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VG Ansbach, Urteil v. 22.06.2020 – AN 19 K 19.02359
Titel:

Verschuldensunabhängige Erhebung einer Abwasserabgabe

Normenketten:
AbwAG § 1, § 2, § 3, § 4, § 7
BayAbwAG Art. 6
AbwAV § 6
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 167
Leitsätze:
1. Abwasserabgaben werden verschuldensunabhängig erhoben,sodass allein das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, nämlich hier die Nichteinhaltung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayAbwAG, genügt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach der "Vier-von-Fünf-Regel“ gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV gilt ein nach dieser Verordnung einzuhaltender oder in der wasserrechtlichen Zulassung festgesetzter Wert als eingehalten, wenn die Ergebnisse dieser und der vier vorausgegangenen staatlichen Überprüfungen in vier Fällen den jeweils maßgebenden Wert nicht überschreiten und kein Ergebnis den Wert um mehr als 100 Prozent übersteigt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgabe für das Einleiten von verschmutztem Niederschlagswasser, Abgabefreiheit, einmaliger „Ausreißer“, „Störfall“, Verschulden, Abwasserabgabe, Niederschlagswasser, Schmutzwasser, Zulassung, Kanalisation, Vier-von-Fünf-Regel
Fundstelle:
BeckRS 2020, 17544

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer durch Bescheid festgesetzten Abwasserabgabe. Die Klägerin betreibt eine Kläranlage, von der aus Abwasser und verschmutztes Niederschlagswasser in das Gewässer der … eingeleitet wird.
2
Mit Bescheid vom 16. Februar 1993 (Blatt 55 ff. der Gerichtsakte) war der Klägerin die Einleitung des in der Kläranlage behandelten Abwassers, Gemarkung …, in die … genehmigt worden. Dabei wurden folgende einzuhaltende Überwachungswerte (gültig ab dem 1. Januar 2000) festgesetzt:
- CSB: 90 mg/l
- BSB 5: 20 mg/l
- Nges: 18 mg/l
- Pges: 2 mg/l.
3
Die Analyse einer am 5. Juli 2017 entnommenen Probe ergab unter anderem folgende Werte (Bl. 77 GA):
CSB: 322 mg/l
Nges: 12 mg/l
Pges: 13,1 mg/l
4
Mit Bescheid vom 14. Februar 2019 setzte das Landratsamt … für das Jahr 2017 eine Schmutzwasserabgabe in Höhe von 36.896,63 EUR fest (Blatt 33 ff. der Behördenakte). Hiergegen richtete sich die Klage unter dem gerichtlichen Aktenzeichen AN 19 K 19.00587.
5
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2019 setzte das Landratsamt … für das Jahr 2017 eine Abgabe für verschmutztes Niederschlagswasser in Höhe von 9.053,44 EUR fest.
6
Mit Schriftsatz vom 28. November 2019, bei Gericht per Telefax eingegangen am selben Tag, erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2019. In der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2020 beantragte die Klägervertreterin, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben.
7
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2020 (Bl. 25 GA) ließ die Klägerin die Klage wie folgt begründen:
8
Die Kläranlage … unterschreite die geforderten Reinigungswerte bei Normalbetrieb deutlich, so dass die Klägerin seit Jahrzehnten von der Möglichkeit Gebrauch mache, freiwillig niedrigere Werte als im Bescheid vom 16. Februar 1993 festgesetzt, quartalsmäßig im Voraus zu erklären. Die Entwässerungseinrichtung der Klägerin halte regelmäßig die Grenzwerte
- CSB: 70 mg/l
- Nges: 4 mg/l
- Pges: 0,8 mg/l ein (Meldungen für das Jahr 2017, Anlage K2; Bl. 41-46 GA). Dies führe zu einer Reduzierung der Abwasserabgabe.
9
Im Rahmen der turnusgemäßen Wartung am 4. Juli 2017 sei durch das Unternehmen … das Handmessgerät (PH-Sonde) in der Kläranlage … überprüft worden. Zudem sei die an anderer Stelle verbaute, neue optische Sauerstoffsonde durch den Monteur der Firma überprüft worden. Bei diesen Arbeiten sei vermutlich aufgrund von Unachtsamkeit des Monteurs der Signalgeber (Messumformer) der Sauerstoffsonde deaktiviert worden. Als Folge davon habe die Kläranlage Pappenheim ihre Reinigungsleistung nur noch im Notlaufprogramm erbringen können. Dies sei jedoch für den Kläranlagenleiter und den Klärwärter im Laufe dieses Tages nicht ersichtlich gewesen. Da im Belebungsbecken aufgrund des Notprogrammes nach wie vor Sauerstoff zugeführt worden sei, was am Sprudeln des Beckens erkennbar gewesen sei, hätten die Mitarbeiter von einem ordnungsgemäßen Betrieb der Klägeranlage ausgehen müssen.
10
Bereits am 5. Juli 2017 hätten die beiden Mitarbeiter unmittelbar nach Dienstbeginn gegen 6:30 Uhr festgestellt, dass die Sichttiefe im Belebungsbecken nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Unmittelbar danach sei mit der Suche nach der Ursache der Störung begonnen und der Fehler behoben worden.
11
Gegen 8:00 Uhr desselben Tages sei bereits ein Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) … an der Kläranlage eingetroffen und habe mitgeteilt, dass aufgrund eines anonymen Anrufes eine Störmeldung der Kläranlage angezeigt worden sei (E-Mail des WWA vom 28.8.2017). Im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht sei die Abwasserbehandlungsanlage der Klägerin sodann vom WWA kontrolliert worden. Dabei sei eine Überschreitung der Bescheidswerte festgestellt worden.
12
Wie der behördlichen Akte des WWA … zu entnehmen sei, sei mit anonymem Schreiben vom 27. Februar 2017 behauptet worden, Mitarbeiter der Kläranlage … würden Abwasserwerte fälschen und hochbelastetes Abwasser in die … leiten. Dies sei nachweislich nicht zutreffend. Überdies habe ein Mitarbeiter der Kläranlage vor dem streitgegenständlichen Vorfall mehrfach Unregelmäßigkeiten auf dem Kläranlagengelände feststellen können, welche ein unbefugtes Betreten der Kläranlage nahelegten. In der Folge sei eine Überwachungskamera im Betriebsgelände angebracht worden. Bevor es jedoch zu einer Auswertung des aufgezeichneten Materials gekommen sei, sei die Kamera widerrechtlich entfernt worden. Daraufhin seien die Schlösser an der Kläranlage ausgetauscht worden.
13
Der Bescheid des Landratsamtes vom 28. Oktober 2019 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Zwar sei die Klägerin als Einleiterin von Abwasser und verschmutztem Niederschlagswasser in ein Gewässer grundsätzlich gemäß § 1 AbwAG abgabenpflichtig. Bei den vom WWA am 5. Juli 2017 festgestellten Werten handle es sich allenfalls und offensichtlich um einen einmaligen Ausreißer. Die Messwerte seien daher gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG i.V.m. § 6 Abs. 1 Abwasserverordnung (AbwV) nicht zu berücksichtigen gewesen. Der Störfall, der vorliegend keine 24 Stunden angedauert habe, habe zu einer einmaligen Überschreitung der Überwachungswerte geführt. Damit sei insgesamt nicht eine dauerhafte Einleitung von stark verschmutztem Abwasser, das die festgesetzten Grenzwerte überschreite, gegeben. Entgegen der Auffassung des WWA sei die Ursache für die ungenügende Reinigungsleistung nicht auch dadurch begründet, dass einzelne Belüftungsteller im Belebungsbecken defekt gewesen seien. Denn ein Verstopfen einzelner Perlatoren von ca. 200 verbauten Stück sei betriebsimmanent. Der Sauerstoff werde dann lediglich in konzentrierterer Form dem Abwasser zugeführt. Die Perlatoren könnten nicht einzeln getauscht werden, so dass diese bereits seit Jahrzehnten in gewissen Intervallen komplett getauscht würden. Diese Praxis habe bislang zu keinem Zeitpunkt zu einer Verschlechterung der Abwasserwerte geführt.
14
Die Erhöhung der Abgabe führe insoweit zu einer ungebührlichen Belastung der Klägerin, die den Störfall nicht verschuldet habe. Die Sauerstoffsonde habe am 4. Juli 2017 um 9:59 Uhr ein letztes Signal gegeben. Genau zu dieser Zeit sei der Vertreter der beauftragten Firma … mit seiner Überprüfung des Gerätes beschäftigt gewesen. Erst ab diesen Zeitpunkt sei der übliche und nötige Reinigungsablauf der Kläranlage massiv eingeschränkt gewesen. Da die Klägerin die Überwachung der Kläranlage einem Fachunternehmen übertragen habe, habe sie darüber hinaus alles Erforderliche getan, um das Eintreten eines derartigen Störfalles zu vermeiden und sicherzustellen, dass die maßgebliche Technik der Kläranlage reibungslos funktioniere.
15
Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2020 nahm der Beklagte zu der Klage Stellung und führte aus, dass aufgrund der im Rahmen der amtlichen Überwachung am 7. März 2017 festgestellten Probleme auf der Kläranlage … (Bescheidswertüberschreitungen bei BSB 5 und CSB) vom WWA ohnehin eine weitere zeitnahe amtliche Überwachung der Anlage vorgesehen gewesen sei (vgl. E-Mail vom 12. April 2017, Bl. 75 der Gerichtsakte). Aufgrund einer anonymen Mitteilung sei diese kurzfristig am 5. Juli 2017 vom PSW und vom zuständigen Flussmeister des WWA durchgeführt worden. Vor Beginn der Beprobung seien vom anwesenden Betriebspersonal der Kläranlage … keine Hinweise auf Probleme der Kläranlage gegeben worden, die z.B. den Verzicht auf die amtliche Überwachung gerechtfertigt hätten. Die amtliche Überwachung sei gemäß den Vorgaben des Wasserrechtsbescheids vom 16. Februar 1993 als „nicht abgesetzte homogenisierte Zweistundenmischprobe“ durchgeführt worden und habe eine massive Überschreitung der Bescheidswerte ergeben. Die bei der Anlagenbegehung gemachten Feststellungen vor Ort hätten Hinweise auf eine unzureichende Abwasserreinigung ergeben. Deren Ursache habe jedoch nicht eindeutig bestimmt werden können, da hierfür verschiedene Einflussfaktoren (EWSwidrige Einleitungen, unzureichend funktionierende Belüftung, später festgestellte Nichtfunktion der Sauerstoffsonde) in Frage gekommen seien. Somit hätten aus wasserwirtschaftlicher Sicht zu keinem Zeitpunkt Sachverhalte vorgelegen, die einen Verzicht auf die amtliche Überwachung angebracht erscheinen ließen. Die Durchführung der amtlichen Überwachung sei bescheidsgemäß und nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt. Dementsprechend seien die Messergebnisse vom 5. Juli 2017 bei der Berechnung und Festsetzung der Abwasserabgabe für das Jahr 2017 zu berücksichtigen und zu würdigen gewesen. Insofern habe das Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit anlässlich einer Dienstbesprechung der Wasserrechtsreferenten festgestellt, dass bereits eine einmalige Überschreitung zu einer Abgabesteigerung führe. Hier sei auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1997, 8 B 170.97, und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 2006, 7 C 5.06, verwiesen worden. Das Wasser- und Abgabenrecht kenne den Begriff der „Betriebsstörung“ nicht. Jede Überschreitung eines einzuhaltenden Wertes gehe in die Abgabenberechnung ein, dabei seien alle korrekten Messungen zu berücksichtigen; eine Nichtbeachtung oder Streichung von amtlichen Messergebnissen sei unzulässig.
16
Der Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten (auch im Verfahren AN 19 K 19.00587), wegen der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der angefochtene Bescheid des Landratsamtes … vom 28. Oktober 2019 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
19
Streitgegenständlich ist vorliegend die Abgabe für das Einleiten von verschmutztem Niederschlagswasser in Höhe von 9.053,44 EUR für das Jahr 2017. Über die durch Bescheid vom 14. Februar 2019 festgesetzte Schmutzwasserabgabe im Verfahren AN 19 K 19.00587 wurde durch Urteil vom heutigen Tage ebenfalls entschieden. Auf die dortigen Urteilsgründe wird Bezug genommen.
20
1. Rechtsgrundlage ist für den hier angefochtenen Bescheid zunächst § 1 Satz 1 AbwAG, wonach für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne von § 3 Nr. 1 bis 3 WHG eine Abgabe zu entrichten ist (Abwasserabgabe). Abwasser ist dabei nicht nur das Schmutzwasser, sondern auch „das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser)“, § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG. Im vorliegenden Fall geht es, anders als im zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren AN 19 K 19.00587, um das grundsätzliche abgabepflichtige Einleiten von verschmutztem Niederschlagswasser in die …, ein Gewässer erster Ordnung.
21
Die Klägerin ist als Einleiterin abgabepflichtig, § 9 AbwAG.
22
2. § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG bestimmt, dass sich die Abwasserabgabe nach der Schädlichkeit des Abwassers richtet, welche nach der Anlage zu diesem Gesetz in Schadeinheiten bestimmt wird. Eine Bewertung der Schädlichkeit entfällt bei Niederschlagswasser nicht (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AbwAG), und auch die Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten richtet sich - anders als beim Schutzwasser - nicht nach § 4 AbwAG. Vielmehr gilt im Falle des Niederschlagswassers gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AbwAG, dass die Zahl der Schadeinheiten von Niederschlagswasser, das über eine öffentliche Kanalisation eingeleitet wird, 12 vom Hundert der Zahl der angeschlossenen Einwohner beträgt.
23
3. Der Freistaat Bayern hat von der Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 2 AbwAG, wonach die Länder bestimmen können, unter welchen Voraussetzungen die Einleitung von Niederschlagswasser ganz oder zum Teil abgabefrei bleibt, durch die Regelung in Art. 6 BayAbwAG Gebrauch gemacht.
24
Da es vorliegend um eine Einleitung von Niederschlagswasser aus einer Kanalisation im Mischsystem geht, richtet sich die etwaige Abgabefreiheit für die Einleitung von Niederschlagswasser nach Art. 6 Abs. 2 BayAbwAG. Dessen Voraussetzungen sind vorliegend nicht eingehalten, sodass die Einleitung von Niederschlagswasser durch die Klägerin im Jahr 2017 abgabepflichtig bleibt.
25
Gemäß Art. 6 Abs. 2 BayAbwAG ist das Einleiten von Niederschlagswasser aus einer Kanalisation im Mischsystem abgabefrei, wenn „(…) Nr. 3 die Anforderungen der die Einleitung zulassenden Bescheide an das Speichervolumen zur Mischwasserbehandlung und die Abwasserbehandlung eingehalten werden“.
26
Vorliegend geht es um die Überschreitung der durch Bescheid vom 16. Februar 1993, verlängert durch mehrere Sanierungsbescheide bis zum 31. März 2021, angeordneten Werte. Inmitten stehen hier die einzuhaltenden Werte für den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) in Höhe von 90 mg/l und Phosphor gesamt (Pges) von 2 mg/l.
27
Im Rahmen der Messung am 5. Juli 2017 durch das Wasserwirtschaftsamt wurden insoweit folgende Werte festgestellt:
- CSB: 322 mg/l
- Pges: 13.1 mg/l.
28
Die dabei festgestellten Werte werden von der Klägerin nicht bestritten. Auch die Messung als solche (Methode, Durchführung) wurde im gesamten gerichtlichen Verfahren nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt.
29
Die Klage wird letztlich allein mit dem angeblichen Verschulden der Wartungsfirma für die Überschreitung der Bescheidswerte begründet. Dabei handelt es sich jedoch um einen hier nicht verfahrenserheblichen Einwand. Denn die Abwasserabgaben werden verschuldensunabhängig erhoben, insoweit genügt allein das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, nämlich hier die Nichteinhaltung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayAbwAG. Damit entfällt die Abgabefreiheit ohne Weiteres; insbesondere auf ein etwaiges Verschulden der Wartungsfirma im Sinne einer Art „Exkulpation“ durch sorgfältige Auswahl und Beauftragung eines Dritten kommt es nicht an. Dieses Verschulden mag einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber der von ihr beauftragten Wartungsfirma begründen, spielt jedoch für das vorliegende Klageverfahren keine Rolle. Auf die insoweit ergangenen Ausführungen der Kammer im Verfahren AN 19 K 19.00587 wird hiermit ausdrücklich Bezug genommen. Im vorliegenden Verfahren spielt die dort erörterte Regelung in § 4 Abs. 5 AbwAG allerdings keine Rolle, da für verschmutztes Niederschlagswasser in § 4 Abs. 1 AbwAG auf § 7 AbwAG verwiesen wird.
30
4. Die „Vier-von-Fünf-Regel“ nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV findet hier ebenfalls keine Anwendung. Diesbezüglich hat die Kammer im Verfahren AN 19 K 19.00587 ausgeführt: „Gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV gilt ein nach dieser Verordnung einzuhaltender oder in der wasserrechtlichen Zulassung festgesetzter Wert als eingehalten, wenn die Ergebnisse dieser und der vier vorausgegangenen staatlichen Überprüfungen in vier Fällen den jeweils maßgebenden Wert nicht überschreiten und kein Ergebnis den Wert um mehr als 100 Prozent übersteigt. Die Analyse der am 5. Juli 2017 entnommenen Probe hat sowohl beim Wert CSB (322 mg/l statt 90 mg/l) als auch beim Wert Pges (13,1 mg/l statt 2 mgl) eine Überschreitung von weit mehr als 100 Prozent ergeben, so dass diese Ergebnisse der Berechnung der Abwasserabgabe zugrunde zu legen sind.“ Diese Ausführungen beanspruchen auch im vorliegenden Verfahren Gültigkeit, so dass sich aus dem entsprechenden Vorbringen in der Klage keine Rechtswidrigkeit des hier angefochtenen Bescheids ergibt.
31
5. Die vom Beklagten berechnete Höhe der Abgabe wurde von der Klägerin nicht in Frage gestellt und begegnet auch nach Prüfung durch das Gericht keinen Bedenken. Der Abgabesatz beträgt gemäß § 9 Abs. 4 AbwAG 35,79 EUR und ist zu multiplizieren mit 12 vom Hundert der Zahl der angeschlossenen Einwohner (2.108 im maßgeblichen Zeitraum), woraus sich ein Betrag von 9.053,44 EUR errechnet.
32
Nach alledem erweist sich die durch Bescheid vom 28. Oktober 2019 festgesetzte Abgabe für Niederschlagswasser für das Jahr 2017 als rechtmäßig. Die Klage war daher abzuweisen.
33
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.