Inhalt

VG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 15.07.2020 – W 10 K 19.31764
Titel:

Kein Asylrecht allein wegen schlechter humanitärer Verhältnisse

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a
Asylverfahrens-RL Art. 33 Abs. 2 lit. d, Art. 46 Abs. 6
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsatz:
Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können nur in begründeten Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot begründen. Erforderlich sind zwingende humanitäre Gründe die einer Abschiebung in das Aufnahmeland entgegenstehen. (Rn. 23 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Herkunftsland Gh., unzulässiger Zweitantrag, keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote, Covid-19-Pandemie, Ausreisefrist, Bleiberecht nach der EU-Asylverfahrensrichtlinie, Unionsrechtskonformität des Zweitantragsverfahrens, Gnandi-Rechtsprechung des EuGH, zwingende Gründe, humanitäre Verhältnisse, RL 2013/32/EU
Fundstelle:
BeckRS 2020, 17798

Tenor

I. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung unter Ziffer 3 und das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. September 2019 (Az. …*) werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3 zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzes als unzulässig und begehrt die Feststellung zielstaatsbezogenen Abschiebungsschutzes hinsichtlich Gh..
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1. Die zur Person nicht ausgewiesene Klägerin ist eigenen Angaben zufolge eine am …  1994 in K./Gh. geborene ghanaische Staatsangehörige, dem Volk der Ashanti zugehörig und christlichen Glaubens. Sie verließ ihr Herkunftsland nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihrem traditionellen Ehemann erstmalig im Jahr 2015 und reiste über verschiedene andere Länder am 24. Februar 2017 zunächst nach It. ein. Am 21. Januar 2019 gelangte die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen Sohn in das Bundesgebiet und stellte am 28. Januar 2019 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
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Nachdem eine Eurodac-Abfrage ergeben hatte, dass die Klägerin bereits im Jahr 2017 in It. einen Asylantrag gestellt hat, wurde sie am 5. Februar 2019 zur Zulässigkeit des Asylantrags befragt. Die Klägerin erklärte u.a., nicht gewusst zu haben, in It. internationalen Schutz beantragt zu haben. Das Camp in R. sei geschlossen worden, weshalb sie keine Entscheidung über ihre Asylanträge erhalten hätten.
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Die Klägerin wurde am 13. März 2019 zu den Gründen ihres Asylantrags angehört. Befragt nach ihrem Verfolgungsschicksal gab sie im Wesentlichen an, ihr Schwiegervater sei der König des Dorfes gewesen. Ein Mann habe dessen Herrschaft an sich nehmen wollen. Dieser Mann habe viel Geld gehabt, weshalb er die Dorfältesten habe beeinflussen können. Der Schwiegervater habe das nicht akzeptiert, da er von der Bestechung gewusst habe. Danach habe es ein Problem zwischen dem Mann, dem Schwiegervater und dem Ehemann der Klägerin gegeben. Eines Tages seien ihr Schwiegervater und ihr Ehemann nicht zu Hause gewesen. Ihr Ehemann sei auf der Arbeit gewesen. Dann seien bewaffnete Männer gekommen. Sie hätten nach ihrem Schwiegervater gefragt und gesagt, dass er aus dem Haus kommen solle. Ihre Schwiegermutter habe ihnen mitgeteilt, dass er nicht da sei. Zwei Männer hätten ihre Schwiegermutter festgehalten und sie hätten gesehen, dass die Dorfältesten hinter den bewaffneten Männern gestanden hätten. Als ihr Ehemann gesehen habe, dass die beiden Männer seine Mutter festgehalten hätten, habe er einen geschubst. Dieser sei gegen einen Dorfältesten gefallen, der daraufhin zu Boden gestürzt sei. Der Dorfälteste sei ins Krankenhaus gebracht worden und dort verstorben. Es sei das Gerücht verbreitet worden, dass ihr Ehemann den Ältesten umgebracht habe und er nun auch sterben müsse. Statt den Unfall der Polizei zu melden, hätten sie das Gesetz selber in die Hand nehmen wollen. Ein Freund ihres Ehemannes habe ihn gewarnt. Sie sei daher zusammen mit ihrem Ehemann nach Libyen geflüchtet. Für ihren Sohn habe sie keine anderen Asylgründe.
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Mit Schreiben vom 3. September 2019 teilten die italienischen Behörden dem Bundesamt mit, dass der Asylantrag der Klägerin in It. abgelehnt worden sei. Die Klägerin habe am 26. Januar 2018 einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten.
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2. Mit Bescheid vom 9. September 2019 (Az. …), welcher der Klägerin am 20. September 2019 zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Klägerin sowie ihres Sohnes als unzulässig ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2). Die Klägerin und ihr Sohn wurden aufgefordert, die Bundesrepublik D. innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde die Abschiebung nach Gh. oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Aufnahme verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 3). Weiterhin wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig sei, da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, die für die Durchführung weiterer Asylverfahren erforderlich seien, nicht vorlägen. Nach Abschluss des Erstverfahrens habe sich weder die Sach- noch die Rechtslage geändert. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Gh. führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Klägerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge, da die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt seien. Ebenso fehlten Gründe für eine Annahme, dass bei Abschiebung der Antragsteller eine Verletzung des Art. 4 EU-GR-Charta vorläge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
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3. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 25. September 2019 zu Protokoll des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg Klage (W 10 K 19.31764) mit folgenden Anträgen:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. September 2019 (Az. …) wird aufgehoben.
2. Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Gh. vorliegen.
3. Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verkürzen.
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Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, insbesondere im Hinblick auf ihren kleinen Sohn nicht nach Gh. zurückkehren zu wollen. Ihr Kind werde aufgrund der dortigen schlechten Lebensumstände keine Bildung und später keine gute Arbeitsstelle erhalten können. Sie selbst habe in Gh. keine Familie mehr. Der Onkel, den sie dort immer wieder aufgesucht habe, sei inzwischen verstorben. Sie könne in Gh. den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn nicht bestreiten. Ihr traditioneller Ehemann habe beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg ein anhängiges Dublin-Verfahren unter dem Aktenzeichen W 10 K 19.50297, über das noch nicht entschieden worden sei. Sie hoffe, dass ihre Familie zusammen in D. bleiben könne.
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4. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde auf die Gründe des angefochtenen Bescheides verwiesen.
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5. Mit Beschluss vom 26. Juni 2019 hat das Gericht den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt (Az.: W 10 S 19.30758). Der Beschluss ist unanfechtbar. Auf die Gründe des Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
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6. Das Gericht hat die Klägerin mit Schreiben vom 6. November 2019 zu einer beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bzw. durch Gerichtsbescheid angehört. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte mit Schreiben vom 26. November 2019 sein Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. September 2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.
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7. Mit Beschluss vom 7. Juli 2019 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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8. Mit Beschluss vom 27. Dezember 2019 wurde von dem Verfahren W 10 K 19.31764 das Klagebegehren des Sohnes der Klägerin abgetrennt und unter dem Aktenzeichen W 10 K 20.30174 fortgeführt.
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Wegen der Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die Akten in den Verfahren W 10 S 19.31765 und W 10 K 19.32317, die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Akten der Verfahren der Familienangehörigen der Klägerin, Az. W 10 K 20.30174, W 10 S 19.30175, W 10 K 20.30366 waren zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, d.h. hinsichtlich der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 3 des angegriffenen Bescheides sowie des Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Ziffer 4, begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Der Asylantrag der Klägerin ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG unzulässig, weil er nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führt.
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Die gemäß § 71a Abs. 1 AsylG für eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG vorausgesetzte Zuständigkeit der Beklagten ist aufgrund ihres Selbsteintritts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) gegeben (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4.16 - juris Rn. 18; U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15, BVerwGE 153, 234 - juris Rn. 26). Es sprechen auch keine unionsrechtlichen Rechtsvorschriften gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässigen Zweitantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG, weil die Art. 2 Buchst. q), 33 Abs. 2 Buchst. d) und Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie n.F.) auch einen Folgeantrag erfassen, welcher auf ein in einem anderen Mitgliedstaat unanfechtbar abgeschlossenes Asylverfahren folgt (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.10.2018 - 12 N 70.17 - juris Rn. 7; VG Karlsruhe, U.v. 13.3.2019 - A 1 K 3235/16 - juris Rn. 26; VG Osnabrück, U.v. 27.2.2018 - 5 A 79/17 - juris Rn. 38; VG München, U.v. 7.2.2013 - M 11 K 12.30661 - juris Rn. 21; Dickten in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, Stand 1.3.2020, AsylG, § 71a Rn. 1b; differenzierend VG Hamburg, B.v. 14.7.2016 - 1 AE 2790/16 - juris Rn. 11 ff.). Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG, insbesondere eine entscheidungsrelevante Veränderung der dem Erstverfahren zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, nicht vor. Hierzu wird zunächst auf die die Klägerin betreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides vom 9. September 2019 verwiesen, welchen sich das Gericht aufgrund eigener Überzeugung anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylG), sowie auf die Gründe des Beschlusses vom 4. Oktober 2019 (Az.: W 10 S 19.31765), denen der erkennende Einzelrichter aus eigener Überzeugung folgt.
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2. Zugunsten der Klägerin liegen auch nicht die Voraussetzungen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insoweit verweist das Gericht zunächst auf die zutreffenden Gründe des Bescheides vom 9. November 2019, welchen es aus eigener Überzeugung folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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a) Bei der Prüfung der Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG ist grundsätzlich zu unterstellen, dass die einzelnen Mitglieder einer Kernfamilie nur im Familienverband in das Herkunftsland zurückkehren (vgl. BVerwG, U. v. 4.7.2019 - 1 C 45/18 -, juris Rn. 19); dies gilt sogar, wenn einem Familienmitglied bereits unanfechtbar ein Schutzstatus zuerkannt oder zu dessen Gunsten ein Abschiebungsverbot festgestellt wurde (BVerwG, U. v. 4.7.2019 - 1 C 45/18 -, juris Rn. 19). Infolgedessen war hier darauf abzustellen, dass die Klägerin mit ihrem traditionellen Ehemann und ihrem Sohn nach Gh. zurückkehren wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass gegenüber dem traditionellen Ehemann eine Abschiebungsanordnung im sog. Dublin-Verfahren nach It. ergangen ist. Eine durch die unterschiedlichen Zielstaaten der Abschiebung bedingte Trennung der Familie wäre als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis i.S.d. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu prüfen, welches jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Unter diesen Umständen wäre die Klägerin in Gh. nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ausgesetzt (aa)). Dasselbe gilt unter dem Aspekt einer extremen Gefahrenlage im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 i.V.m. § 60a Abs. 1 AufenthG (bb)).
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aa) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat nur in begründeten Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer dieser Vorschrift widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der EMRK auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu unterhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprächen (vgl. BVerwG, a.a.O., unter Verweis auf EGMR, U. v. 27.5.2008 - N./Vereinigtes Königreich, Nr. 2656/05 - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42, juris Leitsatz). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich demgegenüber keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen ableiten (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 25). Daher können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse die Garantie aus Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an welchem die Abschiebung endet (BVerfG, a.a.O., unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681, juris Leitsatz).
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Gemessen an diesen Grundsätzen sind die humanitären Bedingungen in Gh. nicht derart ungünstig, dass sie zur Feststellung der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK führen könnten. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist trotz weit verbreiteter Armut in Gh. gewährleistet. Zwar leiden viele Menschen unter den sehr schwierigen Wohnbedingungen, insbesondere in den armen Landregionen und den Randgebieten der großen Städte. So leben nach Schätzungen von Amnesty International ca. 45% der Stadtbevölkerung in Holzhütten in den Slums. In urbanen Gebieten haben ca. 92,6% der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser und ca. 20% zu sanitären Anlagen. In ländlichen Gebieten liegen die Anteile bei ca. 84% bzw. 8,6%. Im Juni 2015 wurden nach Angaben von Amnesty International mehrere tausend Personen aus dem größten Slum in Accra, Old Fadama, vertrieben (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht zur Einstufung der Republik Gh. als sicheres Herkunftsland i.S.d. § 29a AsylG, Stand Dezember 2019, S. 21).
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Von diesen teilweise schwierigen Lebensbedingungen wäre die Klägerin in Gh. trotz ihrer Stellung als Mutter eines Kleinkindes jedoch nicht betroffen. Denn sie verfügt über Anlaufstellen in Gh., an die sie sich wenden kann. Die Klägerin hat kein eigenes Verfolgungsschicksal vorgetragen. Sie gab im Wesentlichen an, Gh. wegen der Probleme ihres Ehemannes verlassen zu haben. So kann sie sich beispielsweise an die Familie ihres Onkels wenden, mit der sie auch noch in Kontakt steht (vgl. die Anhörung, Bl. 115 der Behördenakte). An dieser Verbindung ändert auch der angegebene Tod des Onkels nichts. Sie ist zudem jung, gesund und arbeitsfähig, hat eine Ausbildung zur Friseurin gemacht und verfügt über eine grundlegende Schulbildung. Auf dieser Grundlage ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nicht in der Lage sein könnte, den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn durch eigene Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften.
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bb) Individuelle Abschiebungshindernisse i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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cc) Scheidet bereits die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aus, so liegt in der Regel erst recht keine extrem zugespitzte Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung (Extremgefahr) vor. Daran ändert auch die weltweite COVID-19-Pandemie nichts, zumal die Klägerin nicht substantiiert vorgebracht hat, dass und inwieweit ihr persönlich im Falle der Rückkehr nach Gh. aufgrund der Pandemie im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine extreme Gefahr drohen könnte. Die Sperrwirkung der §§ 60a Abs. 1, 60 Abs. 7 AufenthG wird damit nicht durchbrochen.
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Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln bzw. allgemein zugänglichen Quellen gibt es in Gh. im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt 21.077 bestätigte Corona-Fälle. Davon sind 16.070 Personen genesen. Außerdem gibt es 129 Todesfälle (s. etwa Johns Hopkins University, CSSE, COVID 19 Dashboard, https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Abruf am 7.7.2020). Bis Ende Mai 2020 wurden bei einer Bevölkerung von etwa 30 Mio. über 200.000 Tests vorgenommen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation Covid-19-Pandemie, Stand Juni 2020, S. 28). Der ghanaische Staat bleibt nicht tatenlos. Die ghanaische Regierung hat Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen, insbesondere wurden eine verpflichtende Selbstquarantäne im Krankheitsfall sowie die verpflichtende stationäre Quarantäne für alle Reisenden verfügt und die Grenzen geschlossen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika COVID-19 - Aktuelle Lage, Stand 10.6.2020, S. 4). Der internationale Flugverkehr am Kotoka International Airport Accra ist darüber hinaus seit Ende März 2020 eingestellt, die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen. Ausnahmen gibt es lediglich für Notfall-, Rettungs- und Frachtflüge. Der innerghanaische Flugverkehr findet seit Anfang Mai 2020 wieder statt, Reisen innerhalb des Landes sind uneingeschränkt möglich. Es gibt eine Maskenpflicht, eine Ausgangssperre besteht nicht. Kirchen und Moscheen sind, mit Beschränkungen für die Besucherzahlen, wieder geöffnet. Bis zunächst 31. Juli 2020 bleiben öffentliche Versammlungen, Sportveranstaltungen und Konferenzen verboten und Bars und Strände geschlossen. Für Schulen und Universitäten besteht Aussicht, dass sie im Laufe des Junis, zumindest eingeschränkt für Abschlussklassen, wieder geöffnet werden (Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise Gh., Stand 7.7.2020). Bisher wurde kein merkbarer Ansturm auf die Krankenhäuser verzeichnet, zudem waren die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen bereits vor Covid-19 überlastet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika COVID-19 - Aktuelle Lage, Stand 10.6.2020, S. 2).
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Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation in Gh. somit aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie möglicherweise verschlechtert, hält es das Gericht zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart negativ entwickeln werden, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage wäre, zumindest ihr Existenzminimum sicherzustellen, nicht für gegeben. Das Gericht bezweifelt dabei nicht, dass die derzeitige COVID-19-Pandemie und insbesondere die damit verbundenen Einschränkungen und Ausgangssperren zu weltweit spürbaren negativen wirtschaftlichen Auswirkungen führen werden. Man rechnet mit einem um 1,8% verminderten Bruttoinlandsprodukt (Germany Trade & Invest, https://www. ..., abgerufen am 07.07.2020). Allerdings ist hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie auch ein Gegensteuern des ghanaischen Staats erkennbar, obwohl die Mittel begrenzt sind. Dazu gehören kleine Steuererleichterungen sowie die Gewährung von zinsgünstigen Hilfskrediten („soft loans“) etwa für Einzelunternehmer sowie geplante Konsortialkredite für Unternehmen bestimmter Sektoren durch Geschäftsbanken (Germany Trade & Invest, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/wirtschaftsumfeld/wirtschaftsausblick/ghana/covid-19-krise-wirft-ghanas-wirtschaft-zurueck-251974, abgerufen am 07.07.2020). Hinzu kommt, dass in Gh. nach den vorliegenden Erkenntnissen keine Ausgangssperre besteht, weshalb berufliche Tätigkeiten zur Erwirtschaftung des Lebensunterhaltes weiter ausgeübt werden können und die Versorgung mit Nahrungsmitteln nicht eingeschränkt ist.
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3. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung unter Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weshalb sie aufzuheben ist.
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a) Die in dem angefochtenen Bescheid gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise ist rechtswidrig, weil ihr Beginn auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der ablehnenden Asylentscheidung festgesetzt wurde. Das Bundesamt hat den Bescheid auch nicht nachträglich dahingehend abgeändert, dass der Fristbeginn etwa auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe eines ablehnenden Beschlusses über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verschoben werden sollte, oder die Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO ausgesetzt.
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Zwar ist im vorliegenden Fall ist die Abschiebungsandrohung mit der Ausreiseaufforderung und Fristsetzung von einer Woche gemäß § 36 Abs. 1, § 71a Abs. 4 AsylG für die Ausreise („Rückkehrentscheidung“ im unionsrechtlichen Sinne) gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG (im Einklang mit Art. 6 Abs. 6 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 - Rückführungsrichtlinie) mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden worden. Diese Vorgehensweise begegnet im Zusammenhang mit der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und der gesetzten Ausreisefrist, insbesondere deren Beginns, unionsrechtlichen Bedenken.
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Rechtssache „Gnandi“ (EuGH, U.v. 19.6.2018 - C-181/16, Gnandi - juris) entschieden, dass Unionsrecht dem Erlass einer Rückkehrentscheidung gemäß Art. 6 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie, welche gleich nach der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz durch die zuständige Behörde oder zusammen mit ihr in einer einzigen behördlichen Entscheidung und somit vor der Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ergeht, nicht entgegensteht, sofern der betreffende Mitgliedstaat unter anderem gewährleistet, dass (1.) alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, dass (2.) der Antragsteller während dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 (Aufnahmerichtlinie) kommen kann und dass er sich (3.) auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen kann, die im Hinblick auf die Rückführungsrichtlinie und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann. In Reaktion auf dieses Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die sich für das deutsche Asylverfahrensrecht ergebenden Anforderungen konkretisiert. Demnach steht eine Abschiebungsandrohung, die das Bundesamt entsprechend der Regelung in § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG zusammen mit der Entscheidung, den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, erlässt und in der gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt wird, welche mit der Bekanntgabe der ablehnenden Entscheidung beginnt, nicht im Einklang mit den europarechtlichen Anforderungen (BVerwG, U.v. 20.2.2020 - 1 C 19.19 - juris Leitsatz und Rn. 36 ff.).
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Diese für den Fall einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet aufgestellten Grundsätze beanspruchen auch für den vorliegenden Fall der Ablehnung eines Zweitantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a AsylG Geltung. Die europarechtlichen Verfahrensgarantien fordern, dass die in Art. 7 RL 2008/115/EG vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnt, solange der Betroffene ein Bleiberecht hat (EuGH, U.v. 19.6.2018 - C-181/16 - juris Rn. 62). Gemäß Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU hat das Gericht u.a. in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nach Art. 33 Abs. 2 Bucht. a, b oder d RL 2013/32/EU die Befugnis, entweder auf Antrag oder von Amts wegen über ein Bleiberecht des Antragstellers zu entscheiden, wenn diese Entscheidung gegebenenfalls die Beendigung des Bleiberechts zur Folge hat und wenn das Bleiberecht insoweit bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf im nationalen Recht nicht vorgesehen ist. Diese von der Regelung für unbegründete Asylanträge in Art. 46 Abs. 5 RL 2013/32/EU abweichende Sonderregelung greift auch in den Fällen der Ablehnung als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG, weil diese von der Befugnis zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. d der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU erfasst ist. Dort wird auf die Regelungen zum Folgeantrag in Art. 40 der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU verwiesen. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die im deutschen Asylverfahrensrecht vorhandene Differenzierung zwischen Folge- und Zweitantrag dem unionsrechtlichen Asylverfahrensrecht unbekannt ist. Denn beide Fälle werden von den Regelungen der Art. 2 Buchst. q und Art. 40 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU erfasst, sie unterscheiden sich lediglich darin, dass im Falle des Zweitantrages der vorhergehende, unanfechtbar abgelehnte Asylantrag in einem anderen EU-Mitgliedstaat gestellt wurde und es sich somit um einen mitgliedstaatenübergreifenden Folgeantrag handelt. Da in allen EU-Mitgliedstaaten aufgrund der unionsrechtlichen Regelungen insbesondere in der Verfahrensrichtlinie die gleichen verfahrensrechtlichen Mindestgarantien gelten, kann es - für die Anwendung der Art. 33, 46 RL 2013/32/EU - keinen Unterschied machen, ob der vorhergehende Asylantrag im selben oder in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wurde. Eine andere Betrachtungsweise würde den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in Frage stellen, welcher einen wesentlichen Baustein der durch das Unionsrecht geschaffenen Rechtsordnung darstellt (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.10.2018 - 12 N 70.17 - juris Rn. 7; VG Karlsruhe, U.v. 13.3.2019 - A 1 K 3235/16 - juris Rn. 26; VG Osnabrück, U.v. 27.2.2018 - 5 A 79/17 - juris Rn. 38; VG München, U.v. 7.2.2013 - M 11 K 12.30661 - juris Rn. 21; Dickten in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, Stand 1.3.2020, AsylG, § 71a Rn. 1b).
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Das unionsrechtliche Fristlaufverbot in Verbindung mit dem Bleiberecht erfassen mithin auch den Zeitraum, in dem ein Rechtsmittel noch nicht eingelegt ist, und stehen dem Lauf der behördlich zu setzenden Ausreisefrist entgegen; Rechtsmittelfrist und Ausreisefrist dürfen nicht gleichzeitig laufen. Damit ist unvereinbar, dass der angefochtene Bescheid - durchaus im Einklang mit der Systematik des § 36 AsylG, welcher aufgrund der Verweisung in § 71a Abs. 4 AsylG auch für den Fall des unzulässigen Zweitantrages gilt - für das Anlaufen der Ausreisefrist ausdrücklich auf die Bekanntgabe abstellt (BVerwG, U.v. 20.2.2020 - 1 C 19.19 - juris).
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b) Da die Abschiebungsandrohung insgesamt aufgehoben wird, kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung Gh. als Zielstaat der Abschiebung in der Abschiebungsandrohung gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AsylG rechtmäßig ist.
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4. Auch die Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weshalb auch sie aufzuheben ist. Da die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung unter Ziffer 3 des angegriffenen Bescheides rechtswidrig sind, fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 und 3 Satz 1 AufenthG.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bezüglich der Kosten folgt aus § 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.