Inhalt

VGH München, Urteil v. 17.07.2020 – 15 N 19.1377
Titel:

Normenkontrollantrag eines Umweltverbands gegen einen Windpark

Normenketten:
VwGO § 47
UmwRG § 2 Abs. 1, Abs. 4, § 3, § 4 Abs. 2, Abs. 4
BauGB § 1 Abs. 6, § 2 Abs. 3, § 12, § 214, § 215
BNatSchG § 44
Leitsätze:
Soll mit einem (hier vorhabenbezogenen) Bebauungsplan, der - zugeschnitten auf die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - ganz konkrete Festsetzungen zu den Standorten und der Höhe der einzelnen Anlagen eines Windparks regelt, die artenschutzrechtliche Prüfung bereits umfassend im Verfahren der Bauleitplanung erfolgen, unterliegt die planende Gemeinde über § 2 Abs. 3 BauGB hinsichtlich der Methodik der Ermittlung, Prüfung und Bewertung der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG denselben Anforderungen wie die Genehmigungsbehörde. (Rn. 34)
1. Antragsteller sind - ohne dass es auf eine unmittelbare Betroffenheit des Grundeigentums durch die Regelungen des Bebauungsplans ankommt - antragsbefugt, wenn sie geltend machen können, dass ihre abwägungsrelevanten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen worden sind. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wie weit sich die Gemeinde bei der Ermittlung und Bewertung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände zurückhalten und Detailfragen auf die Umsetzungsphase verlagern kann, hängt im Einzelfall vom Konkretisierungsgrad des Bebauungsplans ab. Insbesondere bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB), der regelmäßig einen hohen Detaillierungsgrad aufweist, sind die für den herkömmlichen Fall eines sog. Angebotsbebauungsplans entwickelten Grundsätze nur mit Einschränkungen übertragbar. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist nach der grundsätzlich verpflichtenden Vorgabe des § 2 Abs. 4 BauGB eine Umweltprüfung erfolgt und tritt diese an die Stelle einer UVP bzw. Strategischen Umweltprüfung i.S. des UVPG, so war auch i.S.d. § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG verpflichtend eine „Umweltprüfung“ durchzuführen (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag eines Umweltverbands gegen einen Windpark, Ermittlungs- und Bewertungsdefizit bzgl. kollisionsgefährdeter Vögel, Bauleitplanung, Beschwerde, Gemeinderat, Genehmigung, immissionsschutzrechtliche Genehmigung, Normenkontrollantrag, artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand, vorhabenbezogener Bebauungsplan, Windpark, Bewertungsdefizit, UVP-Pflichtigkeit, Antragsbefugnis, Vorhabenbezogener Bebauungsplan, Abwägungsmaterial, Artenschutzrechtliche Erhebungen, Anstoßfunktion, Rüge
Fundstellen:
BayVBl 2021, 304
BeckRS 2020, 18750
LSK 2020, 18750
NVwZ-RR 2020, 1116
DÖV 2020, 994

Tenor

I. Der am 19. Juli 2018 bekannt gemachte vorhabenbezogene Bebauungsplan mit Grünordnungsplan Nr. 67 „Windpark S* …“ der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Antragsteller wendet sich als anerkannter Umweltverband (§ 3 UmwRG) gegen den am 19. Juli 2018 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit Grünordnungsplan Nr. 67 „Windpark S* …“. Der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan überplant eine Waldfläche im bisherigen bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) im westlichen Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. In der Planzeichnung des Bebauungsplans sowie im konkretisierenden Vorhaben- und Erschließungsplan sind die Standorte für drei Windenergieanlagen jeweils mit einer Gesamthöhe von 200 m festgesetzt („WEA 1“, „WEA 2“ und „WEA 3“).
2
Speziell zum Artenschutz verweist die Planbegründung unter 3.10 auf eine Einschätzungsprärogative der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) vom 19. Juli 2016 (WindenergieErlass - BayWEE - AllMBl 2016, 1642). In der Bauleitplanung richte sich die Prüfungstiefe bezüglich des Artenschutzes grundsätzlich nach der Erforderlichkeit i.S. von § 1 Abs. 3 BauGB, die dann zu verneinen sei, wenn die Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplans z.B. an genehmigungsrechtlichen Anforderungen - also etwa an § 44 BNatSchG, auch unter Berücksichtigung von Ausnahme- und / oder Befreiungsmöglichkeiten - scheitern würde. Planungstiefensystematisch sei schon dann kein Hindernis anzunehmen, wenn der Bauleitplan auf verschiedene, in jedem Fall aber auf eine Weise realisiert werden könne. Je konkreter, vorhabenbezogener die Planung sei, desto eher seien aber absolute Hindernisse für die Planung denkbar. Je weiter sich der Planinhalt darstelle und je mehr Variationsbreiten die Planung für die Umsetzung eröffne, desto weniger Hindernisse ergäben sich für die Bauleitplanung. Vorliegend sei aufgrund des Vorliegens eines konkreten Vorhaben- und Erschließungsplans eine umfangreiche artenschutzrechtliche Erhebung in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde veranlasst worden, um das bereits im Februar 2014 zum immissionsrechtlichen Genehmigungsantrag erstellte Gutachten eines Ingenieurbüros zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zu ergänzen und fachlich fundiert auszuarbeiten. Mit den ergänzenden Erhebungen im Jahr 2016 zu windkraftrelevanten Arten habe Mitte Juli 2016 eine erste Klarheit hinsichtlich möglicher, unüberwindbarer artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände erlangt werden können. Grundlage für die artenschutzrechtliche Beurteilung und die Festsetzung entsprechender Maßnahmen sei nunmehr die gesonderte artenschutzrechtliche Prüfung nach Abschluss aller Erhebungen und Raumnutzungskartierungen im September 2016. Von der unteren Naturschutzbehörde sei grundsätzliches Einverständnis mit dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag geäußert worden. Die Hinweise der Behörde seien in einem aktualisierten Entwurf (Fassung vom 26. Mai 2017) eingearbeitet worden. Es seien diverse Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen i.S. von § 44 Abs. 5 BNatSchG) vorgesehen sowie Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung in Erwägung gezogen worden. Im Rahmen der Abschichtung gemeinschaftsrechtlich streng geschützter Arten seien 19 Fledermäuse, die Haselmaus, die Gelbbauchunke und die Zauneidechse als FFH-Arten des Anhang IV sowie insgesamt 19 „Europäische Vogelarten“ identifiziert worden, die im Hinblick auf die Vorhabenwirkungen hinsichtlich der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 i.V. mit Abs. 5 BNatSchG näher zu prüfen gewesen seien. Abstellend auf die im Planungsverfahren zuletzt vorliegende Version des gutachterlich erstellten artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 26. Mai 2017 stünden die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dem Vorhaben nicht entgegen. Tötungen für alle betrachteten Fledermaus- und Vogelarten könnten weitgehend vermieden werden, sodass nur ein allgemeines, den Tatbestand des naturschutzrechtlichen Tötungsverbots nicht erfüllendes allgemeines Kollisionsrisiko vorliege. Störungen streng geschützter Arten einschließlich der Rastvögel und Durchzieher seien entweder nicht zu erwarten oder hätten keine die Population gefährdenden Auswirkungen. Wegen der geringen Flächeninanspruchnahme der Windkraftanlagen bzw. der ausreichenden Entfernung zu dauerhaften Brutstätten sensibler Arten sei eine Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten auszuschließen bzw. bleibe bei Beanspruchung die ökologische Funktionalität, wenn erforderlich auch mit Hilfe der Durchführung von CEF-Maßnahmen, dennoch im räumlichen Zusammenhang gewahrt. Damit stünden - so die Planbegründung resümierend - aus artenschutzrechtlicher Sicht dem Bebauungsplan keine unüberwindbaren Hindernisse und somit auch keine Vollzugshindernisse entgegen.
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In den frühzeitigen Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB gin gen bei der Antragsgegnerin diverse Stellungnahmen von Bürgern, des Markts N* … (Nachbargemeinde) sowie von Behörden und Trägern öffentlicher Belange ein. Die untere Naturschutzbehörde äußerte mit Stellungnahme vom 11. Dezember 2015 - wie auch einige Bürger im Rahmen von § 3 Abs. 1 BauGB - Zweifel hinsichtlich der Konformität des bis dahin vorliegenden Gutachtens zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung mit den methodischen Vorgaben der früheren Fassung des Bayerischen Windkrafterlasses. Ähnlich kritisch äußerte sich die untere Naturschutzbehörde im (parallelen) immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren mit Stellungnahme vom 3. Februar 2016. In seiner Sitzung vom 24. Februar 2016 befasste sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin mit den eingegangenen Einwendungen und beschloss, den Entwurf des Bebauungsplans zu überarbeiten. Hinsichtlich der Einwendungen zum Artenschutzrecht sah der Gemeinderat allerdings zunächst keinen Überarbeitungsbedarf. Die bisher durchgeführte artenschutzrechtliche Prüfung auf Grundlage der vorgenommenen Erhebungen sei für die Beurteilung auf Ebene der Bauleitplanung grundsätzlich ausreichend. Für den Gemeinderat seien keine unüberwindbaren artenschutzrechtlichen Hindernisse erkennbar. Einzelfragen könnten nach dem Grundsatz der planerischen Zurückhaltung dem nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überlassen bleiben.
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Am 28. September 2016 billigte der Gemeinderat einen überarbeiteten Entwurf des Bebauungsplans und beschloss die Durchführung der Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB. Hierfür standen neue Unterlagen zur Verfügung, so auch ein neuer artenschutzrechtlicher Fachbeitrag [Verf. Dipl. Ing. (FH) … M* …] vom 19. September 2016, der auf Erhebungen der vormals erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zurückgriff und der zudem auf weiteren Flugbeobachtungen kollisionsgefährdeter Vögel sowie auf Begehungen im Umfeld (Horstsuche) aufbaute.
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Der Antragsteller äußerte sich im November 2016 ablehnend zur Bauleitplanung; der neue artenschutzrechtliche Fachbeitrag weise am Maßstab des BayWEE Mängel in Methodik und Durchführung auf. Der BayWEE fordere für die beobachtende Erfassung als Mindestmaß zwei Fixpunkte mit guter Einsehbarkeit. Im Fall von Windenergieanlagen im Wald sei eine Beobachtung von zwei Hubsteigern aus erforderlich. Vom Gutachter sei aber nur ein Hubsteiger verwendet worden. Darüber hinaus habe der zweite Fixpunkt in einer Geländesenke gelegen. Bei 18 Beobachtungsdurchgängen (zwölf davon Mitte Mai bis Ende August) seien zu jeweils sechs Stunden an der WEA 1 insgesamt 10 Durchflüge des Wespenbussards durch den 250 m Gefahrenbereich beobachtet worden. Unter Berücksichtigung einer flugaktiven Tageszeit von 8:00 bis 20:00 Uhr könne davon ausgegangen werden, dass der Gefahrenbereich der WEA 1 täglich durchflogen werde. Analog hierzu könne für die beiden anderen Anlagen mit vier bzw. fünf beobachteten Durchflügen davon ausgegangen werden, dass die Gefahrenbereiche dieser Anlagen nahezu jeden zweiten Tag von einem Wespenbussard durchflogen würden. Die Wertung des Gutachters, dass „unregelmäßige Durchflüge“ vorlägen und kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe, sei nicht nachvollziehbar. Die vom Gutachter vorgeschlagene CEF-Maßnahme für die Waldschnepfe sei für diese Tierart nicht sachgerecht. Für die betroffenen acht Fledermausarten bestehe ein hohes Kollisionsrisiko. Es sei diesbezüglich im Vorfeld keine belastbare Datenbasis ermittelt worden.
6
In seiner Sitzung vom 31. März 2017 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin Änderungen der Planung (Reduzierung der Anlagenhöhe). Dabei hielt er im Rahmen der abwägenden Befassung mit den eingegangenen Einwendungen am Vorhaben im Übrigen fest. Hinsichtlich der von verschiedenen Seiten erhobenen artenschutzrechtlichen Einwendungen stellte die vom Gemeinderat beschlussmäßig übernommene Abwägungsvorlage darauf ab, die der Bauleitplanung zugrundeliegende artenschutzrechtliche Prüfung vom 19. September 2016 sei hinsichtlich des Erhebungsumfangs und der Erhebungsmethodik mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt und von dieser nicht beanstandet worden. Das gleiche gelte für das Ergebnis des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags. Im Rahmen der von der unteren Naturschutzbehörde im Verfahren gem. § 4 Abs. 1 BauGB geforderten Überarbeitung der artenschutzrechtlichen Prüfung habe der beauftragte Gutachter die seit 2016 geltende Neufassung des BayWEE berücksichtigt. Ausgangspunkt für die Frage nach der ausreichenden Prüftiefe artenschutzrechtlicher Sachverhalte in der Bauleitplanung sei die Erforderlichkeit der Planung (§ 1 Abs. 3 BauGB). Diese sei zu verneinen, wenn der Verwirklichung des Bebauungsplans im Zeitpunkt seines Inkrafttretens dauerhafte Hindernisse - z.B. artenschutzrechtliche Verbote - entgegenstünden. Im vorliegenden Fall habe der Vorhabenträger aufgrund des Vorliegens eines konkreten Vorhaben- und Erschließungsplans eine umfangreiche artenschutzrechtliche Erhebung in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde veranlasst. Insofern finden sich zur Begründung in der vom Gemeinderat übernommenen Abwägungsvorlage im Wesentlichen dieselben Erwägungen wie in der Planbegründung (s.o.).
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Für das anschließende nochmalige Beteiligungsverfahren wurde der artenschutzrechtlicher Fachbeitrag aktualisiert [Stand 26. Mai 2017, Verf. Dipl. Ing. (FH) … M* …]. Dieser kommt (wie schon die vorherige Ausarbeitung vom 19. September 2016) zu einem „gutachterlichen Fazit“ (Seite 40), wie es auch in der Planbegründung zugrunde gelegt wurde (s.o.) und wonach bei Umsetzung des Bebauungsplans § 44 BNatSchG nicht verletzt werde. Im Rahmen der (weiteren) Bürgerbeteiligung (§ 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB) legte der Kartograph und Landkartentechniker … F* … unter dem 6. August 2017, ergänzt durch weiteres Schreiben vom 10. August 2017, eine von ihm ausgearbeitete Analyse mit zahlreichen Abbildungen (flächenmäßige Einsehbarkeit der Prüfbereiche von den gewählten Fixpunkten aus; Darstellung der Topografie des Prüfbereichs / Geländeschnitte) vor. Hiernach seien Bereiche der für den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durchgeführten Vogelflugbeobachtungen von den beiden vom Gutachter M* … ausgewählten Fixpunkten aus - sowohl in Baumwipfelnähe als auch in höheren Lufträumen - nicht einsehbar gewesen. Insofern sei der artenschutzrechtliche Fachbeitrag am Maßstab des BayWEE sowie der vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) herausgegebenen „Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung - Fachfragen des bayerischen Windenergie-Erlasses“ (Stand Februar 2017) nicht methodengerecht erstellt worden. Auf die Ausführungen der Einwendungsschreiben von Herrn F* … im Einzelnen wird Bezug genommen.
8
Auch der antragstellende Umweltverband bezweifelte mit seinem Einwendungsschreiben vom 8. August 2017 u.a. unter Bezugnahme auf die vorgenannten Ausführungen von Herrn F* … die methodengerechte Erstellung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags. Entsprechend der vorliegenden Topografie vor Ort wäre ein dritter Beobachtungsfixpunkt zwingend nötig gewesen; zudem hätten bei allen Beobachtungspunkten Hubsteiger zum Einsatz kommen müssen. Überdies sei es selbst bei Zugrundelegung der im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag sowie im Umweltbericht dokumentierten Anzahl beobachteter Durchflüge des Wespenbussards bei entsprechender Hochrechnung für die relevante viermonatige Aufenthaltsperiode fachlich nicht korrekt, von lediglich unregelmäßigen Durchflügen zu sprechen und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für diese Art zu verneinen. Zudem seien nach Anlage 5 des BayWEE artangepasst für den Wespenbussard zu wenig Beobachtungstermine durchgeführt worden. Es hätten gemäß der Anlage 5 des BayWEE in der für diese Art relevanten Zeit von Anfang Mai bis Mitte August insgesamt mindestens 18 (und nicht nur zehn) Beobachtungstermine stattfinden müssen. Bei einigen Beobachtungsterminen sei entgegen den Vorgaben der Anlage 5 des BayWEE das Wetter von den Beobachtern als „kühl“ bzw. „kühl-warm“ angegeben worden. Auch vor diesem Hintergrund seien weitere Nachuntersuchungen nötig.
9
Am 20. Februar 2018 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den streitgegenständlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Satzung. Bei der Schlussabwägung wurden die erhobenen Einwendungen zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einwendungen des Antragstellers übernahm der Gemeinderat die Wertungen einer eingeholten Stellungnahme des mit der Ausarbeitung der Bauleitplanung beauftragten Planungsbüros. Hiernach sei das Vorliegen einer vom BayWEE geforderten guten Einsehbarkeit des Geländes in Abstimmung mit der zuständigen unteren Naturschutzbehörde (und unter Beteiligung der höheren Naturschutzbehörde) vorab abgestimmt worden. Laut BayWEE sei bis in den weiteren Prüfbereich lediglich eine „gute Einsehbarkeit und Beobachtbarkeit“ gefordert. Für den weiteren Prüfbereich werde eine gute Einsehbarkeit sogar nur „bei entsprechender Möglichkeit“ gefordert. Offensichtlich beziehe sich diese Einschränkung vor allem auf Räume mit - wie hier - erhöhter Geländerauigkeit. Nicht hingegen bedürfe es einer sehr guten bzw. vollständigen Einsehbarkeit, die mit vertretbaren Mitteln nicht immer gegeben sei und deren Erreichen im vorliegenden Fall extrem aufwändige, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr entsprechende Untersuchungen erfordert hätten. So hätte z.B. der Einsatz einer weiteren Hebebühne auch am Fixpunkt 1 lediglich zu einem geringen zusätzlichen Erkenntnisgewinn geführt, da aufgrund der Topografie weiterhin Teilbereiche im Wipfelbereich nicht einsehbar gewesen wären. Durch die beiden gewählten Fixpunkte sei jedenfalls für den engeren Prüfbereich eine insgesamt gute Einsehbarkeit gewährleistet gewesen, diesbezüglich sei nur von geringen Defiziten bei der Erfassung von Flügen auszugehen. Lediglich die wipfelnahen Bereiche mit i.d.R. geringen Fluganteilen seien von der lokal fehlenden Einsehbarkeit betroffen gewesen. Der größte Anteil der Flugzeiten finde - gerade bei guter Thermik - höher statt; nur dort könne es auch zur Kollision mit Rotoren kommen. In der Sache hätten daher die weitaus meisten und hinsichtlich des Kollisionsrisiko auch relevanten Flüge erfasst werden können. Die wipfelnahen Bereiche spielten lediglich bei Horstein- und -abflügen eine Rolle. Zur Kompensation möglicher Defizite habe dazu in Talräumen und hinter Geländeerhebungen eine flächige Horstsuche stattgefunden. Insgesamt bestehe deswegen kein relevantes Defizit. Entscheidend sei, dass - wie im BayWEE gefordert - zumindest die engeren Prüfbereiche gut einsehbar gewesen seien. Dabei genüge es, dass die gute Einsehbarkeit durch die gewählten Fixpunkte in der gegenseitigen Ergänzung gewährleistet sei, d.h. eine gute Einsehbarkeit müsse nicht von jedem Einzelfixpunkt aus gegeben sein. Insgesamt habe das mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmte Untersuchungsdesign diesen Anforderungen entsprochen. Der BayWEE schreibe 18 Beobachtungsdurchgänge vor, die im Regelfall auch als ausreichend angesehen würden. Ein Sonderfall eines konfliktträchtigen Gebiets mit mehreren kollisionsgefährdeten oder schwer zu untersuchenden Arten, der ggf. weitere Beobachtungsdurchgänge erfordert hätte, sei nicht gegeben. Lediglich hinsichtlich des Wespenbussards habe es nennenswerte Beobachtungen an den Anlagenstandorten gegeben. Die vorgeschlagenen 18 Durchgänge seien mit der unteren Naturschutzbehörde unter Beteiligung der höheren Naturschutzbehörde abgestimmt worden. Da sich das Vorkommen weiterer prüfrelevanter Arten innerhalb der Prüfbereiche vorzeitig nicht völlig ausschließen lasse, seien die 18 Beobachtungstage nicht konzentriert in die Brutzeit des Wespenbussards gelegt, sondern gleichmäßig über die gesamte Brutzeit aller möglicherweise im Raum vorkommender (unter Einschluss früh brütender) Arten mit besonderem Kollisionsrisiko verteilt worden. Auch im Übrigen sei methodisch nach dem BayWEE vorgegangen und nach dessen Vorgaben kartiert worden. Tatsächlich hätten auch die von den Kartierern mit „kühl“ bzw. „kühl-warm“ benannten Tage gute Flugbedingungen aufgewiesen, zumal windige (und deshalb von den Kartierern subjektiv als kühler empfundene) Tage mit einem Wechsel aus Sonne und Wolken sogar günstige Flugtage seien. Zu den Wetterdaten der Kartierer seien zudem in einer Tabelle die Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes ergänzend aufgeführt worden. Daraus sei eine durchgehende Eignung der Kartiertage zu ersehen. Zu den in dieselbe Richtung zielenden Einwendungen von Herrn F* … beschloss der Gemeinderat, sich die ähnlichen Stellungnahmen des Fachplaners, auf die Bezug genommen wird, zu eigen zu machen.
10
Die parallel zum Verfahren des Erlasses des streitgegenständlichen Bebauungsplans erfolgte Änderung des Flächennutzungsplans wurde nach Genehmigung durch das Landratsamt R* … durch Amtstafelaushang am 3. Juli 2018 öffentlich bekanntgemacht. Im Anschluss erfolgte durch Amtstafelaushang am 19. Juli 2018 die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses zum streitgegenständlichen Bebauungsplan.
11
Mit Bescheid vom 10. September 2018 erteilte das Landratsamt R* … der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung der drei Windkraftanlagen (Gesamthöhe jeweils 200 m) an den im streitgegenständlichen Bebauungsplan vorgesehenen Standorten. Der Antragsteller erhob hiergegen Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 7 K 18.1872), über die bislang nicht entschieden wurde. Auf den Antrag des Antragstellers gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO stellte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 2019 (Az. RO 7 S 19.617) - maßgeblich unter Abstellen auf die artenschutzrechtliche Problematik (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V. mit § 44 BNatSchG) - die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wieder her. Mit Beschluss vom 5. November 2019 (Az. 22 CS 19.1568) wies der Verwaltungsgerichtshof die von der Beigeladenen hiergegen erhobene Beschwerde zurück.
12
Mit seinem bereits am 18. Juli 2019 erhobenen Normenkontrollantrag macht der Antragsteller die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans u.a. wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführter artenschutzrechtlicher Prüfung (§ 44 BNatSchG) geltend. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag zum Bebauungsplan zeige, dass im bestehenden Planungsgebiet eine beträchtliche Anzahl seltener Vögel vorkomme. Insoweit seien auch im westlich angrenzenden P* … Forst u.a. aufgrund der Gebietsnutzung durch den Wespenbussard die Planungen für einen Windpark abgebrochen worden. Die durchgeführte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung entspreche nicht den Vorgaben des BayWEE. Die Auswahl der Beobachtungspunkte sei unzureichend gewesen. Aufgrund der unzureichenden Übersicht über das „Einzugsgebiet“ der geplanten Windenergieanlagen wären weitere Fix- / Beobachtungspunkte erforderlich gewesen. Vor allem der westliche Bereich des Plangebiets sei von dem gewählten Standort aus nicht hinreichend einsehbar gewesen. Gleichwohl seien häufige Flüge des Wespenbussards im relevanten viermonatigen Zeitraum (Mai - August) im konkreten Gebiet festgestellt worden, sodass das Tötungsrisiko signifikant erhöht sei. Zudem seien die Anzahl und die Auswahl der Beobachtungstage nicht hinreichend. Nach dem BayWEE hätten die Beobachtungstage auf 25 erhöht und an warmen Tagen stattfinden müssen. Letzteres sei nicht durchgehend eingehalten worden. Teilweise sei die geforderte Beobachtungsdauer von 6 Stunden täglich unterschritten worden.
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Der Antragsteller beantragt,
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den am 19. Juli 2018 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 67 „Windpark S* …“ für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen,
17
und trägt hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Problematik vor, aus den in den Eilverfahren gem. § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO gerichtlicherseits angenommenen Verstößen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gegen § 44 BNatSchG könne nicht auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans geschlossen werden. Für den hier angegriffenen Bebauungsplan sei gem. § 2 Abs. 4 BauGB eine entsprechende Umweltprüfung durchzuführen. Hingegen müssten nicht einzelne Schutztatbestände, wie z.B. § 44 BNatSchG , detailliert abgeprüft werden. Die Bauleitplanung gebiete keine konkrete artenschutzrechtliche Prüfung, diese sei erst nachgeordneten Verfahren zugeordnet. Der Erforderlichkeitsgrundsatz (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ) setze der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließe. Sie betreffe nicht Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Aus § 1 Abs. 6 Nr. 7, Abs. 7 BauGB folge zudem, dass artenschutzrechtliche Belange keinen absoluten Vorrang vor den anderen in der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen hätten. Die planende Gemeinde habe bei der Aufstellung von Bebauungsplänen lediglich eine Prognose aufzustellen. Die Untersuchungstiefe hänge generell von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Zudem bestehe eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative. Der Grundsatz der planerischen Konfliktbewältigung verlange keine Konfliktlösung unter voller Ausschöpfung aller Festsetzungsmöglichkeiten. Auch liege hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Belange keine unzureichende Ermittlung oder ein Bewertungsdefizit vor. Vorliegend seien in ausreichendem Umfang vorausschauende Ermittlungen angestellt worden, um in einer die erforderliche Planrechtfertigung begründenden Weise beurteilen zu können, ob das Vorhaben auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse treffe. Die Art und der Umfang, die Methodik und die Untersuchungstiefe hinsichtlich der Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten hingen vom Einzelfall ab. Insgesamt sei in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde eine umfangreiche artenschutzrechtliche Erhebung veranlasst worden. Die Bestandserfassung und die Ermittlung der konkreten Betroffenheiten genüge den an sie zu stellenden Anforderungen. Die Vorgaben des BayWEE zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung seien nur auf das Genehmigungsverfahren anzuwenden, sie fänden aber im Rahmen des Bebauungsplans keine Geltung.
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Die Beigeladene hat keinen Sachantrag in Normenkontrollverfahren gestellt. Sie schließt sich den Ausführungen der Antragsgegnerin an und führt ergänzend aus, das Verwaltungsgericht Regensburg beabsichtige im anhängigen Klageverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine Beweiserhebung zu der Frage, ob von einem Verstoß gegen § 44 BNatSchG auszugehen sei. Dieses gerichtliche Verfahren sei nicht entscheidungsreif. Ein tatsächlicher Verstoß gegen § 44 BNatSchG sei bislang nicht nachgewiesen. Aus Verstößen gegen den BayWEE sowie die Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung des LfU folge nicht automatisch ein Verstoß gegen § 44 BNatSchG . Ausreichend sei es, wenn bei Kartierungen durch parallele Beobachtung von mehreren Fixpunkten aus insgesamt das Gelände „gut“ abgedeckt werde, da ein Austausch der Beobachter untereinander über Fernkommunikation (Funk oder Telefon) erfolge. Diese Vorgehensweise sei fachlich anerkannt. Ein Postulat des Inhalts, dass von allen Fixpunkten alles einsehbar sein müsse, lasse sich weder dem BayWEE noch der Arbeitshilfe des LfU entnehmen. Dies werde auch vom Verfasser der Arbeitshilfe des LfU so gesehen. Es komme auch mit Blick auf Satz 9 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE darauf an, dass das Umfeld des geplanten Anlagenstandorts mit dem engeren und möglichst auch dem äußeren Prüfbereich von mehreren Fixpunkten aus insgesamt gut einsehbar sei. Nach der eingespielten Praxis ornithologischer Untersuchungen müsse auch in einem Gelände, das nicht von jedem einzelnen Fixpunkt aus gut eingesehen werden könne, eine saP möglich sein.
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Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat weder einen Antrag gestellt noch sich zum Normenkontrollantrag geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten, die Planungsakten der Antragsgegnerin, die Verfahrensakten zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10. September 2018 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
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1. Der innerhalb der Jahresfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Antrag ist zulässig.
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a) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Zwar kann er für seine Antragsbefugnis keine eigenen Rechte bzw. Belange i.S. von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die durch den angegriffenen Bebauungsplan betroffen sind, anführen. Unter den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG genannten Voraussetzungen kann aber eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung - wie vorliegend der Antragsteller -, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einlegen. Der Antragsteller kann seine Antragsbefugnis vorliegend auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3 Buchst. a i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG sowie zudem (subsidiär) jedenfalls auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3 Buchst. b, Satz 2 UmwRG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG stützen.
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aa) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan als Gegenstand der gerichtlichen Normenkontrolle stellt eine Zulassungsentscheidung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG, § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG dar.
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Die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen mit - wie hier - einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern mit drei und weniger als sechs Windkraftanlagen sind unter Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG mit der Obliegenheit zur standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 7 Absatz 2 UVPG aufgeführt. Ein Bebauungsplan erfüllt jedenfalls dann die Voraussetzung einer Zulassungsentscheidung i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V. mit § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG, wenn er - wie hier als vorhabenbezogener Bebauungsplan - eine Standortentscheidung für die Zulässigkeit eines bestimmten, hinreichend konkreten Vorhabens darstellt (zum Ganzen vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2017 - 4 CN 3.16 - ZfBR 2017, 468 = juris Rn. 13; HambOVG, B.v. 1.4.2020 - 2 Es 1/20.N - juris Rn. 25; NdsOVG, U.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 BauR 2019, 63 = juris Rn. 25; HessVGH, B.v. 25.9.2018 - 3 B 1684/18.N - ZfBR 2019, 56 = juris Rn. 6; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 1 UmwRG Rn. 8; Berkemann, DVBl 2020, 1/3; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2020, § 1 UmwRG Rn. 31, 32 m.w.N.).
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Die weiteren Voraussetzungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3 Buchst. a i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG liegen ebenfalls vor: Der Antragsteller macht geltend, dass der Bebauungsplan diversen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Frage seiner Gültigkeit von Bedeutung sein können, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Vereinszweck des Antragstellers ist gem. § 2 seiner Satzung u.a. auch die Sicherstellung, dass die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege i.S. von §§ 1, 2 BNatSchG konsequent verfolgt und verwirklich werden. Der Antragsteller macht hieran anknüpfend - u.a. durch die Thematisierung der artenschutzrechtlichen Problematik gem. § 44 BNatSchG bzw. der Frage der ordnungsgemäßen Ermittlung, Bewertung und Abwägung artenschutzrechtlicher Belange in der Bauleitplanung - i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend, in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch den Bebauungsplan berührt zu sein. Schließlich war der Antragsteller im Planaufstellungsverfahren auch berechtigt, sich im Rahmen der Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 4a Abs. 3 BauGB) zu beteiligen, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG.
26
bb) Selbst wenn man die Zuordnung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans als Zulassungsentscheidung im vorgenannten Sinn ablehnte, ergäbe sich die Antragsbefugnis des Antragstellers als anerkannter Umweltverband jedenfalls aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3 Buchst. b, Satz 2 i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG. Denn der streitgegenständliche Bebauungsplan stellt jedenfalls eine Entscheidung über die Annahme eines Plans i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. i.V. mit § 2 Abs. 7 UVPG und Nr. 1.8 der Anlage 5 zum UVPG dar. Für Bebauungspläne kann wegen Nr. 1.8 der Anlage 5 des UVPG grundsätzlich eine SUP-Pflicht bestehen, die gemäß § 50 Abs. 2 UVPG als Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt wird (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2019 - 15 N 18.1212 - juris Rn. 11; OVG RhPf, U.v. 16.1.2020 - 8 C 11089/19 - juris Rn. 27 ff.; Schlacke, NVwZ 2019, 1392/1398; Arndt, UPR 2018, 90 ff.; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2020, § 1 UmwRG Rn. 99). Neben den Tatbestandsmerkmalen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG - s.o. aa) - sind auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b und Satz 2 UmwRG für den Antragsteller einschlägig: Er hat sich im ergänzenden Beteiligungsverfahren gem. § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB mit Einwendungsschreiben vom 8. August 2017 (eingegangen bei der Antragsgegnerin am 10. August 2020) und damit im zeitlichen Rahmen der mit Bekanntmachung vom 6. Juli 2017 bis 10. August 2010 verlängerten Auslegungs- und Beteiligungsfrist als Beteiligungsberechtigter tatsächlich gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b UmwRG). Zudem geht es insbesondere hinsichtlich der vom Antragsteller als verletzt angesehenen und bezeichneten Belange des Artenschutzes um die Geltendmachung der Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften, § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG (vgl. hierzu im Einzelnen HambOVG, B.v. 1.4.2020 - 2 Es 1/20.N - juris Rn. 43 m.w.N.).
27
cc) Wie bei § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 = juris Rn. 12; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 41) bedarf es zur Begründung der Antragsbefugnis nach Maßgabe der genannten Vorschriften des UmwRG keiner „unmittelbaren“ Betroffenheit, die nach der vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Rechtsansicht bei einem durch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung noch umzusetzenden Bebauungsplan fehle. Soweit die Antragsgegnerin sich darauf beruft, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Antragsbefugnis gem. § 47 Abs. 2 VwGO stets eine Unmittelbarkeit der Rechtsbeeinträchtigung verlange und dass eine solche auch hier zu fordern sei, weil § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG für die Antragsbefugnis eines Umweltverbands nur eine Ausnahme hinsichtlich der eigenen Rechtsbetroffenheit regele, wird die differenzierte Rechtsprechung des Senats zur Antragsbefugnis eines Antragstellers im Verfahren der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan offensichtlich missverstanden: Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO werden vom Senat regelmäßig ohne Weiteres bejaht, wenn sich der Antragsteller gegen Festsetzungen in einem Bebauungsplan wendet, die unmittelbar sein im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplan gelegenes Grundeigentum betreffen (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 - 15 N 15.967 - juris Rn. 31; U.v. 19.3.2018 - 15 N 15.292 - juris Rn. 12; U.v. 24.6.2020 - 15 N 19.442 - juris Rn. 18), wohingegen im Übrigen - ohne dass es auf eine unmittelbare Betroffenheit des Grundeigentums durch die Regelungen des Bebauungsplans ankommt - z.B. auch Antragsteller, deren Grundstücke außerhalb des Plangebiets liegen, als antragsbefugt anzusehen sind, wenn sie geltend machen können, dass ihre abwägungsrelevanten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2020 - 15 N 19.210 - BayVBl 2020, 413 = juris Rn. 15; B.v. 25.6.2020 - 15 N 19. 1537 - juris Rn. 15).
28
b) Dem Normenkontrollantrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse wegen der zwischenzeitlich erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10. September 2018. Der Antragsteller hat die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit der beim Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Anfechtungsklage angegriffen. Weder sind die drei geplanten Windkraftanlagen bereits errichtet noch ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit Blick auf die anhängige Anfechtungsklage bestandskräftig geworden. Der Antragsteller kann daher mit dem Normenkontrollantrag seine Rechtsposition im Falle eines Obsiegens verbessern (vgl. BVerwG, B.v. 4.7.2008 - 4 BN 13.08 - ZfBR 2008, 681 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 27.11.2019 - 15 N 17.484 - juris Rn. 8; OVG NW, U.v. 6.1.2020 - 10 D 11/18.NE - juris Rn. 19 ff.). Denn es besteht die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene für den Fall, dass der Bebauungsplan für unwirksam erklärt wird, die Planung aufgeben oder jedenfalls in der gegenwärtigen Form so nicht mehr weiterverfolgen.
29
2. Der Normenkontrollantrag ist ferner begründet, weil er den Anforderungen des § 2 Abs. 3 BauGB an eine ordnungsgemäße Ermittlung artenschutzrechtlicher Belange in Bezug auf kollisionsgefährdete geschützte Vogelarten nicht genügt. Die im Rahmen der Schlussabwägung zum Satzungsbeschluss herangezogenen Voruntersuchungen und Unterlagen zur Vogelschlaggefahr sind ungenügend, um der Antragsgegnerin ein hinreichend genaues und aussagekräftiges Bild über das Arteninventar kollisionsgefährdeter Vögel im Umfeld des Plangebiets und damit über die Gefahr der Tötung kollisionsgefährdeter Vogelarten zu vermitteln (vgl. HambOVG, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 69). Hierdurch leidet der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan an einem Ermittlungsdefizit. Dieser Mangel ist gem. § 4 Abs. 2, Abs. 4 UmwRG i.V. mit § 214, § 215 BauGB als beachtlich anzusehen und kann vom Antragsteller als Umweltverband erfolgreich gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und / oder § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 UmwRG geltend gemacht werden.
30
a) § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). § 2 Abs. 3 BauGB liegt die Erwägung zugrunde, dass die für die konkrete Planungsentscheidung bedeutsamen Belange in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt und bewertet werden müssen, bevor sie gemäß § 1 Abs. 7 BauGB rechtmäßig abgewogen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 - 15 N 16.2158 - BayVBl 2018, 814 = juris Rn. 32 m.w.N.).
31
Unabhängig von der im Einzelfall möglichen fehlenden Erforderlichkeit gem. § 1 Abs. 3 BauGB bei der Einschlägigkeit artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.1997 - 4 NB 12.97 - NVwZ-RR 1998, 162 = juris Rn. 12 ff.; BayVerfGH, E.v. 3.12.2013 - Vf. 8-VII-13 - BayVBl 2014, 237 juris Rn. 34 ff.; E.v. 18.2.2016 - Vf. 5-VII-14 - BayVBl 2017, 153 = juris Rn. 45; BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - KommJur 2017, 112 - juris Rn. 31 ff.; HambOVG, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 66; HessVGH, B.v. 25.9.2018 - 3 B 1684/18.N - ZfBR 2019, 56 = juris Rn. 17; OVG RhPf, U.v. 16.1.2020 - 8 C 11089/19 - juris Rn. 46 ff.) rechnen die Auswirkungen einer Bauleitplanung in Bezug auf § 44 BNatSchG zu den gem. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB abwägungserheblichen naturschutzfachlichen Belangen (OVG RhPf, U.v. 14.10.2014 - 8 C 10233/14 - NVwZ-RR 2015, 205 = juris Rn. 39; OVG NW, U.v. 30.1.2009 - 7 D 11/08.NE - ZfBR 2009, 583 = juris Rn. 190), sodass diesbezüglich neben dem Abwägungsgebot auch - auf Verfahrensebene vorverlagert - das Gebot der ordnungsmäßigen Ermittlung und Bewertung gem. § 2 Abs. 3 BauGB gilt (BayVGH, U.v. 18.1.2017 a.a.O. juris Rn. 34 ff.; HambOVG, U.v. 11.4.2019 a.a.O. juris Rn. 67; VGH BW, B.v. 6.5.2011 - 5 S 1670/09 - NuR 2011, 659 = juris Rn. 55 ff.; OVG Berlin-Bbg., U.v. 30.4.2015 - OVG 2 A 8.13 - NuR 2016, 190 = juris Rn. 27, 33 ff.; NdsOVG, U.v. 9.10.2008 - 12 KN 12/07 - ZfBR 2009, 262 = juris Rn. 42 ff.).
32
b) Der Umfang der Ermittlungs- und Bewertungsobliegenheiten gem. § 2 Abs. 3 BauGB hängt in jedem Einzelfall davon ab, in welchem Umfang bestimmte Fakten und hieraus abzuleitende Bewertungen für eine ordnungsgemäße (Schluss-) Abwägung gem. § 1 Abs. 7 BauGB untersucht und aufgearbeitet sein müssen und / oder in welchem Umfang die planende Gemeinde selbst bestimmte Fakten und hieraus abzuleitende Bewertungen für die Endabwägung als relevant ansieht. Die Gemeinde kann g r u n d s ä t z l i c h in Bezug auf Artenschutzfragen im Verfahren der Bauleitplanung planerische Zurückhaltung üben und Detailfragen auf die Umsetzungsphase - hier etwa auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren - verlagern (speziell zu artenschutzrechtlichen Fragen vgl. BayVerfGH, E.v. 3.12.2013 - Vf. 8-VII- 13 - BayVBl 2014, 237 = juris Rn. 35 m.w.N.). Auch wenn an sich nicht die Planung selbst, sondern erst ihr Vollzug zu einem Verstoß gegen die besonderen artenschutzrechtlichen Verbote führt, hat die Gemeinde aber schon im Planaufstellungsverfahren vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse stoßen. Wie weit sich die Gemeinde bei der Ermittlung und Bewertung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände zurückhalten kann, hängt im Einzelfall vom Konkretisierungsgrad des Bebauungsplans ab. Insbesondere bei einem - wie hier - vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB), der aufgrund des Vorhaben- und Erschließungsplans, der inhaltlicher Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB), und aufgrund des Durchführungsvertrags, der den Vorhabenträger (hier die Beigeladene) zur Durchführung der im Vorhaben- und Erschließungsplan vorgesehenen Maßnahmen verpflichtet (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB), regelmäßig einen hohen Detaillierungsgrad aufweist, sind die für den herkömmlichen Fall eines sog. Angebotsbebauungsplans entwickelten Grundsätze nur mit Einschränkungen übertragbar. Für einen Konflikttransfer ist bei einem solchen Bebauungsplan umso weniger Raum, je weitergehend das geplante Vorhaben durch die Festsetzungen konkretisiert wird (BVerwG, B.v. 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975 = juris Rn. 8; SächsOVG, U.v. 13.10.2011 - 1 C 9/09 - BauR 2012, 1205 = juris Rn. 34; U.v. 23.8.2016 - 1 C 7/14 - juris Rn. 168, 169; U.v. 23.8.2016 - 1 C 11/14 - juris Rn. 170, 171).
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Gerade im vorliegenden Fall determiniert der aus Planzeichnung, textlichen Festsetzungen und Vorhaben- und Erschließungsplan (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) bestehende vorhabenbezogene Bebauungsplan das umzusetzende Vorhaben bis in einzelne Details. Die wesentlichen Eckpunkte - maßgeblich die genauen Standorte und die Höhe der Windkraftanlagen - werden durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, zu dessen Umsetzung sich die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin verpflichtet hat, ohne verbleibenden Umsetzungsspielraum für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vorgegeben. Vor diesem Hintergrund geht die streitgegenständliche Planung nach ihrem Konzept selbst davon aus, dass bereits eine umfassende artenschutzrechtliche Prüfung am Maßstab von § 44 BNatSchG schon auf Ebene der Bauleitplanung geboten war und Grundlage des Beschlusses über den Bebauungsplan sein sollte. Denn der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat seinen noch im Anschluss an die im frühzeitigen Beteiligungsverfahren (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB) vertretenen Standpunkt eines Konflikttransfers von Detailfragen zu artenschutzrechtlichen Fragen im weiteren Verlauf des Verfahrens der Bauleitplanung aufgegeben und die Abwägungsentscheidung zum streitgegenständlichen Bebauungsplan auf eine aus seiner Sicht gebotene u m f a s s e n d e Ermittlung und Bewertung der artenschutzrechtlichen Problematik gem. § 44 BNatSchG gestützt (Abwägung bzgl. Nr. 13 zu TOP 2a der Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 31.3.2017 / Seite 37 des Auszugs aus dem Sitzungsbuch). Dies findet sich so auch in der Begründung des Bebauungsplans (vgl. Kap. 3.10.3 = Seiten 29 unten / 30 oben der Planbegründung) und schlägt sich im Umweltbericht nieder (Kap. 1.4.2 = Seiten 47 ff. des Umweltberichts). Auch wenn nach den Ausführungen in der Planbegründung (Seite 30) mit den ergänzenden Erhebungen im Jahr 2016 zu windkraftrelevanten Arten Mitte Juli 2016 eine erste Klarheit hinsichtlich möglicher unüberwindbarer artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände erlangt worden ist, bedeutet das vorliegend nicht, dass die Antragsgegnerin deshalb im Übrigen planerische Zurückhaltung übte bzw. üben wollte, um Detailfragen der artenschutzrechtlichen Zulässigkeit gem. § 44 BNatSchG auf die Umsetzungsphase resp. das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu verlagern. Denn tatsächlich versteht sich der für die Bauleitplanung erstellte artenschutzrechtlicher Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 von seiner inhaltlichen Darstellung und seinem gutachterlichen Fazit (Seite 40), das so auch in die Planbegründung (Seite 34) aufgenommen wurde, als umfassende artenschutzrechtliche Prüfung, sodass hierüber die laut Planbegründung „bis Mitte Juli 2016“ erhaltene „erste Klarheit“ durch weitere Erhebungen (Vogelbeobachtungen und Horstnachsuchen) bis in die zweite Hälfte des August 2016 hinein (vgl. Fachbeitrag Seiten 46 ff.) und die bewertende gutachterliche Ausarbeitung der erhobenen Befunde für die Entscheidung über den Erlass des Bebauungsplans weiter konkretisiert wurde und werden sollte. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag wird auf seiner Deckblattseite durch Klammerzusatz als „Anlage zur Begründung“ des Bebauungsplans bezeichnet, er wurde mit dieser Bezeichnung im Rahmen der Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 und § 4a Abs. 3 BauGB mit ausgelegt und war folglich mit dieser Bedeutung von der Schlussabwägung und dem Satzungsbeschluss am 20. Februar 2018 umfasst. Dass bereits im Verfahren der Bauleitplanung eine umfassende Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände als Basis der Schlussabwägung vorliegen sollte, ergibt sich auch daraus, dass das Verfahren der Bauleitplanung parallel zum Verfahren der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betrieben wurde und der vorhabenbezogene Bebauungsplan ganz konkret auf das zu genehmigende Vorhaben zugeschnitten wurde. Der inhaltliche Vergleich zwischen dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 (als Entscheidungsgrundlage für den vorhabenbezogenen Bebauungsplans) einerseits und dem „Fachbeitrag zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vom 9. April 2018 (als Grundlage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.9.2018) andererseits zeigt, dass für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10. September 2018 auf dieselben Erhebungen / Daten (Flugbeobachtungen, Horstnachsuchen) abgestellt wurde. Für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren sind also keine weiteren, über die Ermittlungen zur Bauleitplanung hinausgehenden artenschutzrechtlichen Erhebungen zum Tötungs- und Verletzungsrisiko kollisionsgefährdeter Vogelarten durchgeführt worden. Aus der wesentlichen Inhaltsgleichheit beider Fachbeiträge ergibt sich mithin, dass die artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen zur Vogelschlaggefahr im Verfahren der Bauleitplanung Blaupause für die artenschutzrechtliche Ermittlung und Rechtsanwendung des § 44 BNatSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren waren und auch schon im Zeithorizont des Verfahrens der Bauleitplanung sein sollten. Unabhängig davon, dass bereits im vorhabenbezogenen Bebauungsplan vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für die Waldschnepfe gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 BNatSchG sowie artenschutzbegründete Markierungsvorgaben für die Rotorblätter geregelt sind (Nrn. 1.9 und 1.11.5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans), zeigt sich dies auch daran, dass in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10. September 2018 unter 3.4 (Seiten 13 ff.) diverse naturschutzrechtliche Auflagen geregelt werden, die im Wesentlichen bereits im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 (Seiten 13 ff.) als „Maßnahmen zur Vermeidung und zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität“ vorgeschlagen worden sind (vgl. auch die entsprechenden Vorschläge auf Seiten 13 ff. des Fachbeitrags zur saP vom 9.4.2018 mit marginalen Anpassungen zum Gondelmonitoring für Fledermäuse).
34
c) Soll mit einem - wie hier vorhabenbezogenen - Bebauungsplan, der - zugeschnitten auf die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - ganz konkrete Festsetzungen zu den Standorten und der Höhe der einzelnen Anlagen eines Windparks regelt, die artenschutzrechtliche Prüfung bereits umfassend im Verfahren der Bauleitplanung erfolgen, unterliegt die planende Gemeinde über § 2 Abs. 3 BauGB hinsichtlich der Methodik der Ermittlung, Prüfung und Bewertung der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG denselben Anforderungen wie die Genehmigungsbehörde.
35
Zum Genehmigungsverfahren begrenzt sich die richterliche Rechtskontrolle der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG zugunsten einer den zuständigen Naturschutzbehörden verbleibenden Einschätzungsprärogative darauf, ob die behördliche Beurteilung im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar ist und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruht, das sich als unzulängliches oder ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Denn im Bereich des Natur- und insbesondere des Artenschutzes geht es regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen, für die weitgehend normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen (zum Ganzen vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 - BVerfGE 149, 407 = juris Rn. 17 ff., insbes. Rn. 23, 30; BVerwG, U.v. 13.5.2009 - 9 A 73/07 - NVwZ 2009, 1296 = juris Rn. 87; U.v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118 = juris Rn. 15; U.v. 23.4.2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 = juris Rn. 90; B.v. 8.3.2018 - 9 B 25.17 - UPR 2018, 382 = juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568 - NuR 2020, 140 = juris Rn. 16; HessVGH, B.v. 25.9.2018 - 3 B 1684/18.N - ZfBR 2019, 56 = juris Rn. 21; NdsOVG, U.v. 13.3.2019 - 12 LB 125/18 - UPR 2020, 20 = juris Rn. 65; U.v. 27.8.2019 - 7 KS 24/17 - juris Rn. 257). Auch wenn den Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) vom 19. Juli 2016 (Windenergie-Erlass - BayWEE - AllMBl 2016, 1642) kein Rechtssatzcharakter zukommt, handelt es sich doch um eine ministerielle Vorgabe zur Konkretisierung des vorgenannten Einschätzungsspielraums für die Einzelfallentscheidung. Der BayWEE stellt ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität dar. Er beruht auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten. Hiervon darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden. Dies gebieten insbesondere die rechtlichen Gesichtspunkte der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - BauR 2014, 1934 = juris Rn. 45; B.v. 29.5.2017 - 22 ZB 17.529 - juris Rn. 25; B.v. 4.3.2019 - 22 CS 18.2310 - NVwZ-RR 2019, 809 = juris Rn. 23; B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568 - NuR 2020, 140 = juris Rn. 17). Der gleiche Charakter kommt den artenschutzfachlichen Bewertungen der „Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) mit Stand Februar 2017 (im Folgenden: Arbeitshilfe des LfU) zu (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2019 - 22 B 17.124 - juris Rn. 52; B.v. 5.11.2019 a.a.O.), die sowohl sich selbst (vgl. dort Einleitung S. 5) als fachliche Ergänzung des BayWEE sieht, als auch diese Funktion vom BayWEE zugeschrieben bekommt (vgl. Nr. 8.4 Satz 7 BayWEE i.V. mit Anlage 5 Satz 29 BayWEE).
36
Ausgehend hiervon hat der Senat mithin auch im Rahmen der Prüfung eines Ermittlungs- und Bewertungsdefizits am Maßstab von § 2 Abs. 3 BauGB seine Kontrolle auf die Frage zu beschränken, ob bei der Ermittlung und der Anwendung der gewählten fachlichen Methode Verfahrensfehler begangen worden sind, ob anzuwendendes Recht verkannt wurde, ob von einem im Übrigen unrichtigen oder nicht hinreichend tiefgehend aufgeklärten Sachverhalt ausgegangen wurde, ob allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt worden sind oder ob sich die planende Gemeinde von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin nach ihrem eigenen Konzept selbst davon ausging, dass die - s.o. - umfassenden Erhebungen und Bewertungen zur Vogelschlaggefahr, auf denen die Abwägung und der Satzungsbeschluss zum streitgegenständlichen Bebauungsplan vorliegend aufbauten, auf methodischer Basis des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU stattgefunden haben, um bereits im Verfahren der Bauleitplanung eine umfassende - konkret vorhabenbezogene - Bewertung zum Tötungsrisiko kollisionsgefährdeter Vogelarten zugrunde zu legen (vgl. Kap. 3.10.1 und 3.10.3 = Seiten 28 ff. der Planbegründung, Kap. 1.4.2 = Seiten 47 ff. des Umweltberichts; Abwägung bzgl. Nr. 13 zu TOP 2a der Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 31.3.2017 / Seiten 35 f. des Auszugs aus dem Sitzungsbuch; Stellungnahme des Planverfassers und des Fachgutachters sowie Abwägung des Gemeinderats am 31.3.2017 zur Einwendung des Antragstellers vom 24.11.2016; Stellungnahme des Planverfassers und des Fachgutachters sowie Abwägung des Gemeinderats am 20.2.2018 zur Einwendung des Antragstellers vom 8.8.2017; Stellungnahme des Planverfassers und des Fachgutachters sowie Abwägung des Gemeinderats am 20.2.2018 zu den Einwendungen von Herrn F* … vom 6.8.2017). Dass der BayWEE und die Arbeitshilfe des LfU methodische Basis der artenschutzrechtlichen Ermittlungen zum Tötungsrisiko kollisionsgefährdeter Vogelarten gem. § 2 Abs. 3 BauGB in der Bauleitplanung war und auch sein sollte, ergibt sich vor allem auch aus dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017, der zur Erfassungsmethodik ausdrücklich auf den BayWEE rekurriert (Seite 45, vgl. auch die Umsetzung auf Seiten 46 ff.). Wenn die zugrundeliegenden Erhebungen und sachverständigen Ausarbeitungen, die Grundlage der Abwägung und des Satzungsbeschlusses zum Bebauungsplan sind, selbst auf den BayWEE als Konkretisierungsmaßstab für die fachgerechte Erhebungsmethodik abstellen, um vorab im Verfahren der Bauleitplanung entgegenstehende Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG in Bezug auf kollisionsgefährdete Vogelarten auszuschließen, sind dann aber zur Erfüllung dieses Zwecks in Übertragung der Grundsätze für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für eine methodisch ordnungsgemäße Ermittlung und Bewertung i.S. von § 2 Abs. 3 BauGB bereits auf Ebene der Bauleiplanung die Vorgaben des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU einzuhalten. Der Einwand der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, diese Vorgaben seien laut Arbeitshilfe des LfU (vgl. Kap. 1 „Einleitung“, Seite 5) nur für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und nicht für die Bauleitplanung anwendbar, geht daher fehl.
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d) In Anwendung der vorgenannten Maßstäbe sind die artenschutzrechtlichen Erhebungen zu kollisionsgefährdeten Vogelarten vorliegend als defizitär zu bewerten, sodass der Bebauungsplan diesbezüglich den Vorgaben sachgerechter Ermittlung und Bewertung gem. § 2 Abs. 3 BauGB nicht gerecht wird. Die artenschutzrechtlichen Erhebungen widersprechen den Vorgaben des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU, sind deshalb methodisch unzureichend und reichten folglich nicht aus, um die Antragsgegnerin resp. ihren Gemeinderat in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu bewerten.
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Für die Ermittlung und Beurteilung der Einschlägigkeit des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wegen Kollisionsgefahr kollisionsgefährdeter Vogelarten sehen der BayWEE in Nr. 8.4, 8.4.1 Buchst. c) aa) i.V. mit Anlage 3 und Anlage 5 sowie ergänzend Kap. 3.2 der Arbeitshilfe LfU eine Raumnutzungsanalyse vor. In diese sind die in Anlage 3 Spalte 2 BayWEE beschriebenen sog. engeren Prüfbereiche (= von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlene Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen bzw. zu Kolonien von Arten, deren Hauptverbreitungsgebiete auch in Bayern liegen) sowie die in Anlage 3 Spalte 3 BayWEE umschriebenen äußeren Prüfbereiche (= Abstände, in denen zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate o.Ä. der betreffenden Art vorhanden sind) einzubeziehen. Nr. 8.4.1 Buchst. c) aa) BayWEE macht dabei Bewertungsvorgaben, unter welchen Voraussetzungen ein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko i.S. von § 44 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG besteht. Im Übrigen enthält Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE methodische Vorgaben für die Raumnutzungsanalyse, die gem. Nr. 8.4.1 Buchst. c) aa) Satz 10 zu beachten sind. Diesen Anforderungen werden die sachverständigen Untersuchungen, wie sie im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 dokumentiert sind und Basis des Satzungsbeschlusses sowie der Abwägung zum streitgegenständlichen Bebauungsplan waren, nicht gerecht. Der streitgegenständliche Bebauungsplan leidet im Einzelnen unter Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB an folgenden Mängeln [aa) - cc) ]:
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aa) Ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit ist zunächst darin zu sehen, dass über die zwei ausgewählten Fixpunkte keine hinreichende Übersicht und Einsehbarkeit der relevanten Prüfbereiche nach den Maßstäben des BayWEE und der Arbeitshilfe LfU gewährleistet war, sodass die Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten methodisch unzureichend erfasst wurden (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568 - NuR 2020, 140 = juris Rn. 18 ff. sowie VG Regensburg, B.v. 22.7.2019 - RO 7 S 19.617).
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Gem. Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE sollen sich die Untersuchungen auf den Prüfbereich im Umfeld der geplanten Anlage(n) konzentrieren und von „Fixpunkten“ (= festen Beobachtungspunkten) aus erfolgen; sie sollen über den engeren Prüfbereich hinaus Hinweise auf die regelmäßigen Flugkorridore zwischen Brutplatz und anderen regelmäßigen Aufenthaltsorten wie Nahrungshabitaten u.Ä. liefern und Aufschluss geben über die Dauer von Flugbewegungen im Umkreis der Anlagen, gegebenenfalls den Anteil der Flugdauer, das Vorhandensein von Schlüsselhabitaten für die relevanten Arten wie Rastplätze, Schlafplätze, besondere Nahrungshabitate im Umfeld der Windkraftanlagen und die relative Raumnutzung im Gebiet (Anlage 5 Sätze 3 - 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE). Die Raumnutzungsanalyse ist für beide Prüfbereiche durchzuführen, wobei alle beobachteten Flugbewegungen kollisionsgefährdeter Vogelarten zu registrieren und als Linien mit Richtungsangabe in einer Karte einzutragen sind (Kap. 3.2.1.2 der Arbeitshilfe des LfU). Nach Anlage 5 Sätze 6, 8 und 9 zu Nr. 8.4.1 BayWEE sollen Fixpunkte ausgewählt werden, die eine gute Übersicht auf den Anlagenstandort und seine Umgebung mit bekannten oder potenziellen Neststandorten erlauben. Die Zahl der Fixpunkte ist abhängig von der Topographie, Waldbedeckung, Ausdehnung und Anordnung in einem Untersuchungsgebiet. Bei guter Einsehbarkeit des Geländes sollten wenigstens zwei Fixpunkte gewählt werden, bei größeren oder unübersichtlichen Untersuchungsgebieten müssen es gegebenenfalls mehr sein. In Kap. 3.2.1.2 der Arbeitshilfe des LfU wird dies dahin konkretisiert, dass von den Fixpunkten a l l e Bereiche um den Anlagenstandort mit den e n g e r e n Prüfbereichen (vgl. Anlage 3 Spalte 2 BayWEE) gut einsehbar und beobachtbar sein sollen; die ä u ß e r e n Bereiche (vgl. Anlage 3 Spalte 3 BayWEE) sollen „möglichst“ gut einsehbar und beobachtbar sein.
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Eine gute Einsehbarkeit im vorgenannten Sinn war bereits für den engeren Prüfbereich über die zwei Fixpunkte nicht gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund folgender Umstände fest: Zum einen geht der Fachgutachter auf Seite 45 im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 in der Sache selbst davon aus, dass es „von den Beobachtungspunkten aus schlecht einsehbare Waldbereiche“ gab, weswegen ergänzend eine flächige Suche von Wespenbussardhorsten durchgeführt worden sei. Auf Seite 56 des Gutachtens findet sich hierzu ein Luftbild („Abbildung 6: Horstsuche Wespenbussard 2016“), auf dem Bereiche rötlich markiert sind, die mehr als 50% des ebenso dargestellten engeren Prüfbereich für den Wespenbussard (1000m Radius um die drei Anlagen, vgl. Anlage 3 Spalte 2 BayWEE) - wohl bezogen auf den Luftbereich oberhalb der Baumwipfel - ausmachen. Diese markierten Flächen stellen nach der Legende zu der Abbildung und damit nach der eigenen Einschätzung des Gutachters die Bereiche einer „flächigen Horstsuche (…) in n i c h t g u t e i n s e h b a r e n Bereichen (von Beobachtungspunkten der Raumnutzugskartierung aus)“ dar (Hervorhebung nicht im Original). Zum andern geht aus der vom Kartographen und Landkartentechniker … F* … vorgelegten Stellungnahme (6. August 2017) und den hierzu beigefügten Abbildungen hervor, dass relevante Bereiche des Luftraums oberhalb der Baumwipfel innerhalb eines 1.500 m Radiusbereichs der Windkraftanlagen (= engerer Prüfbereich für den Rotmilan, Anlage 3 Spalte 2 BayWEE) von den beiden Fixpunkten aus nicht einsehbar waren. Dieser (wipfelnahe) Prüfbereich ist nach der Darstellung des Kartographen im Bereich der Baumwipfel von beiden Fixpunkten (zusammen) nur zu 41% einsehbar gewesen, sodass knapp 6 km² dieses Bereichs (= 59%) von keinem der beiden Fixpunkte aus unmittelbar eingesehen werden konnten. Im Bereich von 30 m über der Baumwipfelgrenze verbleibt im westlichen bzw. südwestlichen engeren Prüfbereich für den Rotmilan ein von beiden Fixpunkten aus nicht einsehbarer Bereich von ca. 3 km² (= 29,8%). Auch im Bereich einer Flughöhe von 50 m verbleibt im Südwesten des engeren Rotmilan-Prüfbereichs ein von beiden Fixpunkten nicht einsehbarer Luftbereich von 0,44 km² / 4%. Es ist nicht ersichtlich, dass die inhaltliche Ausarbeitung und die optische Darstellung der einsehbaren und nicht einsehbaren Bereiche des berufserfahrenen Kartographen fehlerhaft sein könnten, zumal diese von den Beteiligten im Normenkontrollverfahren nicht substantiiert in Zweifel gezogen wurden. Der Senat lässt es dahinstehen, welche Anforderungen der BayWEE und die Arbeitshilfe des LFU an einen einzelnen Fixpunkt stellen und ob der bei der Kartierung gewählte Fixpunkt 1 (ohne Hubsteiger) diesen gerecht wird (zweifelnd BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568 - NuR 2020, 140 = juris Rn. 21 sowie die Vorinstanz VG Regensburg, B.v. 22.7.2019 - RO 7 S 19.617 - unveröffentlicht). Kritisch ist insofern jedenfalls anzumerken, dass nach der Darstellung von Herrn F* … vom Fixpunkt 1 der Luftraum des engeren Rotmilan-Prüfbereichs im 1.500 m-Umfeld selbst in einer Luftraumhöhe von 50 m nur zu 42% (4,19 km²) sichtbar gewesen ist. Jedenfalls genügt die Art und Weise der durchgeführten Beobachtungen auch dann nicht den methodischen Vorgaben des BayWEE, wenn hinsichtlich der Anforderung einer guten Übersicht auf eine Gesamtbetrachtung von beiden Fixpunkten aus abgestellt wird. Denn insbesondere die am Beispiel des engeren Prüfbereichs für den Rotmilan von Herrn F* … dargestellte Nichteinsehbarkeit von 59% des Luftraums unmittelbar über dem Baumwipfelbereich sowie von fast 30% des Luftraums 30 m höher gewährleisten keine gute Einsehbarkeit des Geländes, auf die der BayWEE abzielt. Eine mögliche Einschränkung der Einsehbarkeit auf einen bestimmten Teilbereich des Luftraums ab einem bestimmten Luftraum oberhalb der Baumwipfelgrenze lässt sich der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE nicht entnehmen.
Hinsichtlich der jeweiligen kollisionsgefährdeten Vogelart muss im Rahmen der Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG orts- und vorhabenspezifisch entschieden werden, ob das Tötungsrisiko im Prüfbereich signifikant erhöht ist; dazu muss plausibel dargelegt werden, ob es in diesem Bereich der geplanten Anlage zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z.B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überflogen wird (Nr. 8.4.1 Buchst. c) aa) Sätze 5 und 6 BayWEE). Warum wipfelnahe Fluganteile der relevanten Vogelarten derart gering sein könnten, dass sie vernachlässigt werden könnten, ist auch sachlich nicht nachvollziehbar. Denn die Beobachtungen sollen grundsätzlich erfassen, ob Flüge - in welcher genauen Höhe auch immer - stattfinden. Allein der Umstand, dass es nur in Höhe der Rotoren zu Kollisionen mit Vögeln kommen kann, erklärt nicht, weshalb bei der Ermittlung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im gesamten Untersuchungsgebiet Flugbewegungen in Höhe der Rotoren von alleiniger oder ausschlaggebender Bedeutung sein sollten. Gerade weil entgegen den vorgenannten Vorgaben der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE und des Kap. 3.2.1.2 der Arbeitshilfe des LfU aufgrund der Topografie des Geländes - auch in der Gesamtschau beider Fixpunkte - nicht alle Bereiche hinreichend einsehbar waren, hätte es gem. Satz 6 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE der Auswahl anderer Fixpunkte bzw. ggf. des Einsatzes eines weiteren Hubsteigers auch beim Fixpunkt 1 und / oder gem. Satz 9 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE der Heranziehung weiterer Fixpunkte bedurft, um die Anforderungen an eine gute Einsehbarkeit - die nach den Vorgaben des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU jedenfalls für die engeren Prüfbereichen (Anlage 3 Spalte 2 BayWEE) uneingeschränkt Geltung beanspruchen - zu erfüllen. Das Untersuchungsziel konnte bei einer fehlenden Einsehbarkeit von Großteilen des engeren Prüfbereichs nach den Wertungen des BayWEE nicht erreicht werden.
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bb) Zudem dürfte ein Ermittlungsdefizit unter Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB darin zu sehen sein, dass insgesamt zu wenig Beobachtungen durchgeführt worden sind (vgl. auch BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568 - NuR 2020, 140 = juris Rn. 25 ff. sowie VG Regensburg, B.v. 22.7.2019 - RO 7 S 19.617 - Beschlussabdruck S. 21 f.)
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Gemäß Anlage 5 Satz 12 zu Nr. 8.4.1 BayWEE soll die Zahl der Untersuchungstage „in besonders konfliktreichen Gebieten mit mehreren kollisionsgefährdeten oder schwer zu untersuchenden Arten“ auf 25 erhöht werden. Der nach Anlage 5 Satz 12 zu Nr. 8.4.1 BayWEE für den Regelfall als ausreichend erachtete Umfang von 18 Untersuchungstagen ist vorliegend jedenfalls deshalb unzureichend, weil im Prüfbereich insgesamt acht - und damit mehrere - kollisionsgefährdete Arten gleichzeitig vorkommen (vgl. artenschutzrechtlicher Fachbeitrag vom 26.5.2017, Seiten 50 f., Tabellen 7 - 9: Baumfalke, Graureiher, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzstorch, Wespenbussard, Wanderfalke, Wiesenweihe). Der Ansatz einer erhöhten Anzahl von Beobachtungstagen kann vor allem auch deshalb relevant sein, wenn die kollisionsrelevanten Vögel zu unterschiedlichen Zeiten balzen und brüten, sodass dies berücksichtigend laut der Arbeitshilfe des LfU auch die empfohlenen Kartierzeiträume divergieren. So werden etwa für den „späten“ Wespenbussard zu beobachtende Balz- und Nahrungsflüge für den Zeitraum Mai bis August angegeben (Seite 32 der Arbeitshilfe des LfU), wobei aber von den insgesamt durchgeführten 18 Beobachtungstagen von März bis August nur ein Teil in diese für den Wespenbussard relevante zeitliche Phase fiel.
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Ob auch mit Blick auf den (nach vorheriger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde) zu beobachtenden Schwarzstorch als kollisionsgefährdete Vogelart der in Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE vorgesehene Minimalaufwand von 18 Tagen nicht ausreichte (vgl. Seite 27 der Arbeitshilfe des LfU; BayVGH, B.v. 5.11.2019 a.a.O. juris Rn. 28 f.; VG Regensburg, B.v. 22.7.2019 a.a.O.) kann der Senat dahingestellt lassen. Ebenso kann offenbleiben, ob die Vogelbeobachtungen im Zeitraum März bis August im Widerspruch zu Satz 16 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE, wonach die Beobachtung bei guten Bedingungen, also an warmen Tagen mit guten Thermik-/Flugbedingungen stattzufinden haben, durchgeführt worden sind (vgl. VG Regensburg, B.v. 22.7.2019, S. 21, 22 des Beschlussabdrucks; BayVGH, B.v. 5.11.2019 a.a.O. juris Rn. 30 f.). Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen der Befassung mit diesbezüglich erhobenen Einwendungen darauf abgestellt hat, dass an den von den Kartierern nach subjektivem Empfinden als „kühl“ bzw. „kühl-warm“ vermerkten Tagen laut den Daten des Deutschen Wetterdienstes jahreszeitgemäße Temperaturen und damit grundsätzlich gute Flugbedingungen geherrscht hätten, wäre jedenfalls zu hinterfragen, ob für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Ermittlungspflicht gem. § 2 Abs. 3 BauGB zumindest die Einholung einer nachträglichen Stellungnahme der Kartierer geboten gewesen wäre.
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cc) Der Hinweis des Gutachters, dass zur Kompensation möglicher lokaler Defizite hinsichtlich der Einsehbarkeit wipfelnaher Bereiche eine flächige Horstnachsuche erfolgt sei, um Brutplätze des Wespenbussards endgültig ausschließen zu können (Seite 45 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 26.5.2017), ist für sich kein Ausnahmegrund nach dem BayWEE, um von der primär und grundsätzlich ordnungsgemäß durchzuführenden Flugbeobachtung abzuweichen. Ein besonderer fachlicher Ausnahmegrund, der es rechtfertigt, von den vorgenannten methodischen Vorgaben des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU zur Erfassung auf Basis von Flugbeobachtungen abzuweichen, wurde weder vorgebracht noch ist ein solcher ersichtlich. Wie die Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 sowie die Befassungen mit den Einwendungen im Verfahren der Bauleitplanung zeigen, glaubten der Gutachter und damit auch die Antragsgegnerin bzw. ihr Gemeinderat vielmehr, über die erfolgten Erhebungen und Ermittlungsmaßnahmen mit den in den genannten Regelwerken vorgegebenen Methoden im Einklang zu handeln. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Ermittlungen kollisionsgefährdeter Vogelarten ein methodisch gleichwertiger Ersatz angewandt wurde. Es wurde weder vom Gutachter noch von der unteren Naturschutzbehörde näher substantiiert begründet, inwieweit die genannte Horstnachsuche aus artenschutzrechtlicher Sicht eine volle Kompensation gegenüber einer Raumnutzungsanalyse mit Fixpunkten mit guter Übersicht sowie mit ausreichenden Beobachtungstagen i.S. von Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE darstellen könnte. Nach der Zielsetzung des BayWEE (vgl. Satz 1 der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1) sind die Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten im Umfeld einer Windkraftanlage und die Abschätzung einer möglichen Erhöhung des Tötungsrisikos aufgrund einer höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlagen zu erfassen. Die Untersuchungen sollen gem. Satz 5 Buchst. a der Anlage 5 zu Nr. 8.4.1 BayWEE u.a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen im Umkreis der Anlage geben. Eine Horstnachsuche vermag aber keinen umfassenden Aufschluss über Flugaktivitäten im Umkreis der Anlage zu vermitteln (vgl. auch BayVGH, B.v. 23.1.2020 - 22 CS 19.2297 - NuR 2020, 281 = juris Rn. 36, 37; VG München, B.v. 3.4.2020 - M 28 S7 20.600 - juris Rn. 56).
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Darüber hinaus stellt sich ferner die - vom Gutachter nicht thematisierte - Frage, inwieweit eine auf den Wespenbussard bezogene Horstsuche [vgl. Seite 56 („Abbildung 6: Horstsuche Wespenbussard 2016“: Darstellung diverser Horste im engeren Prüfbereich des Wespenbussards / 1000 m-Umgriff, die laut Ergebnis der Begehung im Jahr 2016 nicht vom Wespenbussard besetzt waren) ] eine solche Kompensation im Hinblick auf andere kollisionsgefährdete Vogelarten nach Anlage 3 zu Nr. 8.4.1 BayWEE, wie z.B. den Rotmilan, leisten könnte (zum Ganzen vgl. VG Regensburg, B.v. 22.7.2019, S. 23, 24 des Beschlussabdrucks; BayVGH, B.v. 5.11.2019 a.a.O. juris Rn. 24). Schließlich kann die durchgeführte Horstnachsuche auch deshalb die nach den Vorgaben des BayWEE und der Arbeitshilfe des LfU methodisch unzureichend durchgeführte Flugbeobachtung nicht kompensieren, weil diese ihrerseits wegen Widerspruchs zu den Vorgaben der Arbeitshilfe des LfU nicht methodengerecht dokumentiert wurde. Laut der LfU-Arbeitshilfe (Nr. 5.1, S. 20) muss die Bewertung, ob ein als unbenutzt gesichteter Brutplatz / Horst einer Großvogelart als potenzieller Neststandort in einem Jahr in Frage kommt, folgende prognostische Aufgabe leisten: Bei einem Nest ohne aktuelle Anzeichen von Brut ist anhand von Indizien zu beurteilen, wie lange dieses bereits ungenutzt ist und ob es noch als Brutplatz in Frage kommt. Drei aufeinanderfolgende Jahre der Nichtnutzung sind hiernach ein fachlich angemessener Zeitraum, um für ein bestimmtes Nest zu konstatieren, dass es keine Fortpflanzungsstätte im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG mehr darstellt. Eine solche prognostische Bewertung hat aber im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 26. Mai 2017 keinen Niederschlag gefunden (vgl. auch VG Regensburg, B.v. 22.7.2019, S. 22, 23 des Beschlussabdrucks; BayVGH, B.v. 5.11.2019 a.a.O. juris Rn. 34 f.). Nur ergänzend - ohne dass es insofern weiterer Schlussfolgerungen am Maßstab von § 2 Abs. 3 BauGB bedürfte - weist der Senat darauf hin, dass die Nestsuche nicht bei allen Begehungen zu den von der Arbeitshilfe des LfU empfohlenen Zeiten stattfand (vgl. Seiten 32 für den Wespenbussard und Seite 23 für den Rotmilan; VG Regensburg, B.v. 22.7.2019, S. 24 des Beschlussabdrucks).
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e) Diese Ermittlungs- und Bewertungsmängel sind gem. § 4 Abs. 2, Abs. 4 UmwRG i.V. mit § 214 und § 215 BauGB (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 26 ff.; Decker, VBlBW 2018, 441/446) für die Wirksamkeit des Bebauungsplans als beachtlich anzusehen.
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aa) Die Antragsgegnerin hat - wie gesehen - einen von der Planung berührten, abwägungserheblichen und damit i.S. von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB „wesentlichen“ Belang nicht zutreffend ermittelt und bewertet. Die „Offensichtlichkeit“ des Fehlers ergibt sich unmittelbar aus den Bebauungsplanakten, maßgeblich aus den artenschutzbezogenen Gutachten, der Begründung und dem Umweltbericht zum Bebauungsplan sowie den Unterlagen zur Abwägung im Gemeinderat der Antragsgegnerin. Der Mangel im Planungsvorgang ist schließlich auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Gemeinderat in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Es steht die - mangels entsprechender Ermittlungen bislang nicht auf Basis einer methodengerechten Erhebung beantwortete - Frage im Raum, wie die Vogelschlaggefahr aufgrund der geplanten Windkraftanlagen zu beurteilen ist. Damit fehlt es an einer hinreichenden empirischen Basis, die den Schluss zuließe, dass der Gemeinderat denselben Bebauungsplan auch bei Kenntnis einer ordnungsgemäß aufgearbeiteten Datenlage beschlossen hätte (vgl. HambOVG, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 70 ff.). Es ist - auch unabhängig von der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle bzgl. § 44 BNatSchG (s.o.) - nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten eine diesbezüglich unterbliebene ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung für die Antragsgegnerin und die Beigeladene nachzuholen (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - KommJur 2017, 112 = juris Rn. 42; B.v. 3.3.2017 - 15 NE 16.2315 - NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 28; U.v. 28.4.2017 - 15 N 15.967 - juris Rn. 53).
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bb) Die Einwendungen zu den artenschutzbezogenen Ermittlungs- und Bewertungsdefiziten sind nicht wegen Zeitablaufs gem. § 215 BauGB präkludiert. Gem. § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB werden gem. § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB relevante Ermittlungs- und Bewertungsmängel im Nachhinein unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Dabei verlangt § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB Substantiierung und Konkretisierung. Der Gemeinde soll durch die Darlegung die Prüfung ermöglicht werden, ob Anlass besteht, in eine Fehlerbehebung einzutreten („Anstoßfunktion“ der Rüge). Darüber hinaus wird durch die schriftliche Darlegung der Kreis der präkludierten Rügen bestimmt (BVerwG, B.v. 19.1.2012 - 4 BN 35.11 - ZfBR 2012, 261 = juris Rn. 4; B.v. 16.12.2014 - 4 BN 25.14 - ZfBR 2015, 270 = juris Rn. 6; B.v. 11.9.2019 - 4 BN 17.19 - ZfBR 2020, 268 = juris Rn. 6; Külpmann, jurisPR-BVerwG 2/2020 Anm. 1). Eine Rüge gem. § 215 Abs. 1 BauGB kann auch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 - 15 N 16.2381 - BayVBl 2019, 88 = juris Rn. 37; B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 41; HambOVG, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 73). Das gilt jedenfalls, wenn das schriftsätzliche Vorbringen rechtzeitig bei der planenden Gemeinde eingegangen ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.6.2012 - 4 CN 5.10 - BVerwGE 143, 192 = juris Rn. 27 m.w.N.). Da es maßgeblich auf die Anstoßfunktion (s.o.) ankommt, kann die Frist zur Geltendmachung von Mängeln auch ganz allgemein durch Übermittlung eines den inhaltlichen Anforderungen genügenden Schriftsatzes an die Gemeinde im Rahmen eines Verwaltungsprozesses, an dem die Gemeinde beteiligt ist, gewahrt werden (VGH BW, U.v. 15.7.2008 - 3 S 2772/06 = NVwZ-RR 2009, 146 = juris Rn. 55). Eine ausreichend erhobene Rüge gilt „inter omnes“, d.h. zu Gunsten von jedermann (BVerwG, B.v. 2.1.2001 - 4 BN 13.00 - ZfBR 2001, 418 = juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 11.9.2019 - 4 BN 17.19 - ZfBR 2020, 268 = juris Rn. 9; Külpmann, jurisPR-BVerwG 2/2020 Anm. 1). Es genügt mithin, wenn der Fehler durch jemanden - ggf. auch durch einen Dritten - rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist gerügt wurde.
50
In Anwendung der voranstehenden Grundsätze ist der oben festgestellte Ermittlungs- und Bewertungsmangel in einer der Anstoßfunktion des § 215 Abs. 1 BauGB genügenden Weise gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden: Zum einen hat der Markt N* … mit seiner Antragsbegründung vom 14. Februar 2019 im Parallelverfahren 15 N 18.2110, die die Antragsgegnerin schon vor Ablauf der Jahresfrist (19. Juli 2019) erhalten hat, die Unwirksamkeit des Bebauungsplans u.a. wegen mangelhafter Ermittlung artenschutzrechtlicher Belange gerügt. Soweit dies für die Erfüllung der Anstoßfunktion als inhaltlich unzureichend angesehen werden sollte, weil dort im Schwerpunkt die überholte Artenschutzbegutachtung aus dem Jahr 2015 und nicht die aktuellere Begutachtung des Gutachters M* … aus den Jahren 2016 / 2017 thematisiert wurde, ist jedenfalls durch inhaltlich weitergehende Rügen des Antragstellers der Anstoßfunktion des § 215 Abs. 1 BauGB Genüge getan worden. Unabhängig von dem erst nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz des Antragstellers vom 16. Juli 2020 dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten außerprozessualen Rügeschreiben hat der Antragsteller den Ermittlungsmangel hinsichtlich artenschutzrechtlicher Belange der Sache nach - unter Angriff auf die Wirksamkeit des vorliegend streitgegenständlichen Bebauungsplans auch und gerade soweit dieser den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des Gutachters M* … umfasst - jedenfalls auch in seinen Schriftsätzen im Klageverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung RO 7 K 18.1872 sowie im diesbezüglichen Eilverfahren RO 7 S 19.617 geltend gemacht, wobei die diesbezüglich relevanten Schriftsätze vom 23. Januar 2019 (vgl. dort Seiten 23 f.) und vom 31. Mai 2019 (Seiten 3 ff.) im Verfahren RO 7 K 18.1872 und vom 4. April 2019 (Seiten 16 ff., 30 f.) im Verfahren RO 7 S 19.617 der dort jeweils beigeladenen Antragsgegnerin durch Übermittlung seitens des Verwaltungsgerichts innerhalb der Jahresfrist (d.h. bis zum 19. Juli 2019) zugegangen sind. Das Abwägungsdefizit hinsichtlich des Artenschutzes ist mithin rechtzeitig in noch offener Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gerügt worden, sodass dieser Mangel nicht nachträglich wegen Zeitablaufs unbeachtlich geworden ist.
51
f) Der Antragsteller kann als Umweltverband (§ 3 UmwRG) den Ermittlungsmangel nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 UmwRG oder jedenfalls nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 UmwRG im Rahmen des erhobenen Normenkontrollantrags auch erfolgreich rügen.
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aa) Korrespondierend zur Antragsbefugnis aus § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Nr. 3 Buchst. a i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG, § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG [s.o. 1 a) aa) ], ist der Normenkontrollantrag des antragstellenden Umweltverbands ist gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG begründet, weil (tatsächlich) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung i.S. von § 1 Nr. 1 UVPG bestand, weil der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für dessen Gültigkeit von Bedeutung sind und weil der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert.
53
Dass der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan gegen Rechtsvorschriften - hier § 2 Abs. 3 BauGB i.V. mit § 44 BNatSchG - verstößt, die für die Gültigkeit des Bebauungsplans von Bedeutung sind, und dass hierdurch Belange berührt werden, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Vereinssatzung fördert, wurde bereits oben ausgeführt [s.o. 1 a) aa) ]. Eine tatsächliche (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2020, § 2 UmwRG Rn. 62) UVPPflicht besteht, wenn das Vorhaben nach § 6 UVPG i.V. mit Anlage 1 zum UVPG zwingend UVPpflichtig ist oder diese Pflicht auf Grund einer Vorprüfung im Einzelfall zu bejahen ist (§§ 7 ff. UVPG). Vorliegend ist das Landratsamt R* … nach standortbezogener Vorprüfung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 UVPG i.V. mit Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG) in Anwendung von § 7 Abs. 2 Sätze 2 - 4 UVPG i.V. mit der Anlage 3 des UVPG im Rahmen der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserteilung zu dem Ergebnis gekommen, dass es für das Vorhaben (Errichtung des Windparks mit drei Windkraftanlagen) als solches einer UVP bedurfte (vgl. UVP-Bericht vom 27.4.2018 sowie Seite 77 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.9.2018, Seite 77). Das wird von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Im Übrigen folgt bei Bebauungsplänen mit Umweltprüfung - wie vorliegend - die UVP-Pflichtigkeit schon aus § 2 Abs. 10 UVPG i.V. mit § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UVPG, § 2 Abs. 4 BauGB: Nach § 2 Abs. 10 UVPG sind „Umweltprüfungen“ i. S. des UVPG Umweltverträglichkeits- und Strategische Umweltprüfungen. Für die hier betroffene Bauleitplanung gilt insoweit allerdings die speziellere Regelung in § 50 UVPG. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 wird die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung als Umweltprüfung nach dem BauGB durchgeführt, wobei nach Satz 2 im Falle der Durchführung einer solchen Umweltprüfung eine nach dem UVPG vorgeschriebene Vorprüfung (ganz) entfällt. Nach Abs. 2 wird zudem eine Umweltprüfung nach dem BauGB anstelle einer Strategischen Umweltprüfung i. S. des UVPG durchgeführt. Damit absorbiert die Umweltprüfung nach dem BauGB Umweltprüfungen nach dem UVPG; die UVP tritt in der Bauleitplanung nicht mehr als eigenes Verfahren in Erscheinung. Ist daher nach der grundsätzlich verpflichtenden Vorgabe des § 2 Abs. 4 BauGB - hier mangels Einschlägigkeit von § 13, § 13a, § 13b BauGB - eine Umweltprüfung erfolgt und tritt diese an die Stelle einer UVP bzw. Strategischen Umweltprüfung i. S. des UVPG, so war auch i. S. d. § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG verpflichtend eine „Umweltprüfung“ durchzuführen (vgl. NdsOVG, U.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 - BauR 2019, 63 = juris Rn. 65; im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vgl. HambOVG, B.v. 1.4.2020 - 2 Es 1/20.N - juris Rn. 42 ff.).
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bb) Stellt man hinsichtlich der Antragsbefugnis auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2, 3 Buchst. b, Satz 2 UmwRG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG ab [s.o. 1 a) bb) ], ist der Normenkontrollantrag des antragstellenden Umweltverbands gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 UmwRG begründet, weil (tatsächlich) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung i.S. von § 1 Nr. 1 UVPG bestand [vgl. voranstehend aa) ], der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan am Maßstab von § 2 Abs. 3 BauGB i.V. mit § 44 BNatSchG gegen u m w e l t b e z o g e n e Rechtsvorschriften [s.o. 1 a) bb) ] verstößt, die für die dessen Gültigkeit von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert [vgl. voranstehend aa) sowie oben 1 a) aa) ].
55
g) Anhaltspunkte für eine Präklusion gem. § 6 UmwRG bestehen nicht (zur umstrittenen Anwendung des § 6 UmwRG auf Normenkontrollanträge vgl. Marquard, NVwZ 2019, 1162/1163 f. m.w.N.), zumal der Antragsteller die 10-Wochen-Frist des § 6 Satz 1 UmwRG, die mit Antragstellung am 18. Juli 2019 begann und am 26. September 2019 ablief, mit seiner per Telefax am 26. September 2019 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Antragsbegründung eingehalten hat.
56
h) Der o.g. Ermittlungsmangel (Verletzung des § 2 Abs. 3 BauGB) in Bezug auf artenschutzrechtliche Belange betrifft den gesamten Bebauungsplan und führt daher zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (zur hier nicht gegebenen Voraussetzungen einer Teilunwirksamkeitserklärung vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 - 15 N 15.1713 - NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 40 m.w.N.).
57
3. Die im Verfahren der Normenkontrolle darüber hinaus vom Senat thematisierten weiteren Rechtsfragen (etwa zu § 12 BauGB) sowie die vom Antragsteller gegen die Wirksamkeit der Planung erhobenen weiteren Einwendungen u.a. zu Regelungen im Regionalplan (entgegenstehende Ziele der Raumordnung gem. § 1 Abs. 4 BauGB bzw. in der Abwägung zu kurz gekommene Grundsätze der Raumordnung), zur Betroffenheit von Belangen des Denkmalschutzes und des Landschaftsbilds oder zur optischen bzw. immissionsbezogenen Belastung der umgebenden Wohnbebauung sind aufgrund der zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führenden Erwägungen zu 2. nicht mehr entscheidungserheblich.
58
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, zumal sie keinen Sachantrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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5. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.