Inhalt

VG München, Urteil v. 22.06.2020 – M 16 K 19.1216
Titel:

Erweiterte Gewerbeuntersagung

Normenketten:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 6
VwGO § 74 Abs. 1, § 114 S. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit kann sich aus Steuerrückständen des Gewerbetreibenden ergeben sowie aus seiner mangelnden Bereitschaft, seine steuerlichen Erklärungspflichten und Mitwirkungspflichten im Vollstreckungsverfahren zu erfüllen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung kann allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere – nicht ausgeübte – gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
5. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grds. nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erweiterte Gewerbeuntersagung, Unzuverlässigkeit, Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen, Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Nichtabgabe von Steuererklärungen, erweiterte Gewerbeuntersagung, Gemeinde, Umsatzsteuervoranmeldungen, Eintragung, Trunkenheit im Verkehr, Postzustellungsurkunde, Eintritt der Unanfechtbarkeit, Untersagung, Ausübung eines Gewerbes, Feststellung der Unzuverlässigkeit, negative Prognose, Gewerbe, Prognose, maßgeblicher Zeitpunkt, Steuerrückstände, Vollstreckungsportal, steuerliche Erklärungspflicht, Vollstreckungsverfahren, Verhältnismäßigkeit, Vertretungsberechtigter
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 14.09.2020 – 22 ZB 20.1947
Fundstelle:
BeckRS 2020, 18826

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung.
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Zum 21. Juni 2016 zeigte der Kläger bei der zuständigen Gemeinde die Ausübung des Gewerbes "Bauplanung, Projektierung, Montagebau von Fertigteilen" an.
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Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 regte das Finanzamt Eichstätt beim Landratsamt Eichstätt an, hinsichtlich des Klägers ein Gewerbeuntersagungsverfahren einzuleiten und teilte mit, dass beim Kläger Umsatzsteuerrückstände in Höhe von 12.913,77 Euro bestünden und er seit Mai 2018 die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vorgelegt habe. Nach Mitteilung des Finanzamts Eichstätt belaufe sich der Steuerrückstand des Klägers am 30. November 2018 auf 21.278,88 Euro. Die Gemeinde H* … teilte am 21. August 2018 mit, dass beim Kläger Gewerbesteuerrückstände in Höhe von 3.694,- Euro bestünden. Zum 4. Dezember 2018 belaufe sich der Rückstand nach Mitteilung der Gemeinde H* … auf 4.722,50 Euro. Eine Abfrage im Vollstreckungsportal durch das Landratsamt Eichstätt am 17. Januar 2019 ergab, dass der Kläger einmal wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft eingetragen ist. Das vom Landratsamt Eichstätt angeforderte Führungszeugnis des Klägers enthält die Eintragung einer Verurteilung durch das Amtsgericht Ingolstadt vom 13. August 2018, rechtskräftig seit 13. August 2018, wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen.
4
Mit Schreiben vom 8. November 2018 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten Gewerbeuntersagung angehört. Zugleich wurde der Industrie- und Handelskammer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Mit Bescheid vom 17. Januar 2019, ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellt am 29. Januar 2019, untersagte das Landratsamt Eichstätt dem Kläger die Ausübung des Gewerbes "Bauplanung, Projektierung, Montagebau von Fertigteilen" als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe (Nummer 1). Zudem wurde dem Kläger die selbständige Ausübung aller Gewerbearten sowie die etwaige Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die etwaige Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person untersagt (Nummer 2). Dem Kläger wurde aufgegeben, seine Tätigkeit spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung einzustellen (Nummer 3). Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht nachkommt, wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht (Nummer 4). Die Kosten des Verwaltungsverfahrens in Höhe von 508,22 Euro wurden dem Kläger auferlegt (Nummer 5).
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Zur Begründung führt das Landratsamt Eichstätt im Wesentlichen aus, der Kläger besitze nicht die zur selbständigen Ausübung seines Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit. Sein bisheriges Verhalten biete keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung seines Gewerbes. Er komme seinen Zahlungsverpflichtungen nicht ordnungsgemäß nach. So habe der Kläger sowohl beim Finanzamt Eichstätt als auch bei der Gemeinde H* … Steuerrückstände. Das Zahlungsgebaren des Klägers offenbare einen mangelnden Leistungswillen. Auch befinde sich der Kläger in ungeordneten Vermögensverhältnissen, was sich aus der Eintragung im Vollstreckungsportal wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft ergebe. Durch die Nichtabgabe der Vermögensauskunft habe der Kläger gezeigt, dass er freiwillig nicht bereit sei, seinen Gläubigern Einblick in seine Vermögensverhältnisse zu gewähren, obwohl er gesetzlich dazu verpflichtet sei. Auch sei der Kläger seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Der Zustand seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit halte unvermindert an. Anzeichen für eine Besserung der wirtschaftlichen Situation seien nicht erkennbar, vielmehr hätten sich die Verbindlichkeiten fortlaufend erhöht, ohne dass der Kläger wirkungsvolle Sanierungsmaßnahmen ergriffen habe. Der Eintrag im Führungszeugnis weise zwar keinen unmittelbaren gewerberechtlichen Bezug auf, bestätige jedoch die Bereitschaft des Klägers, vorsätzlich gesetzlichen Verpflichtungen zuwiderzuhandeln. Der Kläger schädige durch die Nichtabführung fälliger Steuerschulden das Vermögen des Steuerfiskus und verschaffe sich einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerbern. Zudem bestehe die Gefahr weiterer Vermögensschädigungen Dritter. Die Gewerbeuntersagung sei verhältnismäßig. Nach pflichtgemäßem Ermessen werde die Gewerbeuntersagung erweitert, da der Kläger gewerbeübergreifend unzuverlässig sei und ein Ausweichen auf anderweitige Gewerbetätigkeiten bzw. die Ausübung leitender Tätigkeiten in anderen Betrieben nicht ausgeschlossen werden könne. Die Ausdehnung der Gewerbeuntersagung sei verhältnismäßig. Das Interesse des Gewerbetreibenden an der Ausübung einer von der Gewerbeuntersagung erfassten Tätigkeit habe hinter dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit zurückzutreten. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs erfolge nach Art. 29, 34 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz. Das weniger einschneidende Zwangsmittel des Zwangsgeldes verspreche im Hinblick auf die finanzielle Situation des Klägers keinen Erfolg.
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Mit Schreiben vom 21. Februar 2019, bei Gericht eingegangen am 25. Februar 2019, erhob der Kläger Klage und beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Landratsamts Eichstätt vom 17. Januar 2019 aufzuheben.
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Eine Begründung der Klage erfolgte nicht.
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Der Beklagte legte die Behördenakte vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.
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Mit Beschluss vom 11. Mai 2020 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2020 entschieden werden, obwohl von den Beteiligten niemand erschienen ist. Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 13. Mai 2020, dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellt am 14. Mai 2020 und dem Beklagten laut Empfangsbekenntnis zugestellt am 15. Mai 2020, rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Sitzung geladen. Mit der Ladung wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit hingewiesen, dass gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 VwGO erhoben. Die Klage ist aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Rechtsgrundlage für die Untersagung des vom Kläger ausgeübten Gewerbes ist § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Danach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
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a) Das Landratsamt Eichstätt ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
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Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff).
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Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, wie eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff).
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Auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände und die Nichterfüllung von Erklärungspflichten kommt es nicht an, da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach objektiven Kriterien bestimmt. Daher ist es grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm "mildernde Umstände" zur Seite stehen (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff; BayVGH, B.v. 8.5.2015 - 22 C 15.760 - juris).
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Vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese - durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete - Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris).
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Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan auch effektiv eingehalten wird (BayVGH, B.v. 8.7.2013 - 22 C 13.1163 - juris).
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Nach diesen Maßstäben rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers aus der Zusammenschau der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen. So hatte der Kläger Steuerrückstände beim Finanzamt und der Gemeinde, die sowohl nach ihrem absoluten Betrag wie auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Gewerbes erheblich erscheinen. Auch ist der Kläger seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich der Eintragung im Vollstreckungsportal die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat. Hieraus wird deutlich, dass der Kläger die zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflicht, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, freiwillig nicht bereit und daher nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig ist (BayVGH, B.v. 28.8.2013 - 22 ZB 13.1419 - juris).
22
b) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu untersagen. Ein Ermessensspielraum steht der zuständigen Behörde insoweit grundsätzlich nicht zu. In Anbetracht der erheblichen Steuerrückstände, der Eintragung im Vollstreckungsportal sowie der Nichtabgabe von Steuervoranmeldungen war die Untersagung der Gewerbeausübung auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich.
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c) Die Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen ex-tremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
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2. Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe ist § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
25
a) Das Landratsamt Eichstätt hat aus überzeugenden Gründen eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers angenommen.
26
Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff).
27
Indem der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses seinen Zahlungsverpflichtungen und seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen ist sowie ausweislich der Eintragung im Vollstreckungsportal die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat, hat er Pflichten verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten. Dies rechtfertigt die Annahme, dass er ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen würde.
28
b) Die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist auch erforderlich.
29
Erforderlich ist die Erstreckung der Gewerbeuntersagung, wenn zu erwarten ist, dass der Gewerbetreibende auf entsprechende andere gewerbliche Tätigkeiten ausweichen wird. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich.
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c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
31
Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht im Ermessen der Behörde. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9 ff). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
32
d) Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz in Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
33
3. Hinsichtlich der Bemessung der Frist zur Einstellung der Gewerbeausübung und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
34
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.