Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 02.07.2020 – AN 17 K 19.01745
Titel:

Erfolglose Klage gegen eine Beseitigungsanordnung für ein im Außenbereich stehendes Wochenendhaus mit Nebenanlagen

Normenketten:
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 40, Art. 76 S. 1
BayVwZVG Art. 36
BauGB § 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5, Nr. 7
Leitsätze:
1. Bestandsschutz kommt baulichen Anlagen zu, wenn sie in ihrem Bestand und ihrer Funktion in der Vergangenheit so genehmigt worden sind oder bei genehmigungsfreien Anlagen, wenn sie bei Errichtung oder irgendwann im Laufe ihres Bestehens Rechtmäßigkeit erlangt haben, insbesondere wenn eine Genehmigungspflicht bei ihrer Errichtung nicht bestanden hat oder später, z.B. durch bauliche Veränderungen entfallen ist, und der erlangte Bestandsschutz im Laufe der Zeit auch nicht wieder eingebüßt worden ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Zwangsgeldandrohung ist dann zu unbestimmt, wenn ein Zwangsgeld pauschal für eine Vielzahl von unterschiedlichen Handlungspflichten auferlegt wurde und dadurch offenbleibt, welche Konsequenz der Verstoß nur gegen eine oder mehrere, aber nicht gegen alle Verpflichtungen nach sich zieht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anlagenbegriff nach Art. 76 Satz 1 BayBO, Bestandsschutz baulicher Anlagen (ungeklärten Alters), Ermessensentscheidung nach langem Nichteinschreitens/nach langer Duldung (keine) einheitliche Zwangsgeldandrohung, Baugenehmigung, Versicherungsschein, Beseitigungsanordnung, Außenbereich, Wochenendhaus, Bestimmtheit
Fundstelle:
BeckRS 2020, 19123

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Beseitigungsanordnung für ein im Außenbereich stehendes Wochenendhaus mit zahlreichen Nebenanlagen.
2
Der Kläger ist seit 2016 Alleineigentümer des 2.380 qm großen, dreieckig geschnittenen, nach Süden spitz zulaufenden Waldgrundstücks FlNr. 443 der Gemarkung …, Gemeinde … Es stand ursprünglich im Eigentum seiner zwischenzeitlich verstorbenen Eltern.
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Aktenkundig zum Grundstück ist ein Beitragsbescheid des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der … vom 24. Oktober 2016, in dem von einer maßgebenden Grundstücksfläche von 490 qm und einer vorhandenen Geschossfläche für ein Hauptgebäude von 31,60 qm (Erdgeschoss 5,00 x 6,00 + 2,00 x 0,80) ausgegangen wird sowie ein Versicherungsschein für die Brandversicherung eines „Kleingebäudes“ für die Zeit ab 1. Juli 1977.
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Bezüglich des Grundstücks liefen bereits zwischen den Eltern des Klägers und dem Beklagten mehrere Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Den beim Beklagten nur zum Teil noch vorhandenen Behördenakten kann Folgendes entnommen werden:
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Die Eltern des Klägers stellten im Jahr 1982 auf dem Grundstück einen Bauantrag auf Errichtung einer Doppelgarage. Auf dem dem Bauantrag beigefügten Katasterauszug war der Standort der beabsichtigten Garage an der nördlichen Grundstücksgrenze verzeichnet. Im Bestand verzeichnet war in der Nähe des Garagenstandorts, ebenfalls im nördlichen Bereich des Grundstücks, ein Gebäude, zu dem handschriftlich „Wochenendhaus“ vermerkt war. Am 22. Januar 1985 wurde der Antrag zurückgenommen.
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Mit Bescheid vom 16. Mai 1984 hatte das Landratsamt … außerdem Bauarbeiten zur Erweiterung des bestehenden Wochenendhauses eingestellt und im Anordnungsbescheid vermerkt, dass bei einer Ortsansicht festgestellt worden sei, dass an das vorhandene Wochenendhaus neue Außenwände an der Süd- und Westseite des Gebäudes bereits auf ca. 1 m Höhe erstellt worden seien, ohne dass hierfür eine Genehmigung vorläge. Der gegen die Baueinstellung erhobene Widerspruch wurde von der Regierung … mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1985 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid ist ausgeführt, dass das Wochenendhaus zu keiner Zeit baurechtlich genehmigt wurde. Ein außerdem gegen den Bescheid vom 16. Mai 1984 gerichteter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wurden zurückgenommen, das Verfahren vom Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 20. Mai 1985 eingestellt.
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Am 10. April 1985 hatten die Eltern des Klägers außerdem Klage gegen die Fälligstellung eines angedrohten Zwangsgelds vom 15. November 1984 erhoben und ein Eilverfahren angestrengt. Der Ausgang der Klage ist nicht bekannt. Das Eilverfahren wurde nach der Erklärung des Landratsamtes …, dass die Vollstreckung des Zwangsgeldes ausgesetzt werde, übereinstimmend für erledigt erklärt und vom Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 7. August 1985 eingestellt.
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Im Mai 2019 kam es durch die Beklagte zum Aufgriff der Bebauung auf dem klagegegenständlichen Grundstück. Bei einem Ortstermin am 24. Juli 2019 traf das Landratsamt … folgende Feststellungen: Im nicht genehmigten Carport befinde sich ein angemeldetes Wohnmobil und ein weiteres unangemeldetes Kraftfahrzeug. Auf dem Grundstück befänden sich mehrere Holzstöße, ein kleiner Goldfischteich, eine überdachte Sitzgruppe aus Holz, eine Feuerstelle, ein Dixiehäuschen, ein altes, 1 x 1 m großes Klohäuschen, ein Lagerhäuschen (vermutlich Gerätelager), ein sechseckiger Pavillon mit darunter stehendem Anhänger und ein 5,88 m x 5,28 m großes Haus, das zum Teil in Holzbauweise bestehe und einen angebauten Wintergarten habe. Im Wintergarten stünden Fahrräder und eine kleine Musikanlage. Das Haus habe nicht betreten werden können, da der anwesende Kläger angegeben habe, den Schlüssel nicht dabei zu haben. Es befinde sich wohl keine Feuerstelle und keine Heizung im Haus. Ein Stromanschluss sei vorhanden. Der Kläger habe angegeben, dass das Haus täglich als Aufenthaltsraum und Raucherraum genutzt werde. Lichtbilder und eine Skizze wurden vom Landratsamt gefertigt.
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Am 8. August 2019 erließ das Landratsamt … nach vorheriger Anhörung des Klägers folgenden Bescheid:
„1. Herrn … wird aufgegeben, folgende baulichen Anlagen auf dem Grundstück Fl.Nr. 443 der Gemarkung … zu beseitigen bzw. zurückzubauen:
das Carport sowie die sich auf dem Grundstück befindlichen Fahrzeuge (2 Pkw, 1 Wohnmobil), die überdachte Sitzgruppe (freibeweglich), der vor Regen geschützte Verschlag mit diversem Inhalt, die Feuerstelle, ein Dixiehaus (blau), diverse blaue Tonnen, ein eventuelles Toilettenhäuschen (Holzbauweise, grüner Anstrich, ca. 1 x 1 m), ein Gerätehäuschen (Ausführung in Blech, blau, ca. 2 x 1 m nebendran stehend), ein sechseckiger Pavillon mit drunter stehendem Hänger, gepflasterte Fläche vom Tor bis zum Haus, dahinter und zum Teil drum herum, das Wochenendhaus (in Holz und Steinbauweise mit Fenstern) sowie die gesamte Einfriedung (Maschendrahtzaun).
2. Falls Herr … die unter Nr. 1 genannte Verpflichtung nicht bis spätestens 15. Oktober 2019 erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € zur Zahlung fällig.
3. Herr … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 100,00 € festgesetzt. Die Auslagen betragen 4,11 €.“
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Zur Begründung wurde im Bescheid ausgeführt, dass eine Genehmigung für die Anlagen zu keiner Zeit vorgelegen habe, auch nicht für das „alte Wochenendhaus“. Im Widerspruchsbescheid habe die Regierung … festgestellt, dass eine bauaufsichtliche Genehmigung für das Wochenendhaus zu keiner Zeit vorgelegen habe. Die Schwarzbauten seien zu beseitigen. Bestandsschutz bestehe nicht. Eine nachträgliche Genehmigung könne nicht erteilt werden. Es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, die ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu entfernen, da der Verstoß gegen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften ungleich schwerer wiege als das persönliche Interesse des Bauherrn am Fortbestehen des rechtswidrigen Zustandes, woran auch der nicht unerhebliche wirtschaftliche Schaden nichts ändere.
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Gegen den am 10. August 2019 zugestellten Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 10. September 2019 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2019 aufzuheben.
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Gleichzeitig beantragte der Kläger die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (AN 17 S 19.01744).
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Nach gerichtlichem Hinweis im Eilverfahren änderte das Landratsamt … den ursprünglichen Bescheid mit Bescheid vom 7. November 2019 im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung ab und fasste diese wie folgt:
„2. Falls Herr … die unter Nr. 1 genannte Verpflichtung nicht innerhalb von 2 Monaten ab Bestandskraft des Bescheides vollständig erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € fällig.“
14
Das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde daraufhin vom Gericht nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien am 27. Dezember 2019 eingestellt.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 7. November 2019,
die Klage abzuweisen.
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Die Beseitigungsanordnung sei zu Recht ergangen, da sämtliche errichteten Anlagen ungenehmigt seien. Eine Baugenehmigung habe auch der Kläger nicht vorlegen können. Aus den Altakten ergebe sich die Rücknahme des Bauantrags für die Errichtung der Garage und die Vergrößerung des Wochenendhauses. Die Vergrößerung sei fertiggestellt worden, obwohl die Baueinstellung nicht aufgehoben worden sei. Im Widerspruchsbescheid sei klar formuliert, dass die Errichtung des Wochenendhauses zu keiner Zeit bauaufsichtlich genehmigt gewesen sei.
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Mit Schriftsatz vom 28. November 2019 machte die Klägerseite den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens und beantragte nunmehr,
den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2019 in Fassung des Änderungsbescheides vom 7. November 2019 aufzuheben.
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Zur Klagebegründung wurde mit Schriftsätzen vom 10. September 2019, 30. März, 17. April und 1. Juli 2020 vorgetragen, dass das Grundstück bereits seit 1984 bzw. 1957 bebaut sei und Bestandsschutz bestehe. Der Bescheid sei zu unbestimmt („..diverse…“). Es seien auch nur zum Teil Anlagen i.S.v. Art. 76 Satz 1 BayBO bzw. bauliche Anlangen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO betroffen, insbesondere was die Fahrzeuge, „diverse blaue Tonnen“, die Feuerstelle, die überdachte Sitzgruppe und den „Verschlag“ anbetreffe. Es sei auch unklar, ob sich alle Objekte noch auf dem Grundstück befänden. Das Anwesen sei bereits 1957 als genehmigungsfreies Vorhaben mit dem Einverständnis der zuständigen Behörde errichtet worden. Die Eltern des Klägers hätten das Grundstück mit dem bereits errichteten Wochenendhaus 1979 käuflich erworben. Das Haus sei zum damaligen Zeitpunkt bereits an die Kanalisation angeschlossen gewesen. Aus dem zitierten Widerspruchsbescheid ergebe sich nichts anderes. In dem Verfahren sei es um die Beseitigung der Erweiterung, nicht des Gebäudes als solches gegangen. Eine Beeinträchtigung des Natur- und Landschaftsschutzes könne nach 62 Jahren der Duldung nicht angenommen werden. In unmittelbarer Nähe des Grundstücks befänden sich auch andere bebaute Grundstücke.
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Vom Kläger vorgelegt wurden daraufhin Unterlagen aus einem Gerichtsverfahren von 1984/1985 (wohl die Klage bezüglich der Fälligkeit des Zwangsgeldes), insbesondere ein Schreiben des Vorsitzenden der damals zuständigen Kammer am Verwaltungsgericht Ansbach vom 27. Februar 1985, wonach darauf hingewiesen werde, dass die vorgelegten Schreiben und Lichtbilder darauf hindeuteten, dass das Wochenendhaus nicht nur geringfügig geändert worden sei, sondern kaum eine Identität mit dem früheren Wochenendhäuschen angenommen werden könne. Vorgelegt wurde zudem ein Schriftsatz des Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 5. März 1985, wonach diese das Grundstück auf eine Annonce in den … Nachrichten vom 12./13. Mai 1979 als „Gartengrundstück, eingezäunt, mit Wasser, Strom, Gartenhaus und Geräteschuppen“ von einem seriösen, älteren Ehepaar gekauft hätten. Die Eltern seien deshalb von einem genehmigten Gebäude ausgegangen, könnten aber keine Genehmigung vorlegen. Ein Anschluss an Kanalisation und Strom habe vorgelegen. Das Haus sei mit Einverständnis der Gemeinde errichtet worden. Als der Einsturz des Daches gedroht habe, hätten sie Eltern statt der Holzeinrahmung eine Steinmauer aufgezogen und die ursprünglich freie Veranda verglast. Es sei dem Landratsamt am 22. Januar 1985 angeboten worden, das Wochenendhaus wieder so herzustellen, wie es gewesen sei. Hierauf sei dieses jedoch nicht eingegangen, sondern habe den Abbruch des Altbestands gefordert. Zum Nachweis, dass sich bereits 1979 ein Wochenendhäuschen mit Wasseranschluss und Terrasse mit Überdachung und Holzverkleidung auf dem Grundstück befunden haben, wurde Beweis durch einen damaligen Kaufinteressenten angeboten.
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Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2020 verteidigte der Beklagte seinen Bescheid. Es handele sich bei sämtlichen Gegenständen um bauliche Anlagen, jedenfalls nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Nach § 6 Abs. 2 Buchst. b Nr. 1 BayBO 1901 i.d.F.v. 1953 seien nur Holzhütten verfahrensfrei gewesen, wenn sie keine Feuerungsstätte besessen hatten und nur aus Erdgeschoss und höchstens 70 qm Grundfläche bestanden hatten. Schon der Ursprungsbau habe dies nicht erfüllt, sei damit nicht formell rechtmäßig errichtet worden und sei damit nicht bestandsgeschützt.
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Am 10. Juni 2020 wurde in der Sache mündlich verhandelt und ein Gerichtsvergleich vorgeschlagen, der in der Folge vom Kläger nicht angenommen wurde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage kann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2020 sich hiermit einverstanden erklärt haben, im schriftlichen Verfahren entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Anfechtungsklagen gegen Ziffer 1 (Beseitigungsanordnung) und 3 (Kosten) des Bescheides vom 7. August 2019 und gegen die mit Bescheid vom 7. November 2019 geänderte Ziffer 2 dieses Bescheides (Zwangsgeldandrohung) ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, aber unbegründet und damit abzuweisen. Der Bescheid vom 7. August 2019 ist in der Fassung, die er mit Bescheid vom 7. November 2019 gefunden hat, in Gänze rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Die Beseitigungsanordnung ist rechtsfehlerfrei auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützt worden. Sie ist auch hinreichend bestimmt und verstößt damit nicht gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
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a) Ein Verwaltungsakt ist dann hinreichend bestimmt, wenn für den Adressaten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, welches Verhalten von ihm verlangt wird (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz Aufl. 2019, § 37 Rn. 5). Ziffer 1 des Bescheidstenors zählt sämtliche zu beseitigende Anlagen und Gegenstände auf dem Grundstück enumerativ auf. Zweifel daran, ob einzelne Dinge von der Verfügung zu beseitigen sind, bestehen damit nicht, auch nicht hinsichtlich der blauen Tonnen. Alle sich auf dem Grundstück befindenden blauen Tonnen sind zweifelsohne von der Formulierung zu beseitigen. Unklarheiten bestehen insofern nicht. Auch der Kläger selbst behauptet dies konkret nicht, hängt sich lediglich an dem Zusatz „diverse“ auf, der aber, da klar alle blauen Tonnen gemeint sind, kein Problem darstellt. Einer näheren Bezeichnung nach Größe, Typ oder Standort braucht es dann nicht, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht.
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b) Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO sind sämtlich erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden und rechtmäßige Zustände nicht auf andere Art und Weise hergestellt werden können. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2019, Art. 7 Rn. 131).
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Bei den aufgezählten Objekten handelt es sich um Anlagen in diesem Sinne. Dies sind nach Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO bauliche Anlagen nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BayBO sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayBO. Bei den Gebäulichkeiten und auf dem Grundstück befindlichen Objekten handelt es sich um Anlagen, die entweder mit dem Erdboden verbunden sind, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO (Wochenendhaus, grünes Gerätehäuschen, Toilettenhäuschen, Verschlag, Carport, Pflasterungen) oder jedenfalls ihrem Zweck nach tatsächlich ortsfest verwendet werden, Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO (Dixiehäuschen, Pavillon, Sitzgruppe, Zaun) und damit um bauliche Anlagen. Dies gilt auch für die offensichtlich der Regenwassersammlung dienenden blauen Tonnen, die gefüllt nicht mehr ortsveränderlich sind. Im Übrigen (insbesondere für die Feuerstelle) - und hilfsweise auch für unter
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Art. 2 Abs. 1 BayBO subsumierten o.g. Objekte - greift Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayBO, da an die Errichtung und Aufstellung dieser Objekte Anforderungen nach der BayBO gestellt werden. Für Feuerstellen macht insbesondere Art. 40 BayBO Vorgaben (sie sind im Wald nach Art. 17 BayWaldG aber schon gänzlich untersagt). Vom baurechtlichen Anlagenbegriff bzw. dem Anwendungsbereich unmittelbar nicht umfasst sind zwar die auf dem Grundstück geparkten Fahrzeuge und die abgelagerten sonstigen beweglichen Sachen (Inhalt des Verschlags, etc.), dem Anlagenbegriff unterfallen jedoch Lagerplätze (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO) und Stellplätze (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 N. 5 BayBO). In diesem Sinne ist die Anordnung auszufassen. Ist ein Lager- oder Abstellplatz zu beseitigen, ist davon auch das darauf Abgestellte umfasst bzw. in der Folge zu entfernen.
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c) Sämtliche Anlagen stehen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschiften, sind jedenfalls deshalb formell und materiell rechtswidrig, weil sie ohne baurechtliche Genehmigung im baurechtlichen Außenbereich errichtet worden sind und nicht genehmigungsfähig sind. Nach § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 BauGB sind nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich grundsätzlich unzulässig und nur genehmigungsfähig, wenn keine Belange i. S. v. § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt werden. Eine Beeinträchtigung jedenfalls des Natur- und Landschaftsschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) und die Gefahr der Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB) liegen bei der hier vorliegenden Nutzung des Waldgrundstücks zu Wohnzwecken bzw. zu freizeitmäßigen Aufenthaltszwecken auf der Hand. Zudem weist der Beklagte darauf hin, dass das Grundstück auch im Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes und im Bereich des Flächennutzungsplans der Gemeinde Wendelstein mit der Festsetzung „Wald mit besonderer Bedeutung für Naturhaushalt und Landschaftsbild“ liegt (§ 35 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 BauGB).
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Baurechtlicher Bestandschutz, der einer Beseitigungsanordnung entgegenstünde, kann für die Anlagen nicht festgestellt werden, auch nicht wie von der Klägerseite geltend gemacht, für das Wochenendhaus selbst. Bestandsschutz kommt baulichen Anlagen zu, wenn sie in ihrem Bestand und ihrer Funktion in der Vergangenheit so genehmigt worden sind oder bei genehmigungsfreien Anlagen, wenn sie bei Errichtung oder irgendwann in Laufe ihres Bestehens Rechtmäßigkeit erlangt haben, insbesondere wenn eine Genehmigungspflicht bei ihrer Errichtung nicht bestanden hat oder später, z.B. durch bauliche Veränderungen entfallen ist, und der erlangte Bestandsschutz im Laufe der Zeit auch nicht wieder eingebüßt worden ist (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 116 ff. 117, 120). Eine Duldung eines Gebäudes durch die Bauaufsichtsbehörde, selbst wenn sie über viele Jahre geht, führt hingegen nicht zur Rechtmäßigkeit (BayVGH, U.v. 28.10.2005 - 2 B 05.3342 - juris Rn. 19).
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Eine baurechtliche Genehmigung für das Wochenendhaus konnte nicht nachgewiesen werden. Eine solche ist weder bei der Bauaufsichtsbehörde aktenkundig, noch hat sie der Kläger beigebracht. Aus den von der Kläger- und der Beklagtenseite beigezogenen Unterlagen zu den baurechtlichen Verfahren und Prozesse in den 80er Jahren ist vielmehr zu entnehmen, dass auch damals eine Baugenehmigung nicht aufgefunden werden konnte und von einer Errichtung des Ursprungsbaus ohne Baugenehmigung durch die Voreigentümer der Eltern des Klägers zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt (vermutlich Ende der 50er Jahre) ausgegangen wurde. Die Regierung … legte dem Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1985 zu Grunde, dass der Ursprungsbau nie genehmigt wurde.
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Eine Baugenehmigung wurde vom Kläger, der im Fall der Nichtaufklärung dieser Frage trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismittel im Amtsermittlungswege hierfür die materielle Beweislast trägt, jedenfalls nicht nachgewiesen. Vorgelegte Versicherungsunterlagen von 1977 belegen genau so wenig eine genehmigte Errichtung in den 50er Jahren wie die Tatsache, dass das Gebäude seit langer Zeit, möglicherweise auch von Anfang an, an die öffentlichen Wasserversorgung angeschlossen ist. Bauaufsichtsbehörde war damals wie heute nicht die Gemeinde, sondern das Landratsamt, so dass es auf das Wissen und die Behandlung durch die Gemeinde nicht ankommt und kein Rückschluss hieraus gezogen werden kann. Auch aus der schriftlichen Stellungnahme bzw. dem Zeugenangebot im Schriftsatz vom 1. Juli 2020 ergibt sich nichts anderes. Der angebotene Zeuge macht in seinen Ausführungen lediglich Ausführungen zum tatsächlichen Zustand des Grundstückes im Jahr 1979, aber keine Angaben zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes und - naturgemäß - ebenso wenig zur rechtlichen Situation des Wochenendhauses. Auf eine Zeugeneinvernahme konnte damit verzichtet werden, da sie keinen Aufschluss geboten hätte. Von einer widerlegbaren Vermutung für den Bestandsschutz im Sinne einer Beweislastumkehr ist vorliegend nicht auszugehen. Die Rechtsprechung nimmt dies ausnahmsweise an, wenn ein Gebäude seit „unvordenkbaren Zeiten“ besteht (BayVGH, U.v. 3.5.1978 - 10 XV 74, zitiert bei Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 136), wofür ein mögliches, aber ungeklärtes Bestehen seit rund 60 Jahren nicht ausreicht.
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Dass das Ursprungsgebäude bei seiner Errichtung genehmigungsfrei frei war und materiell-rechtlich nicht im Widerspruch zu den baurechtlichen Gesetzen errichtet wurde, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Da der Errichtungszeitpunkt des Hauses unklar blieb, kann eine Prüfung letztlich nicht stattfinden. Die Außenbereichsnutzung, insbesondere die Nutzung eines Waldgrundstücks zu nicht privilegierten Wohn- oder Ferienzwecken war nach der Bayerischen Bauordnung und den bundesgesetzlichen Grundlagen im Baugesetzbuch bzw. dem vorausgehenden Bundesbaugesetz in dem in Frage kommenden Zeitraum zu keinem Zeitpunkt zulässig.
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Jedenfalls hätte das Gebäude seinen Bestandsschutz durch den festgestellten Umbau in den 80er Jahren wieder verloren. Durch die Verfahren und Prozesse der Eltern des Klägers mit der Bauaufsichtsbehörde in den 80er Jahren ist jedenfalls bekannt und auch unstreitig, dass das Bestandsgebäude umgebaut worden ist, insbesondere ein Vorbau bzw. eingeschlossener, gemauerter und verglaster Wintergarten an die ursprüngliche Holzhütte angebaut wurde. Damit wurde das Gebäude ca. doppelt so groß (s. Skizze der Bauaufsichtsbehörde, amtlichen Lageplan und Fotos in der Behördenakte) und erlangte Massivität und Dauerhaftigkeit. Auch das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Eltern des Klägers mit dem von ihm vorgelegten gerichtlichen Schreiben vom 27. Februar 1985 darauf hin, dass angesichts des vorgenommenen Umbaus nicht mehr von einer Identität von Ursprungsgebäude und umgebautem Gebäude ausgegangen werden könne. Wird ein Gebäude grundlegend umgestaltet und erweitert, wird es z. B. wie hier in ein größeres Gebäude integriert und entsteht dadurch insgesamt ein neues Gebäude, so muss dieses neue Gebäude insgesamt genehmigt werden (vgl. auch BayVGH, U.v. 28.10.2008 - 2 B 05.3342 - juris Rn.19: bei qualitativer und quantitativer wesentlicher Änderung). Gegebenenfalls vorhandener Bestandschutz an Gebäudeteilen, die nicht weiter isoliert bestehen (können), sondern in einem neuen Gebäude mit gemeinsamen Bauteilen aufgehen, geht verloren. Aus diesem Grund musste sich die Beseitigungsanordnung auch nicht auf einen - ohne weiteres gar nicht möglichen - Rückbau des Gebäudes beschränken. Auch insoweit wäre es jedenfalls Sache des Klägers gewesen, die für ihn günstige Tatsache der Rückbaubarkeit bzw. Teilidentität mit dem Ursprungsgebäude nachzuweisen (vgl. Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 130).
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Hinsichtlich der übrigen Anlagen auf dem klägerischen Grundstück, die alle neueren Datums sind, nämlich in den 80er Jahren noch nicht bestanden, kommt Bestandschutz schon offensichtlich nicht in Betracht. Mangels Genehmigung und Genehmigungsfähigkeit liegen die Voraussetzungen der Beseitigungsanordnung insoweit fraglos vor.
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Die Beseitigungsanordnung erging zu Recht an den Kläger als Eigentümer und Zustandsverantwortlichen (Art. 9 Abs. 2 LStVG entsprechend). Andere Verantwortliche existieren nicht mehr.
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d) Die Anordnung erging auch ermessensgerecht. Insbesondere steht der fehlende Vollzug hinsichtlich der Baueinstellung von 16. Mai 1984 bzw. das Stillhalten der Bauaufsichtsbehörde seit der Kenntniserlangung zum Gebäude in den 80er Jahren dem nunmehrigen Einschreiten nicht entgegen. Da die Bauaufsichtsbehörde mit der Baueinstellung von 16. Mai 1984 den bis dahin unbekannten Sachverhalt aufgegriffen hat und auch einen Bauantrag bezüglich einer Garage abgelehnt hat, kann schon nicht von einer Duldung des rechtswidrigen Zustandes gesprochen werden. Dem Kläger musste im Gegenteil seit dem damaligen (mehrfachen) Einschreiten bewusst gewesen sein, dass die Nutzung des Außenbereichsgrundstücks nicht hingenommen wird. Das gilt auf jeden Fall für sämtliche Neu- und Umbauten, durch das Einschreiten konnte aber auch kein Vertrauen hinsichtlich des Bestandes entstehen. Entsprechende Signale hat die Bauaufsichtsbehörde damals gerade nicht gesetzt. Wie der Kläger selbst angibt, ist der Beklagte auch auf ein Rückbauangebot des Klägers nicht eingegangen, so dass er auch hinsichtlich des Altbestandes nicht von einer Duldung ausgehen durfte. Der reine Nichtvollzug, selbst wenn er über lange Zeit erfolgt, steht einer späteren Beseitigung grundsätzlich nicht entgegen (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 208 ff. m.w.N.). Die Ermessensentscheidung unter maßgeblicher Heranziehung der negativen Vorbildwirkung ist nicht zu beanstanden. Durch die intensive baurechtswidrige Nutzung des gesamten Grundstücks ist es auch unproblematisch, dass gegebenenfalls andere, in der Nähe liegende Außenbereichsnutzungen vom Beklagten (noch) nicht in gleicher Weise aufgegriffen worden sind.
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2. Rechtmäßig ist der Bescheid auch hinsichtlich der geänderten Zwangsgeldandrohung (Ziffer 2 des Bescheids, Änderungsbescheid vom 7.11.2019). Die gesetzlichen Voraussetzungen nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Art. 36 BayVwZVG liegen vor. Durch die nunmehrige Fassung der Androhung ist sichergestellt, dass die Vollstreckung nicht vor Bestandskraft der Beseitigungsanordnung erfolgt. Die Androhung ist hinsichtlich der gesetzten Frist zur freiwilligen Beseitigung der Anlagen und hinsichtlich der Zwangsgeldhöhe im Bescheid vom 7. November 2019 ausreichend begründet und nicht zu beanstanden.
40
Die Zwangsgeldandrohung ist auch ausreichend bestimmt im Sinne von Art. 36 Abs. 3 BayVwZVG. Eine Unbestimmtheit ergibt sich insbesondere nicht aus einem einheitlich angedrohten Zwangsgeld. Nach der Rechtsprechung (vgl. VG München, B.v. 27.3.2013 - M 18 S 13.587 - juris Rn. 101, VG Regensburg, U.v. 22.11.2010 - RO 8 K 09.83 u.a. - juris Rn. 86 ff., VGH Bad.-Württ., U.v. 17.8.1995 - juris Rn. 30 ff.) ist eine Zwangsgeldandrohung dann zu unbestimmt, wenn ein Zwangsgeld pauschal für eine Vielzahl von unterschiedlichen Handlungspflichten auferlegt wurde und dadurch offenbleibt, welche Konsequenz der Verstoß nur gegen eine oder mehrere, aber nicht gegen alle Verpflichtungen nach sich zieht. Vorliegend handelt es sich zum einen durchgehend um eine Beseitigungspflicht und nicht um unterschiedliche Gebote, zum anderen ist von der Formulierung her eindeutig, dass das Zwangsgeld in voller Höhe fällig wird, wenn nicht alle - unter Ziffer 1 des Bescheids vom 7. August 2019 - aufgezählten Anlagen fristgerecht beseitigt werden („Falls … nicht… vollständig erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € fällig“). Eine Unklarheit für den Fall der nur teilweisen Erfüllung der Handlungspflicht besteht damit nicht. Die Androhung des Zwangsgelds in voller Höhe auch bei teilweiser Erfüllung erscheint auch nicht unverhältnismäßig, sondern dient dem Zweck der Herstellung vollständig rechtmäßiger Zustände. Das Zwangsgeld ist in seiner Höhe ohnehin eher moderat.
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3. Nicht zu beanstanden ist der Bescheid auch hinsichtlich seiner Kostenentscheidung. Auf die Ausführungen im Bescheid wird insoweit verwiesen.
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4. Die Klage war damit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich abzuweisen.