Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 14.07.2020 – Au 8 K 19.1736
Titel:

Feststellung der Erledigung eines Rechtsstreites wegen versammlungsrechtlicher Auflagen

Normenketten:
VwGO § 43, § 86 Abs. 3, § 88, § 113 Abs. 1 S. 4, § 161 Abs. 2
GKG § 52 Abs. 1
BayVersG Art. 7, Art. 15 Abs. 1, Abs. 2
Leitsatz:
Das Interesse, eine bloße Rechtsfrage zu klären, die nur für die künftige Entstehung von Rechtsverhältnissen einer Partei mit anderen Personen Bedeutung haben kann, stellt kein schutzwürdig berechtigtes Interesse iSv § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO an einer gerichtlichen Sachentscheidung dar. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versammlungsfreiheit, Beschränkungen, Erledigung in der Hauptsache, Einseitige Erledigungserklärung, Erledigungsrechtsstreit, Beschränkung, Auflagen, Ermessen, berechtigtes Interesse, Erledigung der Hauptsache, Feststellung, Wiederholungsgefahr, Erledigungsfeststellungsrechtsstreit, Kostentragungspflicht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.09.2020 – 10 ZB 20.1829
Fundstelle:
BeckRS 2020, 19407

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger wandte sich ursprünglich gegen versammlungsrechtliche Auflagen für eine Versammlung am 19. Oktober 2019 im Stadtgebiet der Beklagten. Nunmehr begehrt er die Feststellung der Erledigung.
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Der Kläger meldete mit E-Mail vom 11. Oktober 2019 eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel für den 19. Oktober 2019 im Zeitraum von 14:00 bis 00:00 Uhr bei der Beklagte an. Das Thema dieser Versammlung lautete „...“. Veranstalter der Versammlung war der Gebietsverband Süd der Partei „D. D. Weg“. Die Versammlung sollte über zentrale Straßen und Plätze der beklagten Stadt führen. Als Teilnehmerzahl wurde die Zahl von ungefähr 40 Teilnehmern genannt.
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Als Kundgebungsmittel wurden verschiedene Gegenstände benannt, darunter unter anderem Fahnenstangen bis 2 m Länge, zivile Parteikleidung (T-Shirts in schwarz und beige, Kapuzenpullover in grün, Zipperjacken in grün sowie Nylonregenjacken in schwarz und grün) und eine große EU-Flagge als Fußabtreter.
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Mit Bescheid vom 17. Oktober 2019 erließ die Beklagte für die Versammlung unter anderem folgende Auflagen:
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Den Versammlungsteilnehmern ist es untersagt, Gegenstände mitzuführen, die objektiv als Waffe oder zur Abwehr polizeilicher Maßnahmen geeignet sind (zum Beispiel spitze Gegenstände, Wurfgegenstände, Glasflaschen, Dosen).
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Die geplante „zivile Parteikleidung“ (siehe Beschreibung in der Anzeige) wird abgelehnt, dass sie als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung getragen wird und dadurch eine einschüchternde Wirkung entsteht (vgl. Art. 7 BayVersG).
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eine EU-Fahne darf nicht als Fußabtreter verwendet werden.
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Zur Begründung hinsichtlich der Auflage Ziffer 8 führte die Beklagte aus, dass hierdurch gerade auch die Versammlungsteilnehmer selbst geschützt würden. Zudem solle verhindert werden, dass Straftaten aus der Versammlung heraus begangen würden. Hinsichtlich der Auflage Ziffer 11 führte die Beklagte aus, dass das Tragen der gleichartigen Kleidung in militärähnlichen Farben an einen militärischen Aufmarsch erinnere, der durch Art. 7 BayVersG verhindert werden solle. Derartige Verhaltensweisen würden eine einschüchternde, uniforme Militanz darstellen, die nicht mehr durch die Versammlungsfreiheit gedeckt seien. Die Mehrheit der Bevölkerung empfinde ein militärisches Auftreten gerade bei rechtsextremistischen Vereinigungen als bewusste Anknüpfung an die NS-Zeit. Man könne sogar eine entsprechende Sozialnorm annehmen, wonach ein entsprechendes Auftreten als unerträglich empfunden werde. Hinsichtlich Ziffer 15 führte die Beklagte aus, dass es ein Zeichen für die Abwertung der Werte eines Rechtsstaats sei, die EU-Flagge als Fußabtreter zu nutzen. Dies suggeriere Gewaltbereitschaft und stehe nicht mit dem friedlichen Charakter der Versammlung in Einklang.
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Gegen die Auflagen in den Ziffern 8, 11 und 15 des Bescheids ließ der Kläger am 18. Oktober 2019 Klage erheben.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die erlassenen Beschränkungen den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 8 GG verletzen würden. Die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1, 2 BayVersG würden nicht vorliegen. Es seien keinerlei unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung ohne die angefochtenen Beschränkungen ersichtlich. Die Beschränkung der Nr. 8 des Bescheides werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Nahezu jeder körperliche Gegenstand sei objektiv als Waffe oder zur Abwehr polizeilicher Maßnahmen geeignet. Eine Einschränkung der ausufernden Beschränkung werde auch durch die nur beispielhafte Aufzählung nicht erreicht. Die Beschränkung Nr. 11 des Bescheides greife in das Grundrecht der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG und der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 GG ein, ohne gerechtfertigt zu sein. Es sei unzutreffend, dass die zivile Parteikleidung der Partei „D. D. Weg“ Uniformen substituiere. Die zivile Parteikleidung weise keine erkennbaren Bezüge zur Uniformenbekleidung historisch bekannter militanter Gruppierungen auf. Die Beklagte übersehe zudem die Mannigfaltigkeit der verwendeten Parteikleidung, welche unterschiedliche Kleidungsstücke sowie unterschiedliche Schnitte und Farben umfasse. Auch das Verwenden von Fahnen stelle kein militärisches Gebaren dar. Die Beklagte übersehe zudem, dass die Versammlung auf öffentliche Kundgabe und Kommunikation ausgelegt sei. Auch die Beschränkung Nr. 15 sei rechtswidrig. Das Verwenden der EU-Flagge als Fußabtreter stelle eine Form der Meinungskundgabe dar. Dies suggeriere weder Gewaltbereitschaft noch werde dadurch ein Zeichen für die Abwertung der Werte eines Rechtsstaats gesetzt. Die Beklagte habe in jedem Fall das ihr in Art. 15 Abs. 1, 2 BayVersG eingeräumte Ermessen unter Ausblendung der Versammlungsfreiheit des Klägers ausgeübt.
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Mit Beschluss vom 18. Oktober 2019 (Au 8 S 19.1737) wurde die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Ziffer 11 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnet und der Eilantrag im Übrigen abgelehnt. Die hiergegen vom Vertreter des öffentlichen Interesses erhobene Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. Oktober 2019 (BayVGH, B.v. 18.10.2019 - 10 CS 19.2058) zurück.
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Mit Schreiben vom 31. Oktober 2019 erklärte der Klägerbevollmächtigte das Verfahren für erledigt.
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Er beantragt zuletzt (sinngemäß),
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festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.
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Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses stimmten der Erledigungserklärung nicht zu.
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Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird geltend gemacht, dass die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hätten. Die Frage, ob Ziffer 11 des Bescheides vom 17. Oktober 2019 rechtmäßig gewesen sei, werde auch künftig im Verhältnis des Klägers und der Beklagten von Relevanz sein. Es sei eine hohe Präsenz von Mitgliedern der Partei „D. D. Weg“ im Stadtgebiet der Beklagten sowie ein verstärkt zu beobachtendes uniformes Auftreten derselben bei Versammlungen festzustellen. Ziffer 11 des streitgegenständlichen Bescheides sei rechtmäßig. Bei der Parteikleidung handele es sich um gleichartige Kleidungsstücke i.S.d. Art. 7 Nr. 1 BayVersG, die Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung seien. Durch das Tragen dieser gleichartigen Kleidungsstücke in militärähnlichen Farben sowie den darauf aufgebrachten Abzeichen und der Verwendung von Fahnen entstehe eine einschüchternde Wirkung. Es werde der Eindruck eines militärischen Aufmarsches erweckt und Anklänge an die NS-Propaganda hervorgerufen. Die bedrohliche Wirkung werde durch den Einsatz der verwendeten Fahnen noch verstärkt.
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In der Sache wurde am 14. Juli 2020 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf das Protokoll über die öffentliche Sitzung wird im Einzelnen Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2020 konnte entschieden werden, ohne dass der Kläger am Verhandlungstermin teilgenommen hat. Der Kläger wurde nach § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf diese Möglichkeit hingewiesen.
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1. Nachdem der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2019 die Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist Gegenstand der Klage nicht mehr das ursprünglich anhängig gemachte Anfechtungsbegehren hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. Oktober 2019. Die (einseitige) Erledigungserklärung konnte den Rechtsstreit aber auch nicht beenden, weil die Beklagte der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat.
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Diese prozessuale Situation hat zur Folge, dass ein sogenannter Erledigungsstreit vorliegt, dessen Gegenstand allein die Frage ist, ob sich der Rechtsstreit durch eine nach Rechtshängigkeit des ursprünglichen Sachbegehrens eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage erledigt hat (sogenannte Erledigungsfeststellungsklage). Würde das Gericht nämlich im Rahmen der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage zu dem Ergebnis kommen, dass sich der Rechtsstreit durch eine (nachträgliche) Änderung der Sach- oder Rechtslage tatsächlich erledigt hat, wäre die - möglicherweise im Zeitpunkt der Klageerhebung zulässige und begründete - Klage abzuweisen, mit der Folge der Kostentragungspflicht des Klägers. Dieser Kostenfolge kann der Kläger nur entgehen, wenn er die Hauptsache für erledigt erklärt, um gemäß § 161 Abs. 2 VwGO eine Kostenentscheidung des Gerichts nach billigem Ermessen zu erreichen. Widersetzt sich der Beklagte jedoch der Erledigungserklärung, kann der Kläger die Erledigung feststellen lassen, um auf diese Weise der Kostentragungspflicht zu entgehen. Der Klageantrag ist deswegen sachdienlich dahingehend auszulegen (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO), festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
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2. Die Klage auf Feststellung der Erledigung ist zulässig.
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Der Wechsel vom ursprünglichen Anfechtungsbegehren im Zeitpunkt der Klageerhebung zur Erledigungsfeststellung unterliegt nicht den Einschränkungen des § 91 VwGO (BVerwG, U.v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 - juris Rn. 7). Insoweit ist der Antrag auf Feststellung der Hauptsacheerledigung eine nicht von der Einwilligung des Beklagten abhängige, zulässige Klageänderung (BayVGH, B.v. 18.1.1990 - 4 C 89.3621; BVerwG, U.v. 1.9.2011 - 5 C 21/10 - juris Rn. 10). Neuer Streitgegenstand ist somit die Feststellung, dass sich das Verfahren erledigt hat.
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Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Umstellung des Klageantrags die einzige Möglichkeit darstellt, sich der für den Kläger nachteiligen Kostenfolge zu entziehen, wenn die Klage in Folge eines erledigenden Ereignisses unzulässig geworden ist und der Beklagte einer Erledigungserklärung nicht zustimmt (BVerwG, U.v. 1.9.2011 - 5 C 21/10 - juris Rn. 12). Um nicht nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen oder in Folge der prozessualen Erledigung zur Klagerücknahme mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO genötigt zu werden, kann der Kläger stattdessen eine Erledigungserklärung abgeben, mit der Folge, dass im Falle der Zustimmung des Beklagten über die Kosten gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen entschieden wird. Widersetzt sich der Beklagte der Erledigungserklärung, kann der Kläger der Kostentragung dadurch entgehen, dass er gerichtlich die Erledigung der Streitsache feststellen lässt. Ist er mit diesem Antrag erfolgreich, trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens. Die Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile ist ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Erledigungsfeststellungsklage ist auch begründet.
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a) Voraussetzung für die Begründetheit der Klage auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ist zunächst, dass objektiv ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Rechtstreit erledigt hat, ist die mündliche Verhandlung (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 143). Als erledigendes Ereignis kommt jede nach Klageerhebung eintretende Änderung der Sach- und Rechtslage in Betracht, die bereits für sich betrachtet die Abweisung der Klage als unzulässig oder unbegründet rechtfertigen würde. Für den Erledigungseintritt kommt es nicht darauf an, welche Ursachen der Erledigung zugrunde liegen, insbesondere, ob der Kläger die Erledigung durch sein eigenes Verhalten herbeigeführt hat, sondern er richtet sich ausschließlich nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 101). Vorliegend ist die Erledigung der Hauptsache durch Zeitablauf eingetreten, da die Versammlung, auf die sich der streitgegenständliche Bescheid bezieht, am 19. Oktober 2019 stattgefunden hat.
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Angesichts der Erledigung der Hauptsache nach Klageerhebung wäre die ursprünglich als Anfechtungsklage erhobene Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2019 unzulässig geworden, weil für diese Klage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr anzuerkennen ist. Diesem Umstand hat der Kläger durch die Erklärung der Erledigung in der Hauptsache Rechnung getragen.
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b) Die Überprüfung der Zulässigkeit und der Begründetheit des ursprünglichen Klagebegehrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann erforderlich, wenn die Beklagtenseite sich für ihren Widerspruch gegen die Erledigungserklärung und ihr Festhalten an ihrem bisherigen Antrag auf ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung berufen kann. Liegt dieses Interesse vor, hat ausnahmsweise eine Entscheidung über den ursprünglichen Klagegegenstand zu erfolgen, d.h. es wäre zu prüfen, ob die Klage vor ihrer Erledigung unzulässig oder unbegründet war. Für die Feststellung eines berechtigten Interesses in diesem Sinne wird § 113 Abs. 4 VwGO analog herangezogen (BVerwG, U.v. 31.10.1990 - 4 C 7/88 - juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 1.9.2011 - 5 C 21/10 - juris Rn. 14). Fehlt ein solches, soll das Gericht nach der Erledigungserklärung des Klägers einer aufwendigen Prüfung des ursprünglichen Klagebegehrens gerade enthoben sein, weil der Kläger eine Entscheidung hierüber nicht mehr begehrt.
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Vorliegend ist die Hauptsacheerledigung festzustellen, ohne dass noch zu prüfen ist, ob die ursprüngliche Klage begründet war. Denn weder die Beklagte noch der Vertreter des öffentlichen Interesses verfügen über ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an einer gerichtlichen Sachentscheidung.
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Von den in diesem Zusammenhang von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Fallgruppen, die ein Feststellungsinteresse begründen können, scheidet das Rehabilitierungsinteresse ebenso aus wie das Interesse an der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruchs, denn beides ist bei der Beklagten nicht vorstellbar. Denkbar ist daher nur die Fallgruppe der Wiederholungsgefahr. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte unter Berufung auf eine Wiederholungsgefahr trotz Erledigung des Rechtsstreits eine gerichtliche Sachentscheidung über den gegenstandslos gewordenen Verwaltungsakt einfordern kann, eine grundlegend andere Interessenlage gegeben ist, als im Falle der Prüfung eines Feststellungsinteresses wegen Wiederholungsgefahr seitens des Klägers. Nicht weiterführend ist daher der Verweis des Vertreters des öffentlichen Interesses auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Feststellungsinteresse des Klägers (BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Maßgeblich kann nämlich nicht sein, ob die Beklagte möglicherweise wegen einer derzeit nicht absehbaren, zukünftigen vom Kläger angemeldeten Versammlung erneut einen gleichartigen Verwaltungsakt erlassen könnte. Eine hinreichend konkretisierte Wiederholungsgefahr begründet für die Beklagte nur dann ein schutzwürdiges Interesse an der von ihr begehrten Entscheidung, wenn durch die Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen ihr und dem Kläger weitere rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können. Daran fehlt es jedoch hier. Es ist derzeit nicht konkret absehbar, ob der Kläger in Zukunft weitere Versammlungen bei der Beklagten anmelden wird. Vorhersehbar ist weder, an welchem Ort oder zu welcher Zeit künftige Versammlungen stattfänden noch wie viele Teilnehmer zu erwarten wären oder welche Kundgebungsmittel der Kläger künftig verwenden würde. Das Interesse dagegen, eine bloße Rechtsfrage zu klären, die nur für die künftige Entstehung von Rechtsverhältnissen einer Partei mit anderen Personen Bedeutung haben kann, ist nicht schutzwürdig. Des Weiteren liegen mit dem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2019 (Au 8 S 19.1737) sowie dem Beschwerdebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Oktober 2019 (BayVGH, B.v. 18.10.2019 - 10 CS 19.2058) zwei gerichtliche Entscheidungen vor, die die zur zivilen Parteikleidung ergangene Auflage der Beklagten trotz der nur summarischen Prüfung ausführlich thematisieren.
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4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagten waren die Kosten vollumfänglich aufzuerlegen, da sie weiterhin eine Sachentscheidung, nämlich die Klageabweisung, beantragt hat, obwohl eine solche infolge der Erledigung der Hauptsache nicht mehr ergehen kann und auch kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung besteht (vgl. OVG Münster, B.v. 7.4.1954 - VIII A 998/53 = NJW 1955, 197 (198)).
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5. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).