Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 03.08.2020 – W 8 K 20.743
Titel:

Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Corona-Soforthilfe des Bundes insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige

Normenketten:
VwGO § 88, § 113 Abs. 5 S. 1, § 114, § 154 Abs. 1
BayHO Art. 53
GG Art. 3
Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“)
EStG § 4 Abs. 3
Leitsätze:
1. Ein Gericht ist grundsätzlich an den Zweck von Soforthilfen gebunden, wie ihn der Geber von Soforthilfen versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und iRd verfügbaren Haushaltsmittel erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist. Ein Anspruch auf Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis auch positiv beschieden werden. (Rn. 18 – 20) (red. LS Andy Schmidt)
2. Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung staatlicher Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur iRd § 114 VwGO. Ein Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien. (Rn. 21 – 25) (red. LS Andy Schmidt)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Corona-Soforthilfe des Bundes, Nichterfüllen der Förderrichtlinien, Liquiditätsengpass, kein Anspruch auf Gewährung der beantragten Soforthilfe, Haushaltsplan, Corona, Soloselbständige, Verwaltungspraxis, wirtschaftliche Schwierigkeiten, Förderrichtlinien, Richtlinien
Fundstellen:
StB 2021, 156
BeckRS 2020, 19433
LSK 2020, 19433

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger, ein freiberuflicher Unternehmensberater, begehrt die Gewährung einer „Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige“.
2
Mit Onlineantrag vom 9. April 2020 beantragte der Kläger die Gewährung einer Soforthilfe gemäß den Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 3. April 2020. Unter dem Punkt „Wirtschaftslage“ gab der Kläger als Grund für die existenzgefährdende Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass an: Der letzte Kundentermin habe am 11. März 2020 stattgefunden. Kunden seien derzeit nicht bereit, neue Termine zu vereinbaren. Es sei äußerst fraglich, ob im Mai die Arbeit wiederaufgenommen werden könne. Alle bisherigen Leistungen seien abgerechnet und bezahlt. Vor Ende Juli/Anfang August werde mit keinen Zahlungseingängen gerechnet.
3
Die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses bezifferte der Kläger mit 7.560,00 EUR.
4
Mit Bescheid vom 21. Mai 2020 lehnte die Regierung von Unterfranken den Antrag auf Gewährung von „Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige“ des Klägers ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß den Richtlinien für die Gewährung der Soforthilfen könne diese nur gewährt werden, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pacht, Leasingrate) zu zahlen. Hierzu zählten nicht die privaten laufenden Kosten (private Miete, private Krankenversicherung etc.). Zur Sicherung des privaten Lebensunterhalts seien Freiberufler, Soloselbstständige oder Kleinunternehmer auf den vorübergehend erleichterten Zugang zu Leistungen nach dem SGB II zu verweisen. Damit seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Soforthilfe entsprechend der regelmäßigen Entscheidungspraxis nicht erfüllt.
5
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2020 erhob der Kläger Klage und beantragte,
1.
dass seinem Antrag auf Corona-Soforthilfe vom 9. April 2020 durch die Beklagte stattzugeben ist,
2.
der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2020 aufzuheben ist.
6
Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Bei seiner Tätigkeit als Unternehmensberater gehörten seit Jahren ausschließlich Kommunen, Körperschaften des öffentlichen Rechts und Unternehmen in Privatrechtsform, die sich mittel- oder unmittelbar zumindest im Mehrheitsbesitz von Körperschaften des öffentlichen Rechts befänden, zu seinen Kunden. Dort sei im Zuge der Corona-Pandemie der Parteiverkehr eingeschränkt gewesen und der Kläger, der seine Beratungsleistungen fast ausschließlich vor Ort erbringe, habe keine Möglichkeit zur Generierung von Umsätzen gehabt. Es seien jedoch weiter betriebliche Sachaufwendungen angefallen. Beim Kläger sei so ein Liquiditätsengpass entstanden, da ihm fortlaufende Einnahmen weggebrochen seien. In dem Online-Antragsformular hätten nur begrenzt Zeichen zur Verfügung gestanden, um den Antrag zu begründen. Die vom Kläger vor der Antragstellung gefertigte Liquiditätsplanung für den Zeitraum vom 9. April bis 8. Juli 2020 habe ergeben, dass die fortlaufenden Ausgaben die Einnahmen nicht deckten und der prognostizierte Fehlbetrag bei 7.560,00 EUR liege. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte den Antrag mit der Begründung, dass private laufende Kosten und die Sicherung des Lebensunterhalts nicht zur Berechnung des Liquiditätsengpasses herangezogen werden könnten, abgelehnt habe. Denn dem Beklagten hätten zur Zusammensetzung des Liquiditätsengpasses keine Unterlagen vorgelegen. Hierzu seien keine Angaben in dem Online-Antragsformular zu machen, sondern lediglich die Gesamtsumme anzugeben gewesen. Der Beklagte hätte jedenfalls eine entsprechende Auflistung anfordern können. Eine Ablehnung des gesamten Antrags sei fehlerhaft. Der Geschäftsbetrieb könne derzeit nur unter dem massiven Einsatz privater Liquiditätsreserven aufrechterhalten werden.
7
Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2020 legte der Kläger seine Liquiditätsplanung für den Zeitraum vom 9. April 2020 bis 8. Juli 2020 vor. Diese enthalten im Einzelnen folgende Positionen:

Position

Art

Betrag

1

Kfz-Steuer

72,00 EUR

2

Kfz-Versicherung

650,00 EUR

3

Telefon

87,00 EUR

4

Rundfunkbeitrag

17,00 EUR

5

Internet

30,00 EUR

6

Strato

30,00 EUR

7

Netcup

28,00 EUR

8

BahnCard-Abo

105,00 EUR

9

Spritkosten

450,00 EUR

10

Übernachtungskosten

600,00 EUR

11

Umsatzsteuer-VA 1. Quartal

4.885,00 EUR

12

Umsatzsteuer-VA April

610,00 EUR

Summe

7.564,00 EUR

8
Die Positionen 1 und 2 beträfen den nahezu ausschließlich für geschäftliche Zwecke genutzten PKW des Klägers. Im Jahr 2019 seien bei einer Gesamtfahrleistung von 26.017 km lediglich 36 km als Privatfahrten angefallen im Jahr 2020 seien noch gar keine privaten Fahrten angefallen. Hierfür stehe ein anderer PKW zur Verfügung. Position 3 umfasse drei Netto-Monatsbeträge für den Mobilfunkvertrag des Klägers und Position 5 den Festnetz-DSL-Anschluss. Position 6 sei eine halbjährlich zu zahlende Rechnung für das Webhosting und die E-Mailpostfächer des Firmenauftritts im Internet. Position 7 betreffe die halbjährlich zu zahlenden Kosten für einen gemieteten Server, auf dem geschäftliche Daten datenschutzgerecht abgespeichert werden könnten. Im Juni sei gemäß Position 8 die Verlängerung der betrieblich genutzten BahnCard fällig gewesen. Bei der Position 9 seien drei Zwölftel der im Jahr 2019 für Sprit geleisteten Zahlungen als Prognosewert angesetzt worden. Die Kundschaft des Klägers befinde sich überwiegend im ost- und südbayerischen Raum, sodass entsprechend lange Fahrtstrecken anfielen. Aus diesem Grund seien auch in Position 10 pauschal zehn Übernachtungen zu je 60,00 EUR netto einkalkuliert worden. Bei den Positionen 9 und 10 handle es sich um notwendige Vorleistungen, die der Kläger momentan erbringen müsse, um wieder Umsätze generieren und später abrechnen zu können. Die Positionen 11 und 12 beträfen die als Betriebsausgaben absetzbaren Umsatzsteuervorauszahlungen für das erste Quartal und den Monat April (§ 4 EStG). Bei den Positionen 3 sowie 5 bis 10 seien Netto-Beträge ohne Umsatzsteuer veranschlagt worden, da die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge aus den Bruttobeträgen wieder als Betriebseinnahme zu verbuchen seien. Insoweit sei eine Saldierung vorgenommen und keine Positionen für die Rückzahlungen von Vorsteuer aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung Juni und Juli angesetzt worden. Der prognostizierte Liquiditätsengpass sei im Antrag auf 7.560,00 EUR abgerundet worden. Tatsächlich seien seit Beantragung der Corona-Soforthilfe insgesamt 8.125,21 EUR als Betriebsausgaben angefallen bei Betriebseinnahmen von lediglich 160,94 EUR, weshalb der beantragte Zuschuss aus aktueller Sicht als zu knapp bemessen anzusehen sei.
9
Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2020 führt der Kläger ergänzend aus, zum Zeitpunkt der Beantragung der Corona-Soforthilfe habe niemand seriös voraussagen können, zu welchem Zeitpunkt der strenge „Lockdown“ beendet sein würde und die geschäftliche Tätigkeit wiederaufgenommen werden könne. Seit Mitte Mai sei es wieder möglich gewesen, Kunden zu besuchen, und dementsprechend seien auch entsprechende Aufwendungen angefallen. Von seinen Kunden seien Beratungen über Videotelefonie kaum genutzt worden. Ob er die Stundung seiner Umsatzsteuerzahlungen beantrage, unterliege der unternehmerischen Freiheit des Klägers. Er könne entscheiden, welche Förderprogramme er in Anspruch nehme wolle und welche nicht. Die Stundung sei zunächst nur für einen Zeitraum von drei Monaten möglich. Bei der Corona-Soforthilfe sei auch ein Zeitraum von drei Monaten maßgeblich, weshalb sich keine Änderung an der beantragten Summe ergeben hätte, wenn der Antrag nur wenige Tage später gestellt worden wäre. Bei den Netto-Umsätzen vom 25.710,00 EUR im ersten Quartal müsse berücksichtigt werden, dass es sich in erheblichem Umfang um Zahlungseingänge für im Jahr 2019 erbrachte Leistungen gehandelt habe. Da zwischen Leistungserbringung, Rechnungstellung und Zahlungseingang Monate liegen könnten, führe die Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und -ausgaben zu keinen vernünftigen Ergebnissen. Der Beklagte suggeriere, dass es sich bei Umsatzsteuervorauszahlungen nicht um Sach- oder Finanzaufwand handle. Der Begriff sei nicht im Steuer- oder Handelsrecht definiert, sondern komme vielmehr aus dem kommunalen Rechnungswesen, wonach hierunter alle ordentlichen Aufwendungen zu verstehen seien, die keinen Personalaufwand darstellten. Unstrittig handle es sich bei Umsatzsteuervorauszahlungen nicht um Personalaufwand. Nach der KommHV-Kameralistik Bayern und den Vorschriften über die kommunale Haushaltssystematik (VVKommHSyst-Kameralistik) seien Umsatzsteuern in der Gruppe 64 zu erfassen. Die Hauptgruppen 5 und 6, zu letzterer gehöre die Gruppe 64, sei mit „Sächlicher Verwaltungs- und Betriebsaufwand“ überschrieben. Demzufolge seien Umsatzsteuervorauszahlungen als Sachaufwand zu qualifizieren. Ferner seien die Monate Februar und März aufgrund der damals anstehenden Kommunalwahlen bereits umsatzschwache Monate für den Kläger als Kommunalberater gewesen. Die erwähnten Einnahmen von 160,94 EUR resultierten aus einer Erstattung von Vorsteuerbeträgen durch das Finanzamt. Wenn der Beklagte zudem Nachweise über die verausgabten Sprit- und Hotelkosten fordere, müssten in diesem Fall alle in dem streitgegenständlichen Zeitraum angefallenen Kosten berücksichtigt werden. Es seien nämlich noch weitere außerplanmäßige Kosten angefallen, die zum Zeitpunkt der Liquiditätsplanung nicht absehbar gewesen seien. Als größte Einzelposition sei hier der Gerichtskostenvorschuss für das hiesige Verfahren zu nennen. Beim Kläger habe ein Liquiditätsengpass im Sinne der Definition des Beklagten vorgelegen.
10
Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 beantragte die Regierung von Unterfranken für den Beklagten,
die Klage gegen den Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 21. Mai 2020, Az.: …, wird abgewiesen.
11
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Soforthilfe erfolge als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO. Es handle sich hierbei um freiwillige staatliche Maßnahmen. Ein Rechtsanspruch auf die begehrte Soforthilfe könne sich nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien ergeben. Nach Ziffer 2.2. der Richtlinien bestehe die Antragsberechtigung, wenn sich der Antragsteller in einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage befinde. Hierzu werde auf den sog. „Liquiditätsengpass“ abgestellt, welcher vorliege, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb des Antragstellers voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu zahlen. Der Antragsteller müsse versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, die seine Existenz bedrohten. Die konkrete Einmalzahlung orientiere sich dabei an dem im Antrag glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate. Die Soforthilfe werde berechnet auf Basis des erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwands des Antragstellers. Umsatz-, Provisions- oder Gewinnrückgänge alleine würden zur Begründung nicht ausreichen. Der Kläger habe in seinem Online-Antrag als Grund für die existenzgefährdende Wirtschaftslage lediglich angegeben, dass am 11. März 2020 der letzte Kundentermin stattgefunden habe und Kunden derzeit nicht bereit seien, neue Termine zu vereinbaren, und es äußerst fraglich sei, ob im Mai wieder die Arbeit aufgenommen werden könne. Vor Ende Juli / Anfang August sei nicht mit Zahlungseingängen zu rechnen.
12
Mit weiterem Schriftsatz vom 16. Juli 2020 führte die Regierung von Unterfranken zudem aus, auch aus der im Klageverfahren vorgelegten Liquiditätsplanung ergebe sich kein Liquiditätsengpass im Sinne von Ziffer 2.2 der Förderrichtlinien. Das Vorliegen einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage sei nicht plausibel dargelegt worden. Zwar habe der Kläger umfangreiche Ausführungen zu den betrieblichen Kosten gemacht. Für die Antragsberechtigung im Soforthilfeprogramm komme es aber allein auf den betrieblichen Sach- und Finanzaufwand an und ein Teil der geltend gemachten Positionen sei nicht berücksichtigungsfähig. Die Richtigkeit der klägerischen Angaben werde dabei hinsichtlich der Höhe der einzelnen Positionen unterstellt. Die Positionen 9 und 10 seien nach Auffassung des Beklagten nicht plausibel. Es sei fraglich, ob die prognostizierten Kosten tatsächlich angefallen seien, da der Kläger in der Klageschrift ausführe, dass seine Kunden - im Wesentlichen öffentliche Verwaltungen - ab Mitte März für den Personenverkehr geschlossen gewesen seien. Zudem verweise der Kläger auf seiner Homepage selbst auf die Möglichkeit, Besprechungen über Videotelefonate abzuhalten. Die Positionen 11 und 12 beträfen Umsatzsteuervorauszahlungen, die bei der Ermittlung des Liquiditätsengpasses nicht berücksichtigt werden könnten. Denn es bestehe die Möglichkeit der Stundung fälliger oder fällig werdender Steuern bis zum 31. Dezember 2020. Wenn der Steuerpflichtige hiervon keinen Gebrauch mache, könne dies nicht anspruchsbegründend im Hinblick auf staatliche Zuschüsse wie die Corona-Soforthilfe wirken. Angesichts der offenbar im Jahr 2019 und noch im ersten Quartal 2020 generierten Umsätze, die bis dahin mehr als das Dreifache der Betriebsausgaben ausgemacht hätten, sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger bereits Anfang April 2020 in eine existenzbedrohende Wirtschaftslage geraten sein sollte. Im Rahmen der Soforthilfe sei zu berücksichtigen, dass für den Kläger nur ein Sach- und Finanzaufwand von 340,00 EUR pro Monat anerkannt werden könne. Es werde zudem ebenfalls angezweifelt, dass seit der Antragstellung am 9. April 2020 lediglich Betriebseinnahmen in Höhe von nur 160,94 EUR erwirtschaftet worden seien. Dies würde bedeuten, dass alle vom Kläger im ersten Quartal 2020 erbrachten Beratungsleistungen bereits bis zum 9. April 2020 in Rechnung gestellt und vom Kunden auch bezahlt worden seien. Der Kläger habe nach alledem das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses nicht plausibel dargelegt.
13
Mit Schreiben vom 12. Juni 2020 (Kläger) und 15. Juni 2020 (Beklagter) verzichteten die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
14
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15
Bei verständiger Würdigung (§ 88 VwGO) des Vorbringens des Klägers ist sein Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass er die Aufhebung des Bescheides der Regierung von Unterfranken vom 21. Mai 2020 und die Gewährung einer Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige begehrt.
16
Die so verstandene Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Halbsatz 2 Alt. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 21. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17
Im Einzelnen:
18
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Soforthilfe gemäß den Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“ - im Folgenden: „Förderrichtlinien“), § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
19
Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Soforthilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Billigkeitsleistung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 53 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung (st. Rspr. der Kammer, zuletzt B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 sowie Ue.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 und W 8 K 20.330; U.v. 13.1.2020 - W 8 K 19.364 - alle juris jeweils m.w.N. zur Rspr.).
20
Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zweck der Soforthilfen gebunden, wie ihn der Geber der Soforthilfen versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (s. zur vergleichbaren Thematik der Zuwendungen BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26).
21
Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - juris).
22
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - juris).
23
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 41 ff.).
24
So dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris).
25
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung, da nach den Richtlinien und der maßgeblichen Verwaltungspraxis ein Anspruch auf die Gewährung der Überbrückungshilfen des Bundes nicht besteht.
26
Zwar ist der Kläger als freiberuflicher Unternehmensberater mit einem Beschäftigten und Sitz in Bayern grundsätzlich antragsberechtigt nach Nr. 2.1 Satz 1 der Richtlinien.
27
Jedoch fehlt es an der weiteren Fördervoraussetzung, nämlich der Glaubhaftmachung des erforderlichen Liquiditätsengpasses im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung durch die Regierung von Unterfranken (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438; VG München, B.v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - beide juris). Nach Nr. 2.2 der Richtlinien muss der Antragsteller versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Nähere Hinweise hierzu finden bzw. fanden sich auf den Internetseiten der zuständigen staatlichen Behörden. So wird auf der Internetseite der Regierung von Unterfranken als zuständiger Bewilligungsstelle unter dem Stichwort „Verfahrensablauf“ darauf hingewiesen, dass unter Nr. 5 des Antragsformulars die Höhe des Liquiditätsengpasses konkret zu beziffern ist und Anträge mit Angaben, wie z.B. „noch nicht absehbar“, nicht bearbeitet und somit nicht berücksichtigt werden können (Regierung von Unterfranken, Coronavirus, Beantragung einer Soforthilfe durch besonders geschädigte gewerbliche Unternehmen und Angehörige Freier Berufe, https://www.regierung.unterfranken.bayern.de/aufgaben/177666/177667/leistung/leistung_61390/index.html, Stand: 8. Mai 2020, zuletzt abgerufen am 3. August 2020). Auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wurde unter dem Stichwort „Häufig gestellte Fragen“ zur Antragstellung darauf hingewiesen, dass ein pauschaler Verweis auf die Corona-Krise und die damit einhergehenden gravierenden Nachfrage- und Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, Stornierungswellen, massiven Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche kein ausreichender Grund für eine Förderung sind. Der Antragsteller müsse glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, dass und warum die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb des Antragsstellers voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pacht, Leasingaufwendungen) zu zahlen. Als hilfreicher Tipp wurde zudem angeführt, dass hierfür in der Begründung beispielsweise Vorjahresumsätze mit aktuellen Umsätzen verglichen werden können und probeweise berechnet werden kann, ob sich bei gleichen Bedingungen wie im Vorjahr kein Engpass ergeben hätte (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Soforthilfe Corona, https://www.stmwi.bayern.de/soforthilfe-corona/faq/; abgerufen am 28. Mai 2020; vgl. auch VG Würzburg, G.v. 29.5.2020 - W 8 K 20.670 - juris Rn. 22).
28
Der Kläger hat in seinem Onlineantrag vom 9. April 2020 zu Punkt 5 „Wirtschaftslage“ als Grund für die existenzgefährdende Wirtschaftslage aufgrund der Corona-Pandemie angegeben, dass der letzte Kundentermin am 11. März 2020 stattgefunden habe und die Kunden derzeit nicht bereit seien neue Termine zu vereinbaren. Es sei äußert fraglich, ob im Mai wieder die Arbeit aufgenommen werden könne. Alle bisherigen Leistungen seien abgerechnet und bezahlt. Vor Ende Juli/Anfang August werde mit keinen Zahlungseingängen gerechnet. Ein Liquiditätsengpass wie er in Nr. 2.2. der Richtlinien definiert und in der Verwaltungspraxis gefordert wird, ergibt sich daraus jedoch nicht. Vielmehr beschränkt sich die Aufzählung auf die Benennung von Faktoren für fehlende Einnahmen. Nachfrageeinbrüche und Umsatzeinbußen genügen aber nach den oben geschilderten Grundsätzen für die Handhabung der Gewährung der Soforthilfe gerade nicht. Ein beispielhafter Vergleich der Einnahmen im Vorjahr mit denen aktuellen Einnahmen oder ähnlichem fehlt. Der mit 7.560,00 EUR bezifferte Liquiditätsengpass wurde bei der Antragstellung nicht weiter konkretisiert.
29
Auch die im Klageverfahren vorgelegte Liquiditätsplanung vom 8. April 2020 für den Zeitraum vom 9. April 2020 bis 8. Juli 2020 führt zu keiner anderen Sichtweise. Ein Liquiditätsengpass zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung wurde hierdurch nicht wie von den Förderrichtlinien und der ständigen Handhabung durch den Beklagten gefordert, glaubhaft versichert.
30
Mit den Positionen 9 und 10 der Liquiditätsplanung gibt der Kläger Sprit- und Übernachtungskosten von insgesamt 1.050,00 EUR an. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass bereits der Ansatz von 3/12 der Spritkosten von 2019 als Ansatz für die prognostizierten Spritkosten im Zeitraum vom 9. April bis 8. Juli 2020 nicht plausibel erscheint, wenn der Kläger selbst angibt, dass Grund für die existenzgefährdende Wirtschaftslage sei, dass Kunden nicht bereit seien, neue Termine zu vereinbaren und nicht absehbar sei, wann die Arbeit wiederaufgenommen werden könne. Insoweit erscheint der Ansatz der Spritkosten, die in einem Zeitraum von drei Monaten im Vorjahr angefallen sind, bereits nicht nachvollziehbar, da schon vom eigenen Vortrag des Klägers her eine deutlich geringere Anzahl an bzw. nahezu keine Kundentermine zu erwarten gewesen seien.
31
Selbiges gilt im Ergebnis für die angegebenen Übernachtungskosten in Höhe von 600,00 EUR in Position 10. Auch hier erscheint es fraglich, wie zum Zeitpunkt der Erstellung der Liquiditätsplanung trotz erwarteten Ausfalls von Kundenterminen, mit denen der Einnahmenausfall im Online-Antrag maßgeblich begründet wurde, dennoch pauschal zehn Übernachtungen zu je 60,00 EUR zu erwarten gewesen waren.
32
Vorstehendes gilt umso mehr, als dass der Kläger weder für die Sprit- noch für die Übernachtungskosten Nachweise erbracht hat. Dieser wäre beispielsweise dadurch zu erbringen gewesen, dass der Kläger konkrete Aufträge über Kundentermine vorlegt, zu denen er dann anreisen und dort ggf. übernachten muss. Daran fehlt es hier.
33
Es ist darüber hinaus weder willkürlich noch sonst aus rechtlicher Sicht zu beanstanden, wenn der Beklagte die angegebenen Positionen aufgrund der Angaben des Klägers auf ihre Plausibilität hin prüft und diese verneint.
34
Hinsichtlich der weiteren streitigen Positionen 11 und 12 (Umsatzsteuervorauszahlungen) ergibt sich ebenfalls keine andere Sichtweise. Es ist wiederum nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte diese entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis nicht zur Versicherung eines Liquiditätsengpasses heranzieht.
35
Zwar handelt es sich bei Umsatzsteuervorauszahlungen steuerrechtlich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, welche bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind (BFH, U.v. 1.8.2007 - XI R 48/05, BStBl. II 2008, Seite 282). Allein hieraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass diese auch zur Ermittlung eines Liquiditätsengpasses im Sinne der Förderrichtlinien für die Gewährung einer Corona-Soforthilfe herangezogen werden müssen.
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Der Beklagte hat vorliegend sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass es der ständigen Verwaltungspraxis entspricht, dass Antragsteller zunächst auf die eingeräumte Möglichkeit der Steuerstundung zu verweisen sind und eine Nichtinanspruchnahme dieser Möglichkeit nicht anspruchsbegründend im Hinblick auf eine Corona-Soforthilfe wirken kann. Auch vor dem Hintergrund von Nr. 1 Satz 3 der Förderrichtlinien, nach denen die Soforthilfe gewährt wird um Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren, ist eine derartige Verwaltungspraxis jedenfalls nicht willkürlich, da hierfür ein sachlicher Grund besteht.
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Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 32).
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Aufgrund des freiwilligen Charakters der Hilfen und dem weiten Ermessen des Gebers bei der Aufstellung von Richtlinien zur Gewährung von Hilfen, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Hilfeempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 - 2 BVG 1/51 - juris) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
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Es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass es sich bei den Positionen 11 und 12 um Steuervorauszahlungen handelt, bei denen nach Ermittlung der zutreffenden Steuer für den Veranlagungszeitraum etwa überzahlte Beträge zurückerstattet werden. Letztlich ist somit nur für tatsächlich erzielte Umsätze auch Umsatzsteuer zu entrichten. Im Zusammenspiel mit der angesprochenen Stundungsmöglichkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen besteht letztlich ein sachlicher Grund dafür, diese in ständiger Verwaltungspraxis nicht zur Ermittlung des Liquiditätsengpasses im Sinne der Förderrichtlinien heranzuziehen. Die vom Kläger angeführte unternehmerische Freiheit im Hinblick auf die Inanspruchnahme etwaiger Förderprogramme kann nicht zu einem anderen Ergebnis führen, denn diese Argumentation übersieht, dass es sich wie oben näher ausgeführt, bei der Gewährung der Corona-Soforthilfe um eine freiwillige Billigkeitsleistung des Staates handelt, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch besteht. Es steht gerade im weiten Ermessen des Förderungsgebers, die Förderrichtlinien aufzustellen bzw. die jeweilige Billigkeitsleistung nach ständiger Verwaltungspraxis zu gewähren. Grenzen werden hierbei durch die Selbstbindung der Verwaltung, den Gleichheitssatz und das Willkürverbot gesetzt. Wenn der Kläger somit im Hinblick auf die verausgabte Umsatzsteuervorauszahlung auf Stundungsmöglichkeiten verwiesen und dies in ständiger Verwaltungspraxis so gehandhabt wird, ist dies weder als gleichheitswidrig noch als willkürlich anzusehen.
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Zuletzt ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte angesichts des abzüglich der Positionen 9 bis 12 noch verbleibenden Betrages von 1.019,00 EUR (340,00 EUR pro Monat) unter Berücksichtigung der im Jahr 2019 und im ersten Quartal 2020 erwirtschafteten Umsätze nicht davon ausgeht, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bereits in einem Liquiditätsengpass im Sinne der Förderrichtlinien befunden hat.
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Folglich ergibt sich ein Anspruch des Klägers nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis. Es ist insbesondere weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Beklagten in vergleichbaren Fällen trotz der auf den oben genannten staatlichen Internetseiten dargestellten Handhabung und der Ausführungen in den Schriftsätzen im Klageverfahren ein Liquiditätsengpass als gegeben angesehen und eine Corona-Soforthilfen gewährt wurden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Verwaltungspraxis an den zitierten Vorgaben und den schriftsätzlichen Ausführungen orientiert. Für die Annahme eines atypischen Einzelfalls, der zu einer abweichenden Betrachtung führt, gibt es keine Anhaltspunkte.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.