Zugang zu den von ihm eingerichteten öffentlichen Ämtern zu wahren und durchzusetzen. Nur er ist befugt, das Anforderungsprofil dieser Ämter festzulegen und im wertenden Vergleich festzustellen, ob der Beamte den gestellten Anforderungen gerecht wird (BVerwG, U.v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - a.a.O.)
160
Die Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung des Beamten durch den Dienstherrn ist gerichtlich deshalb nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzliche Grenze des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Tatbestand zu Grunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt wurden (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.2019 - 2 A 15/17 - juris; BayVGH, B.v. 16.5.2002 - 3 CS 02.629 -).
161
Bei dem Begriff der Bewährung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG handelt es sich um einen komplexen Rechtsbegriff, der den Behörden hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Einschätzungsprärogative überlässt, die von den Verwaltungsgerichten zu respektieren ist (BVerwG, U.v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - a.a.O.).
162
Hiervon ausgehend ist die Entlassungsverfügung vom 14. August 2019 nicht zu beanstanden.
163
Der Beklagte hat den gesetzlichen Begriff der Bewährung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG und die Grenzen der Beurteilungsermächtigung nicht verkannt, als er die Entlassungsverfügung darauf gestützt hat, dass die Klägerin sich nicht bewährt und damit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht als geeignet erwiesen hat.
164
Der Beklagte ist bei seiner Bewertung auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus einer zu frühen Erstellung der Einschätzung während der Probezeit bzw. der beiden Probezeitbeurteilungen.
165
Nach Art. 55 Abs. 1 Nr. 1 LlbG ist eine Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nach der Hälfte der regelmäßigen Probezeit vorzunehmen.
166
Gemäß Art. 55 Abs. 3 Satz 1 LlBG erfolgt die Probezeitbeurteilung bis zum Ablauf der Probezeit.
167
Ziffer 3.2.2 der Beurteilungsbekanntmachung StMI vom 3. August 2011 (gültig bis 30.9.2017) bzw. vom 8. September 2017 (gültig ab 1.10.2017) bestimmt hierzu, dass das Beurteilungsverfahren im Regelfall so abzuwickeln ist, dass die Einschätzung ein Jahr nach Beginn der Probezeit vorliegt. Die Einschätzung beinhalte also einen gewissen Zeitraum der Prognose (Zeitpunkt der Erstellung der Einschätzung bis zum Ende des zweiten Jahres der Probezeit).
168
Vorliegend wurde die nicht datierte Einschätzung während der Probezeit, die ursprünglich vom 10. Oktober 2016 bis 9. Oktober 2018 dauerte, bereits im Juli 2017 erstellt. Der damalige Vorgesetzte der Klägerin, Herr RD …, erhob unter dem 25. Juli 2017 keine Einwendungen.
169
Die erste Probezeitbeurteilung datiert vom 27. August 2018. Der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin erhob unter dem 5. September 2018 erneut keine Einwendungen.
170
Die vorzeitige Erstellung der Einschätzung während der Probezeit sowie der Probezeitbeurteilung vom 27. August 2018 führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung.
171
Soweit es die Erstellung der Einschätzung während der Probezeit betrifft, hat die informatorische Anhörung des damaligen Vorgesetzten der Klägerin, Herrn Ltd. RD … ergeben, dass erstmals Zweifel an der Eignung der Klägerin für den Einsatz im Bereich der … anlässlich eines Vorfalls im November 2017, also erst im zweiten Jahr der Probezeit aufgetreten waren. Die verfrühte Erstellung der Einschätzung während der Probezeit konnte sich somit nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken, da die Klägerin auch bei einer Einschätzung, die den Zeitraum bis einschließlich 9. Oktober 2017 erfasst hätte, positiv beurteilt worden wäre.
172
Soweit es die Probezeitbeurteilung vom 27. August 2018 betrifft, in welcher die Klägerin als noch nicht geeignet für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit angesehen wurde, wurde diese sechs Wochen vor dem regulären Ende der Probezeit erstellt.
173
Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
174
Bereits der Formulierung des Art. 55 Abs. 2 Satz 1 LlbG ist zu entnehmen, dass die Probezeitbeurteilung bis zum Ablauf der Probezeit erfolgt. Ziffer 3.3.2 der Beurteilungsbekanntmachung StMI bestimmt hierzu, dass das Beurteilungsverfahren im Regelfall so abzuwickeln ist, dass die Probezeitbeurteilung zum Ende der regulären oder verkürzten Probezeit vorliegt.
175
Hierbei ist zwar zu berücksichtigen, dass der Beurteilungszeitraum, in welchem sich der Probebeamte zu bewähren hat, weitgehend auszuschöpfen ist. Vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung der Probezeit ist der noch zulässige Zeitabstand zwischen der Erstellung der dienstlichen Beurteilung und dem Ende eines Beurteilungszeitraum deshalb in Wochen und nicht in Monaten zu messen. Andere, großzügigere Maßstäbe gelten nur dann, wenn bereits vorher ein eindeutiges - positives oder negatives - Bewährungsurteil getroffen werden kann, dessen Änderung bei einem längeren, den Beurteilungszeitraum weiter ausschöpfenden Betrachtungszeitraum ausgeschlossen ist (BVerwG, U.v. 7.5.2019 - 2 A 15/17 - juris).
176
Diese Vorgaben wurden vorliegend beachtet, da zwischen dem Zeitpunkt der Erstellung der Probezeitbeurteilung und dem Ende der regulären Probezeit ein Zeitraum von (nur) sechs Wochen lag. Zudem lag es auch im Interesse der Klägerin, diese frühzeitig auf die noch nicht bestehende Eignung für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hinzuweisen (vgl. Ziffer 3.1.1 der Beurteilungsbekanntmachung StMI).
177
Unabhängig hiervon führen Verfahrensfehler bei der Erstellung einer Probezeitbeurteilung bzw. der Einschätzung während der Probezeit nicht zur Fehlerhaftigkeit einer auf die Feststellung der Nichtbewährung gestützten Entlassungsverfügung. Maßgebend für die Entlassungsverfügung ist nämlich allein das objektive (materiell-rechtliche) Fehlen hinreichender Bewährung (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.1989 - 2 B 153/89 - juris; Eck/Hoffmeyer/Hüllmantel/Luber/Weißgerber, Leistungslaufbahngesetz, 2011, Rn. 27 zu Art. 12).
178
Ebenso führt die Tatsache, dass die Klägerin während der regulären Probezeit lediglich beim Sachgebiet … der Regierung … (* …*) eingesetzt worden ist, nicht zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung.
179
Der Zweck des Probebeamtenverhältnisses gebietet es, die Eignung des Beamten auf Probe für sämtliche in dem entsprechenden Amt eines Beamten auf Lebenszeit anfallenden Tätigkeiten unter im Wesentlichen für die Beamten dieser Laufbahn gleichen Bedingungen feststellen zu können. Der Dienstherr hat deshalb sicherzustellen, dass Einschränkungen oder besondere Erschwerungen in der Erprobung unterbleiben (BVerwG, U.v. 19.3.1998 - 2 C 5/97 - juris Rn. 29).
180
Der Einsatz der Klägerin beim … stellt unter Berücksichtigung, dass die Probezeit nachfolgend verlängert worden ist, keine derartige besondere Erschwerung dar.
181
Auf gerichtliche Anfrage hat der Beklagte mitgeteilt, derzeit seien im … zwölf Beamtinnen und Beamte des nichttechnischen Dienstes in der dritten Qualifikationsebene, eine Beamtin des nichttechnischen Dienstes in der zweiten Qualifikationsebene und drei Beamtinnen bzw. Beamte des nichttechnischen Dienstes in der vierten Qualifikationsebene beschäftigt. Insgesamt gehörten lediglich fünf Mitarbeiter des … nicht zum Verwaltungspersonal. Auch im Sachgebiet … würden - trotz der Bezeichnung als … - im wesentlichen Verwaltungstätigkeiten ausgeführt. Von den zwölf Beamtinnen bzw. Beamten der dritten Qualifikationsebene befänden sich derzeit zwei Beamte noch in der Probezeit.
182
In der mündlichen Verhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass es - abgesehen von der Klägerin - beim Einsatz von Probebeamtinnen und Probebeamten der Laufbahn der Klägerin im … bisher keine Probleme gegeben habe.
183
Der Einsatz der Klägerin als Probebeamtin beim … stellt somit keine gleichheitswidrige Erschwernis zu Lasten der Klägerin dar.
184
Zwar wurde die Klägerin während der regulären Probezeit nur im Sachgebiet … der Regierung … (* …*) eingesetzt. Art. 12 Abs. 1 Satz 4 LlbG bestimmt insoweit, dass während der Probezeit der Einsatz auf verschiedenen Dienstposten erfolgen soll, soweit keine dienstlichen Gründe entgegenstehen.
185
Diesen Vorgaben wurde jedoch letztlich ausreichend Rechnung getragen, da die Klägerin jedenfalls während der (verlängerten) Probezeit auf einem anderen Dienstposten, nämlich im Sachgebiet … der Regierung … (…), einem Sachgebiet mit „klassischen Verwaltungsaufgaben“ eingesetzt worden ist.
186
Hierzu wurde die Probezeit bis zum 9. Oktober 2019 verlängert.
187
Wie bereits ausgeführt ist einem Beamten auf Probe nach dem Sinn und Zweck der laufbahnrechtlichen Probezeit grundsätzlich während der gesamten - regelmäßigen oder auch verlängerten - Probezeit die Möglichkeit zu geben, seine Eignung nachzuweisen. Auch bei einer Verlängerung dürfen die bisherigen Leistungen nicht außer Acht gelassen werden, allerdings ist den während der Verlängerung der Probezeit gezeigten Leistungen ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (BVerwG, U.v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - juris Rn. 20).
188
Der Dienstherr muss den Ablauf der (verlängerten) Probezeit jedoch dann nicht abwarten, wenn bereits zu einem früheren Zeitpunkt unumstößlich feststeht, dass sich der Beamte nicht bewährt hat. Hier gebietet es auch der Grundsatz der Fürsorgepflicht, den Betroffenen nicht länger als erforderlich über sein weiteres berufliches Schicksal im Unklaren zu lassen, um diesen frühzeitig eine berufliche Neuorientierung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - juris Rn. 22).
189
Hiervon ausgehend ist die streitgegenständliche Entlassungsverfügung - unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungskompetenz der Kammer - auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
190
Wie bereits ausgeführt, genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen.
191
Der Beklagte hat das Vorliegen begründeter Zweifel, dass die Klägerin den an sie zu stellenden Anforderungen ihrer Fachlaufbahn bei einer Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit persönlich und fachlich gewachsen sein wird, auf der Grundlage der Probezeitbeurteilung vom 9. Juli 2019 in der Entlassungsverfügung ausreichend substantiiert dargelegt.
192
Hierzu wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in der Entlassungsverfügung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
193
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich berechtigte Zweifel bereits im zweiten Jahr der Probezeit während des Einsatzes der Klägerin beim Sachgebiet … ergaben. Diese fertigte zu einem Vorfall anlässlich einer Gepäckkontrolle am 15. Juli 2018 in der Zeit vom 16. Juli 2018 bis zum 22. Juli 2018 einen Aktenvermerk mit der Überschrift „Die wunderbare und wundersame Koffervermehrung - (k) eine Geschichte aus tausendundeiner Nacht“. Im weiteren Verlauf bediente sich die Klägerin erneut unsachlicher Formulierungen, die in dienstlichen Dokumenten keine Verwendung finden können („auf meinen ungläubigen (Schlafzimmer) Blick mit riesigen Glubschaugen und bestimmt weit offen stehenden Mund“; „begab mich auf den Heimweg, kurz nachdem Frankreich in der 65. Minute den vierten Treffer erzielt hatte“).
194
Der Aktenvermerk, der mit großem Zeitaufwand gefertigt wurde und sich zu den zeitlichen Abfolgen in teils unnötigen Details verliert (z.B.: 19:22:55: Putzfrau leert Mülleimer aus), zeigt, dass die Klägerin noch 21 Monate nach der Übernahme in das Probebeamtenverhältnis nicht in der Lage war, einen sachlichen, für die Praxis verwendbaren Aktenvermerk zu fertigen.
195
Der Klägerin fehlte zudem die für eine Beamtin ihrer Laufbahn bei einem Einsatz im … erforderliche Entscheidungsfreude und Verantwortungsbereitschaft. Dies wurde seitens des damaligen Vorgesetzten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert.
196
Da die Eignung der Klägerin für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis noch nicht festgestellt werden konnte, wurde die Probezeit verlängert und die Klägerin ab dem 20. August 2018 im Sachgebiet … der Regierung … (…), und damit in einem Sachgebiet mit „klassischer Verwaltungstätigkeit“ eingesetzt. Der Personalrat wurde vor der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayPVG beteiligt.
197
Auch in der neuen Tätigkeit konnte sich die Klägerin trotz wiederholter Hinweise auf bestehende Mängel, die zuletzt in einem Gespräch am 5. Juni 2019 erfolgt sind, jedoch nicht bewähren. Wie der Beklagte in der zweiten Probezeitbeurteilung vom 9. Juli 2019 ausgeführt hat, erfordert das Aufgabengebiet der Zentralen Ausländerbehörde eine strukturierte und gut organisierte Arbeitsweise. In eigenverantwortlicher Zuständigkeit muss über den Verbleib von Asylbewerbern im Bundesgebiet entschieden werden. Diese Entscheidungen sind sicher und überzeugend nach außen zu vertreten.
198
Diese Anforderungen hat die Klägerin nicht erfüllt, obwohl eine deutlich intensivere und längere Einarbeitung als bei anderen Kollegen erfolgt war. Die Klägerin war nicht in der Lage, Aufgaben zu priorisieren und ihre Tätigkeit an Terminen und Fristen auszurichten. Die erforderliche Entscheidungsfreude war nicht gegeben, ihr Verhalten gegenüber Dritten von Unsicherheit und fehlendem Durchsetzungsvermögen geprägt.
199
Auch waren die (schriftlichen) Arbeitsergebnisse nur zum Teil verwertbar.
200
Der Beklagte hat hierzu ein umfangreiches Aktenkonvulat übergeben, in welchem die einzelnen Mängel bei der Aufgabenerfüllung und die erforderlichen Korrekturen an verschiedenen von der Klägerin erstellten Bescheiden dargestellt worden sind.
201
Es handelt sich hierbei um Werturteile des Dienstherrn. Derartige Wertungen des Dienstherrn im Rahmen der ihm bei Bewährungsbeurteilungen eingeräumten Beurteilungsermächtigung können nicht durch Wertungen von Zeugen, Sachverständigen oder des Gerichts ersetzt werden (BVerwG, U.v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - juris Rn. 21). Insbesondere kommt es auch auf die abweichende Selbsteinschätzung der Klägerin nicht an.
202
Basierend auf den von dem Beklagten getroffenen Feststellungen ist der Beklagte ohne Rechtsfehler bereits vor Ablauf der regulären Probezeit zu der Einschätzung gelangt, dass sich die Klägerin - auch unter Berücksichtigung der längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zeitraum vom Dezember 2018 bis Ende Februar 2019 - endgültig nicht bewährt hat. Denn der Beklagte durfte im Rahmen der ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung davon ausgehen, dass sich zumindest ein Teil der festgestellten Mängel als persönlichkeitsbedingt auch in der verbliebenen Probezeit nicht mehr beheben lassen würden. Dies betrifft insbesondere die fehlende Entscheidungsfreude und das fehlende Durchsetzungsvermögen, die bereits in der regulären Probezeit festgestellt worden waren und auch in der verlängerten Probezeit unverändert fortbestanden.
203
Da der Beklagte somit ein eindeutiges, negatives Bewährungsurteil treffen konnte, dessen Änderung bei einem längeren, den Beurteilungszeitraum weiter ausschöpfenden Betrachtungszeitraum ausgeschlossen war, war der Beklagte berechtigt und (auch im Interesse der Klägerin) verpflichtet, bereits am 9. Juli 2019 die zweite Probezeitbeurteilung zu erstellen (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.2019 - 2 A 15/17 - juris) und die Klägerin unverzüglich vor Ablauf der verlängerten Probezeit zu entlassen.
204
Insoweit handelte es sich um keine Ermessensentscheidung. Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, dass der Beamte auf Probe hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht behebbare Mängel aufweist, so ist er verpflichtet, den Beamten zu entlassen (BVerwG, U.v. 24.11.1988 - 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nr. 7; B.v. 17.10.1989 - BVerwG 2 B 133.89 - Buchholz 237.0 § 41 Nr. 1). Mit dem Wort „kann“ trägt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtStG lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, die Probezeit zu verlängern, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte indessen zutreffend eine abschließende Feststellung zur Nichtbewährung der Klägerin getroffen.
205
Die Entlassung wurde entsprechend Art. 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BayBG zum 30. September 2019 verfügt und in der Entlassungsverfügung gemäß § 56 Abs. 3 BayBG der Grund und der Zeitpunkt der Entlassung angegeben.
206
Die Klage war somit abzuweisen.
207
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
208
Gründe, die Berufung nach § 124a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.