Inhalt

VG München, Beschluss v. 07.02.2020 – M 12 E9 20.411, M 12 E9 20.413
Titel:

Unstatthaftigkeit der Anhörungsrüge bei Beschwerdemöglichkeit

Normenkette:
VwGO § 152a
Leitsatz:
Nach § 152a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch die gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist. Da gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123 VwGO) gem § 146 Abs. 1 und 4 VwGO die Beschwerde stattfindet, ist eine Anhörungsrüge unstatthaft. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anhörungsrüge, Verletzung rechtlichen Gehörs, einstweiliger Rechtsschutz, Beschwerde
Fundstelle:
BeckRS 2020, 1733

Tenor

I. Die Verfahren M 12 E9 20.411 und M 12 E9 20.413 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anhörungsrügen gegen die Entscheidungen M 12 E 19.4574 und M 12 E 19.4997 werden als unzulässig verworfen.
III. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten der Verfahren gesamtschuldnerisch.
IV. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden in beiden Verfahren abgelehnt.

Gründe

I.
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Die Antragstellerinnen rügen die Verletzung rechtlichen Gehörs durch die beschließende Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München in den Verfahren M 12 E 19.4574 und M 12 E 19.4997.
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Mit am 5. September 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz stellten die Antragstellerinnen einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, mit dem sie die Zuweisung von Wohnungen in München begehrten. Dem Schriftsatz war ein Schriftsatz an das Sozialgericht München vom 1. September 2019 beigefügt (M 12 E 19.4574). Bereits mit am 1. September 2019 beim Sozialgericht München eingegangenem Schriftsatz haben die Antragstellerinnen dort einen Eilantrag auf Zuweisung von Wohnungen in München gestellt. Das Verfahren wurde insoweit mit Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. September 2019 an das Bayerische Verwaltungsgericht München verwiesen (M 12 E 19.4997).
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Antragsbegründend wurde in beiden Verfahren unter anderem vorgetragen, die Antragstellerinnen würden von einem Mitbewohner in der derzeitigen Wohngemeinschaft (bestehend aus überwiegend männlichen ehemaligen Strafgefangenen) immens belästigt und gestalkt.
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Mit Beschlüssen vom 16. Dezember 2019 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München die Anträge abgelehnt. Auf die Beschlussgründe in beiden Verfahren wird Bezug genommen. Die Beschlüsse wurden den Antragstellerinnen jeweils am 14. Januar 2020 und den Antragsgegnern am 15. Januar 2020 (Antragsgegnerin zu 2) bzw. 16. Januar 2020 (Antragsgegner zu 1) zugestellt.
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Mit Schriftsatz vom … Januar 2020, am gleichen Tag bei Gericht eingegangen, haben die Antragstellerinnen in beiden Verfahren Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig haben sie jeweils neue Eilanträge gestellt (M 12 E 20.410 und M 12 E 20.412) und
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Anhörungsrüge
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erhoben sowie beantragt,
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ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen.
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Sie führten zur Begründung aus, das Verwaltungsgericht habe den Vortrag betreffend den Stalker und die dadurch bestehende Gefährdungslage vollumfänglich „ignoriert“. Wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs werde Anhörungsrüge erhoben.
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Der Antragsgegner zu 1) beantragte am 6. Februar 2020 sinngemäß
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die Anträge abzulehnen.
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Die Antragsgegnerin zu 2) beantragte am 6. Februar 2020,
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die Anhörungsrüge zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch der Verfahren M 12 E 19.4574 und M 12 E 19.4997 Bezug genommen.
II.
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1. Die Verfahren konnten zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, da sie den gleichen Gegenstand betreffen (§ 93 Satz 1 VwGO).
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2. Die Anhörungsrügen sind unzulässig.
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Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch die gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist.
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Ausgehend davon ist die Anhörungsrüge unstatthaft. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123 VwGO) findet gem. § 146 Abs. 1 und 4 VwGO die Beschwerde statt; ein Ausschluss der Beschwerde nach § 146 Abs. 3 VwGO ist vorliegend nicht gegeben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben; dessen Anwendungsbereich erfasst nicht nur das Hauptsacheverfahren, sondern auch alle Nebenverfahren (Clausing/Kimmel in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 188 Rn. 16).
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4. Aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten der Anhörungsrüge sind die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO.
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5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO.