Titel:
Klage auf Berufung zu ehrenamtlichen Richter am LAG
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2
ArbGG § 20 Abs. 2, § 37 Abs. 2
DRiG § 44a
Leitsatz:
Eine Klagebefugnis einer Bewerberin hinsichtlich einer Verpflichtung des Beklagten zur Berufung zur ehrenamtlichen Richterin an einem Landesarbeitsgericht besteht jedenfalls dann nicht, wenn diese Bewerberin um das Ehrenamt schon gar nicht auf die Vorschlagsliste eines vorschlagsberechtigten Verbandes gesetzt wurde. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage auf Berufung zur ehrenamtlichen Richterin am Landesarbeitsgericht, Klagebefugnis (verneint), Bewerberin nicht in Vorschlagsliste aufgenommen, ehrenamtlicher Richter, Klagebefugnis, Vorschlagsliste, vorschlagsberechtigter Verband
Fundstelle:
BeckRS 2020, 19536
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt ihre (erneute) Berufung zur ehrenamtlichen Richterin beim Landesarbeitsgericht …
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Das Bayerische Staatsministerium … … … …, … … … (heute: … … … … … … …; nachfolgend: Staatsministerium) berief die Klägerin aus der Vorschlagsliste 2007 der Beigeladenen zu 2 aus Kreisen der Arbeitgeber mit Wirkung vom … September 2007 für die Dauer von 5 Jahren zur ehrenamtlichen Richterin beim Landesarbeitsgericht … Mit Wirkung vom … September 2012 wurde die Klägerin ebenfalls aus der Vorschlagsliste 2012 der Beigeladenen zu 2 für weitere 5 Jahre wiederberufen.
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Der Beigeladene zu 1 schrieb die Klägerin am … Januar 2017 in Hinblick auf ihre am … August 2017 ablaufende Amtszeit an. Die Klägerin füllte daraufhin am … Januar 2017 einen diesbezüglichen Personalbogen aus und reichte diesen bei dem Beigeladenen zu 1 ein. Das Staatsministerium kam nach Prüfung dieses Personalbogens zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine Wiederberufung nicht vorlägen und teilte das der Beigeladenen zu 2 mit. Die Beigeladene zu 2 informierte den Beigeladenen zu 1 hierüber mit Schreiben vom … Mai 2017 und bat um Vorschlag eines geeigneten Nachfolgers. Der Beigeladene zu 1 informierte die Klägerin hierüber mit Schreiben vom … Juni 2017 und übersandte ihr den Fragebogen erneut. Die Klägerin änderte den Personalbogen am … Juni 2017 und reichte diesen erneut ein. Dennoch setzte die Beigeladene zu 2 die Klägerin nicht erneut auf ihre Vorschlagsliste. Zu einer Wiederberufung mit Wirkung vom *. September 2017 durch das Staatsministerium kam es deswegen nicht.
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Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2017 Klage zum Verwaltungsgericht München wegen ihrer nicht erneut erfolgten Bestellung als Prüferin für Bürokaufleute bei der IHK für München und Oberbayern (M 16 K 17.5899). Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2017 außerdem begehrte, das Landesarbeitsgericht … zu verpflichten, sie als ehrenamtliche Richterin weiterhin einzusetzen, trennte die 16. Kammer des Verwaltungsgerichts München dieses Begehren mit Beschluss vom 16. Januar 2018 vom Verfahren M 16 K 17.5899 ab. Es ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
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Mit Telefax vom 9. März 2018 hat die Klägerin nach Klageerwiderung durch das Landesarbeitsgericht München vom 1. März 2018 ihre Klage dahingehend abgeändert,
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den Beklagten, vertreten durch das Staatsministerium, zu verpflichten, sie erneut zur ehrenamtlichen Richterin am Landesarbeitsgericht … zu berufen.
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Mit Schreiben des Beigeladenen zu 1 vom 18. Januar 2017 sei ihr mitgeteilt worden, dass sie durch diesen für eine weitere Amtsperiode vorgeschlagen werde. Das Schreiben sei so formuliert gewesen, dass sie es als verbindliche Bestätigung habe werten dürfen, durch den Beigeladenen zu 1 wieder vorgeschlagen zu werden. Soweit dann tatsächlich kein Vorschlag auf der Vorschlagsliste erfolgt sei, stehe dem die als unwiderrufliche Zusage zu wertende Mitteilung vom … Januar 2017 entgegen. Der Beigeladene zu 1 wäre verpflichtet gewesen, den Vorschlag beim Staatsministerium einzureichen.
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Mit Beschluss vom 18. April 2018 erfolgte die Beiladung des Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 zum Verfahren.
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Der Beigeladene zu 1 erklärte mit Schriftsatz vom 14. Mai 2018, dass er im Auftrag der Beigeladenen zu 2 unter anderem geeignete Arbeitgebervertreter für das Amt des ehrenamtlichen Richters in der Arbeitsgerichtsbarkeit vorschlage. Üblicherweise handele es sich hierbei um Mitglieder seines Verbandes oder Personen, die von Partnerverbänden für dieses Amt empfohlen würden. Da die Klägerin in der Vergangenheit in den Vorschlagslisten des Beigeladenen zu 1 geführt worden sei, habe er von der Beigeladenen zu 2 die Mitteilung über den Ablauf der Amtszeit der Klägerin am … August 2017 erhalten. Deswegen sei die Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2017 angefragt worden, ob sie für eine weitere Amtszeit zur Verfügung stehen würde und es seien die hierfür auszufüllenden Personalbögen übersandt worden. Mit Schreiben vom … Mai 2017 habe die Beigeladene zu 2 ihm mitgeteilt, dass die Klägerin aufgrund der Angaben im Personalbogen nicht die Voraussetzungen als ehrenamtliche Richterin erfülle. Im Rahmen einer internen Recherche nach geeigneten Ersatzkandidaten sei festgestellt worden, dass die Klägerin nicht Mitglied des Verbandes des Beigeladenen zu 1 sei. Weiterhin hätten auch keine Vorschlagswünsche befreundeter Partnerverbände im Hinblick auf die Klägerin vorgelegen. Bei Kenntnis dieser Sachlage wäre bereits zu Beginn der Wiederbesetzungsanfrage seitens der Beigeladenen zu 2 davon abgesehen worden, bei der Klägerin die Bereitschaft nach einer Verlängerung der Amtszeit abzufragen. Angesichts der Tatsache, dass die Beigeladene zu 2 jedoch um den Vorschlag eines anderen geeigneten Nachfolgers gebeten habe, sei die Angelegenheit aus seiner Sicht erledigt gewesen.
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Die Beigeladene zu 2 nahm mit Schriftsatz vom 15. Mai 2018 zur Klage dahingehend Stellung, dass einer Person, die bei der Auswahl der ehrenamtlichen Richter bei der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht berücksichtigt worden sei, der Rechtsweg gegen die Nicht-Berücksichtigung nicht offen stehe, auch nicht gegen die Nicht-Aufnahme in die Vorschlagsliste.
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Das Staatsministerium hat - ohne einen Antrag zu stellen - mit Schriftsatz vom 13. Juni 2018 für den Beklagten auf die Klage erwidert, dass die Amtszeit der Klägerin beim Landesarbeitsgericht … als ehrenamtliche Richterin aus dem Kreise der Arbeitgeber mit Ablauf des … August 2017 geendet habe. Eine (Wieder-) Berufung wäre nur zulässig gewesen, wenn sie von der Beigeladenen zu 2 als vorschlagsberechtigtem Verband vorgeschlagen worden wäre. Es bestehe kein (einklagbares) Recht auf Aufnahme in die Vorschlagsliste. Auf die zutreffenden Ausführungen der Beigeladenen zu 1 und 2 werde Bezug genommen.
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Die Klägerin verzichtete mit Schriftsatz vom 19. Januar 2020 auf mündliche Verhandlung. Dem schlossen sich für den Beklagten das Staatsministerium (S.v. 23.1.2020) sowie die Beigeladenen zu 1 (S.v. 20.1.2020) und zu 2 (S.v. 20.1.2020) an.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vom Staatsministerium und dem Landesarbeitsgericht München vorgelegten Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Gegenstand der vorliegenden Klage ist nur das Begehren der Klägerin, vom Staatsministerium (erneut) zur ehrenamtlichen Richterin beim Landesarbeitsgericht … berufen zu werden. Etwaige Begehren der Klägerin in datenschutzrechtlicher Hinsicht gegen den Beigeladenen zu 1 (Schriftsatz der Klägerin v. 30.10.2019) bzw. die Beigeladene zu 2 (S.v. 29.10.2019) sind hingegen nicht streitgegenständlich und müssten ggf. von der Klägerin in gesonderten Verfahren geltend gemacht werden.
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2. Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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3. Die Klage ist jedoch bereits unzulässig, weil der Klägerin die notwendige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlt.
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a) Eine Klagebefugnis einer Bewerberin hinsichtlich einer Verpflichtung des Beklagten zur Berufung zur ehrenamtlichen Richterin an einem Landesarbeitsgericht besteht jedenfalls dann nicht, wenn diese Bewerberin um das Ehrenamt schon gar nicht auf die Vorschlagsliste eines vorschlagsberechtigten Verbandes gesetzt wurde. Denn das Staatsministerium darf die ehrenamtlichen Richter nur aus dem Kreis der Vorgeschlagenen berufen (§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz / ArbGG; Liebscher in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 20 ArbGG Rn. 19; BeckOK ArbR/Wullenkord, ArbGG § 20 Rn. 17; GMP/Prütting, ArbGG § 20 Rn. 40; Hauck/Helml/Biebl/Hauck, ArbGG § 20 Rn. 8).
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b) Auf die in der Literatur teilweise strittige Frage, ob jemandem eine Klagebefugnis zustehen kann, der bei der Berufung übergangen worden ist, obwohl er auf eine Vorschlagsliste gesetzt worden war (Natter in: Natter/Gross, ArbGG § 20 Rn. 34), kommt es vorliegend nicht an, denn das war bei der Klägerin nicht der Fall.
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c) Die von der Klägerin in Bezug genommenen §§ 44 ff. Deutsches Richtergesetz (DRiG) und §§ 22 ff. ArbGG sind hier rechtlich nicht relevant. Denn einerseits wurde die Klägerin weder vor Ablauf ihrer Amtszeit als ehrenamtliche Richterin am Landesarbeitsgericht abberufen (§ 44 Abs. 2 DRiG), noch beruht ihre nicht erneute Wiederberufung auf Hindernissen gemäß § 44a DRiG. Andererseits stellt es jedenfalls durch den Beklagten bzw. das Staatsministerium keine Beschränkung in der Übernahme oder Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter dar, wenn die Klägerin von keinem vorschlagsberechtigten Verband auf eine Vorschlagsliste gesetzt wurde, § 26 Abs. 1 ArbGG.
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4. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da sie sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.