Inhalt

VGH München, Urteil v. 05.08.2020 – 1 N 18.1480
Titel:

Erfolgloser Normenkontrollantrag auf Aufhebung einer Teilaufhebung eines Bebauungsplanes

Normenketten:
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, § 35, § 214, § 215 Abs. 1 S. 1
VwGO § 47, § 101 Abs. 2, § 132 Abs. 2, § 133
Leitsätze:
1. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilnichtig zu erklären ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag lediglich dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufhebung eines Bebauungsplans, Rechtsschutzbedürfnis, Wochenendhausgebiet, Erforderlichkeit der Aufhebungssatzung, Keine Abwägungsmängel, Beteiligung, Teilnichtigkeit, getrennte Regelungsbereiche, bauliche Nutzung, Auslegung, Erforderlichkeit
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 21.05.2021 – 4 BN 58.20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 20648

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „zur Aufhebung des Bebauungsplans Dießen III b - Seeufer für den Bereich des Sondergebiets Wochenendhausgebiet sowie Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“, den der Antragsgegner am 17. Juli 2017 als Satzung beschlossen und am 1. August 2017 bekannt gemacht hat.
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In dem am 24. September 1973 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan zur Gestaltung des Seeufergeländes zwischen Tiefenbachmündung, Röthelmoos und Albanwiesen mit einer Gesamtfläche von 27 ha, der am 17. Mai 1974 mit der Genehmigung der Regierung von Oberbayern bekannt gemacht worden ist, wurde u.a. ein Sondergebiet „Wochenendhausgebiet“ sowie Parkflächen festgesetzt, die eine Marina für Segelschiffe versorgen sollten. Dieses Plangebiet, das von dem Aufhebungsbebauungsplan betroffen ist, befindet sich im Osten des Gemeindegebietes zwischen der Bahnlinie Mering-Weilheim und dem Ammersee. Es grenzt im Süden an den Festplatz der Gemeinde und nördlich an eine Parkanlage mit naturnahen Flächen an. Bei den Grundstücken in dem Sondergebiet „Wochenendhausgebiet“, für die Bauräume festgesetzt sind, handelt es sich um schmale, langgestreckte Grundstücke. Die Bauräume (insgesamt zehn) sind zur See straße hin festgesetzt; die (Bestands) Bebauung hält diese Bauräume allerdings mehrfach nicht ein. Ein Teil der Grundstücksflächen wird als eine von Bebauung freizuhaltende Fläche festgesetzt. Die Sondergebietsausweisung reicht nicht unmittelbar bis zum Ammersee. Der 1973 beschlossene Bebauungsplan sieht einen ca. 35 m breiten Streifen der Grundstücke entlang des Seeufers als Parkanlage vor; diese Festsetzung wurde bisher nicht umgesetzt. Drei Parzellen sind im Geltungsbereich des Wochenendhausgebietes (FlNr. 1474, 1476 und 1481) aktuell noch nicht mit Wochenendhäusern bebaut. Zum Ammersee hin verläuft die Grenze des Europäischen Vogelschutzgebietes (SPA) Ammerseegebiet sowie des Landschaftsschutzgebietes Ammersee-West. Der im ursprünglichen Bebauungsplan vorgesehene Parkplatz, der nicht verwirklicht wurde, liegt großteils im Landschaftsschutzgebiet. Mehrere langgestreckte Biotopflächen reichen vom weitgehend durchgehenden Schilfgürtel des Ammersees aus in das Wochenendhausgebiet und beinhalten auch das nördlich daran angrenzende Gehölz sowie Wiesenflächen. Es handelt sich überwiegend um Feuchtlebensräume. Weiter liegt der Großteil des Planungsgebiets im Überschwemmungsgebiet HQ 100.
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Der Aufhebungsbereich wird in der Aufhebungssatzung mit zwei Plänen dargestellt, einem schwarz-weißen Katasterplan und einem farbigen Plan, der einen Ausschnitt aus dem Bebauungsplan von 1973 wiedergibt. Im Aufstellungsverfahren war der räumliche Geltungsbereich in dem schwarz-weißen Plan entsprechend der textlichen Festsetzung (A 1.1) mit einer dicken schwarzen Linie markiert; in der farbigen Darstellung ist hierfür eine gestrichelte Linie eingezeichnet. Die nördliche Grenze der Aufhebungssatzung, die den Bereich „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ betrifft, wird dabei in den Plänen geringfügig unterschiedlich wiedergegeben. So zeichnet die gestrichelte Linie einen geringfügigen Versatz der nördlichen Begrenzungslinie und eine kleine Einbuchtung nicht nach. Dieser Unterschied besteht in der bekanntgemachten Fassung der Aufhebungssatzung nicht mehr.
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Anlass für die Bebauungsplanänderung waren neben der Änderung der Ausweisung der Flächen im Rahmen des Flächennutzungsplanverfahrens Bauanfragen für neue Wochenendhäuser. In der Begründung des Bebauungsplans wird ausgeführt, dass im Rahmen der Überarbeitung/Neuaufstellung des Flächennutzungsplans der gesamte Bereich als Grünfläche mit besonderer Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild sowie den Naturhaushalt ausgewiesen werden sollte. Die neuen planerischen Ziele ließen sich mit den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbaren. Insbesondere entspreche es nicht mehr den städtebaulichen Zielen, eine zusätzliche Bebauung, auch von Wochenendhäusern, zuzulassen. Die Aufhebung des Bebauungsplans sei auch insoweit gerechtfertigt, als er das zugrundeliegende städtebauliche Ziel, dass neue Bauräume nur bei Beseitigung vorhandenen Bestands ausgenutzt werden könnten, nicht habe erreichen können. Im Hinblick auf die bestandsgeschützten Wochenendhäuser sei allerdings darauf verzichtet worden, sämtliche Flächen als Grünflächen, ggf. sogar als öffentliche Flächen zur Verbesserung des Seezugangs auszuweisen. Die städtebaulichen Ziele ließen sich langfristig am ehesten durch die Aufhebung des derzeit rechtsverbindlichen Bebauungsplans erreichen.
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Der Antragsteller ist Miteigentümer des Grundstücks FlNr. 1483, das mit einem 1994 genehmigten Wochenendhaus bebaut ist. Er erhob im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB Einwendungen gegen die Aufhebung des Bebauungsplans und rügte mit Schreiben vom 7. Juli 2018 gegenüber der Gemeinde Abwägungsmängel.
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Am 16. Juli 2018 stellte er Normenkontrollantrag
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gegen den Bebauungsplan Dießen III b - Seeufer, Aufhebung für den Bereich des Wochenendhausgebiets See straße sowie die nördlich gelegenen Parkplatz- und Zufahrtsflächen, bekanntgemacht am 1. August 2018.
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Die Teilaufhebung des Bebauungsplans sei nicht erforderlich, da die städtebaulichen Ziele gerade nicht mit einer Aufhebung des Bebauungsplanes erreicht werden könnten. Der Antragsgegner gebe mit der Aufhebung des Bebauungsplans das Steuer aus der Hand. Dies gelte sowohl im Hinblick auf den Zweck, neue Bebauung zu verhindern, als auch im Hinblick auf die gewünschte Qualität der Grünfläche für das Wochenendhausgebiet. Theoretisch könnten sich im Gebiet neue privilegierte Nutzungen ansiedeln. Auch die Schaffung einer Grünfläche mit besonderer Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild werde nicht erreicht, wenn das Gebiet gleichsam sich selbst überlassen werde. Der Bebauungsplan sei außerdem abwägungsfehlerhaft im Sinn des § 1 Abs. 7 BauGB, da er mehrere Fehler im Abwägungsvorgang aufweise, die auch Auswirkungen auf das Abwägungsergebnis hätten. Der Antragsgegner habe in seine Abwägungsentscheidung nicht hinreichend eingestellt, dass es sich bei den vorhandenen Wochenendhäusern teilweise um Häuser aus den 70er- Jahren handle, bei denen eine (energetische) Sanierung früher oder später notwendig werde. Mit zunehmendem Verfall werde sich der Bereich aber nicht zu einer Grünfläche mit einer besonderen Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild entwickeln. Mit einer Bebauungsplanänderung auf Festschreibung des Bestands und Aufnahme einer Regelung nach § 9 Abs. 2 BauGB sowie Festsetzungen über die Grünflächen hätten die städtebaulichen Ziele, vor allem das Ziel der Erhaltung einer qualitativ hochwertigen Grünfläche, viel eher erreicht werden können; die Folgen für die Eigentümer wären hier wesentlich geringer gewesen. Die Rechtsposition der Eigentümer mit bestehenden Gebäuden sei falsch gewichtet worden. Entgegen den Darstellungen in den Verfahrensunterlagen seien Entschädigungsansprüche für einen Eingriff in die ausgeübte Nutzung nach § 42 Abs. 3 BauGB möglich. Die künftige Verwertungsmöglichkeit der Grundstücke sei nach Aufhebung des Bebauungsplans eingeschränkt, da dann nur noch eine Nutzung bzw. Verwertungsmöglichkeit im Rahmen des § 35 BauGB verbleibe. Allgemein fehle es in der Abwägungsentscheidung des Antragsgegners an einer konkreten Auseinandersetzung mit den tatsächlich betroffenen Belangen der Eigentümer.
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In der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 hat der Antragsteller zusätzlich eingewandt, dass der Aufhebungsbereich, der mit der farbigen Darstellung gekennzeichnet sei, im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB und beim Satzungsbeschluss nicht bzw. nicht eindeutig dem bekanntgemachten Bebauungsplan entspreche. Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2020 wurde zu der geltend gemachten Differenz weiter vorgetragen und auch zu dem Hinweis des Senats Stellung genommen, dass dem Antragsteller die Antragsbefugnis bzw. das Rechtsschutzinteresse fehlen könnte, die Unwirksamkeit der Aufhebungssatzung für den Bereich „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ geltend zu machen. Beiden Verfahrensschritten seien zeitgleich zwei unterschiedliche, hinsichtlich des nördlichen Planumgriffs deutlich voneinander abweichende Pläne zugrunde gelegen. Insoweit liege eine fehlerhafte gemeindliche Satzungsbeschlussfassung vor, auch die Auslegung sei fehlerhaft gewesen, weil die ausgelegten Entwürfe widersprüchlich gewesen seien und daher ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vorliege. Die Fehler führten zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans, ohne dass es auf die §§ 214, 215 BauGB ankomme. Der Bebauungsplan sei auch nicht teilbar. Eine Unbestimmtheit des Umgriffs könne grundsätzlich keine Teilunwirksamkeit auslösen. Die Antragsbefugnis könne hinsichtlich der vorgetragenen Diskrepanz nicht in Frage stehen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Bebauungsplan sei städtebaulich erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die ersatzlose Aufhebung eines Bebauungsplans könne grundsätzlich ein legitimes Planungsziel sein. Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens sei geprüft worden, ob für die Erreichung der städtebaulichen Ziele die Aufhebung des Bebauungsplans ausreiche oder ob die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans notwendig sei. Bei Aufhebung des Bebauungsplans entstehe ein Außenbereich im Sinn des § 35 BauGB. Diese planungsrechtliche Qualität der Grundstücke trage den städtebaulichen Zielen, den Bereich von weiterer Bebauung freizuhalten und die bestehenden Grünflächen zu sichern und langfristig gesehen zu erweitern, am besten Rechnung. Dass sich in dem Plangebiet privilegierte Nutzungen ansiedeln könnten, sei angesichts der Parzellierung der Grundstücke eher unwahrscheinlich. Das Gebiet bleibe nicht sich selbst überlassen, sondern solle künftig die Funktion erfüllen, die dem Außenbereich zugewiesen sei. Der Bebauungsplan sei auch nicht abwägungsfehlerhaft. Die betroffenen Eigentümerbelange seien im Verfahren ausführlich gewürdigt worden. Die im Plangebiet vorhandenen Wochenendhäuser seien bei der Abwägung berücksichtigt worden. Die zulässigerweise errichteten Wochenendhäuser würden auch nach der Aufhebung des Bebauungsplans Bestandsschutz genießen; damit seien Instandhaltungsmaßnahmen sowie notfalls auch Ersatzbauten (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) zulässig. Inwiefern Entschädigungsansprüche nach § 42 Abs. 3 Satz 1 BauGB entstehen könnten, erschließe sich nicht. Der Bebauungsplan greife nicht in die ausgeübte Nutzung ein. Langfristiges Ziel sei es, in dem Bebauungsplangebiet eine Grünfläche herzustellen. Dementsprechend sei der Bebauungsplan aufgehoben und nicht im Wege der Änderung des Bebauungsplans Bauräume ausgewiesen worden. Es sei davon abgesehen worden, für den gesamten Bereich (öffentliche) Grünflächen festzusetzen, um den Eigentümerbelangen ausreichend Rechnung zu tragen.
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Der Aufhebungsbebauungsplan sei trotz der (geringen) Diskrepanz der ausgelegten Pläne hinreichend bestimmt und damit wirksam. Bereits aus der Bezeichnung des Bebauungsplans gehe eindeutig hervor, dass sich der Aufhebungsbebauungsplan nur auf den Bereich des ehemaligen Sondergebiets sowie die Zufahrt und den Parkplatz der geplanten Marina beziehen solle, nicht aber darüber hinaus Flächen einbezogen werden sollten. Weiter ergebe sich aus der Festsetzung in A 1.1 klar, dass die Grenze des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans mittels durchgehender breiter Linie festgesetzt werde. Der ursprüngliche Bebauungsplan mit der gestrichelten Linie sei beigefügt worden, um sich orientieren zu können, wie sich der Aufhebungsbereich im Kontext des ursprünglichen Bebauungsplans darstelle. Im Übrigen fehle dem Antragsteller die Antragsbefugnis bzw. das Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf die Aufhebung des Bebauungsplans in dem Bereich „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“.
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Der Senat hat am 18. Juni 2020 einen Augenschein durchgeführt. Auf das Protokoll und die gefertigten Bildaufnahmen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 wird Bezug genommen. Weiter wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie die Normaufstellungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über den Normenkontrollantrag konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Der Normenkontrollantrag ist nur hinsichtlich der Aufhebung des Bebauungsplans „Dießen III b - Seeufer“ für den Bereich des Wochenendhausgebiets zulässig. Für den darüber hinausgreifenden Bereich fehlt dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
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1.1. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Rechtswirkungen der Satzung in einem Recht verletzt wird. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das ein Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41; B.v. 20.9.2005 - 4 BN 46.05 - BauR 2006, 49). Bei der Aufhebung eines Bebauungsplans sind die Belange der Eigentümer in die Abwägungsentscheidung einzustellen, deren Eigentumsrechte durch die Aufhebung betroffen sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.1990 - 4 B 143.90 - NVwZ-RR 1991, 524). Der aufgehobene Bebauungsplan sieht für das Grundstück des Antragstellers ein Baufenster für ein Wochenendhaus vor. Mit der Aufhebung des Bebauungsplans verliert das Grundstück diese Baurechtsqualität; die Zulässigkeit von Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen im Sinn von § 29 BauGB zum Inhalt haben, bestimmt sich dann unstreitig gemäß § 35 BauGB. Die Neuerrichtung eines Wochenendhauses, aber auch dessen wesentliche bauliche Veränderung (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2000 - 4 C 5.99 - NVwZ 2000, 1048; B.v. 27.7.1994 - 4 B 48.94 - BauR 1994, 738), beeinträchtigt als nicht privilegiertes Vorhaben regelmäßig öffentliche Belange. Der Antragsteller ist daher in abwägungsrelevanten Eigentumsbelangen betroffen.
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1.2. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilnichtig zu erklären ist. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag lediglich dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100; B.v. 20.9.2007 - 4 BN 20.07 - juris Rn. 11; B.v. 18.7.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225; BayVGH, B.v. 16.7.2018 - 1 N 14.1510 - juris Rn. 17; U.v. 16.6.2006 - 1 N 03.2347 - BayVBl 2007, 371).
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Die Aufhebungsbereiche „Wochenendhausgebiet“ und „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ sind räumlich klar voneinander getrennte Regelungsbereiche, die auch sachlich nicht miteinander zusammenhängen. Die Trennbarkeit der Teilbereiche ist offensichtlich und war auch für den Antragsteller erkennbar. So macht und machte der Antragsteller keine Einwendungen bezüglich der Aufhebung des Bereichs „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ geltend. Vielmehr beziehen sich die Einwendungen im Aufstellungsverfahren, die Abwägungsrüge sowie die im Normenkontrollverfahren geäußerten rechtlichen Bedenken gegen die Aufhebung der im ursprünglichen Bebauungsplan vorgesehenen Bereiche ausschließlich auf den Bereich des Sondergebiets. Bereits aus der Bezeichnung der Aufhebungssatzung für den Aufhebungsbereich ergibt sich, dass hier zwei unterschiedliche Regelungsbereiche betroffen sind. Ihre klare räumliche Trennung ergibt sich aus den Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans, die mit dem farbigen Aufhebungsplan dargestellt sind. Die Regelungsbereiche haben auch keinen funktionalen Zusammenhang, es werden damit jeweils unterschiedliche städtebauliche Zielsetzungen verfolgt. Dass die beiden Bereiche unabhängig voneinander bestehen können, zeigt auch die tatsächliche Entwicklung. Während in dem festgesetzten Sondergebiet Wochenendhäuser entstanden sind, wurde der Bereich „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ nicht verwirklicht. Aus den Planerwägungen, die sich ganz überwiegend auf die Aufhebung des Sondergebiets „Wochenendhausgebiet“ beziehen, ergibt sich weiter, dass der Antragsgegner auch einen Aufhebungsplan nur bezogen auf das Wochenendhausgebiet beschlossen hätte. Soweit geltend gemacht wird, dass die im Aufstellungsverfahren bestehende Unbestimmtheit des Umgriffs des Gesamtbebauungsplans grundsätzlich keine Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans auslösen könne, trifft dies nicht zu. Ist der Grenzverlauf an einzelnen Stellen nicht eindeutig bestimmt, so ist der Bebauungsplan für den Bereich nichtig, für den fraglich ist, ob er vom räumlichen Geltungsbereich noch erfasst wird oder nicht. Lässt sich dieser Teil rein tatsächlich abtrennen und ist der Plan auch rechtlich in dem Sinn teilbar, dass er ohne den mit dem Rechtsmangel behafteten Teil eine selbständige und rechtmäßige Planung zum Inhalt hat, so kommt eine bloße Teilnichtigkeit in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 4.1.1994 - 4 NB 30.93 - NVwZ 1994, 684). Es kann daher offenbleiben, ob die (geringfügig) unterschiedliche Darstellung der nördlichen Grenze des Aufhebungsbereichs in den Plänen im Aufstellungsverfahren, die ausschließlich den jedenfalls offensichtlich abtrennbaren Bereich „Zufahrt und Parkplatz der geplanten Marina“ betrifft, zur Widersprüchlichkeit und damit Unbestimmtheit des räumlichen Geltungsbereichs dieses Bereichs führt oder dieser Geltungsbereich durch Auslegung hinreichend deutlich ermittelt werden kann und in der Endfassung berichtigt werden konnte, wofür viel spricht (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.2014 - 4 CN 5.13 - NVwZ 2014, 1170; OVG SH, U.v. 26.5.2009 - 1 KN 22/08 - juris Rn. 32 ff.).
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2. Der Antrag ist nicht begründet. Dem Bebauungsplan fehlt weder die städtebauliche Erforderlichkeit (2.1) noch liegen die gerügten Abwägungsmängel vor bzw. sind diese zu berücksichtigen (2.2).
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2.1. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit gilt gemäß § 1 Abs. 8 BauGB auch für die Aufhebung von Bebauungsplänen. Mit der Aufhebung des Bebauungsplans hat die Gemeinde zugleich darüber zu entscheiden, welche Ordnung an Stelle des aufgehobenen Bebauungsplans treten soll. Sie muss Erwägungen darüber anstellen, ob ein neuer Bebauungsplan im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist oder ob es bei der mit dem Wegfall des Plans geltenden Ordnung (nach §§ 34 oder 35 BauGB) bleiben soll (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.1990 - 4 B 143.90 - NVwZ-RR 1991, 524; U.v. 21.11.1986 - 4 C 60.84 - BayVBl 1987, 311). Die Gemeinde darf auch planerische Selbstbeschränkung und Zurückhaltung üben. Sie darf sich je nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere darauf verlassen, dass die planersetzenden Vorschriften der §§ 34, 35 BauGB zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Teilbereichen ihres Gebiets ausreichen (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 - BVerwGE 119, 25). Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB sind Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Ferner dürfen der Verwirklichung der Planung keine dauerhaften Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen. Mit dem Gebot der Erforderlichkeit der Bauleitplanung wird eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung ist demgegenüber das Abwägungsgebot maßgeblich, das gemäß § 1 Abs. 7 BauGB darauf gerichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen und unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen zu vermeiden (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. B.v. 25.7.2017 - 4 BN 2.17 - juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137).
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Nach diesen Maßgaben liegt ein Verstoß gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit der Bauleitplanung nicht vor. Der Gemeinde ist es unbenommen, sich auch noch nach dem Erlass eines Bebauungsplans für eine von ihm abweichende städtebauliche Entwicklung zu entscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 46.91 - BVerwGE 92, 8). Wie sich aus der Normaufstellungsakte und der Begründung des Bebauungsplans ergibt, hat der Antragsgegner im Einzelnen dargelegt, weshalb der Teilbereich des Ursprungsbauungsplans Sondergebiet „Wochenendhausgebiet“ nicht mehr den heutigen städtebaulichen Zielsetzungen entspricht. Er sieht die Grünflächenausweisung im Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan (Bekanntmachung des Flächennutzungsplans am 9.4.2018) als langfristiges Ziel für den Teilbereich und will in erster Linie keine zusätzliche bauliche Nutzung mehr zulassen und den Bestandsschutz vorhandener baulicher Anlagen nur im Rahmen des nach Aufhebung des Bebauungsplans maßgeblichen § 35 BauGB gewähren. Diese Ziele sind auch mit der Aufhebung der ursprünglichen Planung und Anwendung des § 35 BauGB für diesen Bereich realisierbar. Dass sich neue privilegierte Nutzungen z.B. nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ansiedeln könnten, wird vom Antragsteller selbst nur als theoretische Möglichkeit genannt. Das Entstehen einer privilegierten Nutzung auf den Grundstücksflächen bzw. Grundstücksteilflächen im Plangebiet ist angesichts des Zuschnitts der Grundstücke, ihrer Lage in der Nähe des Seeufers und im Überschwemmungsgebiet wenig realistisch. Auch einem privilegierten Vorhaben können öffentliche Belange entgegenstehen; insbesondere die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes können hier ein besonderes Gewicht haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.1996 - 4 B 210.96 - BauR 1997, 444; B.v. 9.10.1992 - 4 B 189.92 - juris Rn. 6; U.v. 19.6.1991 - 4 C 11.89 - BauR 1991, 579). Der Antragsgegner ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der Aufhebung des Bebauungsplans und der planungsrechtlichen Beurteilung nach § 35 BauGB eine Wochenendhausbebauung mit Nebenanlagen, Versiegelung und gärtnerische Nutzung der Grundstücke, die über den bisherigen Zustand hinausgeht, nicht mehr zulässig ist und damit dem Ziel des Bebauungsplans, eine standortgerechte Durchgrünung zu sichern, näherkommt als der bisherige Planungsstand. Es ist nicht Planungsziel des Antragsgegners, stärker gepflegte Grünflächen zu erhalten, sondern die ursprüngliche Vegetation, insbesondere den standortgerechten Baumbestand zu erhalten (vgl. den Umweltbericht). Wie der Senat bei der Ortsbesichtigung feststellen konnte, ist hinsichtlich des vorhandenen Bewuchses regelmäßig ein deutlicher Unterschied zwischen den bebauten und unbebauten Grundstücken bzw. Grundstücksbereichen sichtbar. Auf dem Grundstück des Antragstellers besteht auch der unbebaute Bereich hauptsächlich aus einer gemähten Wiesenfläche. Hingegen weisen insbesondere die unbebauten Grundstücke im Plangebiet FlNr. 1476 und 1474 noch die ursprüngliche Vegetation auf. Die Gemeinde betreibt bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und dem Bebauungsplan im Hinblick hierauf Förderpotential zukommt; auf eine vollständige Verwirklichung des Planungsziels kommt es nicht an. Es kann im Hinblick auf das Gewicht bestimmter abwägungsrelevanter Interessen sogar geboten sein, die planerischen Zielsetzungen nur mit Abstrichen zu verfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16). Der Antragsgegner hat hier im Hinblick auf die bestandsgeschützte Bebauung davon abgesehen, sämtliche Grundstücksflächen in einem Bebauungsplan als (öffentliche) Grünflächen auszuweisen. Bei der Aufhebung der Sondergebietsausweisung handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen „Etikettenschwindel“. Die entstehenden Außenbereichsflächen sind von dem Antragsgegner ausdrücklich gewollt, sie stellen kein bloßes „Etikett“ dar, mit dem die wahren Planungsabsichten verdeckt werden sollten. Es spricht auch nicht gegen die Erforderlichkeit einer Bauleitplanung, wenn die Gemeinde ihr Ziel auch mit einer anderen Planung erreichen könnte. Mit der Aufnahme einer Regelung nach § 9 Abs. 2 BauGB hätte aber das Ziel, keine weitere Bebauung zu erhalten, nicht erreicht werden können. Das betrifft nicht nur die drei, im Plangebiet noch nicht bebauten und bebaubaren Grundstücke, sondern auch die dann gegebene Möglichkeit, immer wieder neue Gebäude anstelle der alten Gebäude zu errichten. Im Gegensatz hierzu ist der Bestandsschutz in § 35 Abs. 4 BauGB stärker eingeschränkt, was auch von dem Antragsteller gerügt wird. Soweit eine Bauleitplanung eine bislang vorhandene Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränkt, ist dies keine Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung als ganzer. Vielmehr hat die Gemeinde eine Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten als einen zu beachtenden Belang privater Eigentümerinteressen in gebotener Abwägung der öffentlichen und privaten Belange zu beachten (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1996 - 4 NB 1.96 - ZfBR 1996, 223).
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2.2. Gemäß § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 - 4 B 71.17 - ZfBR 2018, 601). Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573; B.v. 10.11.1998 - 4 BN 44.98 - NVwZ-RR 1999, 432; U.v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301). Der Satzungsgeber muss ebenso wie der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727). Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige, städtebauliche Allgemeinbelange für sie bestehen. Diese müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Befugnisse des Eigentümers eingeschränkt werden oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausgeschlossen werden, denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Auch Gesichtspunkte des Bestandsschutzes nach Maßgabe des § 35 Abs. 4 BauGB sind als abwägungserheblich zu berücksichtigen. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2017 - 4 BN 25.16 - ZfBR 2017, 589; B.v. 5.10.2015 - 4 BN 31.15 - ZfBR 2016, 157; B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573).
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Nach diesen Maßgaben liegen weder ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit noch Abwägungsmängel vor.
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Der Antragsgegner hat die planungsrechtliche Situation der Grundstücke nach Aufhebung des Bebauungsplans zutreffend als eine Bebauung im Außenbereich bewertet, die weder einen Bebauungszusammenhang begründet noch Teil eines Ortsteils darstellt. Einen Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Kleinere Wochenendhäuser sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275; B.v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277). Dies gilt auch für die vorliegenden erdgeschossigen Bauten in Holzbauweise; ein größeres, gemauertes und mit Holz verkleidetes Wochenendhaus besteht nur auf Grundstück FlNr. 1482. Der Antragsgegner hat ermittelt, inwieweit die Grundstücke bebaut sind und hierfür Genehmigungen vorliegen. Er hat zutreffend berücksichtigt, dass die Gebäude, soweit sie genehmigt sind, bestandsgeschützt sind. Dabei hat der Antragsgegner nicht verkannt, dass damit regelmäßig nur Instandhaltungsarbeiten zulässig sind (zu bestandserhaltenden Maßnahmen vgl. auch die Abwägungsgesichtspunkte hinsichtlich der Einwendungen der Eigentümer der Grundstücke FlNr. 1484 und 1485) und keine wesentliche bauliche Änderung wie z.B. eine energetische Sanierung mit Veränderung der Außenwände oder der Dachkonstruktion möglich ist. Soweit geltend gemacht wird, dass die Wochenendhäuser damit zunehmend verfallen werden, widerspricht der Antragsteller zum einen seiner eigenen Einschätzung in dem Schreiben vom 23. Februar 2017, dass „keines der vorhandenen Wochenendhäuser verschwinden wird“, zum anderen sind bei einem „verfallenen Gebäude“ bauaufsichtliche Anordnungen angezeigt. Soweit nach einer etwaigen Aufgabe der Nutzung des Grundstücks zu Freizeitzwecken das Grundstück durch Pflanzenwachstum völlig bewuchert werden sollte, ist dies gerade die langfristige Entwicklung, die der Antragsgegner anstrebt. Das im Flächennutzungsplan ausgewiesene Ziel einer Grünfläche mit Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild sowie für den Naturhaushalt bedeutet nicht, dass eine gärtnerisch gepflegte Grünfläche angestrebt wird, sondern eine Fläche mit Bedeutung für das Landschaftserleben.
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Soweit der Antragsteller geltend macht, dass seine Eigentumsbelange nicht mit dem notwendigen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden seien, da Entschädigungsansprüche nach § 42 Abs. 3 BauGB nicht berücksichtigt worden seien, ist diese Rüge bereits gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, da sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden ist. § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB verlangt Substantiierung und Konkretisierung. Der Gemeinde soll durch die Darlegung die Prüfung ermöglicht werden, ob Anlass besteht, in eine Fehlerbehebung einzutreten. Darüber hinaus wird durch die schriftliche Darlegung der Kreis der präkludierten Rügen bestimmt (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2019 - 4 BN 13.19 - BayVBl 2020, 246; B.v. 19.1.2012 - 4 BN 35.11 - BauR 2013, 55). Werden Mängel im Abwägungsvorgang gerügt (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB) müssen die Belange, in deren Behandlung im Bebauungsplan ein Abwägungsfehler gesehen wird, mit ihrem Tatsachengehalt konkret und substantiiert dargelegt werden. Dem allgemeinen Vortrag in dem Schreiben vom 7. Juli 2018 an die Gemeinde, dass mit der Aufhebung des Bebauungsplans die Grundstücke massiv entwertet würden, kann nicht die Rüge entnommen werden, dass die Gemeinde die Tatsache und den möglichen Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen nach §§ 39 ff. BauGB nicht in die Abwägung eingestellt habe (zu dem Abwägungsbelang vgl. BVerwG, B.v. 5.10.2015 - 4 BN 31.15 - ZfBR 2016, 157; B.v. 15.5.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573). Auf den Abwägungsgesichtspunkt der Gemeinde, dass durch die Aufhebung des Bebauungsplans keine Entschädigungsansprüche der Gemeinde entstehen, wird mit dem Schreiben vom 7. Juli 2018 nicht Bezug genommen. Die Tatsache, dass mit der Aufhebung des Bebauungsplans die Befugnisse der Eigentümer erheblich beschränkt werden, war der Gemeinde bewusst und wurde von ihr in der Abwägung berücksichtigt. Soweit geltend gemacht wird, dass zu berücksichtigen sei, dass die Rüge von einem nicht anwaltlich vertretenen Eigentümer vorgetragen worden sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zudem war der Bevollmächtigte des Antragstellers ausweislich der vorgelegten Vollmacht bereits seit dem 8. Juli 2018 mandatiert und hätte die Abwägungsrüge des Antragstellers vom 7. Juli 2018 innerhalb der noch verbleibenden Wochen in der Jahresfrist ergänzen können. Das Abwägungsergebnis wurde durch eine fehlerhafte Nichtberücksichtigung des Belangs nicht berührt (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12). Im Übrigen wird mit der Aufhebung des Bebauungsplans nicht in die ausgeübte Nutzung eingegriffen, die ausgeübte Wochenendnutzung wird weder unmöglich gemacht noch wesentlich erschwert (§ 42 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Soweit eine Erschwernis der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben muss, geltend gemacht wird, wird diese nur behauptet, aber nicht substantiiert ausgeführt. Eine solche Erschwernis ist auch nicht ersichtlich.
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Der Antragsgegner hat auch die jeweiligen Eigentümerinteressen mit dem erforderlichen Gewicht in seine Abwägungsentscheidung eingestellt. Er hat dabei sowohl die Interessen der Eigentümer gesehen, die ihr Grundstück mit einem Wochenendhaus bebaut haben, als auch die Interessen derjenigen, die das mit dem Bebauungsplan eingeräumte Baurecht für ein Wochenendhaus bisher nicht ausgenutzt haben. Soweit vorgetragen wird, dass die Abwägungsentscheidungen des Antragsgegners nahelegten, dass den Belangen wegen des (vermeintlichen oder tatsächlichen) Ausschlusses für Entschädigungen für ausgeübtes Baurecht nach § 42 Abs. 1 BauGB ein deutlich zu geringes Gewicht zugemessen worden sei, ist dies nicht erkennbar. Der Antragsgegner hat sich vielmehr mit den Einwendungen der Grundstückseigentümer, die ihre Grundstücke bebaut haben, jeweils konkret auseinandergesetzt und die mit der Aufhebung des Bebauungsplans verbundenen Nachteile, die er richtig gesehen hat, als gewichtig eingestuft (vgl. die Niederschrift über die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 17.7.2017). Anderes ergibt sich auch nicht aus der Wertung der Stellungnahme des Antragstellers im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB. Bei der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB hat der Antragsteller keine Einwendungen mehr erhoben.
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Bei der Abwägungsentscheidung konnte der Antragsgegner seinen städtebaulichen Zielen den Vorrang vor den privaten Interessen des Antragstellers einräumen.
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Wie bereits dargelegt ist die Aufhebung des Bebauungsplans geeignet, die städtebaulichen Ziele des Antragsgegners zu fördern. Die städtebaulichen Belange sind auch hinreichend gewichtig, um den Eingriff in die Eigentumsrechte des Antragstellers zu rechtfertigen. Der Senat konnte sich bei dem Augenschein davon überzeugen, dass es sich bei dem Plangebiet Sondergebiet „Wochenendhausgebiet“, das in unmittelbarer Nähe des Seeufers liegt, um einen sensiblen, besonders schützenswerten Bereich handelt. Das Wochenendhausgebiet grenzt im Norden unmittelbar an das Landschaftsschutzgebiet an, das bis zum Seeufer als Erholungsfläche zur Verfügung steht. An der nördlichen Grenze befindet sich ein hoher Baumbestand, der sich auch in unterschiedlicher Dichte auf den einzelnen Grundstücken im Wochenendhausgebiet fortsetzt. Südlich des Wochenendhausgebietes besteht eine freie Fläche mit einzelnen Bäumen (Festplatz der Gemeinde), die wieder bis zum Seeufer reicht, das insgesamt einen weitgehend durchgehenden Schilfgürtel aufweist. Um den Baumbestand und die vorhandene Vegetation im Plangebiet zu sichern, bedarf es keiner Festsetzungen im Bebauungsplan, sondern hierfür ist die Lage der Grundstücke im Außenbereich und der Schutz durch die Naturschutzgesetze ausreichend. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass sich mit der Beibehaltung der ursprünglichen Planung nicht viel an der Durchgrünung ändern würde, verkennt er die Tatsache, dass bisher drei von zehn Grundstücken im Plangebiet noch unbebaut sind. Der Antragsgegner hat dies in seiner Abwägungsentscheidung auch berücksichtigt und dokumentiert. So wird hier ausgeführt, dass die Aufhebung des Bebauungsplans und eine Beurteilung nach § 35 BauGB im Rahmen der weiteren Entwicklung eher zu einem Erhalt der Grünstruktur beitrage als eine zusätzliche bauliche Nutzung, die stets weitere Versiegelungen (Stellplätze, Zufahrten, Nebenanlagen) mit sich bringe. Der Unterschied zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken war bei der Ortseinsicht besonders bei den im wesentlichen naturbelassenen Grundstücken FlNr. 1476 und 1474 im Plangebiet erkennbar. Mit seiner Planung verfolgt der Antragsgegner zudem hinsichtlich der Vegetation auch ein langfristiges Ziel, das die Möglichkeiten von Veränderungen bei einem Eigentümerwechsel einschließt. So hat der Antragsgegner im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens ermittelt, dass bei einzelnen Grundstücken bestandskräftige Beseitigungsanordnungen vorliegen.
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Der Antragsgegner hat auch Planalternativen erwogen. Zum einen hat er sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, den Bebauungsplan zu ändern (vgl. die Gemeinderatssitzung vom 4.8.2014 im nichtöffentlichen und öffentlichen Teil). Er hat sich für die Aufhebung des Teilbereichs des Bebauungsplans entschieden, da sich seine Ziele langfristig besser dadurch erreichen lassen als durch eine Änderung des Bebauungsplans, mit der ein Baurecht für Wochenendhäuser weiter festgeschrieben wird (vgl. dazu auch die Abwägung in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 17.7.2017). Dies ist im Hinblick auf das Ziel, eine weitere Bebauung nicht mehr zuzulassen, offensichtlich. Soweit vorgetragen wird, dass eine Pflege und Erhaltung der Grünfläche eher bei Beibehaltung der Festsetzungen im Bebauungsplan oder bei Erlass entsprechender grünordnerischer Festsetzungen gesichert sei, will der Antragsgegner nicht eine gärtnerisch gepflegte Grünfläche erhalten und erreichen, sondern die standortgerechte Vegetation. Zum anderen hat der Antragsgegner davon abgesehen, die Flächen als (öffentliche) Grünflächen im Bebauungsplan auszuweisen, um die Eigentümerbefugnisse nicht noch stärker zu beschränken. Er hat damit insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
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4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.