Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 05.03.2020 – B 9 K 18.1301
Titel:

Ersatz der Bestattungskosten

Normenketten:
BestV § 1, § 15 Abs. 2
BayBestG Art. 14 Abs. 2 S. 2, Art. 15
Leitsätze:
1. Bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht geht es vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Außergewöhnliche Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen könnten, können danach nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen angenommen werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Gesetzgeber kam es darauf an, den zuständigen Behörden eine schnelle und effiziente, möglichst wenig Verwaltungsaufwand erfordernde Vollziehung des Bestattungsgesetzes zu ermöglichen und es ihnen zu ersparen, sich in etwaige Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Erben bzw. sonstigen Hinterbliebenen einmischen zu müssen. Der Kostenerstattungsanspruch besteht deswegen unabhängig davon, wer zivilrechtlich die Bestattungskosten zu tragen hat. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ersatz der Bestattungskosten, Auswahl eines von mehreren Bestattungspflichtigen, Ersatzvornahme, Kostenerstattung, Heranziehung von Angehörigen, Geschwister, Solidargemeinschaft, familiäre Verbundenheit, außergewöhnliche Umstände (verneint), Auswahlermessen, Bestattungspflichtige
Fundstelle:
BeckRS 2020, 19923

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2018, mit dem er zur Bezahlung von Bestattungskosten für die Bestattung seiner am ... 2018 verstorbenen Schwester, Frau D., herangezogen wurde.
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Die am … 1970 geborene Frau D., geb. K., verstarb am ... 2018 im Klinikum … Nach Kenntniserlangung von diesem Sterbefall informierte die Beklagte mit Schreiben jeweils vom 17. Oktober 2018 die vier Geschwister der Verstorbenen, Frau K., Frau M. , Frau H. und den Kläger, über den Todesfall und wies sie auf die für sie bestehende Bestattungspflicht nach Art. 15 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes (BestG) i.V.m. § 15 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. f) Bestattungsverordnung (BestV) hin. Gemäß Art. 14 Abs. 1 BestG wurden die Geschwister aufgefordert, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen. Ebenso wurden sie darauf hingewiesen, dass im Fall der Ersatzvornahme durch die Beklagte 200 € Gebühren geltend gemacht würden. Die Aufforderung der Beklagten enthielt dabei den Hinweis, dass dieses Schreiben an alle Geschwister ging.
3
Frau K., Frau H. und der Kläger meldeten sich daraufhin telefonisch am 22. Oktober 2018 bei der Beklagten und erhielten von dieser die Telefonnummer des zuständigen Sozialamtes.
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Nach den Informationen der Beklagten arbeite Frau H.  (Bl. 3 der Behördenakte), Frau M. beziehe eine kleine Rente und Grundsicherung (Bl. 6 der Behördenakte), Frau K. bekomme keine Rente (Bl. 5 der Behördenakte), der Kläger besitze Immobilien (Bl. 4 der Behördenakte). Nach den handschriftlichen Ausführungen in der Behördenakte bekomme der Kläger die Rechnung, da er Arbeit und Immobilien habe. Eine Schwester des Klägers habe mitgeteilt, dass dieser über Immobilien verfüge, die er nicht selbst nutze.
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Nachdem seitens der Geschwister keine weitere Reaktion erfolgte (Bl. 16 der Behördenakte), erteilte die Beklagte am 21. November 2018 den Auftrag zur Bestattung von Frau D.. Hierfür stellte das beauftragte Bestattungsinstitut der Beklagten mit Abrechnung vom 22. November 2018 einen Betrag von 1.798,00 € in Rechnung (Bl. 17 f. der Behördenakte). Mit Bescheid vom 27. November 2018 verpflichtete die Beklagte den Kläger zur Bezahlung der Bestattungskosten für die Bestattung von Frau D. in Höhe von 1.798,00 € (Ziffer 1 des Bescheids) zuzüglich der Gebühren für die Ersatzvornahme in Höhe von 200,00 € (Ziffer 2 des Bescheids). Der Gesamtbetrag betrage damit 1.998,00 € (Ziffer 3 des Bescheids). Für den Bescheid wurden keine Kosten erhoben (Ziffer 4 des Bescheids). Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger als Bruder der Verstorbenen Frau … Dr* … gemäß Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 BestG, § 15 Satz 1 BestV i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b BestV bestattungspflichtiger Angehöriger sei. Da er seiner gesetzlichen Bestattungspflicht nicht nachgekommen sei, habe die Stadt … als Ordnungsbehörde zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG für die Bestattung sorgen müssen. Als bestattungspflichtiger Angehöriger habe der Kläger die durch die Ersatzvornahme entstandenen Bestattungskosten zu tragen. Hierbei sei es unerheblich, ob noch weitere bestattungspflichtige Angehörige vorhanden seien. Der Kläger sei mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 auf seine Bestattungspflicht sowie, bei deren Nichterfüllung, auf die Möglichkeit der Ersatzvornahme hingewiesen worden, habe eine Bestattung jedoch nicht veranlasst. Daraufhin sei die Einäscherung und Beisetzung der Urne angeordnet worden. Nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Kostengesetz (KG) könne die Stadt … für ihre Tätigkeit, die sie in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehme, Kosten vom Veranlasser der Amtshandlung erheben. Der Kläger habe durch sein Verhalten (Nichttätigwerden) die von der Stadt … vorgenommene Amtshandlung veranlasst. Somit könne die Stadt … die angefallenen Kosten in Form von Auslagen nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG dem Kläger auferlegen. Auch auf die Gebühren für das Verfahren der Ersatzvornahme sei der Kläger im Schreiben vom 17. Oktober 2018 hingewiesen worden.
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Der Bescheid wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 29. November 2018 zugestellt.
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Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 27. Dezember 2018, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid der Stadt … vom 27. November 2018 erheben, welcher als Anlage beigefügt wurde.
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Mit Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 13. Februar 2019 beantragt der Kläger
den Bescheid vom 27. November 2018 ersatzlos aufzuheben.
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Zur Begründung wird angeführt, dass die Inanspruchnahme des Klägers nicht gerechtfertigt war, weil dieser nicht leistungsfähig sei. Zudem habe der Kläger das Erbe ausgeschlagen und keinen näheren Kontakt zur Verstorbenen gepflegt. Der Kläger verfüge nicht über entsprechende Einkünfte und auch nicht über Vermögen, insbesondere nicht über Grundbesitz. Er habe aus abhängiger Beschäftigung monatliche Einkünfte von etwas über 600 €. Das Konto der Eheleute werde regelmäßig im Soll geführt in der Größenordnung von 3.000 € bis 4.000 €. Der Kläger und seine Frau würden in einem Eigenheim wohnen, welches im Eigentum der Frau des Klägers stehe und welches durch Erbnachfolge von deren Eltern auf sie übergegangen sei. Der Kläger habe auch einen Antrag auf Kostenübernahme durch die Sozialbehörde bei der Stadt … eingereicht.
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Mit beigefügt wurden die Aufforderung des Sozialamtes an den Kläger vom 22. Oktober 2018, bestimmte Unterlagen vorzulegen, ein Einlieferungsbeleg vom 12. November 2018 sowie Kopien der Kontoauszüge des Klägers vom November 2018 bis Dezember 2018.
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Mit Schriftsatz vom 5. März 2019 beantragt
die Beklagte die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unbegründet, da nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG die Beklagte zu Recht vom Kläger die Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme veranlasste Bestattung der Schwester des Klägers geltend gemacht habe. Dass der Kläger zu seiner Schwester keinen näheren Kontakt pflegte, sei bei der gesetzlichen Bestattungspflicht unerheblich, da diese Pflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene.
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Zudem könne die Gemeinde von einem Bestattungspflichtigen Ersatz der notwendigen Bestattungskosten verlangen, wobei die gleichrangig bestattungspflichtigen Geschwister der Verstorbenen als Gesamtschuldner nach § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hafteten. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Sie habe alle vier Geschwister der Verstorbenen angerufen, drei der bestattungspflichtigen Angehörigen hätten ihr Einkommen vollständig nachgewiesen, beim Kläger seien aber Fragen nach nicht selbst bewohntem Immobilieneigentum offengeblieben. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bestattungspflichtigen sei hingegen nicht geprüft worden, da hierfür die Beklagte nicht zuständig sei, siehe § 74 des Sozialgesetzbuchs Zwölften Buches (SGB XII). Auf eine subjektive Unmöglichkeit wegen unzureichenden Einkommens könne sich der Kläger daher gegenüber der Beklagten nicht berufen.
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Mit Schriftsatz vom 28. März 2019 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass der Kläger über kein Vermögen verfüge, insbesondere nicht über Immobilien. Er würde vielmehr mit seiner Ehefrau in einem Eigenheim leben, welches ausschließlich im Eigentum seiner Ehefrau stehe. Aus diesem Grund sei der Kläger nicht in der Lage, die Kosten für die Beerdigung zu zahlen. Die Ermessensausübung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft erfolgt, weil ein nicht leistungsfähiger Schuldner in Anspruch genommen worden sei.
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Mit Schriftsatz vom 12. April 2019 verwies die Beklagte auf die Klageerwiderung vom 5. März 2019.
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Auf das gerichtliche Hinweisschreiben vom 3. September 2019 hin teilte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2019 mit, es sei eine ermessensfehlerhafte Auswahl seines Mandanten erfolgt, da dieser finanziell nicht in der Lage sei, die Kosten für die Bestattung zu übernehmen. Aus diesem Grund hätte die Verwaltung prüfen müssen, ob ein Miterbe finanziell in der Lage sei, die Kosten zu übernehmen. Nachdem Frau … K* … als einzige der Geschwister keinen Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe und zudem Miterbin geworden sei, hätte die Inanspruchnahme ermessensrichtig bei Frau K. erfolgen müssen. Beigefügt wurde dem Schriftsatz ein geschwärztes Schreiben des Amtsgerichts … vom 4. Februar 2019.
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Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2020 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, Frau K. sei mittlerweile Alleinerbin geworden, daher fehle es dem Kläger an der Passivlegitimation, weil sich aus den Vorschriften des BGB ergebe, dass der Erbe für die Bestattung des Erblassers verantwortlich sei. Bei Vorliegen eines Erben einen unbeteiligten Dritten in Anspruch zu nehmen sei ermessenfehlerhaft. Zudem sei sogar Nachlass vorhanden, aus dem die Kosten für die Beerdigung gedeckt werden könnten.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 28. Februar 2020 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, er habe von dem Lebensgefährten der Erblasserin erfahren, dass diese etwa 4.000 € auf dem Konto gehabt habe. Damit dürften die streitgegenständlichen Beerdigungskosten unmittelbar durch das Kreditinstitut zu erledigen sein, da sie dem Nachlass zur Last fielen. Die Erbin sei vorranging in Anspruch zu nehmen, der Kläger hingegen sei leistungsunfähig. Die in Rechnung gestellten Beträge seien nicht zu beanstanden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) analog. Bezüglich des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der Sitzung vom 5. März 2020 verwiesen

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist Art. 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BestG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 KG. 2. Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat den Bescheid als zuständige Behörde erlassen. Die Stadt … ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG ermächtigt, von einem Pflichtigen Ersatz der notwendigen Kosten zu verlangen.
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Die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung wurde durch das Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2018 durchgeführt.
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3. Auch ist der streitgegenständliche Bescheid materiell rechtmäßig, da die von der Beklagten getroffene Entscheidung, von dem Kläger Kostenersatz auf Grundlage von Art. 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BestG i.V.m. § 15 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. f) BestV zu verlangen, rechtmäßig war.
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Die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BestG geregelte Verpflichtung, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen, obliegt gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 BestG i.V.m. § 15 BestV den in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV genannten Angehörigen. Nach dieser Bestimmung kommen als bestattungspflichtige Personen der Ehegatte, die Kinder, die Eltern, die Großeltern, die Geschwister und weitere dort genannte Angehörige in Betracht. Bestimmt die Gemeinde demnach die nach diesen Vorschriften zur Bestattung verpflichteten Angehörigen, so soll sie dabei den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigen (Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 BestG, § 15 Satz 2 BestV). Die Vorgaben des § 15 Satz 2 BestV sind auch bei der Heranziehung des Bestattungspflichtigen zu den Kosten der Bestattung im Rahmen der Ersatzvornahme durch die Gemeinde nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG zu berücksichtigen. Auch dabei soll auf den Grad der Verwandtschaft abgestellt werden.
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Der Kläger als Bruder der Verstorbenen gehört zu den bestattungspflichtigen Angehörigen im Sinne von Art. 15 BestG i.V.m. § 15 und § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. f) BestV.*Dass es sich bei dem Kläger um den Bruder der Verstorbenen handelt, steht nach Ansicht des Gerichts zweifelsfrei fest und wird auch von Klägerseite nicht bestritten.
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Die Bestattungspflichtigen sind aufgrund der gesetzlichen Regelung des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG im Wege des intendierten Ermessens zum Kostenersatz zu verpflichten, d.h. in der Regel ist nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Pflichtigen ermessensfehlerfrei. Denn nach der Zweckrichtung der Regelung in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG entspricht es regelmäßig ohne Ansehung der tatsächlichen persönlichen Beziehung des Pflichtigen zum Verstorbenen dem Interesse der Allgemeinheit an der rechtmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Steuergeldern, die durch die Gemeinde verauslagten Bestattungskosten vom Bestattungspflichtigen zurückzufordern. Die in Art. 15 Abs. 2 BestG und §§ 1 und 15 BestV aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen stehen diesem im Sinne einer Solidargemeinschaft ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher als die Allgemeinheit, so dass es deshalb vorrangig ihnen obliegen muss, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht geht es vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. In Fällen dieser Art bedarf es einer Darlegung der Ermessenserwägungen nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen könnten. Außergewöhnliche Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen könnten, können danach nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen angenommen werden (BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 4 ZB 12.2526 - juris Rn. 12; B.v. 17.1.2013 - 4 ZB 12.2374 - juris Rn. 7; B.v. 19.12.2011 - 4 C 11.2581 - juris Rn. 7; B.v. 9.6.2008 - 4 ZB 07.2815 - BayVBl 2009, 537, jeweils m.w.N.).
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Gemessen daran unterliegt der streitgegenständliche Bescheid keinen durchgreifenden Zweifeln. Die Entscheidung, allein vom Kläger die Erstattung der Kosten zu verlangen, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Zwar waren neben dem Kläger auch dessen Schwestern bestattungspflichtig. Die Schwestern des Klägers sind unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Nähe zu der Verstorbenen (vgl. § 15 Satz 2 BestV) als deren Schwestern in gleicher Weise wie der Kläger kostenersatzpflichtig. Somit schulden der Kläger und seine Schwestern die Bestattungskosten in der Weise, dass jeder verpflichtet ist, die ganze Leistung zu bewirken, die Beklagte diese aber nur einmal zu fordern berechtigt ist. Zwischen dem Kläger und seinen Schwestern besteht hinsichtlich der Bestattungskosten daher Gesamtschuldnerschaft (Art. 2 Abs. 4 KG analog). Die Beklagte hat somit eine Entscheidung darüber zu treffen, welchen von mehreren Veranlassern sie ganz oder teilweise zur Zahlung der Ersatzvornahmekosten heranzieht.
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Nachdem es sich bei dieser Auswahlentscheidung um ein nur durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeiten begrenztes Ermessen handelt, bedarf diese Ermessensentscheidung in der Regel keiner Begründung (BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57/91 - NJW 1993, S. 1667; VG München, U.v. 30.9.2004 - M 10 K 04.2800 - juris). Dass sich die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung für die Heranziehung des Klägers entschieden hat, ist nicht zu beanstanden.
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Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in Art. 14 Abs. 2 BestG, wonach „von einem Pflichtigen“ Ersatz verlangt werden kann, ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, bei mehreren Pflichtigen nur von einem Kostenersatz zu fordern. Die amtliche Begründung zu Art. 14 BestG (LT-Drs 6/3255) bestätigt das. Dem Gesetzgeber kam es darauf an, den zuständigen Behörden ein schnelle und effiziente, möglichst wenig Verwaltungsaufwand erfordernde Vollziehung des Bestattungsgesetzes in solchen Fällen zu ermöglichen und es den Behörden zu ersparen, sich in etwaige Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Erben bzw. sonstigen Hinterbliebenen einmischen zu müssen. Der Kostenerstattungsanspruch besteht unabhängig davon, wer zivilrechtlich die Bestattungskosten zu tragen hat. Da die von der Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme besorgte Bestattung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfolgt, sind Erwägungen, wer der endgültige Kostentragungspflichtige ist, nicht anzustellen. Die endgültige Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten ist eine Frage des Zivilrechts, nicht des öffentlichen Rechts. Dem Kläger ist es nicht verwehrt, nach dieser Entscheidung von seinen Geschwistern oder etwaiger weiterer Bestattungspflichtiger einen finanziellen Ausgleich auf dem zivilrechtlichen Weg zu fordern. Die hier streitgegenständliche öffentlich-rechtliche Bestattungsverpflichtung und die Verpflichtung zum Kostenersatz trifft keine Aussage darüber, wer und in welchem Umfang zivilrechtlich die Kosten zu tragen hat. Diese Vorgehensweise hat zum einen das Ziel, die Sicherheitsbehörden von der ressortfremden Prüfung der Zumutbarkeitsfrage und der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit zu entlasten; zum anderen gewährleistet sie eine Gleichbehandlung der Bestattungspflichtigen. Sowohl der Bestattungspflichtige, der sich weigert seiner Bestattungspflicht nachzukommen und zum Kostenersatz herangezogen wird, als auch derjenige, der sie freiwillig erfüllt, müssen sich um einen nachträglichen Ausgleich ihrer verauslagten Kosten bemühen. Die Auswahlentscheidung der Beklagten ist nach o.g. Maßstäben vorliegend weder willkürlich noch ist sie offenbar unbillig. Nötigenfalls müssen die Gesamtschuldner untereinander einen entsprechenden Ausgleich schaffen.
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Der Kläger brachte weiter vor, er habe seit langem keinen Kontakt zu seiner Schwester gehabt und auch das Erbe ausgeschlagen, eine seiner Schwestern sei jedoch Alleinerbin geworden. Zudem würde seines Wissens nach die Erbmasse die Kosten für die Beerdigung abdecken. Diese Einwände lassen die Bestattungspflicht des Klägers und in der Folge auch seine Kostenerstattungspflicht nach dem oben Gesagten ebenfalls nicht entfallen.
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Die Bestattungspflicht besteht als öffentlich-rechtliche Pflicht vornehmlich aus Gründen der Gefahrenabwehr und ist unabhängig von zivilrechtlichen Verpflichtungen oder dem Totenfürsorgerecht (vgl. BGH, B.v. 14.12.2011 - IV ZR 132/11 - juris). Dies gilt auch für die vom Bevollmächtigten des Klägers aufgeworfene Frage, ob das Nachlassvermögen der Verstorbenen für die Beerdigung ausgereicht hätte (vgl. Bl. 22 und 36 der Gerichtsakte). Die Verpflichtung, die Kosten der Beerdigung des Erblassers zu tragen, trifft nach § 1968 BGB zwar den Erben und damit nicht zwingend den Bestattungspflichtigen. Es obliegt jedoch nicht der Beklagten, sondern dem Kläger, insoweit Ermittlungen anzustellen und ggf. zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen (BayVGH B.v. 17.1.2013 - 4 ZB 12.2374 - juris).
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Schwere Verfehlungen oder Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung, damit eine von dem in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG normierten Regelfall abweichende Ermessensentscheidung der Beklagten rechtfertigten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass zwischen dem Kläger und der Verstorbenen kein näherer Kontakt bestanden hat, ist unerheblich.
33
Die von dem Kläger vorgetragene mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit begründet ebenfalls keinen besonderen Umstand, der ein Absehen von der Forderung der Bestattungskosten rechtfertigen würde. In diesem Zusammenhang teilt das Gericht die obergerichtliche Rechtsprechung, wonach es keiner Einschränkung der Kostentragungspflicht auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedarf, weil die Bestattungspflichtige auf den - in einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des Bestattungsrechts geltend zu machenden - Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII verwiesen werden kann (so: BayVGH B.v. 9.6.2008 - 4 ZB 07.2815 - juris; Stelkens/Cohrs, NVwZ 2002, 917/919 f., a.A. OVG NRW B.v. 24.2.2010 - 19 E 150/10 - juris -). Die in § 74 SGB XII gemeinte Zumutbarkeit beschränkt sich nicht auf eine finanzielle Zumutbarkeit, sondern lässt auch Raum für andere (Un-)Zumutbarkeitsgründe, etwa solche persönlicher Natur (Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII, 6. Auflage 2018, § 74 Rn. 37 m.w.N.). Je enger das Verwandtschaftsverhältnis oder die rechtliche Beziehung zu dem Verstorbenen war, desto geringer sind in der Regel die Anforderungen an die Zumutbarkeit des Einsatzes von Einkommen und Vermögen. Daraus folgt, dass etwa bei zerrütteten Verwandtschaftsverhältnissen höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit, Kosten der Bestattung zu tragen, zu stellen sind (BSG, U.v. 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - juris; OVG Saarlouis, U.v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 - juris; LSG Hamburg, U.v. 20.11.2014 - L 4 SO 22/12 - juris). Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalles stets zu berücksichtigen. Dies festzustellen ist jedoch nicht Sache der Beklagten, sondern die des Sozialhilfeträgers.
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4. Hinsichtlich der Höhe der geforderten Kosten von 1.998,00 € sind Bedenken weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
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5. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Angesichts der allenfalls geringen Höhe der von der Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung einer Abwendungsbefugnis nicht angezeigt.